Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.325/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
                             
2C_325/2016, 2C_326/2016

Urteil vom 30. November 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Fuchs.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch MyTax GmbH,

gegen

Kantonales Steueramt Aargau,
Rechtsdienst,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
2C_325/2016
Kantons- und Gemeindesteuern 2001 bis 2004; Nachsteuern,

2C_326/2016
Direkte Bundessteuer 1999 bis 2004; Nachsteuern,

Beschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 25. Februar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Aufgrund einer Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV),
Abteilung Strafsachen und Untersuchungen, vom 9. November 2007 eröffnete das
Kantonale Steueramt Aargau ein Nachsteuerverfahren gegen die X.________ AG
wegen verdeckter Gewinnausschüttungen an ihren früheren Aktionär A.A.________
(selig). In der Folge setzte das Steueramt am 27. März 2013 die Nachsteuern für
die direkte Bundessteuer 1999 bis 2004 der X.________ AG auf Fr. 47'262.60
(inkl. Verzugszinsen) und für die Kantons- und Gemeindesteuern 2001 bis 2004
auf Fr. 50'427.55 (inkl. Verzugszinsen) fest. Am 1. Juli 2013 wies das
Steueramt die Einsprachen der X.________ AG gegen die Nachsteuerverfügungen ab.

B. 
Mit Urteil vom 18. Dezember 2014 betreffend die direkte Bundessteuer stellte
das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, fest, dass
das Recht zur Festsetzung der Nachsteuer für die Steuerperiode 1999 verjährt
sei. Soweit sich die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde auf die
Nachsteuer für das Jahr 2004 bezog, trat es mangels Beschwer nicht darauf ein.
Im Übrigen setzte es die Nachsteuern für die Jahre 2000 bis 2003 in teilweiser
Gutheissung der Beschwerde auf Fr. 28'582.10 (zuzüglich Verzugszinsen) fest.
Betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern trat das Spezialverwaltungsgericht
mit Urteil desselben Datums auf den Rekurs, soweit er sich auf die Nachsteuer
für das Jahr 2004 bezog, ebenfalls mangels Beschwer nicht ein. Die Nachsteuern
für die Jahre 2001 bis 2003 setzte es in teilweiser Gutheissung des Rekurses
auf Fr. 32'157.45 (zuzüglich Verzugszinsen) fest.

