Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.22/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]             
{T 0/2}
                           
2C_22/2016, 2C_23/2016

Urteil vom 21. April 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Fuchs.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Dienststelle Steuern des Kantons Luzern.

Gegenstand
2C_22/2016
Staats- und Gemeindesteuern 2012,

2C_23/2016
Direkte Bundessteuer 2012,

Beschwerde gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung,
vom 7. Dezember 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ ist selbständig erwerbender Rechtsanwalt. Daneben geht er als
Unselbständigerwerbender diversen Nebenerwerbstätigkeiten nach, unter anderem
beim Kanton V.________ (Hochschule U.________). Für diese Tätigkeit ist er bei
der Vorsorgeeinrichtung des Kantons berufsvorsorgeversichert. Die ordentlichen
Arbeitnehmerbeiträge beliefen sich im Jahr 2012 auf Fr. 3'938.--. In der
Steuererklärung für das Jahr 2012 machte A.________ einen Beitrag an anerkannte
Formen gebundener Selbstvorsorge (Säule 3a) von Fr. 14'978.-- geltend.

B.
Mit Verfügung vom 25. April 2014 veranlagte die Dienststelle Steuern des
Kantons Luzern A.________ für die Staats- und Gemeindesteuern sowie die direkte
Bundessteuer 2012. Nebst anderen Korrekturen liess sie nur den "kleinen Abzug "
für die Säule 3a von Fr. 6'682.-- zu, weil A.________ bereits Beiträge an die
zweite Säule (BVG) entrichtet habe.
Die dagegen erhobene Einsprache von A.________ hiess die Veranlagungsbehörde
mit Entscheid vom 5. August 2014 teilweise gut. Sie hielt jedoch am "kleinen
Abzug" für die Säule 3a fest und wies den Antrag, es sei die Hälfte des Säule
3a-Abzugs als Geschäftsaufwand zu veranlagen, ab. Am 7. Dezember 2015 hat das
Kantonsgericht Luzern die dagegen erhobene Bundessteuer- und
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ebenfalls abgewiesen.

C.
Mit Eingabe vom 8. Januar 2016 erhebt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht und beantragt die
Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts und dessen Abänderung im Sinne der
Ausführungen. Die in Ziffer 260 der Steuererklärung geltend gemachten Beiträge
an die Säule 3a seien zum Abzug zuzulassen. In Abweichung zur Steuererklärung
sei die Hälfte des Säule 3a-Abzugs als Geschäftsaufwand zu veranlagen, damit
die Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung bei der AHV geschaffen werde.
Das Kantonsgericht und die Dienststelle Steuern beantragen die Abweisung der
Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst ebenfalls auf
Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.

1.1. Die Vorinstanz hat ein einziges Urteil für die Staats- und Gemeindesteuern
sowie die direkte Bundessteuer erlassen, was zulässig ist, soweit die zu
entscheidende Rechtsfrage im Bundesrecht   und im harmonisierten kantonalen
Recht gleich geregelt ist (BGE 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262 f.). Unter diesen
Umständen ist dem Beschwerdeführer nicht vorzuwerfen, nicht zwei getrennte
Beschwerden eingereicht zu haben; aus seiner Eingabe geht hervor, dass sie
beide Steuerarten betrifft (BGE 135 II 260 E. 1.3.3 S. 264; Urteil 2C_1205/2013
/ 2C_1206/2013 vom 18. Juni 2015 E. 1.1). Das Bundesgericht hat für die
Staatssteuer (2C_22/2016) und die direkte Bundessteuer (2C_23/2016) getrennte
Dossiers angelegt. Da beide Verfahren auf demselben Sachverhalt beruhen und
sich dieselben Rechtsfragen stellen, sind sie zu vereinigen und die Beschwerde
ist in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP
[SR 273]; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).

1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art.
82 ff. BGG i.V.m. Art. 146 DBG (SR 642.11) sowie Art. 73 des Bundesgesetzes vom
14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden (StHG; SR 642.14) bzw. § 167 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons
Luzern vom 22. November 1999 (StG/LU; SRL Nr. 620) zulässig und der
Beschwerdeführer zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist
einzutreten (Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(Motivsubstitution: BGE 139 II 404 E. 3 S. 415; 138 III 537 E. 2.2 S. 540; je
mit Hinweisen). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, insbesondere des
Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 138 I 274 E. 1.6 S. 280).
Das Bundesgericht prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen
Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen gleich wie Bundesrecht mit freier
Kognition. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den
Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung
findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134
II 207 E. 2 S. 209 f.; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_837/2014 vom 23.
Februar 2015 E. 2.2).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 f.). Die
beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine
entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (BGE 137 II 353 E. 5.1 S.
356; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).

