Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.479/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
2C_479/2016, 2C_480/2016

Urteil vom 12. Januar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Fellmann.

Verfahrensbeteiligte
Stiftung X.________, (Alleinerbin der Dr. A.________), c/o Dr. B.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokat Dr. B.________,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
Direkte Bundessteuer pro 2009 und 2010;
Kantonale Steuern pro 2009 und 2010;
Abzug behinderungsbedingter Kosten,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 15. April 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die am 19. April 1931 geborene A.________ war während den hier interessierenden
Jahren 2009 und 2010 aus gesundheitlichen Gründen auf intensive Pflege
angewiesen. Sie liess sich dazu auf eigene Kosten zu Hause betreuen. In der
Folge beanspruchte sie für die Steuerperiode 2009 einen Abzug
behinderungsbedingter Kosten in der Höhe von Fr. 323'028.--. Für die
Steuerperiode 2010 machte sie behinderungsbedingte Kosten in der Höhe von Fr.
289'939.-- zum Abzug geltend.

B. 
Mit Veranlagungsverfügungen vom 25. Oktober und 8. November 2012 liess die
Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt sowohl für die kantonale als auch für
die direkte Bundessteuer nur je Fr. 100'000.-- pro Steuerperiode als Abzug für
behinderungsbedingte Kosten zu. Die dagegen gerichteten Einsprachen von
A.________ wies die Steuerverwaltung mit Entscheid vom 17. Januar 2013 ab. Auf
entsprechende Rechtsmittel von A.________ hin bestätigte die
Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Stadt den Einspracheentscheid
(Entscheide 2013-019 [kantonale Steuern] und 2013-020 [direkte Bundessteuer]
vom 28. August 2014). Gegen die Entscheide der Steuerrekurskommission gelangte
A.________ an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Sie verstarb
während des hängigen Verfahrens am 14. November 2015. Die Stiftung X.________
als Alleinerbin hielt am Rechtsmittel fest; dieses wurde mit Urteil vom 15.
April 2016 abgewiesen.

C. 
Mit Eingabe vom 24. Mai 2016 erhebt die Stiftung X.________ als
Rechtsnachfolgerin von A.________ Beschwerde an das Bundesgericht. Sie
beantragt das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die geltend gemachten
Abzüge in der Höhe von Fr. 323'028.-- (Steuerperiode 2009) und Fr. 289'939.--
(Steuerperiode 2010) vollumfänglich zuzulassen. Weiter verlangt sie eine
Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen im kantonalen Verfahren.
Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt und das Appellationsgericht
beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) verzichtet hinsichtlich der kantonalen Steuern auf eine Stellungnahme.
In Bezug auf die direkte Bundessteuer schliesst sie auf Abweisung der
Beschwerde.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.

1.1. Die Vorinstanz hat die kantonalen Rechtsmittel betreffend die direkte
Bundessteuer einerseits und die kantonalen Steuern andererseits in demselben
Urteil behandelt, was zulässig ist, soweit die zu entscheidende Rechtsfrage im
Bundesrecht und im harmonisierten kantonalen Recht gleich geregelt ist (vgl.
BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296; 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262). Dies trifft hier zu:
Die streitige Abzugsfähigkeit behinderungsbedingter Kosten bildet Gegenstand
sowohl der harmonisierten Steuergesetzgebung als auch der direkten Bundessteuer
(vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. h  ^bis des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über
die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
[Steuerharmonisierungsgesetz; StHG; SR 642.14]; Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR
642.11]; vgl. BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296; 128 II 66 E. 4b S. 71; Urteile
2C_258/ 2010 vom 23. Mai 2011 E. 6; 2C_154/2009 vom 28. September 2009 E. 7).
Die Beschwerdeführerin ficht das vorinstanzliche Urteil mit nur einer
Rechtsschrift an. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da aus ihrer
Eingabe hinreichend klar hervorgeht, dass sie sich gegen die Verweigerung der
geltend gemachten Abzüge im Rahmen beider Steuerarten wendet (vgl. BGE 142 II
293 E. 1.2 S. 296; 135 II 260 E. 1.3.3 S. 264). Um die Fälle aller Kantone
einheitlich zu erfassen, hat das Bundesgericht praxisgemäss gleichwohl zwei
getrennte Verfahren eröffnet (vgl. BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296; Urteil 2C_483/
2C_484/2016 vom 11. November 2016 E. 1). Beide Verfahren beruhen indes auf
demselben Sachverhalt und es stellen sich dieselben Rechtsfragen. Aus diesem
Grund rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren (2C_479/2016 [betreffend
kantonale Steuern] und 2C_480/ 2016 [betreffend direkte Bundessteuer]) zu
vereinigen und in einem Urteil zu behandeln (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP [SR
273]; vgl. BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296; Urteil 2C_502/ 2C_508/2015 vom 29.
Februar 2016 E. 1).

