Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.206/2016
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_206/2016            

 
 
 
Urteil vom 7. Dezember 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Mösching. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Grosser Rat des Kantons Thurgau, 
Regierungsrat des Kantons Thurgau. 
 
Gegenstand 
Beschluss des Grossen Rates des Kantons Thurgau vom 18. November 2015
betreffend die Änderung des Gesetzes über die Volksschule des Kantons Thurgau
(VG; RB 411.11). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 18. November 2015 verabschiedete der Grosse Rat des Kantons Thurgau eine
Änderung des Gesetzes [des Kantons Thurgau] vom 29. August 2007 über die
Volksschule (VG/TG; RB 411.11). Die neue Fassung von § 39 VG/TG lautet wie
folgt: 
 
" 1 Für obligatorische Klassenverlegungen, Exkursionen und Lager sowie andere
Pflichtveranstaltungen können Beiträge erhoben werden. 
 
2 In besonderen Fällen können Schüler und Schülerinnen zum Besuch von
Sprachkursen verpflichtet werden. Den Erziehungsberechtigten kann dafür und für
allenfalls beizuziehende Dolmetscherdienste eine Kostenbeteiligung auferlegt
werden." 
 
Das Gesetz betreffend die Änderung des Gesetzes über die Volksschule wurde im
Amtsblatt des Kantons Thurgau Nr. 48/2015 vom 27. November 2015, S. 2902 ff.,
publiziert. Die Referendumsfrist verstrich am 27. Februar 2016 ungenutzt. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 1. März 2016 erhoben A.________, B.________, C.________ und
D.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim
Bundesgericht und ersuchten um Aufhebung von § 39 Abs. 1 und 2 VG/TG in der
Fassung vom 18. November 2015. 
 
C.  
Nachdem die regierungsrätliche Erwahrung der Gesetzesnovelle noch bevorstand,
sistierte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung mit Verfügung
vom 3. März 2016 das Verfahren bis zur Publikation des Erwahrungsbeschlusses.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2016 gab der Regierungsrat des Kantons Thurgau dem
Bundesgericht Kenntnis vom Erlass der Verordnung vom 3. Mai 2016 betreffend die
Änderung der Verordnung des Regierungsrats vom 11. Dezember 2007 über die
Volksschule (RRV VG/TG; RB 411.111). Gemäss Ziff. IV dieser Änderungsverordnung
sollen die Änderung des VG/TG vom 18. November 2015 und die Verordnung am 1.
August 2016 in Kraft treten. Die Verordnung wurde im Amtsblatt des Kantons
Thurgau Nr. 19/2016, S. 1279 ff., veröffentlicht. Gestützt darauf ordnete der
Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 22. Juli
2016 die Wiederaufnahme des Verfahrens vor Bundesgericht an. Mit Verfügung vom
23. August 2016 wies er das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung ab. 
 
D.  
Sowohl der Grosse Rat als auch der Regierungsrat des Kantons Thurgau schliessen
in ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Parteien halten in ihrer Replik vom 30. Oktober 2016 resp.
den Dupliken vom 5. und 6. Dezember 2016 an ihren Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen
kantonalen Erlass ist zulässig (Art. 82 lit. b, Art. 87 Abs. 1 BGG).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines
kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell
besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder
Aufhebung hat; das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher
Natur sein (BGE 141 I 36 E. 1.2.3 S. 40; 141 I 78 E. 3.1 S. 81; 138 I 435 E.
1.6 S. 445). Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass die beschwerdeführende
Person von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer
minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 139 V 72 E. 2.2 S.
75; 136 I 17 E. 2.1 S. 21; 133 I 206 E. 2.1 S. 210).  
 
1.2.2. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau erachtet die Beschwerdeführer
einzig in Bezug auf § 39 Abs. 1 VG/TG als beschwerdeberechtigt. Allfällige
Kinder der Beschwerdeführer 1 und 3 würden nach allgemeiner Lebenserfahrung
zumindest teilweise deutschsprachig aufwachsen. Spreche ein Elternteil Deutsch
als Muttersprache, reiche dies regelmässig aus, dass die Kinder über genügende
Sprachkenntnisse verfügen würden. Was den Beschwerdeführer 2 (aus Sri Lanka)
betreffe, habe dessen jüngste Tochter (Jahrgang 2007) trotz
volksschulpflichtigem Alter keinen von der Schule verordneten Zusatzunterricht
Deutsch besucht. Entsprechend unwahrscheinlich sei, dass er unter den
Anwendungsbereich der neuen Norm falle. Der Regierungsrat scheint implizit
davon auszugehen, dass einzig der Beschwerdeführer 4 (aus Nepal) mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit von der Regelung von § 39 Abs. 2 VG/TG betroffen
sein könnte.  
 
