Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.260/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_260/2016

Urteil vom 6. Juni 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiberin Mayhall.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Sven Gretler,

gegen

Amt für Migration Basel-Landschaft,
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 9. Dezember 2015.

Erwägungen:

1. 
A.A.________ (kosovarischer Staatsbürger, Jahrgang 1981) reiste im Januar 2004
in die Schweiz ein, worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei
seiner niederlassungsberechtigten Ehefrau erteilt wurde. Im Jahr 2009 erhielt
er die Niederlassungsbewilligung. Die gemeinsame Tochter B.A.________ wurde im
Oktober 2007 geboren.
Im Juni 2011 wurde A.A.________ wegen Verdachts auf Drogenhandel festgenommen
und in Untersuchungshaft versetzt; im April 2013 trat er den vorzeitigen
Strafvollzug an. Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau verurteilte ihn am 21.
August 2014 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren wegen
in den Jahren 2010 und 2011 begangenen Widerhandlungen gegen das BetmG,
teilweise mengen-, banden- und gewerbemässig qualifiziert, hinsichtlich 13.522
kg Heroingemisch, 4.333 kg Kokaingemisch und 16 kg Streckmittel sowie
Tätlichkeiten. Mit Verfügung vom 23. Januar 2015 widerrief das Amt für
Migration des Kantons Basel-Landschaft die Niederlassungsbewilligung von
A.A.________ und wies ihn an, die Schweiz bei der (bedingten) Entlassung aus
dem Strafvollzug zu entlassen. Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des
Kantons Basel-Landschaft wiesen die von A.A.________ erhobenen Rechtsmittel ab.
Während vor der Vorinstanz hängigem Rechtsmittelverfahren wurde A.A.________
bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht beantragt er
Aufhebung des angefochtenen Urteils.

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, welche zulässig ist,
da sie sich gegen den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung richtet (Art. 83
lit. c Ziff. 2 BGG e contrario; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4), ist offensichtlich
unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren unter Verweisung auf den
angefochtenen Entscheid nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abgewiesen
wird.

2.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG kann die Niederlassungsbewilligung
widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe
verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach der gefestigten Rechtsprechung
eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379
ff.), wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert
werden dürfen (BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32).

2.2. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss zudem verhältnismässig
sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Massgebliche Kriterien sind die Schwere
des Delikts, wobei besonders ins Gewicht fällt, ob diese Taten als Jugendlicher
oder als Erwachsener begangen wurden und ob es sich dabei um Gewaltdelikte
handelte, das Verschulden des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum
und das Verhalten des Betroffenen während diesem, der Grad seiner Integration
bzw. die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat
und zum Heimatstaat, die Dauer der bisherigen Anwesenheit, die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile, insbesondere unter gesundheitlichen Aspekten,
sowie die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der
Fernhaltung (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E. 2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S.
33, E. 2.3.3 S. 34 f.). Generalpräventive Gesichtspunkte dürfen berücksichtigt
werden, sofern die ausländische Person vom Anwendungsbereich des
Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) ausgenommen ist (BGE 136 II 5
E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 3.4.1 S. 183; je zum FZA). Die Prüfung der
Verhältnismässigkeit der staatlichen Anordnung des Widerrufs (Art. 5 Abs. 2 BV;
Art. 96 AuG) entspricht inhaltlich jener, welche bei eröffnetem Schutzbereich
für die rechtmässige Einschränkung der konventionsrechtlichen Garantie gemäss
Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorausgesetzt wird (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E.
2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33, E. 2.3.3 S. 34 f.). In Übereinstimmung
mit der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stuft
das Bundesgericht Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven als schwere
Straftaten und das damit verbundene öffentliche Interesse an einer Wegweisung
des Straftäters als hoch ein (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Bei
Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) überwiegt, falls keine besonderen
persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen,
regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts; das
öffentliche Fernhalteinteresse setzt sich bei ledigen und kinderlosen Person
tendenziell durch, sofern das Strafmass drei Jahre Freiheitsstrafe erreicht
oder wesentliche weitere Delikte hinzukommen (BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20). Bei
Verurteilungen zu Freiheitsstrafen in dieser Grössenordnung für
Betäubungsmitteldelikte hat das Bundesgericht den Bewilligungswiderruf aber
auch schon dann geschützt, wenn der betroffene Ausländer in der Schweiz Ehefrau
und Kinder hatte (vgl. ausführlich BGE 139 I 16 E. 2.2.3 S. 21 f.).