C. 
Das hiergegen angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Aargau stellte im
Verfahren der direkten Bundessteuer mit Urteil vom 25. Februar 2016 fest, dass
das Recht zur Festsetzung der Nachsteuern nicht nur für die Steuerperiode 1999,
sondern inzwischen auch für die Periode 2000 verwirkt war. In teilweiser
Gutheissung der Beschwerde korrigierte es die Nachsteuern für die Jahre 2001
bis 2003 daher auf Fr. 17'901.-- (zuzüglich gesetzliche Verzugszinsen auf Fr.
5'967.-- vom 1. November 2003 bis 30. Juni 2009, auf Fr. 5'967.-- vom 1.
Oktober 2004 bis 30. Juni 2009 und auf Fr. 5'967.-- vom 1. Oktober 2005 bis 30.
Juni 2009). Es legte die Kosten und die Parteientschädigung für das
spezialverwaltungsgerichtliche Verfahren neu fest und wies im Übrigen die
Beschwerde ab.
Die Beschwerde gegen die Nachsteuern für die Kantons- und Gemeindesteuern hiess
das Verwaltungsgericht mit separatem Urteil desselben Tages ebenfalls teilweise
gut und setzte die Nachsteuern für die Jahre 2001 bis 2003 wegen eines
offensichtlichen Rechnungsfehlers bei der Addition der Teilbeträge auf Fr.
32'121.45 fest (zuzüglich gesetzliche Verzugszinsen auf Fr. 14'037.95 vom 1.
Dezember 2003 bis 30. Juni 2009, auf Fr. 9'041.75 vom 1. Dezember 2004 bis 30.
Juni 2009 und auf Fr. 9'041.75 vom 1. November 2005 bis 30. Juni 2009). Im
Übrigen wies es die Beschwerde ab.
Das Verwaltungsgericht hielt in seinen Urteilen im Wesentlichen fest, es sei
unbestritten, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 1998 bis 2000 in drei
Tranchen insgesamt Fr. 780'000.-- an Unternehmen der Y.________ Gruppe zum
Zweck der Vermögensanlage bzw. Investition übertragen habe. Ab 1. Oktober 2001
seien die Anlagen von der Z.________ Ltd., Nassau (Bahamas), betreut worden.
Das investierte Kapital sei ab dem Jahr 2000 bis zum 30. Juni 2004 mit 1.5% pro
Quartal bzw. 6% pro Jahr verzinst worden. Diese Zinseingänge habe die
Beschwerdeführerin ordnungsgemäss verbucht und versteuert. Gemäss den
Nachsteuerverfügungen und Einspracheentscheiden hätte es neben den verbuchten
und deklarierten Zinsen aufgrund einer separaten Vereinbarung zusätzliche
Ausschüttungen der Y.________ Gruppe in variabler Höhe von jährlich 9 bis 15%
des investierten Kapitals gegeben. Während die festen Zinsen auf ein Konto der
Beschwerdeführerin ausbezahlt worden seien, sei die Zusatzrendite in bar zu
Handen von A.A.________ (selig), ehemaliger Verwaltungsratspräsident der
Beschwerdeführerin, an dessen Sohn B.A.________ ausbezahlt worden. Es sei davon
auszugehen, dass diese Zusatzrenditen auf dem investierten Kapital nicht
A.A.________ (selig), sondern der Beschwerdeführerin als Investorin zugestanden
hätten, jedoch von diesem bzw. seinem Sohn als direkte Gewinnausschüttungen
vereinnahmt worden seien. Unabhängig davon, wem die Zusatzrenditen ausbezahlt
worden seien, sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin einen
Rechtsanspruch darauf gehabt habe und das fragliche Einkommen auch ihr
zuzurechnen gewesen sei. Da die entsprechenden Zinserträge von ihr nicht
verbucht und auch nicht versteuert worden seien, seien ihre Steuerveranlagungen
unvollständig ausgefallen und die zu wenig veranlagten Steuern als Nachsteuern
zu erheben gewesen.

D. 
Mit Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. April 2016
beantragt die X.________ AG die Aufhebung der beiden Urteile des
Verwaltungsgerichts und jeweils die Feststellung, dass keine Nachsteuer
geschuldet sei. Ausserdem beantragt sie die Aufhebung der Urteile des
Spezialverwaltungsgerichts und der Entscheide des Kantonalen Steueramts.
Eventualiter seien die Verfahren zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen.
Das Kantonale Steueramt beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die ESTV
schliesst (bezüglich der direkten Bundessteuer) ebenfalls auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht verzichtet
auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen zwei praktisch
übereinstimmende Urteile bezüglich einerseits die Kantons- und Gemeindesteuern
und andererseits die direkte Bundessteuer. Die Urteile betreffen dieselben
Verfahrensbeteiligten und werfen identische Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt
sich deshalb, die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen
Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 131 V 59
E. 1 S. 60 f. mit Hinweis; vgl. auch Urteil 2C_693/2014 / 2C_694/2014 vom 4.
März 2015 E. 1.2).

1.2. Die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurden unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG)
eingereicht und richten sich gegen Endentscheide (Art. 90 BGG) einer letzten,
oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 146 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR
642.11] und Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR
642.14]). Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtenen Urteile besonders
berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung
(Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerden ist - mit nachfolgenden
Einschränkungen (E. 1.3 ff.) - grundsätzlich einzutreten.

1.3. Soweit das Steuerjahr 2004 betreffend, setzte sich die Vorinstanz mangels
Beschwer (die Nachsteuer war für diese Steuerperiode auf Fr. 0.-- festgesetzt
worden) nicht materiell mit den Beschwerden auseinander, sondern bestätigte
diesbezüglich die Nichteintretensentscheide des Spezialverwaltungsgerichts. Die
Beschwerdeführerin macht im vorliegenden Verfahren nicht geltend, inwiefern die
Vorinstanz auf ihre Beschwerden hätte eintreten müssen. Da somit eine
sachbezogene Begründung ausgeblieben ist - und es im Übrigen auch an der
materiellen Beschwer fehlt -, ist in Bezug auf das Steuerjahr 2004 nicht auf
die Beschwerden einzutreten.

