Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.218/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_218/2016

Urteil vom 9. August 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Fuchs.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger,

gegen

Amt für Migration und Integration
des Kantons Aargau.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung
und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
vom 2. Februar 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ (geb. 1958), kosovarische Staatsangehörige, reiste im Oktober 1992
ein erstes Mal in die Schweiz ein und erhielt am 2. November 1992 im Rahmen des
Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Ehemann. Am
8. März 1996 kehrte sie in ihr Heimatland zurück und reiste am 2. August 2002
erneut im Rahmen des Familiennachzugs mit den drei jüngsten gemeinsamen Kindern
(geb. 1984, 1987 und 1990) in die Schweiz ein. Die drei älteren Kinder (geb.
1976, 1979 und 1981) waren offenbar bereits zu einem früheren Zeitpunkt in die
Schweiz gekommen. Die Aufenthaltsbewilligung von A.________ wurde letztmals bis
zum 31. August 2013 verlängert.

B.
Im Jahr 2003 wurde der Ehemann von A.________ wegen Verdachts auf vorsätzliche
Tötung zunächst in Untersuchungshaft genommen und im Frühling 2004 in den
vorzeitigen Strafvollzug versetzt. Am 19. Oktober 2006 wurde er wegen
vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Nach
seiner Entlassung aus dem Strafvollzug am 4. März 2013 wurde er in den Kosovo
ausgeschafft. Gleichzeitig wurde er mit einem zeitlich unbefristeten
Einreiseverbot belegt.

C.
Ab Oktober 2003 bezog A.________ für sich und ihre jüngste, damals noch
minderjährige Tochter finanzielle Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe. Mit
Schreiben vom 22. September 2006 forderte das Amt für Migration und Integration
des Kantons Aargau sie auf, alles daran zu setzen, eine Arbeit zu finden, um
damit den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten zu können und der
öffentlichen Wohlfahrt nicht mehr zur Last zu fallen. Andernfalls sei mit einem
Verlust der Aufenthaltsbewilligung zu rechnen.
Nach einer Befragung zur persönlichen Situation und der Gewährung des
rechtlichen Gehörs verfügte das Amt für Migration und Integration am 31. Juli
2014 die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und deren
Wegweisung aus der Schweiz. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben
erfolglos (Einspracheentscheid des Amtes für Migration und Integration vom 10.
Dezember 2014, Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 2. Februar
2016).

D.
Mit Eingabe vom 7. März 2016 erhebt A.________ Beschwerde an das Bundesgericht
und beantragt, das Amt für Migration und Integration sei anzuweisen, die
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Eventualiter sei von der Wegweisung
abzusehen; subeventualiter sei die Sache zurückzuweisen.
Mit Verfügung vom 9. März 2016 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.

1.1. Der angefochtene Entscheid wurde von einer letzten kantonalen
Gerichtsinstanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts erlassen und
schliesst das kantonale Verfahren ab, weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen steht (vgl. Art. 82
lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Sie ist jedoch
ausgeschlossen gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend
Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen
Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Um den Weg der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu eröffnen, muss ein solcher Anspruch
in vertretbarer Weise geltend gemacht werden. Ob die geltend gemachten
Ansprüche tatsächlich bestehen, ist alsdann Sache der materiellen Beurteilung
(vgl. BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179). Die Beschwerdeführerin macht in
vertretbarer Weise geltend, gestützt auf die Ehe mit einer Person mit
Niederlassungsbewilligung (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG [SR
142.20]) sowie aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses zu ihren (volljährigen)
Kindern und dem Anspruch auf Privatleben (Art. 8 Ziff. 1 EMRK) über einen
potentiellen Bewilligungsanspruch zu verfügen, weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist. Auf die form- und
fristgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) der nach
Art. 89 Abs. 1 BGG legitimierten Beschwerdeführerin ist in dem Umfang, wie sie
sich gegen die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung richtet,
einzutreten.

