Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.459/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_459/2016

Urteil vom 12. Oktober 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Genner.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Corinne Schoch,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, vom 17. März 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. Der aus dem Kosovo stammende A.________ (geb. 1976) reiste am 14. August
1994 erstmals in die Schweiz ein und ersuchte erfolglos um Asyl. Eine am 1.
März 1996 mit einer Schweizer Bürgerin geschlossene Ehe wurde am 7. November
1996 geschieden, nachdem A.________ am 23. Mai 1996 wegen Körperverletzung zum
Nachteil seiner Ehefrau zu einer bedingten Gefängnisstrafe von fünf Monaten und
zu einer Landesverweisung von fünf Jahren verurteilt und am 25. Mai 1996 aus
der Schweiz ausgeschafft worden war.
Am 6. Juni 1997 kam A.________ erneut in die Schweiz und ersuchte um Asyl. Das
Verfahren endete am 9. Juni 1997 mit einem Nichteintretens- und
Wegweisungsentscheid. Am 16. Oktober 1997 heiratete A.________ eine in der
Schweiz niederlassungsberechtigte portugiesische Staatsangehörige, kehrte
jedoch im Oktober/November 1997 in den Kosovo zurück. Die Ehe wurde am 7. Juli
1998 geschieden.
Am 9. Mai 1999 reiste A.________ wiederum in die Schweiz ein und stellte zum
dritten Mal ein Asylgesuch. Dieses wurde am 19. Januar 2000 abgewiesen und
A.________ am 26. Juni 2000 in den Kosovo zurückgeführt. Nach einer weiteren
illegalen Einreise am 19. November 2003 wurde gegen ihn am 12. Januar 2004 ein
Einreiseverbot für zwei Jahre ausgesprochen.
Am 11. September 2008 heiratete A.________ im Kosovo die in der Schweiz
niederlassungsberechtigte dominikanische Staatsangehörige B.________ (geb.
1984). Er reiste am 23. November 2009 in die Schweiz ein, worauf er die
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Ehefrau erhielt. Aus einer früheren
Beziehung hatte B.________ die Tochter C.________ (geb. 2001). Am 12. Januar
2010 gebar sie die Tochter D.________ und am 11. April 2011 den Sohn
E.________. Die beiden jüngeren Kinder sind im Besitz der
Niederlassungsbewilligung. Die Aufenthaltsbewilligung von A.________ wurde
letztmals bis am 22. November 2011 verlängert.

1.2. Am 7. März 2014 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch um
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab mit der Begründung, bei der Ehe von
A.________ und B.________ handle es sich um eine Scheinehe. Die gegen diesen
Entscheid erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid der
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 3. August 2015; Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. März 2016).

1.3. A.________ erhebt am 18. Mai 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit den Anträgen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Eventualiter sei das Verfahren zur
erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei die
Ausreisefrist auf sechs Monate zu verlängern. Am 20. Mai 2016 ist der
Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung beigelegt worden.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig,
soweit damit die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung beantragt wird (Art.
83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario i.V.m. Art. 43 Abs. 1 AuG [SR 142.20]). Der
Antrag auf Verlängerung der Ausreisefrist ist nicht zulässig, da er die
Wegweisung betrifft (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG).

2.2. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, so dass sie im Verfahren
nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG mit summarischer Begründung zu
erledigen ist.

3.

3.1. Gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von Personen mit
Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Die Ansprüche nach
den Art. 43, 48 und 50 AuG erlöschen, wenn sie rechtsmissbräuchlich geltend
gemacht werden, namentlich um Vorschriften dieses Gesetzes und seiner
Ausführungsbestimmungen über die Zulassung und den Aufenthalt zu umgehen (Art.
51 Abs. 2 lit. a AuG).

3.2. Ob eine Scheinehe geschlossen wurde bzw. ob die Ehe bloss noch formell
besteht, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und kann nur durch
Indizien erstellt werden (BGE 135 II 1 E. 4.2 S. 9 f.; 130 II 113 E. 10.2 S.
135). Es handelt sich dabei um tatsächliche Feststellungen, welche das
Bundesgericht nur auf offensichtliche Unrichtigkeit oder Rechtsverletzungen hin
überprüft (Art. 97 Abs. 1 BGG). In die vorinstanzliche Beweiswürdigung greift
es nur ein, wenn diese willkürlich ist (Urteile 2C_752/2016 vom 16. September
2016 E. 3.2; 2C_1141/2015 vom 18. Juli 2016 E. 2.2; BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9).