2.3. In Bezug auf die Beweislast gilt Folgendes: Der Nachweis für
steuerbegründende oder steuererhöhende Tatsachen obliegt der Steuerbehörde, der
Nachweis für steueraufhebende oder steuermindernde Tatsachen der
steuerpflichtigen Person; diese hat die entsprechenden Tatsachen also nicht nur
zu behaupten, sondern auch zu belegen (BGE 140 II 248 E. 3.5 S. 252 mit
Hinweisen).

II. Direkte Bundessteuer

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des verfassungsmässigen
Grundsatzes der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV). Bei einer weitgehenden Gleichheit
der Vorsorgeformen der zweiten Säule und der Säule 3a sei es nicht richtig,
wenn diese aus "Praktikabilitätsgründen" steuerlich unterschiedlich behandelt
würden. Mit dem angefochtenen Urteil werde, statt eine übermässige
Altersvorsorge zu verhindern, eine schon geringe und ohne Einkaufsmöglichkeiten
ausgestattete Altersvorsorge noch mehr eingeschränkt. Die Auslegung der
Vorinstanz führe zu einer Untervorsorge und widerspreche damit dem Zweck der
Norm und dem Willen des Gesetzgebers. Sei das Einkommen aus unselbständiger
Erwerbstätigkeit nicht geringfügig, führe deren Lösung zu einer schweren
Ungerechtigkeit. Daher sei auch bei kombinierter Erwerbstätigkeit im Rahmen der
selbständigen Erwerbstätigkeit die Säule 3a "gross" zuzulassen. Die Grenzen
seien auf der Basis des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit mit
hälftiger Berücksichtigung der zulässigen Einzahlungen in die Säule 3a als
Aufwand zu bemessen. Bei Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, die
dem BVG unterliege, könne die Säule 3a "klein" noch abgezogen werden. Im
Übrigen lasse die Rechtsprechung im Bereich der zweiten Säule den Abzug des
"Arbeitgeberbeitrags" als Aufwand in der selbständigen Erwerbstätigkeit zu. Die
Benennung der Säule 3a als Lebenshaltungskosten sei falsch und könne nicht als
Begründung für eine derartige Ungleichbehandlung dienen.

3.2.

3.2.1. Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG können Einlagen, Prämien und Beiträge
zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebundenen
Selbstvorsorge bis zu einem bestimmten Betrag von den steuerbaren Einkünften
abgezogen werden. Damit wird die Regelung von Art. 82 BVG übernommen, welche
unter der Marginalie "Gleichstellung anderer Vorsorgeformen" bestimmt, dass
Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende auch Beiträge für weitere,
ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge dienende,
anerkannte Vorsorgeformen abziehen können. Die nähere Regelung ist gestützt auf
Art. 82 Abs. 2 BVG mit der Verordnung vom 13. November 1985 über die
steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV
3; SR 831.461.3) erfolgt. Nach Art. 1 Abs. 1 BVV 3 gelten als anerkannte
Vorsorgeformen im Sinne von Art. 82 BVG die gebundene Vorsorgeversicherung bei
Versicherungseinrichtungen und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit
Bankstiftungen. Die individuelle gebundene Vorsorge mittels dieser beiden
Vorsorgeformen wird in der "Dreisäulen-Konzeption" als Säule 3a bezeichnet
(vgl. den verfassungsmässigen Auftrag in Art. 111 Abs. 1 BV). Art. 7 Abs. 1 BVV
3 legt die obere Grenze der Abzugsberechtigung bei den direkten Steuern fest.
Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende können ihre Beiträge an anerkannte
Vorsorgeformen in folgendem Umfang von ihrem Einkommen abziehen: bis jährlich
8% des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 BVG, wenn sie einer
Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehören (lit. a; sog. kleine Säule 3a);
bis jährlich 20% des Erwerbseinkommens, jedoch höchstens bis 40% des oberen
Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 BVG, wenn sie keiner Vorsorgeeinrichtung nach
Art. 80 BVG angehören (lit. b; sog. grosse Säule 3a).