1.2. Soweit die Beschwerdeführerin den mit der Nichtverlängerung ihrer
Aufenthaltsbewilligung als gesetzliche Folge (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. c AuG)
verbundenen Wegweisungsentscheid beanstandet, ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG),
so dass nicht darauf einzutreten ist. In diesem Fall stünde einzig die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen, soweit sich die Beschwerdeführerin auf
besondere verfassungsmässige Rechte beruft, die ihr unmittelbar ein rechtlich
geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG verschaffen. Zu denken
ist dabei etwa an das Recht auf Leben gemäss Art. 10 Abs. 1 BV oder das in Art.
25 Abs. 3 BV verankerte Non-Refoulement-Gebot (vgl. BGE 137 II 305 E. 3.3 S.
310). Die entsprechenden Rügen müssen indessen rechtsgenüglich begründet werden
(Art. 116 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG); auf rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 489 E.
2.8 S. 494 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf keines dieser
Grundrechte, sondern bringt einzig vor, der Wegweisungsvollzug sei
unverhältnismässig und - ohne sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen dazu
auseinanderzusetzen - sie sei krank. Damit wird den strengen
Begründungsanforderungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht Genüge
getan, weshalb nicht weiter darauf einzugehen ist.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder
an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). In Bezug auf die Verletzung
von Grundrechten gilt indessen eine qualifizierte Rüge- und
Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136
II 304 E. 2.5 S. 314).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 f.). Die
beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine
entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (BGE 137 II 353 E. 5.1 S.
356; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).

2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführerin hat dem Bundesgericht ein ärztliches Zeugnis vom 7. Januar
2015 eingereicht, allerdings ohne zu begründen, inwiefern der Entscheid der
Vorinstanz Anlass dazu gegeben haben soll, dieses erst vor Bundesgericht
vorzubringen. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet keinen
hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von
unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten
vorgebracht werden können (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226). Das Arztzeugnis ist
somit im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu beachten.

3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Familiengemeinschaft sei aufgelöst.
Die Vorinstanz habe ihr zudem zu Unrecht eine gute Integration abgesprochen.
Sie habe sechs Kinder grossgezogen. Als alleinerziehende Mutter sei ihr früher
keine Gelegenheit geblieben, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die gute
Integration sei aber zu bejahen, da die Kinder seriös eingeschult worden seien
und sie die Bereitschaft zur Teilnahme am Wirtschaftsleben zeige. Ausserdem
weise sie ein tadelloses Legalverhalten auf. Da sie somit als gut integriert im
Sinne von Art. 50 AuG gelte, könne kein Widerrufsgrund gemäss Art. 62 lit. e
AuG erfüllt sein. Hinzu käme, dass der Sozialhilfebezug durch die Inhaftierung
ihres Ehemannes ausgelöst worden sei, weshalb sie ihn nicht verschuldet habe.

3.1. Gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von Personen mit
Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Nachdem die
Niederlassungsbewilligung des Ehemannes widerrufen worden ist, kann sich die
Beschwerdeführerin nicht mehr auf einen abgeleiteten Rechtsanspruch auf
Verlängerung ihrer Bewilligung berufen (vgl. BGE 140 II 129 E. 3.4 S. 132).

3.2. Nach Auflösung der Ehe- oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch
nach Art. 43 AuG weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre
bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 lit. a
AuG; sog. Integrationsklausel). Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im
Rahmen von Art. 50 AuG setzt allerdings das definitive Scheitern der Ehe- oder
Familiengemeinschaft voraus (vgl. BGE 140 II 129 E. 3.5 S. 133). Im
vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin weder von ihrem Ehemann geschieden
noch gerichtlich getrennt. Sie macht aber geltend, dass die
Familiengemeinschaft nicht mehr bestehe und sie eine solche auch nicht mehr
wünsche. Angesichts der konkreten Umstände erscheinen diese Äusserungen
durchaus glaubwürdig. Die Frage braucht freilich nicht abschliessend geklärt zu
werden, zumal zur Begründung eines Rechtsanspruchs auf Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung die Voraussetzungen der Dreijahresfrist und der
erfolgreichen Integration kumulativ (vgl. BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119)
erfüllt sein müssen. Dies ist, wie im Folgenden aufgezeigt wird (E. 3.2.1 ff.),
nicht der Fall. Auch vermag sich die Beschwerdeführerin, wie noch zu sehen ist
(E. 3.3 ff.), nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG zu berufen.

