Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.3/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_3/2016

Urteil vom 22. April 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Fuchs.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Marco Albrecht,

gegen

Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt,
Taxibüro,
Justiz- und Sicherheitsdepartement
des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
Entzug der Taxihalterbewilligung A und Androhung
des Entzugs der kantonalen Taxichauffeurbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht
vom 16. November 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ ist im Besitz einer Taxihalterbewilligung A sowie einer
Taxichauffeurbewilligung im Kanton Basel-Stadt. Aufgrund wiederholter Verstösse
gegen das Gesetz des Kantons Basel-Stadt vom 17. Januar 1996 über den Betrieb
von Taxis (Taxigesetz; SG 563.200) stellte ihm das Taxibüro der Kantonspolizei
Basel-Stadt am 28. April 2008 den Entzug der Taxihalterbewilligung in Aussicht.
Das Verfahren wurde am 30. September 2008 bis zum Vorliegen eines
rechtskräftigen Strafurteils sistiert.
Nachdem weitere Vorkommnisse hinzugetreten waren, verfügte das Taxibüro am 3.
August 2011 nach Gewährung des rechtlichen Gehörs den Entzug der
Taxihalterbewilligung und drohte A.________ den Entzug der
Taxichauffeurbewilligung an, für den Fall, dass sein Verhalten in den nächsten
zwei Jahren (bis 1. September 2013) erneut Anlass zu Klagen geben sollte. Das
Taxibüro begründete seine Verfügung mit einem offenen Verfahren bei der
Kantonspolizei wegen manipulierter Fahrtschreiber, einer Verurteilung durch das
Polizeigericht U.________/F, Widerhandlungen gegen das Taxigesetz (unzulässige
Kundenanwerbung am Flughafen Basel/Mulhouse) sowie drei Verurteilungen durch
das Strafgericht Basel-Stadt. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel
sind erfolglos geblieben (Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des
Kantons Basel-Stadt vom 18. September 2014; Urteil des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt vom 16. November 2015).

B.
Am 4. Januar 2016 erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Urteils
des Appellationsgerichts.
Das Appellationsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement schliesst auf Abweisung
sowohl der Beschwerde als auch des Gesuchs um Erteilung der aufschiebenden
Wirkung. Das Taxibüro hat sich nicht vernehmen lassen.
Mit Verfügung vom 22. März 2016 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung
abgewiesen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig
(vgl. Art. 81 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Auf
die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 42 und 100 Abs. 1
BGG) des nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimierten Beschwerdeführers ist
einzutreten.

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder
an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). Die Verletzung von kantonalem
Gesetzesrecht wird nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür geprüft (BGE 136 I
316 E. 2.2.1 S. 318 mit Hinweisen). In Bezug auf die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von
kantonalem Recht) gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht
(Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 f.). Die
beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine
entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische
Kritik an der Sachverhaltsfeststellung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE
139 II 404 E. 10.1 S. 444 f.; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).