1.2. Das Rechtsmittel wurde form- und fristgerecht eingereicht (Art. 42 und
Art. 100 Abs. 1 BGG). Es richtet sich gegen den Endentscheid eines kantonal
letztinstanzlichen oberen Gerichts über die Kantons- und die direkte
Bundessteuer (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Dagegen steht die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 83 BGG e
contrario; Art. 73 Abs. 1 StHG; Art. 146 DBG). Die Stiftung X.________ trat
kraft Universalsukzession in die verfahrensrechtliche Stellung der am 14.
November 2015 verstorbenen A.________ ein (vgl. Art. 560 Abs. 1 und Abs. 2 ZGB;
Art. 12 Abs. 1 DBG; § 11 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 12.
April 2000 über die direkten Steuern [Steuergesetz, StG; SG 640.100]; Art. 71
BGG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 3 BZP). Als Alleinerbin ist sie wie
die Erblasserin zur Erhebung der Beschwerde vor dem Bundesgericht berechtigt
(Art. 89 Abs. 1 BGG; Urteil 2C_895/2008 vom 9. Juni 2009 E. 1.1). Auf die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten.

2.

2.1. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG
geltend gemacht werden, wobei das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen
anwendet (Art. 106 Abs. 1 BGG). Im Bereich der direkten Steuern prüft das
Bundesgericht vollständig harmonisiertes kantonales Recht gleich wie
Bundesrecht mit freier Kognition (vgl. BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; Urteil
2C_916/2014 vom 26. September 2016 E. 2.2 [zur Publikation vorgesehen]). Unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2
BGG) behandelt das Bundesgericht jedoch nur die geltend gemachten Rügen, sofern
der rechtliche Mangel nicht geradezu offensichtlich ist (vgl. BGE 138 I 274 E.
1.6 S. 280 f.; Urteil 2C_8/2016 vom 17. Oktober 2016 E. 2.1 [zur Publikation
vorgesehen]). Die Verletzung von Grundrechten und von (nicht harmonisiertem)
kantonalem Recht untersucht das Bundesgericht in jedem Fall nur insoweit, als
eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und detailliert begründet worden
ist (qualifizierte Rügepflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. 140 II 141 E.
1.1 S. 145; 136 II 304 E. 2.5 S. 314). Zu den Grundrechten in diesem Sinne
zählen neben den in Art. 7-34 BV verankerten Ansprüchen die weiteren
verfassungsmässigen Rechte der Bundesverfassung, im Steuerrecht insbesondere
Art. 127 BV (BGE 140 I 176 E. 5.2 S. 180; Urteile 2C_8/2016 vom 17. Oktober
2016 E. 2.1 [zur Publikation vorgesehen]; 2C_403/2015 vom 1. April 2016 E.
1.3).

2.2. In Bezug auf den Sachverhalt stützt sich das Bundesgericht auf die
Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz können von Amtes wegen oder auf
ausreichend begründete Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig sind oder sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang
entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2, Art. 97 Abs. 1 BGG; zu den
qualifizierten Begründungsanforderungen bei Sachverhaltsrügen vgl. BGE 139 I 72
E. 9.2.3.6 S. 97; Urteile 2C_508/2016 vom 18. November 2016 E. 2.2; 2C_655/2015
vom 22. Juni 2016 E. 2.2 [nicht publ. in: BGE 142 I 155]).

II. Direkte Bundessteuer

3.

3.1. Im Rahmen der Beschwerde gegen die Veranlagung der direkten Bundessteuer
ist umstritten, ob die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Auslagen in
der Höhe von Fr. 323'028.-- (Steuerperiode 2009) bzw. Fr. 289'939.--
(Steuerperiode 2010) für die Pflege und Betreuung zu Hause vollumfänglich als
behinderungsbedingte Kosten gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG gelten und
zum Abzug zuzulassen sind. Nicht umstritten ist hingegen, dass die Erblasserin
aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den fraglichen
Steuerperioden als Mensch mit Behinderung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen
von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR
151.3) galt.