3.2.1. Die massgebliche Dreijahresfrist im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
beginnt im Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Ehegatten ihr effektives
Zusammenleben in der Schweiz aufnehmen, und endet bei einer Auflösung des
gemeinsamen Haushalts (BGE 140 II 345 E. 4.1 S. 348); im Ausland oder im
Konkubinat verbrachtes Zusammenleben wird nicht berücksichtigt (vgl. BGE 136 II
113 E. 3.3.1 S. 118; Urteil 2C_72/2015 vom 13. August 2015 E. 2.2). Es ist
nicht erforderlich, dass das Zusammenleben in der Schweiz an einem Stück
erfolgt (BGE 140 II 345 E. 4.1 S. 348). Unterbricht das Ehepaar das
Zusammenleben in der Schweiz durch Auslandsaufenthalte, hat es aber insgesamt
drei Jahre in der Schweiz zusammengelebt, ist die Dreijahresdauer nach Art. 50
Abs. 1 lit. a AuG grundsätzlich erreicht (vgl. BGE 140 II 289 E. 3.5.1 S. 294
f. mit Hinweisen). Die Dreijahresfrist ist vorliegend somit, trotz mehrjährigem
Aufenthalt der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsland, eingehalten.

3.2.2. Nach Art. 77 Abs. 4 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung,
Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) liegt eine erfolgreiche
Integration im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG vor, wenn die Ausländerin
oder der Ausländer namentlich die rechtsstaatliche Ordnung und die Werte der
Bundesverfassung respektiert (lit. a) und den Willen zur Teilnahme am
Wirtschaftsleben und zum Erwerb der am Wohnort gesprochenen Landessprache
bekundet (lit. b). Nach Art. 4 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die
Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA; SR 142.205) zeigt sich
der Beitrag der Ausländerinnen und Ausländer zu ihrer Integration namentlich in
der Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung und der Werte der
Bundesverfassung (lit. a), im Erlernen der am Wohnort gesprochenen
Landessprache (lit. b), in der Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen in
der Schweiz (lit. c) sowie im Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum
Erwerb von Bildung (lit. d). Das Bundesgericht hat festgehalten, dass das
Adverb "namentlich", welches sowohl in Art. 77 Abs. 4 VZAE wie auch in Art. 4
VintA verwendet wird, auf den nicht ausschliesslichen Charakter der in diesen
Bestimmungen aufgezählten Kriterien hinweist (Urteile 2C_175/2015 vom 30.
Oktober 2015 E. 2.2; 2C_749/2011 vom 20. Januar 2012 E. 3.2).
Bei einer ausländischen Person, die in der Schweiz beruflich integriert ist und
eine feste Anstellung hat, die finanziell unabhängig ist, sich korrekt verhält
und die örtliche Sprache beherrscht, bedarf es ernsthafter besonderer Umstände,
um eine erfolgreiche Integration zu   verneinen (Urteile 2C_175/2015 vom 30.
Oktober 2015 E. 2.3; 2C_749/2011 vom 20. Januar 2012 E. 3.3). Nicht
erforderlich ist eine besonders qualifizierte berufliche Karriere (Urteil
2C_430/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 4.2). Auch das Fehlen besonders enger
sozialer Beziehungen schliesst für sich allein eine erfolgreiche Integration
nicht aus, ebenso wenig das Fehlen von Vereinsmitgliedschaften (Urteil 2C_839/
2010 vom 25. Februar 2011 E. 7.1.2). Geringfügige Strafen schliessen eine
Integration nicht aus (Urteile 2C_65/2014 vom 27. Januar 2015 E. 3.2; 2C_749/
2011 vom 20. Januar 2012 E. 4.3). Keine erfolgreiche Integration liegt aber
vor, wenn eine Person kein Erwerbseinkommen erwirtschaften kann, welches ihren
Konsum zu decken vermag, und sie während einer substantiellen Zeitdauer von
Sozialleistungen abhängig war; jedenfalls wenn sich diese Situation nicht
hinreichend verbessert (Urteile 2C_175/2015 vom 30. Oktober 2015 E. 2.3; 2C_298
/2014 vom 12. Dezember 2014 E. 6.3 und 6.4.2 in fine). Ein Indiz gegen eine
erfolgreiche Integration ist zudem der Umstand, dass das gesellschaftliche
Leben einer ausländischen Person primär mit Angehörigen derselben Nationalität
gepflegt wird (Urteile 2C_748/2014 vom 12. Januar 2015 E. 3.2; 2C_546/2010 vom
30. November 2010 E. 5.2.4). Bei der Auslegung des Rechtsbegriffs der
erfolgreichen Integration kommt der Vorinstanz ein Beurteilungsspielraum zu, in
welchen das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung eingreift (Urteile 2C_151/2015
vom 10. Februar 2016 E. 3.2.1; 2C_748/2014 vom 12. Januar 2015 E. 3.2).