2.
Gemäss § 4 Abs. 1 Taxigesetz bedarf der Betrieb von Taxis auf dem Gebiet des
Kantons Basel-Stadt einer Taxihalterbewilligung der zuständigen Behörde. Die
allgemeinen Voraussetzungen einer Taxihalterbewilligung werden in § 6
Taxigesetz umschrieben. Danach wird u.a. verlangt, dass sich der Taxihalter
über einen guten Leumund ausweist (Abs. 1 lit. b) und über eines oder mehrere
technisch einwandfreie und vorschriftsgemäss ausgerüstete Fahrzeuge verfügt
(Abs. 1 lit. f). Nach § 9 Abs. 1 Taxigesetz sind Taxihalterbewilligungen zu
entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur
Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen. Sie können auch entzogen werden, wenn
die Taxihalterin oder der Taxihalter in schwerer Weise oder wiederholt gegen
Verkehrsvorschriften oder gegen Bestimmungen über den Betrieb von Taxis
verstossen hat, zu solchen Widerhandlungen angestiftet oder solche mehrmals
geduldet hat. In leichten Fällen können der Bewilligungsentzug angedroht und
die Belassung der Bewilligung mit Auflagen verbunden werden (§ 9 Abs. 2
Taxigesetz). Wer ein Taxi führen will, bedarf nach § 11 Abs. 1 Taxigesetz einer
kantonalen Bewilligung als Taxichauffeuse oder als Taxichauffeur. Bei schwerer
oder wiederholter Verletzung von Verkehrsvorschriften sowie von Bestimmungen
des Taxigesetzes und seiner Verordnung kann die Bewilligungsbehörde die
Taxichauffeurbewilligung entziehen. In leichten Fällen kann der
Bewilligungsentzug angedroht und die Belassung der Bewilligung mit Auflagen
verbunden werden (vgl. § 12 Abs. 3 Taxigesetz).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung. Die Manipulation des Fahrtschreibers sei nicht
erwiesen; er habe diese stets bestritten. Durch die Einstellung des
Strafverfahrens sei es ihm verunmöglicht worden, seine Sicht der Dinge
darzulegen. Damit entfiele die Grundlage für den Entzug der
Taxihalterbewilligung. Auch die ihm vorgeworfenen fortgesetzten unerlaubten
Kundenanwerbungen am EuroAirport hätten keinerlei Grundlage. Diese basierten
auf Beobachtungen konkurrierender Taxiunternehmen, die ihn in ein schlechtes
Licht rücken wollten, und den Aussagen einer englischen Kundin. Diese habe sich
aber nicht über unerlaubte Kundenanwerbung, sondern über den Preis der
Taxifahrt beklagt. Es sei daher aktenwidrig zu behaupten, diese Angelegenheit
hätte etwas mit der Kundenanwerbung zu tun.

3.2. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement hat in seinem Entscheid detailliert
beschrieben, wie in beiden Taxifahrzeugen des Beschwerdeführers Schalter
eingebaut waren, mit welchen der Fahrtschreiber manipuliert werden konnte. Laut
einer im Auftrag der Kantonspolizei Basel-Stadt durchgeführten Expertise vom
23. Juni 2010 dienten diese zur Unterbrechung des Geschwindigkeitssignals des
Fahrtschreibers, so dass bei deren Betätigung die Geschwindigkeit und die
Wegstrecke der Fahrzeuge nicht aufgezeichnet wurden. Der Tachograph
interpretierte dadurch die Situation so, wie wenn das Fahrzeug gestanden hätte.
Die Einlageblätter der Fahrtschreiber wiesen gegenüber den Servicerechnungen
eine erhebliche Diskrepanz auf (bei einem der Fahrzeuge über 50'000 km).
Aufgrund der hohen Anzahl nicht aufgezeichneter Kilometer und des hohen
Aufwands der Installation, die sich offenbar unzweifelhaft dem Beschwerdeführer
anlasten liess, ging das Justiz- und Sicherheitsdepartement nicht mehr von
einer einmaligen Kleinigkeit aus Versehen, sondern von einer systematisch
geplanten Wiederholung bei unzähligen Fahrten aus. Der Beschwerdeführer
unterliess es, diese Feststellungen im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens -
unabhängig vom Strafverfahren, das infolge Verjährung eingestellt wurde -
konkret zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat seine Mitwirkungspflicht somit
nur unzureichend erfüllt. Die Vorinstanz hatte demnach keinerlei Anlass, sich
in ihrem Urteil näher damit auseinanderzusetzen. Eine entsprechende Rüge im
vorliegenden Verfahren erweist sich damit als verspätet. Im Übrigen legt der
Beschwerdeführer auch vor Bundesgericht nicht dar, inwiefern die Vorwürfe
betreffend die Manipulation der Fahrtschreiber unzutreffend sein sollten. Es
erscheint fraglich, kann letztlich aber offen bleiben, ob er damit der
Begründungspflicht (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) genügend nachkommt.