3.2.2. Gemäss dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 3 ist für die Gewährung
des "grossen" Abzugs einzig massgebend, dass der Steuerpflichtige keiner
Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehört. Ob er Selbständigerwerbender
oder Arbeitnehmer ist, ist nach der Rechtsprechung nicht von Bedeutung (Urteil
2A.280/1989 vom 15. Juni 1990 E. 2d, in: ASA 60 S. 321, StR 46/1991 S. 520, StE
1991 B 27.1 Nr. 12, RDAF 1993 S. 8). Die Höhe der Beiträge resp. deren
Abzugsfähigkeit von den Steuern hängt somit davon ab, ob der Steuerpflichtige
einer Vorsorgeeinrichtung angehört (vgl. BGE 135 III 289 E. 5.2 S. 292, in: Pra
98 [2009] Nr. 120; Urteil 2A.328/1998 vom 22. April 1999 E. 4a, in: SJ 2000 I
S. 172, Pra 89 [2000] Nr. 113). Die Begrenzung in Art. 7 Abs. 1 BVV 3 findet
ihre Rechtfertigung im Umstand, dass die unter dem Titel der individuellen
gebundenen beruflichen Vorsorge einbezahlten Gelder nicht der (kantonalen und
kommunalen) Vermögenssteuer und deren Erträge nicht der Einkommenssteuer
unterliegen. Indem der Gesetzgeber die zulässigen Abzugsmöglichkeiten
einschränkte, wollte er dem Steuerprivileg der Säule 3a eine klar definierte
Tragweite geben. Es geht demnach nicht nur darum, die Beiträge an die Säule 3a,
die vom Einkommen abziehbar sind, zu begrenzen, sondern auch darum, die
Auswirkungen des Steuerabzugs auf die Verrechnungssteuer und die
Vermögenssteuer zu vermindern (vgl. BGE 135 III 289 E. 5.3 S. 292). Die
unterschiedlichen Grenzbeträge in lit. a und b bezwecken die Gleichbehandlung
einerseits der im Genuss der beruflichen Vorsorge - und den damit verbundenen
Steuererleichterungen (siehe Art. 81 Abs. 2 BVG) - stehenden Arbeitnehmer, für
welche die Säule 3a nur eine  Ergänzung bildet, und andererseits der über keine
berufliche Vorsorge verfügenden Personen, denen bedeutendere Steuerabzüge im
Rahmen der gebundenen dritten Säule zugestanden werden müssen, weil die dritte
Säule für Selbständigerwerbende einen  Ersatz für die zweite Säule bildet (vgl.
Urteil 2A.328/1998 vom 22. April 1999 E. 4a; vgl. auch BGE 135 III 289 E. 5.2
S. 292).

3.2.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bezweckt Art. 7 BVV 3
hauptsächlich die Gewährleistung einer gleichmässigen Versicherung für
Selbständigerwerbende und Arbeitnehmer, die sowohl in der zweiten Säule als
auch in der Säule 3a gleichbehandelt werden müssen. Ausserdem soll durch diese
Bestimmung auch eine Überversicherung vermieden werden, indem es ausgeschlossen
ist, über eine volle Versicherung unter vollem Prämienabzug in der zweiten
Säule und in der Säule 3a zu verfügen (vgl. Urteile 2A.328/1998 vom 22. April
1999 E. 4a; 2A.280/1989 vom 15. Juni 1990 E. 2d). Diese gesetzliche Ordnung
beruht auf der Auffassung, dass, wenn den Arbeitnehmern bezüglich Beiträge, die
sie an eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge entrichten,
Steuererleichterungen gewährt werden, Recht und Billigkeit es gebieten, die
Selbständigerwerbenden, welche sich keine zweite Säule leisten können, nicht
ungünstiger zu behandeln. Viele von diesen können sich nicht, auch nicht
freiwillig, bei einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge versichern, weil sie
gezwungen sind, alle ihre Einnahmen in ihrem Betrieb zu investieren (vgl.
Botschaft vom 10. November 1971 zum Entwurf betreffend die Änderung der
Bundesverfassung auf dem Gebiete der Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge und Bericht über das Volksbegehren für eine wirkliche
Volkspension, BBl 1971 II 1597, 1625; Urteil 2A.328/1998 vom 22. April 1999 E.
2a). Wer in der zweiten Säule versichert ist, habe deshalb nur Anspruch auf
einen reduzierten Beitragsabzug in der Säule 3a (vgl. Urteile 2A.328/1998 vom
22. April 1999 E. 4a; 2A.280/1989 vom 15. Juni 1990 E. 2d).