3.2.2.1. Gemäss der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist die
Beschwerdeführerin erst seit dem 1. Juli 2012 erwerbstätig. Sie arbeitet im
Rahmen eines Beschäftigungsprogramms mit einem Arbeitspensum von 75% bei der
Zentralwäscherei. Dabei erzielt sie ein monatliches Einkommen von rund Fr.
960.--. Ergänzend wird sie von der Wohnortgemeinde mit finanziellen Leistungen
unterstützt. Diese dürften sich gemäss der Vorinstanz bei einem Verbleib der
Beschwerdeführerin in der Schweiz massiv erhöhen, da sie eigenen Aussagen
zufolge beabsichtige, nach einem für sie positiven ausländerrechtlichen
Entscheid eine eigene Wohnung auf Kosten der Sozialhilfe zu beziehen und aus
dem Haushalt ihres Sohnes auszuziehen; die Fürsorge habe ihr eine eigene
Wohnung mit einer monatlichen Miete von bis zu Fr. 1'100.-- zugesichert.
Nachdem ihr Ehemann in den Strafvollzug versetzt worden war, hat die
Beschwerdeführerin für sich und ihre damals noch minderjährige Tochter vom 1.
Oktober 2003 bis zum 30. Juni 2006 Sozialhilfe im Betrag von rund Fr. 55'000.--
bezogen. Von Mai bis August 2007 wurden sie mit insgesamt rund Fr. 1'400.--
unterstützt, danach verzichtete sie auf Sozialhilfeleistungen, da sie sich
offenbar nicht beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum habe anmelden wollen.
Seit März 2011 bezieht sie erneut Fürsorgegelder, wobei die
Unterstützungsleistungen nur noch der Deckung ihres persönlichen Grundbedarfs
dienen und bis zum 11. November 2013 ca. Fr. 57'500.-- betrugen. Die
Beschwerdeführerin hat demnach im Zeitraum vom 1. Oktober 2003 bis zum 11.
November 2013 (mit Unterbrüchen) Sozialhilfeleistungen im Umfang von total rund
Fr. 112'500.-- bezogen.