2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet im vorliegenden Fall die vorinstanzliche
Interessenabwägung und die Verhältnismässigkeitsprüfung. Zu Unrecht: Der
Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren für
Drogenhandel, teilweise mengen-, banden- und gewerbsmässig qualifiziert,
verurteilt. Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, der
Beschwerdeführer habe aus rein finanziellen Beweggründen die Gesundheit einer
Vielzahl von Menschen gefährdet, weshalb ein schwerwiegendes öffentliches
Interesse an seiner Ausreise bestehe. Entgegen seinen Ausführungen kommt der
Rückfallgefahr angesichts der fehlenden Anwendbarkeit des FZA nicht dasjenige
Gewicht zu, welches der Beschwerdeführer ihr zumessen möchte (vgl. dazu oben,
E. 2.2). Die Vorinstanz konnte durchaus generalpräventive Überlegungen in ihre
Abwägung miteinbeziehen, zumal ein künftiges Wohlverhalten des
Beschwerdeführers, welcher sich seit 2011 im Strafvollzug befand und erst einen
Monat vor Erlass des angefochtenen Urteils bedingt entlassen wurde, unter für
das ausländerrechtliche Bewilligungsverfahren massgeblichen Gesichtspunkten
keineswegs erstellt ist. Wohlverhalten unter dem Druck eines ausländischen
Bewilligungsverfahrens wird erwartet und nicht als Hinweis dafür gewertet, dass
ein verurteilter Straftäter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr
delinquieren wird (zur bundesgerichtlichen Praxis vgl. Urteil 2C_888/2012 vom
14. März 2013 E. 4.2.4). Das durch die (im Sinne von Art. 19 Abs. 2 BetmG)
qualifizierten Widerhandlungen gegen das BetmG begründete hohe öffentliche
Interesse an einer Ausreise des Beschwerdeführers wird durch seine privaten
bzw. die privaten Interessen seiner Familie an einem weiteren Verbleib in der
Schweiz nicht aufgewogen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, mit seinem
Heimatstaat Kosovo, in welchem er geboren und aufgewachsen ist, nach wie vor
vertraut zu sein und dort nahe Verwandte zu haben, weshalb ihm eine Rückkehr
zumutbar ist. Seiner ebenfalls im Kosovo geborenen Ehefrau und der gemeinsamen,
im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils achtjährigen und damit sich noch in
einem anpassungsfähigen Alter befindenden Tochter B.A.________ steht es frei,
dem Beschwerdeführer in die gemeinsame Heimat zu folgen oder in der Schweiz zu
bleiben oder ihre familiären Beziehung über moderne Kommunikationsmittel und
über Kurzbesuche aufrechtzuerhalten (Urteil des EGMR  Üner gegen Niederlande
vom 18. Oktober 2006[Nr. 46410/99], N. 64). Ohne die etwaigen, mit der
aufenthaltsbeendenden Massnahme einhergehenden empfindlichen Einschränkungen
des Familienlebens zu unterschätzen, sind diese doch durch das gravierend
straffällige Verhalten des Beschwerdeführers gerechtfertigt, zumal die
Familienangehörigen für den Beschwerdeführer keinen Grund dafür darstellten,
nicht in einen gross angelegten Heroin- und Kokainhandel einzusteigen. Sollte
sich der Beschwerdeführer im Ausland bewähren und seine Kernfamilie weiterhin
in der Schweiz leben, ist auf Grund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine
spätere Rückkehr nicht ausgeschlossen. Für alles Weitere kann auf den
ausführlichen und korrekten vorinstanzlichen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs.
3 BGG) werden.

3. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht
gesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juni 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Mayhall

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