3.2. Die Vorinstanz erwog, dass als behinderungsbedingte Kosten die medizinisch
notwendigen Aufwendungen gelten, die als kausale Folge der Behinderung
entstehen. Nicht abzugsfähig seien demgegenüber die gewöhnlichen
Lebenshaltungskosten und Luxusausgaben. Als Kriterium zur Abgrenzung
behinderungsbedingter Kosten von gewöhnlichen Lebenshaltungskosten greife die
Unmittelbarkeit des Zusammenhangs zwischen Behinderung und Kosten; zur
Abgrenzung von Luxusausgaben diene das Kriterium der medizinischen
Notwendigkeit. Eine umfassende Betreuung im teuersten Pflegeheim des Kantons
koste pro Jahr Fr. 125'000.--, abzüglich eines Anteils für gewöhnliche
Lebenshaltungskosten seien Fr. 100'000.-- zum Abzug zuzulassen. Da nicht
nachgewiesen sei, dass eine medizinische Notwendigkeit für die Pflege der
Beschwerdeführerin zu Hause bestanden habe, rechtfertige sich eine Beschränkung
des Abzugs auf die Höhe der Betreuungskosten in einem kantonalen Pflegeheim.

3.3. Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin zusammengefasst geltend, dass
die Vorinstanz den Abzug nach Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG in unzulässiger
Weise limitiere, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Welche Kosten als
behinderungsbedingt zum Abzug zuzulassen seien, müsse nach den gesamten
Einkommens- und Vermögensverhältnissen beurteilt werden, die hier mit einem
Einkommen von Fr. 706'031.-- und einem Vermögen von Fr. 25'880'162.--
ausserordentlich gut seien. Weiter müsse der Beschwerdeführerin die freie Wahl
zustehen, ob sie sich zu Hause oder in einem Pflegeheim betreuen lasse. Das
Verwaltungsgericht lege einen unzulässigen Massstab an, wenn es die
abzugsfähigen Kosten auf die Betreuungskosten in einem Pflegeheim beschränke.

3.4. Nach Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG (für die Steuerperioden 2009 und 2010
im Kanton Basel-Stadt anwendbar gestützt auf Art. 41 und Art. 212 Abs. 3 DBG
[in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung] i.V.m. § 9 Abs. 1 der
Verordnung des Kantons Basel-Stadt vom 20. Dezember 1994 über den Vollzug der
direkten Bundessteuer [DBStV; SG 660.100]) können die behinderungsbedingten
Kosten von den Einkünften abgezogen werden, wenn die steuerpflichtige Person
als behinderter Mensch im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt und
sie die Kosten selber trägt. Die Bestimmung soll die Steuerbelastung für
Menschen reduzieren, die Einkommen für Kosten aufwenden müssen, die im
Zusammenhang mit ihrer Behinderung stehen (vgl. Botschaft vom 11. Dezember 2000
zur Volksinitiative "Gleiche Rechte für Behinderte" und zum Entwurf eines
Bundesgesetzes über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen,
BBl 2001 1715 ff., Ziff. 4.3.3 1788). Abzugrenzen sind die
behinderungsbedingten Kosten gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG von den
Krankheits- und den Unfallkosten nach Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG, da für diese
im Unterschied zu den behinderungsbedingten Kosten ein Selbstbehalt besteht
(vgl. Silvia Hunziker/Jsabelle Mayer-Knobel, in: Martin Zweifel/Michael Beusch
[Hrsg.], Kommentar DBG, 3. Aufl. 2017, N. 32q zu Art. 33 DBG; FELIX RICHNER/
WALTER FREI/ STEFAN KAUFMANN/HANS ULRICH MEUTER, Handkommentar zum DBG, 3.
Aufl. 2016, N. 140 f. zu Art. 33 DBG). Aus dem Wortlaut von Art. 33 Abs. 1 lit.
h  ^bis DBG und der Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass nicht alle
Aufwendungen vom Einkommen abgesetzt werden können, die im Zusammenhang mit
einer Behinderung getätigt werden. Steuerlich abzugsfähig sind nur jene Kosten,
die durch eine Behinderung  bedingt sind, d.h. grundsätzlich und masslich als
direkte Folge der Behinderung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BehiG entstehen (vgl.
Urteile 2C_130/ 2C_131/2012 vom 9. Mai 2012 E. 5).

