Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.486/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_486/2016

Urteil vom 31. Mai 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Andreas Abegg, AM T Rechtsanwälte,

gegen

Swisslos Interkantonale Landeslotterie Genossenschaft.

Gegenstand
Beitrag aus Lotterieerträgen,

Beschwerde gegen den Beschluss der Generalversammlung der Genossenschafter der
Swisslos Interkantonale Landeslotterie Genossenschaft vom 22. April 2016.

Erwägungen:

1. 
In einer Medienmitteilung vom 22. April 2016 teilte Swisslos Interkantonale
Landeslotterie Genossenschaft mit, dass die Versammlung ihrer 20
Genossenschafter, alle Deutschschweizer Kantone und der Kanton Tessin,
gleichentags beschlossen hat, den Beitrag an Swiss Olympic für die nächsten
drei Jahre zu erhöhen. Die Höhe dieses zusätzlichen Beitrags ist abhängig vom
Geschäftsgang der Lotteriegesellschaften und beträgt unter den aktuellen
Rahmenbedingungen rund 15 Millionen Franken; zirka elf Millionen Franken
stammen von Swisslos und rund vier Millionen Franken von der Loterie Romande.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Mai 2016
beantragen A.________, B.________, C.________, D.________, E.________ und
F.________ dem Bundesgericht, der Beschluss der Genossenschafter sei nichtig zu
erklären, eventualiter aufzuheben.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2. 

2.1. Gemäss Art. 82 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide in Angelegenheiten des
öffentlichen Rechts (lit. a), gegen kantonale Erlasse (lit. b) und betreffend
die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend
Volkswahlen und Abstimmungen (lit. c; Stimmrechtsbeschwerden). Art. 86 Abs. 1
BGG zählt auf, gegen die  Entscheide welcher Vorinstanzen Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden kann. Es sind dies
Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts (lit. a), des Bundesstrafgerichts
(lit. b), der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (lit. c)
und von oberen kantonalen Gerichten als letzte kantonale Instanz (lit. d in
Verbindung mit Art. 86 Abs. 2 BGG). Art. 87 BGG bestimmt, dass gegen kantonale 
Erlasse die Beschwerde unmittelbar zulässig ist, sofern kein kantonales
Rechtsmittel ergriffen werden kann (Abs. 1); sieht das kantonale Recht ein
solches vor, findet Art. 86 BGG Anwendung (Abs. 2).  Stimmrechtsbeschwerden
 sind zulässig in kantonalen Angelegenheiten gegen Akte letzter kantonaler
Instanzen (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG); die Kantone sehen gegen behördliche
Akte, welche die politischen Rechte der Stimmberechtigten in kantonalen
Angelegenheiten verletzen können, ein Rechtsmittel vor (Art. 88 Abs. 2 BGG).
Das Bundesgericht beurteilt weiter Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen
(Art. 72 BGG); die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Entscheide
oberer kantonaler Gerichte als letzte kantonale Instanz (Art. 75 BGG).

2.2. Angefochten ist der Beschluss einer Genossenschaft. Sollte Swisslos als
privatrechtlich und ihr Handeln als unter das Zivilrecht fallend betrachtet
werden und insofern eine Zivilsache vorliegen, käme als bundesrechtliches
Rechtsmittel allenfalls die Beschwerde in Zivilsachen in Betracht. Es fehlte
dann an einem direkt einer Beschwerde zugänglichen Akt und an einem Entscheid
einer Vorinstanz nach Art. 75 BGG. Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass
Swisslos eine Aufgabe öffentlich-rechtlicher Natur ausübt und die Streitigkeit
öffentlich-rechtlicher Natur ist. Diesfalls erscheint der angefochtene
Beschluss als ein im Prinzip anfechtbarer Akt; für die Weiterziehung an das
Bundesgericht sind indessen die vorstehend bereits dargestellten sowie die
weiteren Voraussetzungen gemäss Art. 82 ff. BGG massgeblich.

2.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer stellt der angefochtene
Beschluss nicht einen Erlass im Sinne von Art. 82 lit. b BGG, sondern einen
Entscheid dar, mit welchem festgelegt wird, welche Beiträge in den nächsten
Jahren an einen bestimmten Empfänger ausbezahlt werden. Es handelt sich um eine
Anordnung im Einzelfall, die die Begründung eines Rechts bzw. die Feststellung
des Bestehens oder Umfangs eines Rechts zum Gegenstand hat, d.h. um eine
Verfügung (vgl. Art. 5 VwVG). Materiell geht es um die Zuwendung einer
finanziellen Unterstützung, eine Subvention, aus einem Lotterie- und Wettfonds
im Sinne von Art. 24 ff. der Interkantonalen Vereinbarung vom 7. Januar 2005
über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal
oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten (IVLW), hier eine
Vorabzuweisung nach Art. 24 Abs. 3 IVLW. Gemäss Art. 83 lit. k BGG ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen 
Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht. Art. 27 IVLW
hält fest, dass kein Anspruch auf die Ausrichtung von Beträgen aus den Fonds
besteht. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht mithin
zur Anfechtung des Genossenschafts-Beschlusses nicht zur Verfügung.

2.4. Die Beschwerdeführer wollen ihr Rechtsmittel allenfalls als
Stimmrechtsbeschwerde verstanden wissen. Die Stimmrechtsbeschwerde setzt
politische Rechte voraus. Diese bestehen nur auf der Ebene der Kantone, nicht
im Zusammenhang mit Beschlüssen einer interkantonalen Genossenschaft. Wenn die
Beschwerdeführer der Auffassung sind, dass mit dem hier angefochtenen Beschluss
Bestimmungen einzelner Kantone über das Finanzreferendum missachtet wurden,
hätten sie dies angesichts von Art. 88 BGG auf dem vom jeweiligen Kanton
vorgesehenen Weg bei der dafür bestimmten kantonalen Instanz geltend zu machen.
Als Stimmrechtsbeschwerde kann das Rechtsmittel nicht entgegengenommen werden.