3.2.4. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verkennt nicht, dass sich diese
schematische Lösung nachteilig auswirken kann, so bei Steuerpflichtigen, die
gleichzeitig eine selbständige Haupterwerbstätigkeit ausüben und einem
unselbständigen Nebenerwerb nachgehen, für den sie bei einer
Vorsorgeeinrichtung versichert sind. Da diesen lediglich der in Art. 7 Abs. 1
lit. a BVV 3 vorgesehene "kleine" Steuerabzug gewährt wird, erfahren sie, wenn
die Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gering sind, einen gewissen
Nachteil. Das Bundesgericht hat jedoch festgehalten, dass die Bestimmung
deswegen noch keine Ungleichbehandlung zwischen Selbständigerwerbenden und
Arbeitnehmern bewirke. Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 BVV 3 sei klar und die
vorgesehene Lösung, ebenso wie ihre Nachteile, dem Bundesrat im Zeitpunkt, als
er sie vorgenommen habe, bekannt gewesen. Es läge folglich weder eine echte
Lücke noch ein Widerspruch vor, indem er keine (explizite) Regelung betreffend
Erwerbstätige aufweise, die gleichzeitig eine selbständige und eine
unselbständige Tätigkeit ausübten (vgl. Urteil 2A.328/1998 vom 22. April 1999
E. 4b f.).
In diesem Zusammenhang wird auch in der Literatur die Ansicht vertreten, dass
bei anorganischen Abzügen, die mit der Einkommenserzielung in keiner direkten
Beziehung stehen und deshalb an sich Einkommensverwendung darstellen, aus
ausserfiskalischen Überlegungen bis zu einem bestimmten Betrag aber gleichwohl
steuerlich berücksichtigt werden, schematische Lösungen unabdingbar seien
(PETER LOCHER, Praktikabilität im Steuerrecht [unter besonderer
Berücksichtigung des materiellen Rechts der direkten Steuern], in: Beiträge zur
Methodik und zum System des schweizerischen Steuerrechts, 2014, S. 243). Die
Lehre vertritt daher mehrheitlich die Meinung, es sei nicht vom Wortlaut von
Art. 7 Abs. 1 BVV 3 abzuweichen, selbst wenn dies zu unbefriedigenden
Ergebnissen führen könne (vgl. LOCHER, a.a.O., S. 243; JULIA VON AH, Die
Besteuerung Selbständigerwerbender, 2. Aufl. 2011, S. 262; JACQUES-ANDRÉ
SCHNEIDER, in: Handkommentar zum BVG und FZG, 2010, Rz. 25 zu Art. 82 BVG;
MAUTE/STEINER/RUFENER, Steuern und Versicherungen, Überblick über die
steuerliche Behandlung von Versicherungen, 2. Aufl. 1999, S. 203; LINDA
PETER-SZERENYI, Der Begriff der Vorsorge im Steuerrecht, Unter besonderer
Berücksichtigung der Zweiten und Dritten Säule, 2001, S. 257; Schweizerische
Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, B.2.3.2; a.M. DANIELLE YERSIN,
Prévoyance professionnelle et pratiques fiscales, ASA 56 S. 385, 417; GLADYS
LAFFELY MAILLARD, Problèmes d'application des dispositions fiscales de la LPP,
StR 41/1986 S. 128, 131;  dieselbe, Traitement fiscal de la prévoyance
professionnelle et de la prévoyance individuelle dans le cadre de la LPP et de
la loi sur l'harmonisation fiscale, StR 39/1984 S. 390, 393 ff.).

3.2.5. Der Beschwerdeführer geht einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt
nach, für die er in der Steuererklärung 2012 Einkünfte von Fr. 112'284.--
auswies. Daneben übt er unter anderem eine Nebenerwerbstätigkeit an der
Hochschule U.________ aus, bei der er im Jahr 2012 ein (Netto-) Einkommen von
Fr. 40'412.-- erzielte. Im Rahmen dieser Tätigkeit gehört er
unbestrittenermassen einer beruflichen Vorsorgeeinrichtung an. Angesichts der
dargelegten Rechtslage kann er für die fragliche Steuerperiode somit einzig den
Abzug für die kleine Säule 3a gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. a BVV 3 für sich
beanspruchen. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1j Abs. 1 lit. c der
Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) die Möglichkeit besteht, sich als
hauptberuflich Selbständigerwerbender für eine Nebenerwerbstätigkeit von der
obligatorischen Versicherung im Rahmen der zweiten Säule freistellen zu lassen.
Nach einer Freistellung fällt die Zugehörigkeit zu einer beruflichen
Vorsorgeeinrichtung weg, so dass in der Folge der Beitrag an die grosse Säule
3a steuerlich in Abzug gebracht werden kann. Ebenfalls besteht die Möglichkeit,
sich auch für die selbständige Erwerbstätigkeit in der zweiten Säule zu
versichern (vgl. Art. 4 und 44 BVG; so schon Urteil 2A.328/1998 vom 22. April
1999 E. 4b).

3.2.6. Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass Art. 7 Abs. 1 BVV 3 das
Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt. Die Vorinstanz hat zu Recht lediglich
den Abzug für die kleine Säule 3a in Höhe von Fr. 6'682.-- zugelassen.

3.3. Art. 27 DBG umschreibt die Abzugsfähigkeit der geschäfts- oder
berufsmässig begründeten Kosten bei selbständiger Erwerbstätigkeit. Abzugsfähig
ist der gesamte Aufwand, der für die selbständige Erwerbstätigkeit notwendig
ist. Absatz 2 zählt beispielhaft einige typische Abzugs- bzw. Kostenpositionen
auf (vgl. RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009,
Rz. 1 ff. zu Art. 27 DBG). Nach lit. c fallen darunter auch Zuwendungen an
Vorsorgeeinrichtungen zugunsten des eigenen Personals, sofern jede zweckwidrige
Verwendung ausgeschlossen ist. Grundsätzlich können auch Selbständigerwerbende
ihre eigenen Beiträge (in eingeschränktem Mass) zum Abzug bringen (vgl. BGE 129
V 293 E. 3.2.2.4 S. 298). Beiträge an die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a)
gelten dagegen - sowohl für Selbständigerwerbende als auch für Arbeitnehmer -
als private Lebenshaltungskosten. Als solche stellen sie keine geschäftsmässig
begründeten Aufwendungen dar und sind nicht zum Abzug zugelassen (vgl. BGE 120
Ib 199 E. 3d S. 205; 115 V 337 E. 2b S. 340; Urteil H 156/03 vom 17. Juni 2004
E. 3.3; VON AH, a.a.O., S. 137; MAUTE/STEINER/RUFENER, a.a.O., S. 200; REICH/
ZÜGER, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Bd. I/2a, DBG, 2. Aufl. 2008, N. 51 zu Art. 27 DBG; vgl. auch die Wegleitung
des Bundesamtes für Sozialversicherungen über die Beiträge der
Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO [WSN]
vom 1. Januar 2008 Rz. 1117). Beiträge an die Säule 3a sind somit - wie die
Vorinstanz richtig festgehalten hat - lediglich im Rahmen von Art. 33 Abs. 1
lit. e DBG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 BVV 3 abziehbar.

3.4. Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2013 ist folglich
abzuweisen.

III. Staatssteuer

4.
Die massgeblichen Bestimmungen betreffend den Abzug von Beiträgen zum Erwerb
von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebundenen
Selbstvorsorge im Steuerharmonisierungsgesetz (Art. 9 Abs. 2 lit. e StHG) und
im kantonalen Steuerrecht (§ 40 Abs. 1 lit. e StG/LU) stimmen im Wesentlichen
mit der Regelung von Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG überein. Auch entsprechen Art.
10 Abs. 1 lit. d StHG und § 34 Abs. 2 lit. c StG/LU (Abzug von Zuwendungen an
Vorsorgeeinrichtungen zugunsten des Personals bei selbständiger
Erwerbstätigkeit) Art. 27 Abs. 2 lit. c DBG. Hinsichtlich der Abzüge bei den
kantonalen Steuern kann somit auf die Erwägungen zur direkten Bundessteuer
verwiesen werden. Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern
2012 ist ebenfalls abzuweisen.

IV. Kosten und Entschädigung

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 65, Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
auszurichten (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_22/2016 und 2C_23/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2012 wird abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2012 wird abgewiesen.

4. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. April 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Fuchs

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