1.2.3. Als Eltern bzw. Erziehungsberechtigte von bereits oder in den nächsten
Jahren (volks) schulpflichtigen Kindern sind die Beschwerdeführer 2 - 4 ohne
Weiteres durch § 39 Abs. 1 VG/TG zumindest virtuell berührt und daher zur
Beschwerde legitimiert. Auch beim zurzeit noch kinderlosen Beschwerdeführer 1
kann zumindest von einer minimalen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden,
selber einmal unmittelbar von der Bestimmung betroffen zu sein. Angesichts der
weiten Formulierung von § 39 Abs. 2 VG/TG erscheint diese Bestimmung dem
Wortlaut nach nicht eingeschränkt auf fremdsprachige Kinder (  "In besonderen
Fällen können Schüler und Schülerinnen zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet
werden."). Ein direkter Zusammenhang zwischen der von den Eltern gesprochenen
Sprache und der Notwendigkeit, dass deren Kinder einen Sprachkurs zu
absolvieren haben, ist im Übrigen nicht zwangsläufig gegeben. Daher ist nicht
auszuschliessen, dass - entgegen dem regierungsrätlichen Vorbringen - alle
Beschwerdeführer resp. deren Kinder von § 39 Abs. 2 VG/TG betroffen sein
können. Die Beschwerdeführer sind somit zur Beschwerdeerhebung legitimiert und
auf deren Beschwerden ist einzutreten.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht sowie von kantonalen
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft
jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (
Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Die Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem (einschliesslich kommunalem) Recht untersucht
es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und
Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144; 139
I 229 E. 2.2 S. 232).  
 
1.4. Das Bundesgericht überprüft die Verfassungsmässigkeit eines
allgemeinverbindlichen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle zwar
mit freier Kognition, auferlegt sich aber mit Rücksicht auf die
verfassungsmässige Kompetenzordnung im föderalistischen Bundesstaat allgemein
eine gewisse Zurückhaltung (BGE 129 I 12 E. 3.2 S. 15). Nach ständiger
Rechtsprechung ist massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten
Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der mit den angerufenen
Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbar ist; das Bundesgericht hebt eine
kantonale Norm nur auf, sofern sie sich jeglicher verfassungs- und
konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen
in vertretbarer Weise zugänglich bleibt (BGE 140 I 2 E. 4 S. 14; 138 I 321 E. 2
S. 323). Erscheint eine generell-abstrakte Regelung unter normalen
Verhältnissen, wie sie der Gesetzgeber voraussetzen durfte, als
verfassungsrechtlich zulässig, so vermag die ungewisse Möglichkeit, dass sie
sich in besonders gelagerten Einzelfällen als verfassungswidrig erweisen
könnte, ein Eingreifen des Verfassungsrichters im Stadium der abstrakten
Normenkontrolle im Allgemeinen noch nicht zu rechtfertigen; den Betroffenen
verbleibt die Möglichkeit, eine allfällige Verfassungswidrigkeit bei der
Anwendung im Einzelfall geltend zu machen (BGE 137 I 77 E. 2 S. 82).  
 
1.5. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren der abstrakten Normenkontrolle
ist einzig die Vereinbarkeit der angefochtenen Bestimmungen mit übergeordnetem
Recht. Richtet sich wie hier die abstrakte Normenkontrolle gegen eine
Teilrevision eines Erlasses, können grundsätzlich nur die damit geänderten oder
neu aufgenommenen Bestimmungen angefochten werden (BGE 142 I 99 E. 1.4 S. 104
f.). Die Beschwerdeführer fechten einzig den revidierten Abs. 1 sowie den neu
hinzugefügten Abs. 2 von § 39 VG/TG an. Sie bringen im Wesentlichen vor, § 39
VG/TG würde gegen Art. 19, Art. 62 Abs. 2 i.V.m. Art. 61a Abs. 1 BV, Art. 13
Abs. 2 lit. a des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I; SR 0.103.1) sowie
Art. 28 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte
des Kindes (UNO-Kinderrechtekonvention, KRK; SR 0.107) verstossen. Ausserdem
rügen sie eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs.
1 sowie Art. 18 BV.  
 
