Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.318/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                
{T 0/2}
                              
2C_318/2016 / 2C_319/2016

Urteil vom 18. April 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Thurgau.

Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau sowie direkte Bundessteuer 2012
(Sonderveranlagungen; Fristwiederherstellungsgesuch),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 10. Februar 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit Einspracheentscheid vom 4. Februar 2015 nahm die Steuerverwaltung des
Kantons Thurgau in Bezug auf A.________ für die Staats- und Gemeindesteuern des
Kantons Thurgau einerseits und die direkte Bundessteuer anderseits eine
Sonderveranlagung für das Steuerjahr 2012 vor. Der Steuerpflichtige nahm den
Einspracheentscheid am 5. Februar 2015 entgegen und erhob am 11. März 2015
Rekurs bzw. Beschwerde. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs zur Frage der
Rechtzeitigkeit der Rechtsmittel wies die Steuerrekurskommission des Kantons
Thurgau mit Entscheiden vom 8. Mai 2015 ein Gesuch um Fristwiederherstellung
vom 24. März 2015 ab und trat sie auf die Rechtsmittel vom 11. März 2015 nicht
ein.

1.2. Mit Eingabe vom 6. Juni 2015 gelangte der Steuerpflichtige hierauf an das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Dieses prüfte den angefochtenen
Entscheid hauptsächlich daraufhin, ob die Vorinstanz mit Recht von einem
unentschuldigten Fristversäumnis ausgegangen sei. Da dies ihrer Ansicht nach zu
bejahen war, wies sie die Eingabe mit Entscheid VG.2015.116/E vom 10. Februar
2016 (Versand: 4. März 2016) ab.

1.3. Der Steuerpflichtige gelangt mit Eingaben vom 1. April und 12. April 2016
an das Bundesgericht. Er beantragt nebst der Aufhebung des angefochtenen
Entscheids die Gewährung der Fristwiederherstellung. Der Instruktionsrichter
hat weder einen Schriftenwechsel noch andere Instruktionsmassnahmen angeordnet.

2.

2.1. Die Vorinstanz hat zum Steuerjahr 2012 betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern des Kantons Thurgau einerseits und die direkte Bundessteuer
anderseits ein einziges Urteil gefällt, ohne im Dispositiv zwischen den
Steuerarten zu unterscheiden. Der Steuerpflichtige ficht dieses Urteil mit
einer einzigen Beschwerdeeingabe an. Die sich stellenden Fragen sind im
Bundesrecht und im harmonisierten kantonalen Steuerrecht übereinstimmend
geregelt. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Verfahren zu vereinigen und
die Beschwerde in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG [SR
173.110] i. V. m. Art. 24 BZP [SR 273]; Urteil 2C_560/2014 / 2C_561/2014 vom
30. September 2015 E. 1.2.1, in: StE 2016 B 72.14.3 Nr. 1).

2.2.

2.2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden
Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des
öffentlichen Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen unter Vorbehalt des Nachfolgenden
vor (Art. 82 lit. a, Art. 83, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG [SR
173.110] i. V. m. Art. 146 DBG [SR 642.11] bzw. Art. 73 StHG [SR 642.14]).

2.2.2. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht in jedem Fall
nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und
ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht
gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 60). Auf bloss allgemein
gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324; 141 IV 369 E. 6.3 S.
375).

2.2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz, wozu auch die Beweiswürdigung zählt (BGE 141 IV
369 E. 6.3 S. 375; 140 III 264 E. 2.3 S. 266), nur berichtigen oder ergänzen,
soweit sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich, sind oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG;
BGE 141 V 657 E. 2.1 S. 659 f.); die Rüge einer willkürlichen
Sachverhaltsfeststellung ist eine Grundrechtsrüge, die ebenfalls den
Rügeanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG unterliegt.

2.3.

2.3.1. Wie schon im vorinstanzlichen Verfahren ist vor Bundesgericht einzig die
Frage streitig und zu prüfen, ob der Steuerpflichtige während der Dauer der
dreissigtägigen Beschwerdefrist (Art. 140 Abs. 1 DBG und Art. 50 Abs. 1 StHG
bzw. § 175 Abs. 1 des Gesetzes [des Kantons Thurgau] vom 14. September 1992
über die Staats- und Gemeindesteuern [StG/TG; RB 640.1]) aus rechtserheblichen
Gründen ausserstande war, den Rekurs bzw. die Beschwerde einzureichen.

2.3.2. Die Vorinstanz gibt die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen
zutreffend wieder. Danach ist auf eine verspätete Beschwerde nur einzutreten,
wenn die steuerpflichtige Person einerseits nachweist, dass sie durch Militär-
oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe an
der rechtzeitigen Einreichung verhindert war (materielle Voraussetzung) und
anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe
eingereicht wurde (formelle Voraussetzung; Urteil 2C_699/2012 vom 22. Oktober
2012 E. 3.1, in: Plädoyer 2013 S. 61). Auf Bundesebene ist Art. 140 Abs. 4 i.
V. m. Art. 133 Abs. 3 DBG in der Fassung vom 6. Oktober 1995 (AS 1996 1445)
massgebend. Kantonalrechtlich ergibt sich dasselbe unmittelbar aus § 175 Abs. 2
i. V. m. § 164 Abs. 3 StG/TG, nachdem das Harmonisierungsrecht diesbezüglich
keine Regel aufstellt (Urteil 2C_407/2012 vom 23. November 2012 E. 2.2, in: StE
2013 B 92.8 Nr. 8; ULRICH CAVELTI, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.],
StHG, 2. Aufl. 2002, N. 12 zu Art. 50 StHG).