1.4. Feststellungsbegehren sind im Verhältnis zu Leistungs- oder
Gestaltungsbegehren subsidiär (BGE 141 II 113 E. 1.7 S. 123). Die vorliegend
beantragte Feststellung, die Beschwerdeführerin schulde keine Nachsteuern, kann
mit der Aufhebung der angefochtenen Urteile erreicht werden. Es fehlt somit
diesbezüglich an einem schutzwürdigen Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1
lit. c BGG, weshalb auf die Feststellungsbegehren nicht einzutreten ist (vgl.
Urteile 2C_1107/2014 vom 14. September 2015 E. 1.2; 2C_565/2011 vom 26. Oktober
2012 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 138 II 545; 126 II 300 E. 2c S. 303).

1.5. Die Anträge auf Aufhebung der Einspracheentscheide und der Urteile des
Spezialverwaltungsgerichts sind unzulässig. Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht
bildet ausschliesslich das letztinstanzliche kantonale Urteil (vgl. Art. 86
Abs. 1 lit. d BGG). Die unterinstanzlichen Entscheide sind durch die Urteile
des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als
inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144).

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, insbesondere des
Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art.
106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern
verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen; wird eine solche
Verfassungsrüge nicht vorgebracht, kann das Bundesgericht eine Beschwerde
selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich
vorliegt (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232).
Das Bundesgericht prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen
Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen grundsätzlich gleich wie
Bundesrecht mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG). In den Bereichen, in
denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen
Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die
Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 209 f.; 130 II
202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_837/2014 vom 23. Februar 2015 E. 2.2).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117).

2.3. In Bezug auf die Beweislast gilt Folgendes: Der Nachweis für
steuerbegründende oder steuererhöhende Tatsachen obliegt der Steuerbehörde, der
Nachweis für steueraufhebende oder steuermindernde Tatsachen der
steuerpflichtigen Person; diese hat die entsprechenden Tatsachen also nicht nur
zu behaupten, sondern auch zu belegen (BGE 140 II 248 E. 3.5 S. 252 mit
Hinweisen).

3. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches
Gehör, indem ihr das Kantonale Steueramt die Akteneinsicht verweigert habe.
Dadurch sei auch ihr Anspruch auf Mitwirkung an der Beweiserhebung verletzt
worden. Zudem habe die Vorinstanz das Recht auf Beweisabnahme verletzt, indem
sie auf die beantragte Anhörung von Zeugen bzw. Auskunftspersonen verzichtet
habe.