3.3. Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zum Vorliegen einer Scheinehe
zutreffend wiedergegeben; es kann darauf verwiesen werden. Die Annahme, der
Beschwerdeführer und seine Frau hätten die Ehe nur zum Schein geschlossen,
erscheint zutreffend:
In der Kennenlernphase, welche anscheinend in Mailand stattfand, konnten sich
der Beschwerdeführer und seine zukünftige Frau kaum miteinander verständigen,
da sie keine gemeinsame Sprache hatten. Trotzdem gingen sie relativ rasch die
Ehe ein. B.________ reiste am Tag der Hochzeit am 11. September 2008 in den
Kosovo und am Folgetag um 9 Uhr wieder zurück in die Schweiz. Seither hielt sie
sich nie mehr im Kosovo auf. Die Begründung des Beschwerdeführers, seine
Ehefrau verstehe sich nicht mit seinem Vater, erscheint dafür nicht
stichhaltig. Er - der Beschwerdeführer - reiste erst ein Jahr und zwei Monate
nach der Heirat, am 23. November 2009, in die Schweiz. Als das Migrationsamt in
diesem Zusammenhang die Frage nach der Vaterschaft hinsichtlich D.________
(geb. am 12. Januar 2010) aufwarf und ihn am 7. März 2012 aufforderte, die
Vaterschaft hinsichtlich D.________ und E.________ mittels DNA-Analyse zu
belegen, behauptete der Beschwerdeführer, im März und April 2009 (Zeitraum, in
dem die Zeugung von D.________ stattgefunden haben muss) seine Frau in Mailand
getroffen zu haben, konnte dies aber nicht nachweisen. Der Aufforderung des
Migrationsamts, einen DNA-Test einzureichen, kam er nicht nach.
Anlässlich der polizeilichen Befragungen vom 27. Juli 2011 und vom 28. Oktober
2011 machten die Ehegatten lückenhafte und widersprüchliche Angaben zum
jeweiligen Partner und zum Eheleben. Die Ehefrau kannte zwar das Geburtsdatum,
nicht aber den Geburtsjahrgang ihres Gatten. Das Datum des Kennenlernens konnte
sie ebenfalls nicht angeben. Auch die Namen der Eltern und des in Genf lebenden
Bruders des Beschwerdeführers kannte sie nicht. Von dessen Geschwistern kannte
sie lediglich den Namen jenes Bruders, der - wie sie - in Winterthur lebte. Der
Beschwerdeführer begründet diese "Gedächtsnislücken" damit, seine Frau sei im
Jahr 2004 am Kopf operiert worden. Indessen bestätigt der Austrittsbericht des
Universitätsspitals Zürich vom 3. März 2004, dass die Operation
komplikationslos verlaufen sei. Es gibt auch keine Hinweise auf spätere
Komplikationen mit Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung der Ehefrau. Sodann
verstrickten sich die Gatten in Bezug auf wichtige, das Eheleben betreffende
Ereignisse in Widersprüche, so zum Heiratsantrag, zu den Trauzeugen, zu den
Hochzeitsgeschenken, zum Hochzeitsfest und zu den Hochzeitsfotos, zu den
(behaupteten) Treffen in Mailand in der Zeit nach der Eheschliessung und einem
(ebenfalls nicht belegten) anschliessenden Aufenthalt des Beschwerdeführers in
der Schweiz.
Schliesslich bestätigten auch die zahlreichen Kontrollbesuche der
Polizeibehörden an den jeweiligen Wohnorten des Ehepaars die Vermutung, dass
die Gatten nicht zusammenlebten. Insbesondere die Wohnungseinrichtung erweckte
erhebliche Zweifel, dass dort ein ehelicher Haushalt mit drei Kindern geführt
wurde. Die Beamten trafen die Ehefrau dort nie an, wobei der Beschwerdeführer
jeweils nicht sagen konnte, wo sie sich aufhielt. Als sie mit den Kindern
ferienhalber in der Dominikianischen Republik weilte, konnte er weder die
Adresse noch die Telefonnummer der Familie seiner Frau angeben.

3.4. Angesichts der genannten, für das Bundesgericht grundsätzlich
verbindlichen Feststellungen ist die Annahme, es liege eine Scheinehe vor,
naheliegend und jedenfalls nicht zu beanstanden. Die weitschweifigen, rein
appellatorischen Ausführungen des Beschwerdeführers vermögen diesen Schluss
nicht zu entkräften. Lediglich auf zwei Punkte ist noch einzugehen:

3.4.1. Der Beschwerdeführer moniert, die Migrationsbehörden hätten die
Wohnsituation des Paars schon im Jahr 2001 (recte: 2011) einlässlich geklärt
und diese als "nicht genügend zur Annahme einer nichtbestehenden
Wohngemeinschaft der Familie" beurteilt.
Daraus, dass die Migrationsbehörde in einem früheren Zeitpunkt zum Schluss
gekommen ist, die Indizien würden für die Annahme einer Scheinehe nicht
ausreichen, kann der Beschwerdeführer nichts ableiten. Handelt es sich nämlich
- wie vorliegend - um die Verlängerung einer abgelaufenen Bewilligung, gelangen
nicht die Regeln über den Widerruf rechtskräftiger Bewilligungen zur Anwendung,
sondern die Behörde kann aufgrund einer Gesamtwürdigung - unter Einbezug
bereits früher bekannter und zusätzlicher neuer Erkenntnisse - das Vorliegen
einer Scheinehe bejahen (Urteile 2C_740/2015 / 2C_752/2015 vom 10. Februar 2016
E. 3.3; 2C_310/2014 vom 25. November 2014 E. 2.4.2; 2C_500/2011 vom 20.
Dezember 2011 E. 2.5).

3.4.2. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer sinngemäss vor, für den Fall,
dass das Bundesgericht das Vorliegen einer Scheinehe bestätigen sollte, sei
davon auszugehen, die ursprünglich nur zum Schein geschlossene Ehe sei durch
einen "amor superveniens" (nachträglich eingetretene echte Lebensgemeinschaft,
vgl. Urteil 2C_731/ 2015 vom 19. Februar 2016 E. 2.1) geheilt worden. Diese
Eventualbegründung wurde im Verfahren vor der Vorinstanz nicht vorgebracht. Vor
Bundesgericht ist die Rüge nicht genügend substanziiert; die eingereichten
Fotos der Familie und Schreiben von Bekannten sind zudem echte Noven und damit
unbeachtlich (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123).

3.5. Zusammenfassend erweist sich der Entscheid der Vorinstanz als richtig und
verhältnismässig.

4. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Oktober 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Genner

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