2.3.3. Wird eine Krankheit als Hinderungsgrund angerufen, muss die
Beeinträchtigung praxisgemäss derart erheblich ausfallen, dass die
steuerpflichtige Person durch sie geradezu davon abgehalten wird, innert Frist
zu handeln oder eine Drittperson mit der notwendigen Vertretung zu betrauen (
BGE 119 II 86 E. 2 S. 87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.). Der Nachweis der
hinreichend schweren Krankheit unterliegt nach dem Grundsatz der freien
Beweiswürdigung zwar keiner festen Beweisregel. Wird eine Erkrankung als Grund
für die versäumte Frist angerufen, kommt in der Praxis einem aktuellen
Arztzeugnis, dem zufolge das Fristversäumnis nicht oder höchstens leicht
verschuldet ist, aber ausschlaggebende Bedeutung zu.

2.3.4. Die Vorinstanz schliesst, die angerufene Krankheit erweise sich als
ungenügender Hinderungsgrund. Sie legt dar, dass der Steuerpflichtige noch im
Einspracheverfahren in der Lage war, seinen Standpunkt mündlich zu vertreten
(4. Februar 2015) und am 11. März 2015, zwei Tage nach Fristablauf, auch
schriftlich reagieren konnte. Was die konkrete Rechtsmittelfrist betrifft,
fehle ein zeitnah erstelltes Arztzeugnis bzw. sei dieses zu wenig spezifisch
gehalten. Aus dem Bericht von Dr. med. B.________ vom 28. Mai 2015, der den
Steuerpflichtigen letztmals im August 2010 gesehen habe, gehe bloss hervor,
dass ein chronisches permanentes Vorhofflimmern diagnostiziert worden sei.
Nicht Spezifisches lasse sich auch den weiteren Berichten aus dem Jahr 2010
entnehmen. Auch der Leistenbruch, der am 30. März 2015 operiert worden sei,
habe die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, rechtzeitig tätig zu werden, nicht
ernstlich einschränken können.

2.3.5. Was der Steuerpflichtige dagegen vorbringt, bleibt an der Oberfläche und
verfehlt die gesetzlichen Anforderungen an eine rechtsgenügliche
Verfassungsrüge (vorne E. 2.2.2 und 2.2.3). In sehr allgemeiner und knapper
Weise bringt er verschiedene Überlegungen zu Papier, die aber am Kern der Sache
vorbei zielen, soweit sie sich dem Bundesgericht überhaupt erschliessen. So
bleibt etwa unklar, welchen Einfluss das zitierte Atomabkommen haben könnte und
weshalb die gesamten Akten (angeblich eine Steuererklärung mit Beilagen von
1'500 Seiten, 50 Bundesordnern, Berichten von 30 Ärzten und acht Anwälten) zu
sichten gewesen sein sollten, um den Einspracheentscheid vom 4. Februar 2015
anzufechten. Gegenteils darf angenommen werden, dass der Gegenstand der
Sonderveranlagungen (Art. 38 DBG bzw. Art. 11 Abs. 3 StHG) mit überschaubarem
Aufwand hätte eingegrenzt werden können. Besondere Bedeutung misst der
Steuerpflichtige schliesslich dem Hinschied seiner Katze bei, mit der er eine
Seelenverwandtschaft geteilt haben will. Es kann als allgemeinnotorisch gelten,
dass Tierhalter den Tod eines geliebten Vierbeiners während geraumer Zeit als
überaus schmerzlich empfinden. Wiederum nach allgemeiner Erfahrung dürften
selbst schwere Verstimmungen freilich kaum je das Ausmass einer Krankheit im
Sinne von Art. 133 Abs. 3 DBG erreichen. Sollte es sich unerwarteterweise doch
so verhalten, liesse sich dies medizinisch ohne Weiteres dokumentieren. Wenn
der Steuerpflichtige hierzu erklärt, einen solchen Nachweis zu verlangen
verbiete sich schon "aus ethischen Gründen" und stelle ein "unmenschliches
Erfordernis" dar, verkennt er die verfahrensrechtliche Mitwirkungspflicht, die
ihn gerade in solchen Fällen trifft. An der Verfassungskonformität der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung wecken auch diese Einwände jedenfalls
keinerlei Zweifel.

2.4. Mit Blick auf die hier herrschende qualifizierten Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E. 2.2.2 und 2.2.3) enthält die
Beschwerde offensichtlich eine unzureichende Begründung, sodass darauf mit
Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten Verfahren nicht einzutreten ist
(Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 65 i. V. m. 66
Abs. 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem
Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton Thurgau, der in seinem amtlichen
Wirkungskreis obsiegt, steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt der Präsident:

1. 
Die Verfahren 2C_318/2016 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau) und
2C_319/2016 (direkte Bundessteuer), je betreffend die Sonderveranlagung 2012,
werden vereinigt.

2. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 18. April 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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