3.5. Zur Konkretisierung von Art. 33 Abs. 1 lit. h und lit. h  ^bis DBG hat die
ESTV das Kreisschreiben Nr. 11 vom 31. August 2005 über den Abzug von
Krankheits- und Unfallkosten sowie von behinderungsbedingten Kosten erlassen
(abrufbar unter www.estv.admin.ch; nachfolgend Kreisschreiben Nr. 11). Als
Verwaltungsverordnung ist das Kreisschreiben Nr. 11 für die Gerichte rechtlich
unverbindlich. Von einer rechtmässigen Verwaltungsverordnung weicht das
Bundesgericht indes nicht ohne triftigen Grund ab, sofern sie eine dem
Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren
gesetzlichen Bestimmungen zulässt und eine überzeugende Konkretisierung der
gesetzlichen Vorgaben enthält (vgl. Urteile 2C_873/2014 vom 8. November 2015 E.
3.4.1 und E. 3.4.2; 2C_258/2010 vom 23. Mai 2011 E. 4.2, mit zahlreichen
Hinweisen auf die publizierte Rechtsprechung des Bundesgerichts). Allgemein
gelten nach Ziff. 4.2 des Kreisschreibens Nr. 11 die notwendigen Kosten als
behinderungsbedingt, die in einem kausalen Zusammenhang zur Behinderung stehen
und weder Lebenshaltungs- noch Luxusausgaben darstellen. Als Luxusausgaben
gelten Aufwendungen, die den Rahmen üblicher und notwendiger Massnahmen
übersteigen, nur aus Gründen der persönlichen Annehmlichkeiten anfallen oder
besonders kostspielig sind. Diese können nicht zum Abzug gebracht werden
(Kreisschreiben Nr. 11 Ziff. 4.2 S. 7). Die Kosten für den Aufenthalt in einem
Wohnheim für Behinderte oder in einem Alters- und Pflegeheim sind grundsätzlich
abzugsfähig, aber um denjenigen Betrag zu kürzen, der für Lebenshaltungskosten
im eigenen Haushalt hätte aufgewendet werden müssen (Kreisschreiben Nr. 11
Ziff. 4.3.4 S. 8). In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Kürzung auch im
Umfang jener Kosten des externen Aufenthalts oder der Pflege zu Hause
vorzunehmen, die das notwendige und übliche Mass übersteigen (vgl.
Kreisschreiben Nr. 11 Ziff. 4.2 S. 7).

3.6. Diese massgeblichen Gesichtspunkte für die steuerliche Abzugsfähigkeit von
behinderungsbedingten Kosten hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt und
angewendet (vgl. E. 3.2 hiervor). Was die Beschwerdeführerin dem entgegen hält,
ist nicht stichhaltig. Insbesondere hat die Vorinstanz nicht verkannt, dass
Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG grundsätzlich keine betragliche Höchstgrenze
für den Abzug behinderungsbedingter Kosten vorsieht. Die betragsmässige
Beschränkung auf einen Abzug von Fr. 100'000.-- nahm die Vorinstanz gestützt
auf die Kosten für das kantonal teuerste Pflegeheim und unter Berücksichtigung
eines angemessenen Betrags für (nicht abzugsfähige) Lebenshaltungskosten vor.
Zugleich stellte die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 2.2
hiervor) fest, dass die Erblasserin zwar einer intensiven Betreuung bedurfte,
diese aber im Umfang des medizinisch Gebotenen auch in jener Einrichtung hätte
erbracht werden können, auf die zur Bestimmung des zulässigen Abzugs abgestellt
wurde. Bei der Beschränkung des abzugsfähigen Betrags stellte die Vorinstanz
somit in gesetzeskonformer Weise auf sachlich nachvollziehbare Kriterien ab.
Soweit die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin dagegen behauptet, die
Betreuung der Erblasserin im Pflegeheim wäre ihren Bedürfnissen nicht gerecht
geworden, findet sich dafür in den vorinstanzlichen Erwägungen keine Stütze.
Die Beschwerdeführerin nennt zudem weder konkrete Beweismittel zur
Untermauerung dieser Behauptung, noch genügen ihre Ausführungen den
qualifizierten Anforderungen an die Rüge von Sachverhaltsfeststellungen im
bundesgerichtlichen Verfahren (vgl. E. 2.2 hiervor), sodass darauf nicht weiter
einzugehen ist.

3.7. Für die Höhe des zulässigen Abzugs nach Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG
ist sodann nicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der betroffenen
Person abzustellen, wie das die Beschwerdeführerin geltend macht. Welche
Aufwendungen als behinderungsbedingte Kosten vom Einkommen abgesetzt werden
können, ist insoweit nicht nach subjektiven Kriterien zu entscheiden. Der
Behinderungsbegriff, der Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG zugrunde liegt, hat
die soziale und berufliche Integration behinderter Menschen als vollwertige
Mitglieder der Gesellschaft im Blick (vgl. Art. 1 Abs. 2 BehiG; BGE 141 I 9 E.
5.3.1 S. 17). Aus dieser Perspektive ist zu beurteilen, ob die zum Abzug
beantragten Kosten einer Massnahme der Integration von körperlich, geistig oder
psychisch behinderten Menschen in die Gesellschaft dienen oder nicht (vgl.
Urteil 2C_588/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 3.2 mit Hinweisen). Der
steuerrechtlich zu erleichternde Grad gesellschaftlicher Teilhabe ist dabei für
alle behinderten Menschen gleich und nicht nach ihren Einkommens- oder
Vermögensverhältnissen zu bestimmen. Andernfalls bestünde die Gefahr
verfassungsrechtlich unstatthafter Privilegierungen, die über eine Beseitigung
von behinderungsbedingten Benachteiligungen hinausgingen (Art. 8 Abs. 1 und
Art. 127 Abs. 2 BV; vgl. auch MARKUS SCHEFER/CAROLINE HESS-KLEIN,
Behindertengleichstellungsrecht, 2014, S. 28 f. und BGE 141 I 9 E. 3.3 S. 13
[schulische Betreuung behinderter Kinder]). Die ausserordentlich guten
wirtschaftlichen Verhältnisse der Erblasserin haben demnach keinen Einfluss
darauf, welche Kosten als behinderungsbedingt im Sinne der gesetzlichen
Bestimmung gelten und nach Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG steuerlich
abzugsfähig sind.

3.8. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stellt das Vorgehen der
Vorinstanz auch keine unzulässige Beschränkung der Handlungsfreiheit dar. Die
Erblasserin bzw. ihre Angehörigen waren zu jedem Zeitpunkt frei, den Ort und
die Modalitäten ihrer Pflege zu wählen. Dass die damit verbundenen finanziellen
Aufwendungen steuerlich nicht vollumfänglich berücksichtigt werden, mag
geeignet sein, diese Wahl in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Von
einer eigentlichen Einschränkung in der Gestaltung der Lebensführung kann indes
keine Rede sein.

3.9. Nach dem Dargelegten hat die Vorinstanz Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG
bundesrechtskonform ausgelegt und angewendet. Die Beschwerde ist hinsichtlich
der direkten Bundesteuern unbegründet und daher abzuweisen.

III. Kantonale Steuern

4. 
In Übereinstimmung mit Art. 33 Abs. 1 lit. h  ^bis DBG schreibt Art. 9 Abs. 2
lit. h  ^bis StHG die Abzugsfähigkeit behinderungsbedingter Kosten im Rahmen
der kantonalen Einkommensteuer vor. Der Kanton Basel-Stadt hat die
bundesrechtliche Vorgabe in § 32 Abs. 1 lit. h StG umgesetzt; der Wortlaut
dieser Regelung entspricht inhaltlich jener des Bundesrechts. Damit kann in
allen Teilen auf das zur direkten Bundessteuer Dargelegte verwiesen werden,
zumal die Beschwerdeführerin in Bezug auf die kantonalen Steuern keine
eigenständigen Rügen erhebt. Die Beschwerde ist auch hinsichtlich der
kantonalen Steuern unbegründet und daher abzuweisen.

IV. Kosten und Entschädigung

5. 
Nach dem Unterliegerprinzip trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind
nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_480/2016 und 2C_479/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (Verfahren 2C_480/2016) wird
abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde betreffend die kantonalen Steuern (Verfahren 2C_479/2016) wird
abgewiesen.

4. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 5'000.-- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Januar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Fellmann

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