3.2.2.2. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, als alleinerziehende Mutter
nicht früher Gelegenheit gehabt zu haben, sich wirtschaftlich zu integrieren
und ihre Bereitschaft zur Teilnahme am Wirtschaftsleben für die gute
Integration genügen müsse, ist ihr entgegen zu halten, dass die Vorinstanz
diesen Umstand sehr wohl berücksichtigt hat. Sie hat in ihre Beurteilung
miteinbezogen, dass die Beschwerdeführerin wegen der Straffälligkeit ihres
Ehemanns die noch minderjährigen Kinder alleine zu betreuen hatte. Unter
Bezugnahme auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur
Eigenversorgungskapazität des betreuenden Elternteils nach Scheidung einer
lebensprägenden Ehe befand sie aber, der Beschwerdeführerin wäre es bereits zum
Zeitpunkt ihrer zweiten Einreise in die Schweiz im August 2000 (vor der
Inhaftierung des Ehemannes), als die jüngste Tochter bereits 10-jährig war,
zumutbar gewesen, im Umfang von 50% einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Anzufügen bleibt, dass das Bundesgericht im Bereich des Ausländerrechts nicht
die scheidungsrechtliche Praxis anwendet, sondern die sozialversicherungs- und
sozialhilferechtliche Betrachtungsweise beizieht, wonach auch einer
alleinerziehenden Person grundsätzlich bereits ab etwa dem 3. Altersjahr des
Kindes zumindest eine teilweise Erwerbstätigkeit zugemutet wird (vgl. Urteile
2D_12/2014 vom 31. Oktober 2014 E. 3.7.3; 2C_320/2013 vom 11. Dezember 2013 E.
4.3.3; 2C_1228/2012 vom 20. Juni 2013 E. 5.4). Der Beschwerdeführerin wäre
angesichts des Alters ihrer Kinder schon seit längerem zumindest eine
Teilzeitbeschäftigung zumutbar gewesen. Sie hat sich jedoch selbst dann nicht
ernsthaft um Aufnahme einer Arbeit bemüht, als das Migrationsamt sie im
September 2006 aufgefordert hatte, alles daran zu setzen, eine Arbeit zu finden
und ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten, andernfalls sie
mit ausländerrechtlichen Konsequenzen bis hin zum Verlust der
Aufenthaltsbewilligung zu rechnen habe. Die Argumentation, wegen der
Erziehungspflichten nicht gearbeitet zu haben, überzeugt daher nicht. Es ist
somit nicht ersichtlich, inwiefern sich die Beschwerdeführerin in absehbarer
Zeit von der Sozialhilfeunterstützung wird lösen können.

3.2.2.3. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen keine weiteren Nachweise vor,
die für eine gelungene Integration sprechen würden. Gemäss Vorinstanz ist nicht
ersichtlich, wie gut sie die deutsche Sprache beherrscht. Anlässlich der
Einvernahme durch die Ausländerbehörde habe jedenfalls die Tochter die Fragen
vielfach übersetzen und teils auch selber beantworten müssen. Auch legt die
Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern sie in die hiesige Gesellschaft sozial
integriert sei und Beziehungen zu Personen - abgesehen von den hier lebenden
Familienangehörigen - in der Schweiz pflege. Sie kann somit nicht als
erfolgreich integriert im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG gelten.

3.3. Nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG können wichtige persönliche Gründe einen
weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Solche können
namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher
Gewalt wurde oder die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat oder die
soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50
Abs. 2 AuG). Diese Aufzählung ist nicht abschliessend. Entscheidend ist, ob die
persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark gefährdet
zu gelten hat, und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und - aus
welchen Gründen auch immer - vorgezogen würde. Ein nachehelicher Härtefall
setzt aufgrund der konkreten Umstände eine erhebliche Intensität der
Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen Person voraus,
die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42
Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden
sind (BGE 139 II 393 E. 6 S. 403; 138 II 229 E. 3.1 S. 232; 137 II 345 E. 3.2.3
S. 350).

3.3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihren Kindern nicht zumuten zu
können, die Schweiz zu verlassen, da diese den Kosovo nicht kennen würden.
Zudem leide sie an gewissen Gebrechen und werde teilweise durch die Kinder
unterstützt. Im Gegenzug hüte sie regelmässig die Enkel, weshalb von einem
Abhängigkeitsverhältnis auszugehen sei. Die Nichtverlängerung der
Aufenthaltsbewilligung tangiere auch das Recht auf ihre Privatsphäre. Sie sei
seit über 18 Jahren in der Schweiz und ihre wirtschaftliche Lage sei nicht
selbst verschuldet.