2.5. Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig,
fällt die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als Rechtsmittel in Betracht; sie
kann gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen erhoben werden (Art. 113 ff.
BGG). Art. 114 BGG lässt die Vorschriften über die kantonalen Vorinstanzen
(namentlich Art. 86 BGG) sinngemäss gelten. Bei Swisslos handelt es sich nicht
um ein oberes kantonal letztinstanzliches Gericht und mithin nicht um eine
mögliche Vorinstanz des Bundesgerichts. Die Beschwerdeführer machen jedoch
unter Berufung auf BGE 136 II 415 geltend, dies sei nicht erforderlich. Bei
jenem Urteil war das Bestehen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses wegen
möglicher Betroffenheit der Beschwerdeführer in einem besonders heiklen Bereich
(aktive Sterbehilfe) unerlässliche Voraussetzung dafür, dass das Bundesgericht
ganz ausnahmsweise trotz Fehlens eines zulässigen Anfechtungsobjekts tätig
wurde. Es stellt sich mithin die Frage der Legitimation der Beschwerdeführer.
Gemäss Art. 115 lit. b BGG ist zur Verfassungsbeschwerde berechtigt, wer ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat. Die Beschwerdeführer 3, 4 und 5 sind Personen mit
Wohnsitz in den Kantonen Basel-Landschaft bzw. Zürich. Sie befürchten, dass bei
Schmälerung der Mittel des Fonds ihres Kantons durch die Erhöhung der
Vorausvergabe an Sportverbände ihre Möglichkeiten, gegebenenfalls mal einen
Beitrag aus dem Fonds erhältlich machen zu können, beeinträchtigt würden. Dies
reicht zur Anerkennung eines Beschwerderechts gegen die Gewährung eines
Beitrags an einen Dritten schon darum nicht, weil gemäss Art. 27 IVLW kein
Anspruch auf Beiträge aus dem Fonds besteht; das nach Art. 115 lit. b BGG
erforderliche rechtlich geschützte Interesse wird weder dargetan noch ist es
ersichtlich. Dasselbe gilt für die Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführer
1, 2 und 6. Dass sie Kantonsparlamentarier sind und ihnen im jeweiligen
Kantonsparlament die Befugnis zukäme, über die Verwendung der nun vorweg
vergebenen Mittel mit zu bestimmen, verschaffte ihnen die
legitimationsbegründende enge Beziehungsnähe zum Streitgegenstand - selbst nach
der weiter als Art. 115 lit. b BGG gefassten Legitimationsnorm von Art. 89 Abs.
1 lit. b und c BGG - nicht (Urteil 2C_384/2009 vom 5. November 2009 E. 2.2.2;
ferner auch BGE 112 Ia 174 E. 3a S. 177 betreffend Legitimation eines
Kantonsrats zur staatsrechtlichen Beschwerde).
Die Beschwerde ist auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig.

2.6. Auf die in jeder Hinsicht offensichtlich unzulässige Beschwerde (Art. 108
Abs. lit. a BGG) ist mit Entscheid des Abteilungspräsidenten als Einzelrichter
im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.

2.7. Es fragt sich noch, ob die Sache an eine Instanz weitergeleitet werden
kann, die als zur Behandlung der Beschwerde zuständig erscheint (vgl. Art. 30
Abs. 2 BGG). Dabei kommt nicht nur die Überweisung an eine Bundesbehörde in
Betracht, sondern auch an eine kantonale (oder interkantonale) Instanz, soweit
deren Zuständigkeit als wahrscheinlich erscheint (BGE 136 I 42 E. 2 S. 47 f.;
Urteile 2C_761/2012 vom 12. April 2013 E. 4 und 2D_89/2008 vom 30. September
2008 E. 3).
Der Rechtsstreit betrifft die Verteilung von Mitteln von Lotterie- und
Wettfonds im Sinne von Art. 24 ff. IVLW. Art. 3 IVLW sieht als Organe die
Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz (lit. a), die
Lotterie- und Wettkommission (lit. b) und die Rekurskommission (lit. c) vor.
Die Lotterie- und Wettkommission ist Aufsichtsbehörde, der alle Befugnisse
zustehen, die nicht einem anderen Organ zugewiesen sind (Art. 7 IVLW). Die
Rekurskommission ist letztinstanzliche interkantonale richterliche Behörde für
Streitigkeiten im Bereich des Konkordats (Art. 10 IVLW). Die Sache ist daher an
sie zu überweisen. Es liegt an ihr darüber zu befinden, ob sie zur Beurteilung
zuständig ist und die allgemeinen Beschwerdevoraussetzungen, insbesondere
diejenigen über die Beschwerdeberechtigung (Art. 48 VwVG in Verb. mit Art. 13
IVLW) erfüllt sind. Es obliegt auch ihr zu prüfen, ob gegebenenfalls die
Lotterie- und Wettkommission mit der Sache zu befassen ist.

2.8. Die Gerichtskosten sind nach Massgabe von Art. 65, Art. 66 Abs. 1 erster
Satz und Abs. 5 BGG den Beschwerdeführern aufzuerlegen.

 Demnach erkennt der Präsident:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Sache wird zur weiteren Behandlung an die Rekurskommission Interkantonale
Vereinbarung Lotterien und Wetten überwiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesamt für Justiz
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Mai 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

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