3.1. Das Recht auf Akteneinsicht bildet einen Teilgehalt des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und stellt eine selbständige, allgemeine
Verfahrensgarantie dar. Es bezieht sich auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten
(vgl. BGE 140 V 464 E. 4.1 S. 467).
Schon das Verwaltungsgericht, bei dem die Beschwerdeführerin dieselben Rügen
erhoben hatte, hat sich mit der angeblichen Gehörsverletzung
auseinandergesetzt, die Rechtslage und bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu
zutreffend wiedergegeben - worauf an dieser Stelle verwiesen werden kann - und
festgestellt, dass das Kantonale Steueramt die Beschwerdeführerin über die
Eröffnung der Nachsteuerverfahren informiert und ihrem Schreiben vier
Kontoauszüge beigelegt hatte. Auf Ersuchen hin habe es der Beschwerdeführerin
ausserdem die von der ESTV zugestellten Akten übermittelt. Den angefochtenen
Urteilen zufolge könne den Akten entnommen werden, dass das Steueramt nebst
diesen Unterlagen im Nachsteuer- und anschliessenden Einspracheverfahren keine
weiteren Akten von Dritten beigezogen habe (vgl. die angefochtenen Urteile E.
1.2.4). Die Beschwerdeführerin bringt nun vor, die im vorinstanzlichen Urteil
genannten act. 59 und 61 nicht erhalten zu haben. Bei act. 61 handelt es sich
um die letzte Seite zusammengehefteter Unterlagen der ESTV. Es geht um den
Zusatz zu einer Investitionsvereinbarung, wonach der Investor zusätzlich zum
vereinbarten Festzins eine Beteiligung am Geschäftsergebnis der Y.________ Inc.
von maximal 24% der Investitionssumme p.a. erhalten solle. Es erscheint wenig
glaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin diese letzte Seite, welche weiteren
Dokumenten der ESTV angeheftet ist, nicht zur Akteneinsicht erhalten haben
soll, nachdem ihr bereits durch das Kantonale Steueramt sämtliche Unterlagen
zugestellt worden waren (vgl. schon die Urteile des Spezialverwaltungsgerichts,
Abteilung Steuern, vom 18. Dezember 2014 E. 7.3 bzw. 5.3). Dasselbe gilt
betreffend act. 59. Dabei handelt es sich um ein aus der Beschlagnahme
stammendes Blatt zum Jahr 2004, welches mit handschriftlichem Vermerk
Prozentsätze festhält ("X.________ 1.25%, A.A.________ 3.75%, B.A.________ 7%,
total 12%"). Während das Steueramt für die Berechnung der zusätzlichen
Zinserträge des Jahres 2003 auf diese Angabe abstellte und von zusätzlichen
Zinserträgen von 3.75% pro Quartal auf dem Investitionsbetrag von Fr.
780'000.-- ausging, reduzierte das Spezialverwaltungsgericht den Zinssatz für
die Ausschüttungen an A.A.________ (selig) gemäss den Tabellen der Vorjahre auf
2.25% (vgl. die angefochtenen Urteile E. 4.1.2.4 und die Urteile des
Spezialverwaltungsgerichts E. 8.6.6 f. bzw. 6.6.6 f.). Selbst wenn sich dieses
Dokument, was wenig wahrscheinlich ist, nicht in den Unterlagen befunden haben
sollte, war dessen Inhalt der Beschwerdeführerin spätestens mit Erlass der
Urteile des Spezialverwaltungsgerichts bekannt. Dieses - und in der Folge die
Vorinstanz - haben im Übrigen ihren Entscheid gerade nicht gestützt auf Inhalte
dieses Dokuments gefällt. Eine allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs
wäre vor diesem Hintergrund auf jeden Fall geheilt (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2
S. 197 f.).

3.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV ergibt
sich für die Parteien u.a. auch das Recht, Beweisanträge zu stellen, und für
die Behörden die Pflicht, rechtzeitig und formgültig angebotene Beweisbegehren
entgegenzunehmen und zu berücksichtigen. Keine Verletzung des rechtlichen
Gehörs liegt indes vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2 f. S. 236 f.).
Die Vorinstanz hat sich in ihren Urteilen auch mit den Anträgen um Anhörung der
beiden Zeugen befasst und dargetan, inwiefern sich der Sachverhalt bereits
hinreichend aus den vorliegenden Unterlagen ergebe. Was der als Zeuge
aufgerufene frühere Revisor der Beschwerdeführerin zusätzlich hätte beitragen
können, sei nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe nicht substanziiert
dargelegt, inwiefern er beim Abschluss relevanter Verträge involviert gewesen
sei und inwieweit er von den Vereinbarungen und Zahlungen Kenntnis gehabt habe
(vgl. die angefochtenen Urteile E. 4.2.1.3). Wozu im Weiteren B.A.________
befragt werden solle, habe sie in der Beschwerde nicht angeführt (vgl. die
angefochtenen Urteile E. 4.2.2). Mit diesen Erwägungen setzt sich die
Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren in keiner Weise auseinander, womit
sie der geforderten Rüge- und Substanziierungspflicht nicht nachkommt (E. 2.1).
Auf die Rüge braucht deshalb grundsätzlich nicht weiter eingegangen zu werden.
Freilich ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz ihre
Sachverhaltsfeststellung ausführlich begründet und dargelegt hat, weshalb
weitere Zeugenbefragungen daran nichts geändert hätten. Sie durfte daher sehr
wohl - und ohne Verstoss gegen Art. 9 und 29 Abs. 2 BV - in zulässiger
antizipierter Beweiswürdigung auf die beantragten Anhörungen verzichten.

4. 
Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Regeln der
Beweislastverteilung sowie eine willkürliche Beweiswürdigung. Sie macht
geltend, entgegen den Behauptungen des Kantonalen Steueramts lediglich die
vertraglich zugesicherten Renditezahlungen auf der Kapitalanlage erhalten und
diese auch lückenlos und transparent in den jeweiligen Jahresrechnungen
verbucht zu haben. Daneben sei ihr keine variable Zusatzrendite entrichtet
worden, da sie keinen vertraglichen Anspruch auf eine solche gehabt habe. Ohne
Anspruch und ohne Leistungszufluss habe sie nichts verbuchen oder versteuern
müssen. Wenn überhaupt, sei einzig dem Vermittler, B.A.________, ein
einklagbarer Anspruch gegenüber der Y.________ Inc. zugestanden, was sich aber
der Kenntnis der Beschwerdeführerin entziehe. Nach der allgemeinen
Beweislastregel trage die Steuerbehörde die Beweislast für steuerbegründende
Tatsachen; es hätte daher am Kantonalen Steueramt gelegen, den angeblichen
Zufluss von zusätzlichem Vermögensertrag nachzuweisen. Wiederholt habe das
Steueramt die Behauptung aufgestellt, die Beschwerdeführerin habe zusätzliche
Zinserträge erhalten oder darüber verfügen können, obwohl keine entsprechende
schriftliche Vereinbarung über eine Zusatzrendite vorliege, dies im Gegensatz
zu anderen Fällen, in denen solche Vereinbarungen vorgelegen haben sollen. Das
Steueramt habe somit bei der Festsetzung der Nachsteuerfaktoren Vergleiche mit
einzig ihm vorliegenden anderen "Steuerfällen" angestellt und versucht,
aufgrund von Mutmassungen auf einer hypothetischen Grundlage den Nachweis des
Zuflusses von zusätzlichen Renditezahlungen zugunsten der Beschwerdeführerin
herbeizuführen. Auch die These, wonach sämtliche Pflichtigen neben der
zugesicherten Grundrendite noch mittels einer Zusatzvereinbarung variable
Zusatzrenditen vereinbart hätten, sei nachweislich falsch, da im
"System-C.________" keine standardisierten Verträge zur Verfügung gestanden
hätten. Die vorgenommene Aufrechnung stelle einen Verstoss gegen Bundesrecht
dar und sei in willkürlicher Würdigung von Beweismitteln verfolgt.

4.1. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine
andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. Das
Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen Instanz nur ab, wenn dieser
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE
140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f. mit Hinweisen). Dies
ist insbesondere dann der Fall, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare
Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser
Acht lässt (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 2D_16/2015 vom 29. Oktober 2015 E.
3.1).

4.2. Die Vorinstanz hat in ihren Entscheiden festgehalten, der Nachweis für die
nachsteuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen hätten die Steuerbehörden zu
erbringen (vgl. vorstehend E. 2.3). Sie hat die Regeln der Beweislastverteilung
sehr wohl richtig erkannt. Die Beschwerdeführerin rügt freilich im Wesentlichen
- entgegen ihrer Bezeichnung - nicht eine fehlerhafte Beweislastverteilung,
sondern eine willkürliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
dessen rechtliche Würdigung.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt allerdings auch in diesem
Zusammenhang der im Verfahren vor Bundesgericht geforderten Begründungspflicht,
insbesondere einer genügenden Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen
Ausführungen, vermissen. Die Beschwerdeschriften beschränken sich im
Wesentlichen darauf, angebliche Verfehlungen des Kantonalen Steueramts zu
schildern und wiederholen, was bereits im vorinstanzlichen Verfahren
vorgebracht wurde, ohne dass im Einzelnen dargetan würde, inwiefern sich die
vorinstanzlichen Feststellungen und Erwägungen als willkürlich erweisen würden
(vgl. E. 2.1 f., 4.1).