2.  
Hinsichtlich § 39 Abs. 1 VG/TG sind die Beschwerdeführer der Ansicht,
Klassenverlegungen, Exkursionen und Lager, die im Rahmen des
Grundschulunterrichts von der zuständigen Behörde oder Schule als obligatorisch
deklariert würden, seien integraler Bestandteil der Pflichtveranstaltungen des
Grundschulunterrichts und fielen damit in den Schutzbereich von Art. 19 BV, 
Art. 13 Abs. 2 lit. a UNO-Pakt I sowie Art. 28 Abs. 1 lit. a KRK. Das Erheben
von Beiträgen für obligatorische Pflichtveranstaltungen verletze diese
Bestimmungen. Ausserdem sei zu unbestimmt, wofür "Beiträge" erhoben würden,
weshalb das Legalitätsprinzip verletzt werde. Aus dem neuen Wortlaut würden
sich keine Hinweise ergeben, dass dieser nur im beschränkten Sinne des alten
Abs. 1 zu verstehen sei, wonach Beiträge "im Umfang der zu Hause anfallenden
durchschnittlichen Einsparungen" zulässig gewesen seien. 
Hinsichtlich § 39 Abs. 2 VG/TG gebiete Art. 19 BV wiederum, Leistungen, die als
Fördermassnahmen zugunsten von Kindern und Jugendlichen mit speziellen
Bedürfnissen gelten, unentgeltlich zu erbringen, auch wenn bei einzelnen
Kindern ein erhöhter Aufwand geboten sei, um Nachteile auszugleichen. Diese bei
Kindern mit Behinderungen bestehende Rechtsprechung müsse auch für
fremdsprachige Kinder bzw. für Kinder mit migrationsbedingter Herkunft gelten.
Die Verpflichtung von Lernenden zu Sprachkursen im Rahmen des obligatorischen
Grundschulunterrichts beanstanden die Beschwerdeführer als solches nicht. Die
anschliessende Verpflichtung zum Beitrag finanzieller Mittel lasse sich aber
nicht mit der Verpflichtung zur Unentgeltlichkeit dieses Unterrichts
vereinbaren. Ein faktischer Zwang zu Sprachkursen bereits vor dem
Schulobligatorium oder zum Entsenden von Kindern in eine Spielgruppe mit
ortsüblicher Schulsprache lasse sich im Übrigen auch nicht mit den
Elternrechten gemäss Art. 13 BV vereinbaren und ein Zwang zur Benutzung der
ortsüblichen Schulsprache in der Familie würde in Widerspruch zum Gebot der
Sprachenfreiheit nach Art. 18 BV stehen. Weiter rügen die Beschwerdeführer eine
Verletzung von Art. 8 Abs. 1 und 2 BV, wenn Kinder und Jugendliche, deren
Muttersprache nicht Deutsch sei oder die sprachlich nicht besonders begabt
seien, "in besonderen Fällen" von der Unentgeltlichkeit des öffentlichen
Grundschulunterrichts ausgeschlossen würden. 
 
2.1. Art. 19 BV gewährleistet den Anspruch auf ausreichenden und
unentgeltlichen Grundschulunterricht (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164 m.H.). Die
Norm begründet den rechtlich durchsetzbaren verfassungsmässigen
Individualanspruch auf eine positive staatliche Leistung im Bildungsbereich;
sie umschreibt damit ein soziales Grundrecht. "Schulpflichtige" in diesem Sinne
und Träger des Rechtsanspruchs sind Kinder und Jugendliche vom Kindergarten,
soweit dieser obligatorisch ist, bis und mit der Sekundarstufe I (BGE 140 I 153
E. 2.3.1 S. 156 m.H.).  
Die Schulhoheit liegt bei den Kantonen (Art. 62 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 3 BV).
Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern
offen steht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht
staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich
(Art. 62 Abs. 2 BV). Aus dem Blickwinkel der Schulpflichtigen verbriefen die 
Art. 19 und 62 BV ein "Pflichtrecht": Dem individuellen Rechtsanspruch auf
ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht steht die individuelle
Rechtspflicht zum Besuch des Unterrichts gegenüber, was ein besonderes
Rechtsverhältnis zwischen Schulträger und Schulpflichtigen begründet (BGE 140 I
153 E. 2.3.2 S. 156 f. m.H.). 
Aus den von den Beschwerdeführern angerufenen völkerrechtlichen Bestimmungen (
Art. 13 UNO-Pakt I sowie Art. 28 KRK) ergeben sich im vorliegenden Zusammenhang
im Verhältnis zu Art. 19 BV keine weitergehenden Ansprüche (vgl. BGE 133 I 156
E. 3.6.4 S. 166). 
 
