Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.314/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
2C_314/2016, 2C_315/2016     

Urteil vom 17. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Matter.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerischer Verband für Pferdesport (SVPS), h.d. seine statutarischen
Organe,
Beschwerdeführer, vertreten durch BDO AG,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern.

Gegenstand
2C_314/2016
Kantonssteuer 2002 bis 2009; Steuerbefreiung,

2C_315/2016
Direkte Bundessteuer 2002 bis 2009; Steuerbefreiung,

Beschwerden gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung,
vom 11. März 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der Schweizerische Verband für Pferdesport ersuchte für die Staats- und die
direkte Bundessteuer der Perioden 2002 bis 2009 um Steuerbefreiung wegen der
Verfolgung öffentlicher Zwecke (vgl. dazu schon das Urteil 2C_383/2010 vom 28.
Dezember 2010). Die Steuerverwaltung des Kantons Bern verweigerte diese
Befreiung. Das wurde auf Einsprache hin und danach im Rechtsmittelverfahren
bestätigt, kantonal letztinstanzlich durch das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern mit Urteil vom 11. März 2016.

B. 
Am 14. April 2016 hat der Verband Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das
verwaltungsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Steuerbefreiung zu gewähren.

C.
Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie die
Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid betreffend
die direkten Steuern des Kantons und des Bundes. Dagegen steht gemäss Art. 82
ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG,
SR 642.14) und mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht offen. Der Beschwerdeführer ist zur
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert (Art. 89 Abs.
1 BGG i.V.m Art. 146 DBG u. Art. 73 Abs. 2 StHG). Auf das form- und
fristgerecht eingereichte Rechtsmittel ist somit einzutreten.

1.2. Das gilt auch insoweit, als der Beschwerdeführer das vorinstanzliche
Urteil mit einer einzigen Beschwerdeeingabe anficht (vgl. dazu im Einzelnen das
Urteil 2C_603/2012, 2C_604/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 1). Für die Staats-
und die direkte Bundessteuer eröffnet das Bundesgericht zwei getrennte
Verfahren (2C_314/2016 und 2C_315/ 2016), die jedoch praxisgemäss vereinigt
werden.

II. Direkte Bundessteuer

2.

2.1. In einem Urteil von 2010 hat sich das Bundesgericht schon einmal mit den
hier massgeblichen Fragen befasst. Dabei ist es zu folgender Schlussfolgerung
gelangt: Juristische Personen, die in erster Linie Erwerbs- oder
Selbsthilfezwecke verfolgen, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf
Steuerbefreiung gemäss Art. 56 lit. g DBG, selbst wenn sie zugleich
öffentlichen Zwecken dienen (vgl. das Urteil 2C_383/2010 vom 28. Dezember 2010
E. 2 in: ASA 80 S. 207). Auf diese Erwägungen des ersten Urteils kann hier
verwiesen werden, was die Vorinstanz zu Recht getan hat. Zutreffend hat sie
auch die Einwendung des Beschwerdeführers im neuen Verfahren zurückgewiesen,
"entgegen der Meinung der Bundesgerichts" verfolge er keineswegs überwiegende
Erwerbs- und Selbsthilfezwecke (vgl. dazu im Einzelnen E. 3.3 des angefochtenen
Urteils).

2.2. Wie schon im ersten Verfahren, wo die Frage noch offen gelassen wurde
(vgl. E. 3 u. 4 des zitierten Bundesgerichtsurteils), bringt der
Beschwerdeführer vor, wenn die Steuerbefreiung wegen der Verfolgung
öffentlicher Zwecke internationalen Sportverbänden zugestanden werde, so habe
auch er Anspruch darauf, denn der internationale Aspekt sei kein massgebliches
Unterscheidungsmerkmal.

2.2.1. Mit dieser Einwendung hat sich das Verwaltungsgericht ebenfalls befasst,
ohne Bundesrecht zu verletzen. Vorab stützt es sich auf den Bundesratsbeschluss
vom 5. Dezember 2008 betreffend die "Besteuerung internationaler Sportverbände
mit Sitz in der Schweiz" und zitiert ausführlich aus der Begründung des
Beschlusses, u.a. die wesentliche Feststellung, dass der internationale Sport
zur Völkerverständigung beiträgt und somit ein anerkanntes Element der
Friedensförderung darstellt, neben Werten wie Fairplay, Kampf gegen Rassismus
und Diskriminierung, usw. Zudem hat der Standort Schweiz für die
Verbandsführung des Weltsports eine ausserordentliche Bedeutung. Die bis anhin
führende Position im Standortwettbewerb will die Schweiz auch in Zukunft
behaupten. Deshalb sind den internationalen Sportverbänden attraktive
Rahmenbedingungen zu bieten (vgl. E. 5.1 des vorinstanzlichen Urteils; zu den
betreffenden Werten und deren Bedeutung für die Schweiz: siehe ebenda
ausführlich E. 5.3).

2.2.2. Auf der Grundlage des Bundesratsbeschlusses erliess die Eidgenössische
Steuerverwaltung am 12. Dezember 2008 das Rundschreiben "Steuerbefreiung von
internationalen Sportverbänden" und hielt darin gegenüber den kantonalen
Steuerverwaltungen fest, dass die in der Schweiz domizilierten und dem
Internationalen Olympischen Komitee angeschlossenen internationalen
Sportverbände (bzw. deren Unterverbände oder Konföderationen) nach Art. 56 lit.
g DBG von der direkten Bundessteuer befreit sind, was aber z.B. nicht für den
Fussballverband FIFA als kommerziell tätiger Verein gilt (vgl. E. 5.1 des
angefochtenen Urteils; siehe auch - damit übereinstimmend - die Stellungnahme
des Bundesrats vom 15. August 2012 zur am 6. Juni 2012 eingereichten und am 20.
Juni 2014 abgeschriebenen parlamentarischen Interpellation 12.3441 betreffend
die Steuerbefreiung von Sportverbänden bei der direkten Bundessteuer:
www.parlament.ch/ratsbetrieb).