3.3. Hinsichtlich des Vorwurfs der unerlaubten Kundenanwerbung hatte sich die
fragliche Kundin des Beschwerdeführers wegen des Preises der Taxifahrt beim
Taxibüro beschwert. In dieser Angelegenheit äusserte sich der Beschwerdeführer
dahingehend,  "[...] da habe ich halt in der Schalterhalle die Frau gefragt, ob
sie ein Taxi braucht." (vgl. Aktennotiz des Taxibüros vom 18. Juni 2009). Es
ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz zu Unrecht davon ausgegangen
sein soll, dass der Beschwerdeführer in der Schalterhalle des Ankunftsbereichs
Personen angesprochen und seine Taxidienste angeboten habe. Im Übrigen hat die
Vorinstanz in diesem Zusammenhang nicht nur auf diesen einen Vorfall (mit der
englischen Kundin) abgestellt, sondern auch auf Beschwerden anderer
Taxiunternehmen sowie Feststellungen der Flughafenleitung (vom Beschwerdeführer
im Kurzzeitparkhaus des EuroAirport gelöste Tickets, Bildaufnahmen des
Beschwerdeführers mit Gästen). Sie durfte daher, ohne dass ihr eine
offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung vorgeworfen werden könnte,
annehmen, der Beschwerdeführer habe über einen längeren Zeitraum Kunden am
EuroAirport auf unzulässige Weise angelockt. Die Rüge des Beschwerdeführers
geht somit fehl.

4.

4.1. Weiter macht der Beschwerdeführer sinngemäss einen unverhältnismässigen
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) geltend. Da ihm einzig eine
Busse von EUR 400.-- vorgehalten werden könne, die er in Frankreich habe
bezahlen müssen, sei es weder verhältnismässig noch stehe es im öffentlichen
Interesse, ihm als 60-jährigem Familienvater die Taxihalterbewilligung zu
entziehen. In fast 30 Jahren sei seine Taxihalterbewilligung nie zur Diskussion
gestanden. Dass ihm die Taxichauffeurbewilligung belassen werde, sei kein
adäquater Ersatz, sei doch die Möglichkeit, auf eigene Rechnung und aufgrund
eigener Zeiteinteilung arbeiten zu können, essentiell.

4.2. Entgegen seinem Vorbringen sind dem Beschwerdeführer nicht nur die
tätliche Auseinandersetzung mit einem anderen Taxichauffeur in Frankreich, die
zu einer Geldstrafe führte, vorzuwerfen, sondern hat er sich auch
Manipulationen am Fahrtschreiber und unzulässige Kundenanwerbung am EuroAirport
vorhalten zu lassen (vgl. ausführlich das angefochtene Urteil E. 3.4 f.). Die
Vorinstanz hat eine umfassende Verhältnismässigkeitsprüfung durchgeführt (vgl.
das angefochtene Urteil E. 4 ff.). Sie hat dargelegt, dass der Beschwerdeführer
in schwerer und wiederholter Weise gegen taxi- und arbeitsrechtliche
Bestimmungen, strassenverkehrsrechtliche Normen sowie Vorschriften zum Schutz
der körperlichen Integrität Dritter verstossen und damit § 9 Abs. 2 Taxigesetz
erfüllt hat. An sich hätte ihm gestützt auf § 12 Abs. 3 Taxigesetz auch die
Taxichauffeurbewilligung entzogen werden können. Aus
Verhältnismässigkeitsüberlegungen wurde ihm diese aber belassen, so dass er
nach wie vor ein Taxi fahren und damit ein Einkommen erzielen kann. Die
Taxichauffeurbewilligung wurde ihm im Sinne einer letzten Chance nicht
entzogen, sondern lediglich deren Entzug angedroht für den Fall, dass sein
Verhalten in den nächsten zwei Jahren (bis 1. September 2013) zu Klagen Anlass
geben sollte. Die Existenzgrundlage sollte ihm nicht entzogen werden. Er vermag
somit nicht darzulegen, inwiefern sich die angeordneten Massnahmen als
unverhältnismässig erweisen sollen. Es bleibt ihm im Übrigen unbenommen, für
die Erteilung einer neuen Taxihalterbewilligung ein ordentliches Gesuch an das
Justiz- und Sicherheitsdepartement zu stellen (vgl. schon die Verfügung des
Taxibüros vom 3. August 2011 Ziff. 3).

4.3. Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass die Taxihalterbewilligung
entzogen und der Entzug der Taxichauffeurbewilligung angedroht worden ist.

5.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 65, Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
auszurichten (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. April 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Fuchs

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