2.2. Der Anspruch auf ausreichenden Unterricht umfasst einen Unterricht, der
für den Einzelnen angemessen und geeignet sein muss und genügt, um die Schüler
angemessen auf ein selbstverantwortliches Leben im modernen Alltag
vorzubereiten (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164 m.H.). Allerdings besteht mit
Rücksicht auf das begrenzte staatliche Leistungsvermögen kein Anspruch auf den
idealen oder optimalen Unterricht (BGE 138 I 162 E. 4.6.2 S. 169). Der Anspruch
wird verletzt, wenn die Ausbildung des Kindes in einem Masse eingeschränkt
wird, dass die Chancengleichheit nicht mehr gewahrt ist bzw. wenn es
Lehrinhalte nicht vermittelt erhält, die in der hiesigen Wertordnung als
unverzichtbar gelten (BGE 130 I 352 E. 3.2 S. 354). Der Anspruch auf
Unentgeltlichkeit schliesst die Erhebung von Schulgeld aus, wobei sich dies
primär auf öffentliche Schulen und die Dauer der obligatorischen Schulzeit
bezieht (vgl. PETER HÄNNI, in: Bundesverfassung, Basler Kommentar [nachfolgend:
Basler Kommentar BV], 2015, N. 32 zu Art. 62 BV; BERNHARD EHRENZELLER, in: Die
schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar [nachfolgend: St. Galler
Kommentar BV], 3. Aufl. 2014, N. 32 f. zu Art. 62 BV). Nach älterer Lehre und
Rechtsprechung bezog sich die Unentgeltlichkeit lediglich auf ein eigentliches
Schulgeld, d.h. den Unterricht durch das Lehrpersonal. Kosten für Lehrmittel
und Schulmaterial durften danach auf die Erziehungsberechtigten überwälzt
werden (vgl. bei HÄNNI, Basler Kommentar BV, N. 30 zu Art. 62 BV; EHRENZELLER,
St. Galler Kommentar BV, N. 35 zu Art. 62 BV; MARCO BORGHI, in: Aubert/
Eichenberger/Müller/Rhinow/Schindler, Kommentar zur Bundesverfassung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 [nachfolgend: Kommentar BV
1874], 1987, N. 60 zu Art. 27 aBV, mit dem Hinweis, dass jedoch die meisten
kantonalen Schulgesetzgebungen den Grundsatz der Unentgeltlichkeit auf das
Lehrmaterial und das Schulzeug ausdehnten; HERBERT PLOTKE, Schweizerisches
Schulrecht [nachfolgend: Schulrecht], 2. Aufl. 2003, S. 182). In der neueren
Lehre wird dagegen mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass der Anspruch
alle notwendigen und unmittelbar dem Unterrichtszweck dienenden Mittel vom
Anspruch auf Unentgeltlichkeit erfasse, insbesondere auch die entsprechenden
Lehrmittel und Schulmaterialien (CHRISTINE KAUFMANN, in: Biaggini/Gächter/
Kiener [Hrsg.], Staatsrecht, 2. Aufl. 2015, § 41 Rz. 46; MÜLLER/SCHEFER,
Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 792; GIOVANNI BIAGGINI, in: Häner
/Rüssli/Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung
[nachfolgend: Kommentar KV/ZH], 2007, N. 12 zu Art. 14 KV/ZH;  derselbe,
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, 2007, N. 9
zu Art. 19 BV; MEYER-BLASER/GÄCHTER, in: Thürer/Aubert/Müller [Hrsg.],
Verfassungsrecht der Schweiz, Droit constitutionnel suisse, 2001, § 34 Rz. 36;
vgl. auch PASCAL MAHON, in: Aubert/Mahon, Petit commentaire de la Constitution
fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, 2003, N. 6 zu Art. 19 BV;
a.M. MARKUS RÜSSLI, Kommentar KV/ZH, N. 16 ff. zu Art. 116 KV/ZH; HERBERT
PLOTKE, Schulort, Schulgeld, Schülertransporte, in: Gächter/Jaag [Hrsg.], Das
neue Zürcher Volksschulrecht, 2007, S. 108). Nach Meinung der neueren Lehre ist
auch der individuell nötige Zusatzunterricht (z.B. Stützkurse, Unterricht für
Fremdsprachige, Begabtenförderkurse), jeweils im Rahmen des tatsächlichen
Angebots und unter Berücksichtigung des begrenzten staatlichen
Leistungsvermögens, vom Anspruch auf Unentgeltlichkeit erfasst (so in Bezug auf
Spezialausgaben im Zusammenhang mit dem Erlernen eines Musikinstruments oder
dem Besuch von Nachhilfekursen schon BORGHI, Kommentar BV 1874, N. 60 zu Art.
27 aBV; EHRENZELLER, St. Galler Kommentar BV, N. 35 zu Art. 62 BV; HÄNNI,
Basler Kommentar BV, N. 30 zu Art. 62 BV). Ob die Schulbehörden Beiträge an die
Kosten für Verpflegung sowie für Transport und Unterkunft in Klassenlagern und
an Exkursionen verlangen dürfen, ist in der Lehre umstritten (bejahend
EHRENZELLER, St. Galler Kommentar BV, N. 35 zu Art. 62 BV; HÄNNI, Basler
Kommentar BV, N. 30 zu Art. 62 BV; PLOTKE, Schulrecht, S. 182 f.; verneinend
JUDITH WYTTENBACH, Basler Kommentar BV, N. 20 zu Art. 19 BV).  
 
2.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind einschränkende
Konkretisierungen durch den Gesetzgeber daran zu messen, ob sie mit dem
verfassungsrechtlich garantierten Minimalgehalt noch zu vereinbaren sind. Bei
der Bestimmung dieses Gehalts können in sinngemässer (Teil-) Anwendung von Art.
36 BV die Erfordernisse des überwiegenden öffentlichen oder privaten Interesses
(Abs. 2) sowie der Verhältnismässigkeit (Abs. 3) herangezogen werden, wobei -
analog zu den Freiheitsrechten - der Kernbereich des Verfassungsanspruches in
jedem Fall gewahrt bleiben muss (BGE 131 I 166 E. 5.2 S. 176; 129 I 12 E. 6.4
S. 20; vgl. auch Urteil 2C_446/2010 vom 16. September 2010 E. 5.3).  
 
3.  
 
3.1. Zu prüfen ist zunächst die Verfassungsmässigkeit von § 39 Abs. 1 VG/TG.  
 
3.1.1. Bei der verfassungskonformen Auslegung dürfen auch die Erklärungen der
kantonalen Behörden über die beabsichtigte künftige Anwendung der Vorschrift
berücksichtigt werden (BGE 129 I 12 E. 3.2 S. 15 m.H.). Gemäss der
Stellungnahme des Grossen Rats des Kantons Thurgau und den entsprechenden
Materialien sah die Vorlage des Regierungsrates für den neuen § 39 Abs. 1 VG/TG
vor, dass der Passus, wonach für obligatorische Klassenverlegungen, Exkursionen
und Lager sowie andere Pflichtveranstaltungen Beiträge  im Umfang der zu Hause
anfallenden durchschnittlichen Einsparungenerhoben werden können, gestrichen
werde. Der Regierungsrat habe damit keine Neuausrichtung in der
Kostenverlegungsfrage beabsichtigt, sondern lediglich die Berechnungsformel
streichen wollen, da diese sich als zu starr, kompliziert und nicht
praxistauglich erwiesen hätte. Die Einzelheiten sollten auf dem Verordnungsweg
geregelt werden. Diese Auffassung sei in der vorberatenden Kommission
unbestritten gewesen.  
 
3.1.2. Mit der neuen Fassung von § 39 Abs. 1 VG/TG soll demnach kein
Paradigmenwechsel stattfinden; dass Beiträge erhoben werden können, bleibt nach
wie vor auf Gesetzesebene geregelt. Den Voten in der vorbereitenden Kommission
des Grossen Rates zufolge geht es nicht darum, eine gesetzliche Grundlage für
die Erhebung von Elternbeiträgen zu schaffen, sondern die Berechnungsgrundlage
auf tieferer Stufe zu regeln. Es seien viele Anfragen erfolgt, wie hoch der
Beitrag "im Umfang der zu Hause anfallenden Kosten" sei. Die Bestimmung soll
daher auf Verordnungsebene näher ausgeführt werden (vgl. Protokoll vom 5. Juni
2015 der Kommission zur Vorberatung des Gesetzes betreffend die Änderung des VG
/TG S. 18 f.). Der Gesetzgeber zielte somit insbesondere darauf ab, die
Regelung, wonach im Umfang der zu Hause eingesparten Kosten Beiträge an
Schullager und Exkursionen verlangt werden können, nicht mehr im Gesetz selber,
sondern auf tieferer Ebene festzuhalten bzw. zu konkretisieren. In der
Verordnung vom 11. Dezember 2007 des Regierungsrates des Kantons Thurgau über
die Volksschule wurden mit dem neu eingeführten und ebenfalls am 1. August 2016
in Kraft getretenen § 18a die finanziellen Beiträge entsprechend festgesetzt.
Danach können die Schulgemeinden für obligatorische Lagerwochen von den
Erziehungsberechtigten pauschal maximal 200 Franken erheben. Für
Schneesportlager darf die Pauschale maximal 300 Franken pro Woche betragen
(Abs. 1). Für Sprachkurse kann eine Kostenbeteiligung auferlegt werden, wenn
zumutbare Möglichkeiten bestanden hätten, die deutsche Sprache zu erlernen. Die
Schulgemeinden informieren die Erziehungsberechtigten frühzeitig über
entsprechende Angebote (Abs. 2).  
 
3.1.3. Wie bereits erwähnt (E. 2.2), ist es in der Lehre umstritten, ob die
Schulbehörden Beiträge an die Kosten für Verpflegung sowie für Transport und
Unterkunft in Klassenlagern oder Exkursionen verlangen dürfen. Massgebend ist,
ob solche Veranstaltungen zum notwendigen Grundschulunterricht gehören, der
zwingend unentgeltlich erfolgen muss (vgl. BGE 141 I 9 E. 4.1 S. 14). Geht man
davon aus, dass alle notwendigen und unmittelbar dem Unterrichtszweck dienenden
Mittel unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen, gehören auch
Aufwendungen für Exkursionen und Lager dazu, sofern eine Pflicht zur Teilnahme
besteht. In diesem Fall erfolgen sie im üblichen Rahmen des ordentlichen
Schulunterrichts. Für solche Veranstaltungen dürfen den Eltern mit Blick auf
die Unentgeltlichkeit nur diejenigen Kosten in Rechnung gestellt werden, die
sie aufgrund der Abwesenheit ihrer Kinder einsparen. Sie beschränken sich auf
die Verpflegung der Kinder, da die Eltern die Unterkunft für die Kinder auch
bei deren Abwesenheit weiterhin bereithalten müssen. Der maximal zulässige
Betrag dürfte sich abhängig vom Alter des Kindes zwischen Fr. 10.-- und 16.--
pro Tag bewegen (für Berechnungsbeispiele vgl. Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni
2012 E. 5.2 unter Verweis auf das Merkblatt NL 1/2007 Privatanteile/
Naturalbezüge und Naturallöhne der Eidgenössischen Steuerverwaltung; Verfügung
der Bildungsdirektion des Kantons Zürich vom 29. Mai 2015 betreffend
Verpflegungsbeitrag der Eltern bei auswärtigem Schulbesuch und Klassenlagern;
Entscheid des Erziehungsdepartements des Kantons St. Gallen vom 15. November
1990 in: St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis [GVP] 1990 Nr. 91).
Unter diesen Gesichtspunkten lässt sich § 39 Abs. 1 VG/TG, im Gegensatz zur
vorher bestehenden Regelung in a§ 39 VG/TG, mit dem Anspruch auf ausreichenden
und unentgeltlichen Schulunterricht nicht vereinbaren.  
 
3.1.4. Es bleibt zu erwähnen, dass für Angebote, welche die Schule nicht im
Rahmen des ordentlichen Unterrichts erbringt, es grundsätzlich möglich wäre,
höhere Beiträge zu verlangen. Dies würde aber voraussetzen, dass eine
ausreichende gesetzliche Grundlage gemäss den abgaberechtlichen Grundsätzen
besteht.  
 
3.2. § 39 Abs. 2 VG/TG wiederum sieht vor, dass in besonderen Fällen Schüler
und Schülerinnen zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden können und den
Erziehungsberechtigten dafür und für allenfalls beizuziehende
Dolmetscherdienste eine Kostenbeteiligung auferlegt werden kann.  
 
3.2.1. Während die Vorlage noch als "muss"-Bestimmung formuliert war, entschied
sich der Grosse Rat für eine "kann"-Formulierung, womit er sich (gemäss der
Stellungnahme des Grossen Rats im vorliegenden Verfahren) offenbar bewusst an
die verfassungsrechtlichen Schranken habe halten wollen. Der Botschaft zufolge
hängt die schulische Entwicklung fremdsprachiger Kinder zu einem wesentlichen
Teil von deren Sprachkenntnissen ab. Die Schulgemeinden würden oftmals auf
eigene Kosten einen hohen Aufwand zur sprachlichen Förderung solcher Kinder
betreiben. Dies führe jedoch besonders in solchen Fällen zu stossenden
Ergebnissen, in denen beispielsweise Kinder in der Schweiz geboren seien und
sich die Eltern nicht oder kaum um eine Integration ihrer Kinder in das Umfeld
ihres Wohnortes bemüht hätten, obwohl dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre.
Für solche Fälle bzw. allgemein für Fälle, in denen die Eltern ihren Pflichten
nach Art. 302 Abs. 1 ZGB nur ungenügend nachkämen und den Schulen daher ein
zusätzlicher finanzieller Aufwand entstehe, soll eine Kostenbeteiligung der
Eltern verfügt werden können (Botschaft des Regierungsrates vom 3. März 2015 S.
5 f.). Der Kommissionsbericht an das Ratsplenum führt ergänzend aus, neu soll
nach dem Willen der Mehrheit der Kommission eine Kostenbeteiligung für den
Unterricht in Deutsch als Zweitsprache und für den Beizug eines Dolmetschers
auferlegt werden; allerdings nur, wenn Möglichkeiten bestanden hatten, Kurse zu
besuchen, um die deutsche Sprache zu erlernen. Wenn Eltern ungenügend ihren
Pflichten nachkämen und den Schulen daher ein zusätzlicher finanzieller Aufwand
entstehe, soll eine Kostenbeteiligung der Eltern verfügt werden (Bericht vom
25. August 2015 der Kommission zur Vorberatung des Gesetzes betreffend die
Änderung des VG/TG S. 3). Im Grossen Rat wurde vorgeschlagen, die Fassungen des
Regierungsrates und der Kommission zusammenzuführen und zu vereinfachen. Man
wolle den Gemeinden die Handhabe geben, Gelder einzuziehen, wenn es renitente
Schüler gebe, die dem Unterricht in Deutsch nicht folgen wollten, oder für den
Einsatz eines Dolmetschers, um die Integration zu forcieren. Dem Antrag wurde
ohne weitere Diskussion stattgegeben (Protokoll des Grossen Rates Nr. 59 vom
21. Oktober 2015, Gesetz betreffend die Änderung des VG/TG, S. 19 f.).  
Es sollte somit - gemäss der Stellungnahme des Grossen Rats an das
Bundesgericht - keine generelle Kostenbeteiligung eingeführt werden, sondern
diese auf Fälle von verletzten Mitwirkungspflichten im zumutbaren Bereich oder
offensichtlicher Verweigerungshaltung beschränkt bleiben. In diesem Sinne sieht
auch der Regierungsrat in seiner Stellungnahme an das Bundesgericht das
öffentliche Interesse weniger in finanzieller Hinsicht als in
Integrationsanliegen, der Sicherstellung eines geordneten Schulbetriebs sowie
in der Wahrung und Förderung der Chancengleichheit. 
 
3.2.2. Mit der neu eingeführten Bestimmung können somit einerseits Schülerinnen
und Schüler zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden, andererseits diese
Kurse sowie gegebenenfalls erforderliche Dolmetscherdienste eine Kostenpflicht
der Erziehungsberechtigten nach sich ziehen. Was zunächst die Verpflichtung zum
Besuch von Sprachkursen betrifft, ist mit dem Grossen Rat und dem Regierungsrat
übereinzustimmen, dass genügende Sprachkenntnisse eine wesentliche
Voraussetzung für die schulische Integration und Entwicklung von Schülerinnen
und Schüler bilden. Es erscheint mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben
vereinbar, Sprachkenntnisse zu fördern und wo nötig, Schülerinnen und Schüler
zum Besuch von zusätzlichem Sprachunterricht zu verpflichten, was grundsätzlich
auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten wird. § 39 Abs. 2 Satz 1 VG/TG
ist insoweit nicht zu beanstanden.  
 
3.2.3. Gleichzeitig bezweckt Art. 19 BV aber auch die Wahrung der
Chancengleichheit (E. 2.2), mit welcher es nicht vereinbar ist, für den
zusätzlichen Sprachunterricht Kosten zu erheben. Folgt man den Materialien,
soll die neu eingeführte Bestimmung vor allem darauf abzielen, die Integration
ausländischer Personen zu bewirken. Insbesondere sollen (ausländische) Eltern
dazu angehalten werden, sich um ein rechtzeitiges und genügendes Erlernen der
deutschen Sprache durch ihre Kinder zu bemühen (vgl. auch § 18a Abs. 2 der
Verordnung über die Volksschule, E. 3.1.2). Andernfalls müssen sie mit
finanziellen Konsequenzen rechnen, wenn ihr Kind zusätzliche Sprachkurse
benötigen sollte. Vorab ist fraglich, ob eine solche Bestimmung vor Art. 8 Abs.
1 und 2 BV standhalten könnte. Ausreichende Sprachkenntnisse sind geboten,
damit die Schüler für ein selbstverantwortliches Leben im modernen Alltag
gerüstet sind. Das Erlernen der am Ort verwendeten Sprache dient dazu, die
gesellschaftliche sowie sprachliche Integration fremdsprachiger Kinder zu
fördern und ist ein legitimes Ziel (vgl. BGE 135 I 79 E. 7 S. 87). Der
zusätzliche Sprachunterricht steht dabei aber nicht nur im Zusammenhang mit
ausländischen Eltern. Er kann sich durchaus auch für fremdsprachige Schweizer
oder lernschwache Kinder als notwendig erweisen, deren Erziehungsberechtigte in
der Folge von der Kostentragungspflicht betroffen wären. Vor diesem Hintergrund
erscheint es sachfremd, wenn der Grosse Rat und der Regierungsrat primär
ausländerrechtliche Anliegen mit dieser Regelung verknüpfen, steht doch die
ausreichende Schulbildung der betroffenen Kinder im Vordergrund. Erachtet eine
Schule einen Sprachkurs als notwendig, damit das betroffene Kind ein
ausreichendes Bildungsangebot erhält, darf sie aufgrund von Art. 19 und Art. 62
Abs. 2 BV keine finanzielle Beteiligung von den Eltern verlangen (BGE 141 I 9
E. 4.1 S. 16). Andernfalls kann die gebotene Chancengleichheit nicht gewahrt
werden.  
 
3.2.4. In Bezug auf Dolmetscherdienste kann der Gesetzesbestimmung nicht
entnommen werden, in welchem Fall solche erforderlich und der allfälligen
Kostenpflicht unterworfen sein sollen. Die Bestimmung erweist sich nur schon
aus diesem Grund als unklar. Im Übrigen gilt aber auch in diesem Zusammenhang
das soeben Gesagte: Sollten Dolmetscherdienste tatsächlich im Rahmen dessen,
was sich für einen ausreichenden Grundschulunterricht als notwendig erweist,
erforderlich sein, müssen auch diese kostenlos zur Verfügung gestellt werden.  
 
3.2.5. Da Satz 2 in einem engen Zusammenhang mit § 39 Abs. 2 Satz 1 steht,
rechtfertigt es sich, den gesamten Absatz aufzuheben, obschon Satz 1 für sich
alleine, wie oben ausgeführt, mit der Verfassung grundsätzlich vereinbar wäre.
 
 
3.3. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. § 39 Abs. 1
und 2 VG/TG halten vor den verfassungsmässigen Vorgaben in Bezug auf einen
ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht nicht stand und sind
entsprechend aufzuheben. Ob daneben - wie von den Beschwerdeführern gerügt -
auch weitere verfassungsmässige Rechte (insbesondere Art. 18 BV) verletzt sind,
kann damit offenbleiben.  
 
4.  
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und § 39 Abs. 1 und 2 VG/TG sind
aufzuheben. Dem Kanton Thurgau sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66
Abs. 4 BGG). Da die Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten waren, ist
ihnen keine Entschädigung zu entrichten (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und § 39 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die
Volksschule des Kantons Thurgau in der Fassung vom 18. November 2015
aufgehoben. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und es wird keine Parteientschädigung
zugesprochen. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Mösching 

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