2.2.3. Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, erweisen sich der
Bundesratsbeschluss und das Rundschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung
als bundesrechtskonform.
Für sich allein stellt zwar das Argument des Standortwettbewerbs mit Blick auf
Art. 56 lit. g DBG keinen genügenden Unterscheidungsgrund gegenüber nationalen
Verbänden dar. Wenn es nur darum ginge, den internationalen Sportorganisationen
attraktive Rahmenbedingungen zu bieten, so wäre zweifelhaft, ob dies das
Kriterium der Verfolgung öffentlicher Zwecke zu erfüllen vermag; auch wäre
gegebenenfalls zu fragen, ob nicht ein Gesetz (im Gegensatz zu einem
Bundesratsbeschluss oder einem Rundschreiben der EStV) notwendig sein könnte,
um eine Steuerbefreiung nur auf dieser Grundlage zu rechtfertigen.
Wesentlich hat die Vorinstanz sich aber auch noch auf zwei andere, vom
Bundesrat und der EStV als massgeblich hervorgehobene Gesichtspunkte gestützt:
einerseits die Friedensförderung und Völkerverständigung, andererseits die
Durchsetzung von Werten wie Fairplay, Kampf gegen Rassismus und
Diskriminierung, usw. Von entscheidender Tragweite für die hier zu beurteilende
Unterscheidung ist das Zusammenspiel dieser beiden zusätzlichen Gesichtspunkte.
So mag durchaus sein, dass sich nationale Verbände auf ihrer Ebene auch der
Durchsetzung von denselben oder ähnlichen Werten verpflichten. Dazu kommt aber
bei internationalen Sportorganisationen der besagte Aspekt der
Friedensförderung und Völkerverständigung, der nicht in allen Fällen gleich
bedeutend ist. Für eine Steuerbefreiung wegen öffentlicher Zwecke muss das
Zusammenspiel der beiden Gesichtspunkte nicht das einzig verfolgte Ziel sein
und schliesst sogar - zumindest bis zu einem bestimmten Umfang - eine
kommerzielle Tätigkeit nicht aus (vgl. oben E. 2.2.2).
Erforderlich, aber auch möglich ist, dass den beiden Gesichtspunkten, wenn sie
zusammen betrachtet werden, ein hinreichend vorrangiges Gewicht zukommt,
insbesondere gegenüber wirtschaftlichen und sonstigen Selbstinteressen, um eine
unterschiedliche Behandlung gegenüber nationalen Verbänden im Rahmen von Art.
56 lit. g DBG zu rechtfertigen. Inwieweit das bei den einzelnen internationalen
Sportorganisationen der Fall ist, muss hier nicht geprüft werden. Es genügt
festzuhalten, dass eine verschiedene Beurteilung in Bezug auf die Verfolgung
öffentlicher Zwecke durchaus angemessen sein kann und eine Gleichbehandlung im
Unrecht demzufolge nicht zum Tragen kommt. Damit stimmt überein, dass der
Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht verletzt ist, wenn
die Vorinstanz ihm keinen Zugang zu den Steuerbefreiungsentscheiden der
genannten internationalen Organisationen gewährt hat.

2.3. Im ersten Verfahren hat sich der Beschwerdeführer zudem auf eine
Gleichbehandlung im Unrecht gegenüber dem Verband Swiss Olympic berufen (vgl.
E. 3.3 des ersten Bundesgerichtsurteils). Im vorliegenden Prozess bringt er
stattdessen vor, nationale Verbände seien generell (ohne jegliche
Unterscheidung innerhalb dieser Kategorie) gleich zu beurteilen wie
internationale Sportorganisationen. So erübrigt sich, auf einen Vergleich mit
Swiss Olympic noch weiter einzugehen. Das Gleiche gilt für das im vorherigen
Umgang noch diskutierte Beispiel der Stiftung Berner Symphonieorchester;
diesbezüglich hat das Bundesgericht festgehalten, dass es sich um zwei
massgeblich unterschiedliche Situationen handelt (vgl. E. 3.2 des erwähnten
Bundesgerichtsurteils).

III. Kantons- und Gemeindesteuern

3. 
Die für die Staatssteuer entscheidwesentlichen Bestimmungen (vgl. Art. 23 Abs.
1 lit. f StHG und Art. 83 Abs. 1 lit. g des Steuergesetzes des Kantons Bern vom
21. Mai 2000; [StG/BE; BSG 661.11]) stimmen mit den für die direkte
Bundessteuer anwendbaren Vorschriften überein, so dass sich dieselbe
Beurteilung rechtfertigt.

IV. Kostenfolgen

4. 
Die Verfahren für die Staats- und die direkte Bundessteuer sind zu vereinigen.
In beiden Verfahren unterliegt der Beschwerdeführer und wird somit
kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_314/2016 und 2C_315/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (2C_315/2016) wird
abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern (2C_314/2016) wird
abgewiesen.

4. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Matter

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben