Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.332/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_332/2016

Urteil vom 13. September 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Loepfe-Lazar,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung,
vom 23. Februar 2016.

Erwägungen:

1.
Der serbische Staatsangehörige A.________ wurde 1982 in Zürich geboren, reiste
jedoch noch im gleichen Jahr mit seiner Mutter in sein Heimatland zurück, wo er
bis zu seinem 10. Lebensjahr verblieb. Mitte 1991 reiste er erneut in die
Schweiz ein, wo erfolglos ein Gesuch um Niederlassung bei den hier lebenden
Grosseltern gestellt wurde. Trotz rechtskräftiger Wegweisungsverfügung verblieb
A.________ aber in der Schweiz. Im Jahr 1997 wurde sein illegaler Aufenthalt im
Rahmen einer Strafuntersuchung der Jugendanwaltschaft Zürich aufgedeckt.
A.________ wurde erneut zur Ausreise verpflichtet und weitere Gesuche zur
Erteilung eines Aufenthaltstitels wurden abgewiesen. Um einer Ausschaffung zu
entgehen, liess er sich daraufhin von seiner Grossmutter adoptieren, worauf er
am 25. September 1998 in deren Niederlassungsbewilligung miteinbezogen wurde.
A.________ wurde in der Schweiz mehrfach und in erheblichem Ausmass
straffällig:

- Mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 28. Februar
2002 wurde er wegen Hinderung einer Amtshandlung, Vergehen gegen das
Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes,
mehrfacher teilweise grober Verletzung der Verkehrsregeln sowie mehrfachen
Fahrens ohne Führerausweis mit einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von
14 Tagen sowie mit einer Busse von Fr. 500.-- bestraft;
- Mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 8. September 2004 wurde er
zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 45 Tagen sowie zu einer
Busse von Fr. 1'000.-- wegen Fahrens ohne Führer- und Fahrzeugausweis sowie
Missbrauchs von Ausweisen und Kontrollschildern verurteilt;
- Am 30. August 2005 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich wegen Fahrens in
angetrunkenem Zustand sowie ohne Führerausweis, mehrfacher grober und einfacher
Verletzung der Verkehrsregeln sowie wegen Vergehen gegen das Waffengesetz zu
einer unbedingten Gefängnisstrafe von drei Monaten sowie zu einer Busse von Fr.
300.--. Ebenso ordnete das Gericht den Vollzug der am 8. September 2004 bedingt
aufgeschobenen Freiheitsstrafe an;
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 5. Oktober 2006 wurde
er zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten verurteilt. Grund dafür waren
mehrfache Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie die Übertretung
desselben;
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 16. Oktober 2009 wurde
A.________ der fahrlässigen Körperverletzung, der Förderung der rechtswidrigen
Ein- und Ausreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts sowie der mehrfachen
Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz schuldig erklärt. Als Zusatzstrafe zum
Strafbefehl vom 5. Oktober 2006 wurde er zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen
zu je Fr. 30.-- sowie zu einer Busse von Fr. 300.-- verurteilt;
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 11. Januar 2013 wurde
er abermals des Fahrens ohne Führerausweis schuldig erklärt und zu einer
bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 100.-- sowie zu einer Busse
von Fr. 500.-- verurteilt;
- Am 20. Juni 2014 sprach ihn das Bezirksgericht Zürich schliesslich des
Betruges zum Nachteil der Sozialhilfe, der mehrfachen Hehlerei, der mehrfachen
Gehilfenschaft zu Diebstahl, des mehrfachen Fahrens ohne Führerausweis sowie
des Verstosses gegen das Waffengesetz schuldig. Das Gericht verurteilte
A.________ zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten, teilweise als
Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 11. Januar 2013, sowie zu einer Busse von Fr.
1'500.--.
A.________ verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung; die Lehre als
Automechaniker brach er ab. Er geht gegenwärtig einer unstabilen
Temporäranstellung im Stundenlohn nach. Zuvor (1. August 2011 bis 17. Februar
2013) musste er von der Sozialhilfe unterstützt werden. Per 9. Juni 2015 hatte
er Schulden in Höhe von Fr. 86'431.40.
Nachdem das Migrationsamt des Kantons Zürich A.________ zuvor bereits vier Mal
verwarnt und ihm für den Fall weiterer Delinquenz schwerer wiegende
fremdenpolizeiliche Massnahmen angedroht hatte (2. März 2002, 9. November 2004,
29. November 2005, 28. November 2006), widerrief es mit Verfügung vom 11. Mai
2015 die Niederlassungsbewilligung von A.________. Die vom Betroffenen
hiergegen ergriffenen Rechtsmittel wurden kantonal letztinstanzlich mit Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2016 abgewiesen.
Mit Eingabe vom 18. April 2016 führt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht und beantragt im
Wesentlichen, auf den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung zu verzichten
und von einer Wegweisung abzusehen. Eventualiter sei ihm eine
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen oder zumindest eine neue Ausreisefrist
anzusetzen. Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich verzichten auf eine Vernehmlassung. Mit Eingabe vom 13. Juni 2016
äussert sich der Beschwerdeführer erneut zur Angelegenheit. Mit Verfügung vom
19. April 2016 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2.
Soweit der Beschwerdeführer mit dem erhobenen Rechtsmittel die Wegweisung
beanstandet, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Der Wegweisungsentscheid ist die
unmittelbare gesetzliche Folge des Widerrufs seiner Niederlassungsbewilligung
(vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. c AuG); der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass und
inwiefern die Anordnung der Wegweisung besondere verfassungsmässige Rechte
verletzen würde, weswegen auf seine Ausführungen auch nicht im Rahmen einer
subsidiären Verfassungsbeschwerde einzugehen ist. Ebenso wenig ist das
Bundesgericht für die Ansetzung der Ausreisefrist zuständig (Urteil 2C_990/2015
vom 19. Februar 2016 E. 4 m.w.H.), weshalb auf den entsprechenden Antrag nicht
einzutreten ist; hinzuweisen ist aber darauf, dass die Vorinstanz die Frist auf
einen Monat ab Datum des (bestätigenden) bundesgerichtlichen Urteils
festgesetzt hat. Zulässig ist die Beschwerde vorliegend einzig gegen den
Widerruf der Niederlassungsbewilligung (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).
Diesbezüglich erweist sich das Rechtsmittel jedoch als offensichtlich
unbegründet, weswegen die Beschwerde im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109
Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG, d.h. mit summarischer Begründung und unter
Verweis auf den angefochtenen Entscheid zu erledigen ist:

2.1. Gemäss Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG kann die
Niederlassungsbewilligung einer ausländischen Person widerrufen werden, wenn
diese zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde; dies selbst
dann, wenn sich die ausländische Person seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen
und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhält. Als "längerfristig" gilt jede
Freiheitsstrafe, deren Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und
E. 4.5 S. 379 ff.). Dieses Erfordernis ist hier in Bezug auf den
Beschwerdeführer offensichtlich erfüllt; dass das Bezirksgericht Zürich in
seinem Urteil vom 20. Juni 2014 eine Gesamtstrafe verhängte, ändert daran
nichts (Urteil 2C_733/2012 vom 24. Januar 2013 E. 6.2.2). Der Beschwerdeführer
beruft sich denn auch im Wesentlichen einzig darauf, dass der angeordnete
Bewilligungswiderruf unverhältnismässig sei. Diese Rüge geht jedoch ins Leere:
Richtig ist wohl, dass ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufgrund der
gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss (BGE 135 II 377 E.
4.3 S. 381 f. m.w.H). Dies hat das Verwaltungsgericht aber nicht verkannt,
sondern es hat die hier massgebenden öffentlichen Interessen an einer Ausreise
des Beschwerdeführers und dessen private Interessen an einem Verbleib in der
Schweiz umfassend und sachgerecht gewürdigt und es für zumutbar erachtet, dass
der Beschwerdeführer in seine Heimat zurückkehrt.