3.3.2. Die heute 57-jährige Beschwerdeführerin hat insgesamt lange, über 18
Jahre, in der Schweiz gelebt. Allerdings kam sie erst mit 34 Jahren ein erstes
Mal hierher. Weniger als dreieinhalb Jahre nach ihrer ersten Einreise kehrte
sie in den heutigen Kosovo zurück und kam erst wieder im Jahr 2000, 42-jährig,
in die Schweiz. Sie hat somit die meiste Zeit ihres Lebens in ihrem
Herkunftsland verbracht. Mit der Sprache und den gesellschaftlichen
Verhältnissen vor Ort dürfte sie nach wie vor bestens vertraut sein.
Familienangehörige der Beschwerdeführerin, nebst dem Ehemann auch einer ihrer
Söhne, ihre Brüder und ihre Mutter, leben im Kosovo. Sollte sie die
Weiterführung der ehelichen Gemeinschaft nicht wünschen, bestehen somit noch
weitere verwandtschaftliche Beziehungen, die ihr gerade in einer Anfangsphase
behilflich sein können. Dass ihre finanzielle Situation in der Schweiz
unverschuldet und insbesondere auf ihren Ehemann zurückzuführen sei, ändert
nichts daran, dass die Beschwerdeführerin insgesamt, wie gesehen, nicht als
besonders gut integriert gelten kann. Ihr enges Verhältnis zu ihren Kindern und
die Unterstützung, die sie durch diese erfährt, ist nicht in Zweifel zu ziehen.
Da ihre Kinder inzwischen volljährig sind, kann sie jedoch aus diesem
Verhältnis keinen Aufenthaltsanspruch ableiten. Ein besonderes
Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von Art. 8 EMRK zwischen der
Beschwerdeführerin und ihren erwachsenen Kindern (vgl. BGE 139 II 393 E. 5.1 S.
402; 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159), welches ihre Anwesenheit in der Schweiz
erforderlich machen würde, ist nicht ersichtlich. Sie lebt zwar noch bei einem
ihrer Kinder, dieser Umstand ist indes auf ihre finanzielle Lage
zurückzuführen. Wie sie selber darlegt, ist es ihre Absicht, sobald die
finanzielle Situation es erlaube, eine eigene Wohnung zu beziehen. Andere
vertiefte soziale Bindungen zur Schweiz werden nicht dargetan und sind auch
nicht ersichtlich. Gewiss mag es die Beschwerdeführerin empfindlich treffen,
wenn sie die Schweiz ohne ihre Kinder verlassen muss. Dieser Umstand allein
vermag jedoch keinen nachehelichen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b
AuG zu begründen, da eine Wiedereingliederung der Beschwerdeführerin in ihr
Heimatland nicht als unzumutbar erscheint. Der Kontakt zu ihren erwachsenen
Kindern und den Enkeln kann zudem über die modernen Kommunikationsmittel und
gegenseitige Besuche aufrechterhalten werden. Zum Gesundheitszustand führt die
Beschwerdeführerin nicht aus, inwiefern die Ausführungen der Vorinstanz
unzutreffend wären. Diese hat festgehalten, dass die Beschwerden gemäss
Arztbericht mehrheitlich im Zusammenhang mit ihrem Übergewicht stünden. Dem
Consulting-Bericht des Bundesamtes für Migration vom 16. Juni 2014 sei zu
entnehmen, dass die adäquate Behandlung von Diabetes und Bluthochdruck im
Kosovo, auch in der Gegend, in welcher die Familie der Beschwerdeführerin lebe,
grundsätzlich gewährleistet sei. Die Wiedereingliederung der Beschwerdeführerin
im Kosovo ist somit auch aus gesundheitlichen Gründen nicht gefährdet.

3.4. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist.

4.
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (vgl. Art. 65 und
66 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art.
68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Fuchs

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