4.3. Im Übrigen hat die Vorinstanz ausführlich dargelegt, wie der Sachverhalt
zustande gekommen ist: Neben den an die Beschwerdeführerin adressierten,
quartalsweisen Abrechnungen der Y.________ Inc. bzw. der Z.________ Ltd. über
die ordentlich verbuchten Zinszahlungen hätten auch Tabellen vorgelegen, welche
den Quartalsabrechnungen beigeordnet waren. In jeder Tabelle seien die
Beschwerdeführerin, A.A.________ (selig) und B.A.________ aufgeführt. Neben den
unbestrittenen und versteuerten Zinsen zugunsten der Beschwerdeführerin seien
jeweils auch zusätzliche Zinsen für A.A.________ (selig) und B.A.________
aufgeführt, die offensichtlich ebenfalls in Prozenten der von der
Beschwerdeführerin investierten Summe berechnet worden seien. Die Y.________
Inc. habe mit anderen Investoren regelmässig einen Zusatz zu den
Investitionsvereinbarungen vereinbart. Danach hätten die Investoren zusätzlich
zum vereinbarten Festzins eine Beteiligung am Geschäftsergebnis der Y.________
Inc. von maximal 24% der Investitionssumme p.a. erhalten. Nachdem die
Y.________ Inc. bzw. die Z.________ Ltd. auch zugunsten von A.A.________
(selig) solche zusätzlichen Zinsen auf dem investierten Kapital ausbezahlt
habe, sei davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall ebenfalls eine derartige
Zusatzvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Y.________ Inc. als
Vertrag zugunsten Dritter geschlossen worden sei. Ein Vorgehen, bei dem die
Zahlungen zugunsten von A.A.________ (selig) in bar an B.A.________ erfolgten,
sei ohne explizite (mündliche oder schriftliche) Abrede kaum denkbar und in der
Finanzbranche völlig unüblich. Gemäss der ESTV müsse zudem davon ausgegangen
werden, dass Teile der Akten der Y.________ Gruppe vernichtet worden seien.
Deshalb könne aus dem Fehlen einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung in
den Akten nicht geschlossen werden, es sei überhaupt keine solche abgeschlossen
worden. Die Behauptung, die Zahlungen zugunsten von A.A.________ (selig) seien
freiwillig erfolgt, sei in Anbetracht der gesamten Umstände unglaubwürdig. Als
weiteres Indiz komme hinzu, dass auch in den Jahren 1998 bis 2002 nicht nur
ordentliche Zinsen von 1.25 bzw. 1.5% pro Quartal an die Beschwerdeführerin,
sondern auch zusätzliche Zinsen zu 3.75, 3.5 bzw. 2.25% pro Quartal zugunsten
von A.A.________ (selig) ausbezahlt worden seien.
Inwiefern sich diese Ausführungen als offensichtlich haltlos und damit
willkürlich erweisen sollen, ist nicht ersichtlich. Die Erwägungen sind
vielmehr schlüssig und überzeugend und die Beschwerdeführerin vermag mit ihrem
hauptsächlichen Vorbringen, den Behörden läge keine schriftliche
Zusatzvereinbarung vor, nicht zu überzeugen.

4.4. Gestützt auf ihre Feststellungen haben die Vorinstanzen die fraglichen
Beträge zu Recht als Gewinnvorwegnahmen zum Reingewinn der Beschwerdeführerin
hinzugezählt (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. c DBG bzw. Art. 24 Abs. 1 lit. b StHG
und § 68 Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember
1998 [StG/AG; SAR 651.100]) und von dieser entsprechend Nachsteuern - was die
Beschwerdeführerin im Übrigen nicht in Frage stellt - erhoben.

5. 
Nach dem Gesagten sind sowohl die Beschwerde betreffend die direkte
Bundessteuer 1999 bis 2004 als auch die Beschwerde betreffend die Kantons- und
Gemeindesteuern 2001 bis 2004 abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
auszurichten (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_325/2016 und 2C_326/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 1999 bis 2004 wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3. 
Die Beschwerde betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2001 bis 2004 wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

4. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 30. November 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Fuchs

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