2.2. Diese Schlussfolgerung der Vorinstanz ist weder im Lichte des
Ausländergesetzes noch unter dem Blickwinkel der EMRK zu beanstanden: Insgesamt
musste der Beschwerdeführer siebenmal strafrechtlich verurteilt werden, woraus
Freiheitsstrafen von insgesamt über zwei Jahren resultierten. Da die neueste
Verurteilung gleichzeitig die mit Abstand schwerwiegendste ist, liegt auch eine
klar progrediente Delinquenz vor, welche längst nicht mehr in Zusammenhang mit
jugendlichem Alter gesetzt werden kann, war doch der Beschwerdeführer im
Zeitpunkt dieser letzten Verurteilung bereits 32 Jahre alt. Wie das
Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, deuten all diese Umstände auf ein
erhebliches Verschulden hin und lassen auf eine ausgeprägte Geringschätzung und
Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung schliessen. Dieser
Eindruck wird durch die Tatsache verstärkt, dass sich der Beschwerdeführer
weder von diversen Strafen mit warnendem Charakter (Bussen/Geldstrafen,
bedingte Freiheitsstrafen) beeindrucken liess, er auch innert festgesetzten
Bewährungsfristen weiter delinquierte und sogar insgesamt vier ausdrückliche
fremdenpolizeiliche Verwarnungen samt Androhung des Bewilligungswiderrufs nicht
hinreichend waren, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Auch
ist in ausländerrechtlicher Hinsicht trotz den gegenteiligen Vorbringen des
Beschwerdeführers weiterhin von einem beachtlichen Rückfallrisiko auszugehen,
zumal die von ihm zuletzt verübten erheblichen Straftaten noch nicht besonders
lange zurückliegen und er auch die Probezeit des bedingten Strafvollzuges noch
nicht erfolgreich überstanden hat. Bei dieser Sachlage ist der weitere Verbleib
des Beschwerdeführers im Land mit den Sicherheitsinteressen der Schweiz nicht
mehr zu vereinbaren.

2.3. Soweit sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht vor allem auf das
Verhältnis zur inzwischen wieder in der Schweiz wohnenden leiblichen Mutter
sowie auf die Beziehung zu seiner gegenwärtigen Freundin beruft, erscheinen
seine Einwendungen nicht als entscheidwesentlich. In Bezug auf die angeblich
hilfsbedürftige Mutter hat er nicht im Ansatz aufgezeigt, inwieweit zu ihr ein
eigentliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen soll; dass sie für ihn kocht und
wäscht und er ihr im Gegenzug bei diversen nicht näher definierten Arbeiten
helfen will, genügt für die Annahme einer über das Übliche hinausgehenden
verwandtschaftlichen Beziehung jedenfalls nicht. Hiervon abgesehen ist
festzuhalten, dass sein Kindsverhältnis zu ihr mit der Adoption durch die
Grossmutter im Jahre 1998 unterging. Bezüglich dem Verhältnis zu seiner
Freundin hat das Verwaltungsgericht für das Bundesgericht verbindlich
festgehalten (Art. 105 Abs. 1 BGG), dass der Beschwerdeführer mit ihr nicht
zusammen wohnt und weder Heiratspläne bestehen noch gemeinsame Kinder vorhanden
sind. Der Beschwerdeführer bestreitet diese Feststellungen nicht.

2.4. Aus den genannten Gründen ist der Widerruf der Niederlassungsbewilligung
des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Dies schliesst die ersatzweise
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von vornherein aus (Urteil 2C_327/2015
vom 22. April 2016 E. 5.7 m.w.H.), weshalb auch dem Eventualantrag des
Beschwerdeführers nicht entsprochen werden kann.

3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf überhaupt
eingetreten werden kann.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zufolge
Aussichtslosigkeit kann seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, sowie dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. September 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

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