Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.147/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_147/2016

Urteil vom 31. Mai 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Petry.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Felix Moppert,

gegen

Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,

Justiz- und Sicherheitsdepartement
des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht
vom 18. Januar 2016.

Erwägungen:

1.
A.________ (geb. 1992; hiernach: A.________) ist türkischer Staatsbürger. Im
Jahr 2008 wurde ein von seinem Vater gestelltes Familiennachzugsgesuch ihn
betreffend rechtskräftig abgewiesen. Am 4. Mai 2011 reichte A.________ ein
Gesuch um Erteilung einer Grenzgängerbewilligung ein, um im Betrieb seines
Vaters arbeiten zu können. Dabei gab er an, die schwedische Staatsangehörigkeit
zu besitzen und legte eine aus Schweden stammende "Identitetskort" vor. Als
Wohnsitz gab er Weil am Rhein (Deutschland) an. In der Folge wurde ihm eine
Grenzgängerbewilligung EU/EFTA ausgestellt. Am 14. Mai 2012 stellte er ein
Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz, wobei er
wiederum angab, schwedischer Staatsbürger zu sein, und Kopien der schwedischen
"Identitetskort" und seiner Grenzgängerbewilligung EU/EFTA einreichte.
Daraufhin wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erteilt. Aufgrund der
Mutation der Wohnadresse und weiterer Abklärungen stellte das Migrationsamt
fest, dass A.________ nicht schwedischer, sondern türkischer Staatsbürger ist
und in Deutschland nie amtlich gemeldet war.
Mit Verfügung vom 17. Februar 2014 widerrief das Migrationsamt die
Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies diesen aus der Schweiz weg. Ein
dagegen erhobener Rekurs beim Justiz- und Sicherheitsdepartement blieb
erfolglos (Entscheid vom 28. April 2015). Mit Urteil vom 18. Januar 2016 wies
das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt den von A.________ gegen den
Departementsentscheid erhobenen Rekurs ebenfalls ab. Mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. Februar 2016 beantragt
A.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Es sei die
Aufenthaltsbewilligung nicht zu widerrufen und von der Wegweisung abzusehen.

2.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt und auf einen
Schriftenwechsel verzichtet. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet,
weshalb sie nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und Verweis auf die
vorinstanzlichen Erwägungen zu erledigen ist.

3.

3.1. Soweit der Beschwerdeführer eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts
(Art. 97 Abs. 1 BGG) rügt, genügen seine Ausführungen nicht den gesetzlichen
Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Er wirft der Vorinstanz
lediglich vor, die Sachverhaltsfeststellung des Justiz- und
Sicherheitsdepartements einfach übernommen zu haben. Indessen legt er nicht
ansatzweise dar, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich
willkürlich festgestellt bzw. unhaltbare Schlüsse daraus gezogen haben soll,
weshalb auf seine Vorbringen nicht weiter einzugehen ist.

3.2. Gemäss Art. 23 Abs. 1 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die
schrittweise Einführung des freien Personenverkehrs zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft und deren
Mitgliedstaaten sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen
Freihandelsassoziation (Verordnung über die Einführung des freien
Personenverkehrs, VEP; SR 142.203) können Kurzaufenthalts- und
Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA sowie Grenzgängerbewilligungen EU/EFTA
widerrufen oder nicht verlängert werden, wenn die Voraussetzungen für ihre
Erteilung nicht mehr erfüllt sind.
Wird nachträglich festgestellt, dass von Beginn weg die Voraussetzungen für die
Bewilligungserteilung nicht erfüllt waren und dass die Bewilligung zu Unrecht
erteilt wurde, so ist diese gestützt auf die oben genannte Bestimmung zu
entziehen bzw. zu widerrufen, soweit dies im Einzelfall verhältnismässig
erscheint und damit keine schutzwürdigen Vertrauenspositionen beeinträchtigt
werden (Urteil 2C_96/2012 vom 18. September 2012 E. 2.2.2).

3.3. Vorliegend ist offensichtlich und wird vom Beschwerdeführer zu Recht nicht
in Abrede gestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung gestützt auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft
und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR
0.142.112.681) von Anfang an nie gegeben waren, weil er als türkischer
Staatsbürger nicht Staatsangehöriger eines Vertragsstaats ist. Gemäss den für
das Bundesgericht verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist
der Irrtum der Behörden bei Erteilung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA durch
das vom Beschwerdeführer eingereichte Gesuch vom 14. Mai 2012 begründet worden.
In diesem vom Beschwerdeführer unterzeichneten Gesuch habe er als
Staatsangehörigkeit "Schweden" angegeben. Gleichzeitig habe er dem Gesuch eine
Kopie seiner bis zum 31. Mai 2016 gültigen Grenzgängerbewilligung EU/EFTA vom
1. Juni 2011, welche ihn ebenfalls als schwedischen Staatsangehörigen ausweise,
wie auch eine Kopie seiner schwedischen "Identitetskort" beigelegt.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Gesuch sei nicht von ihm selber,
sondern von einem Freund der Familie ausgefüllt worden, welcher davon
ausgegangen sei, der Beschwerdeführer sei schwedischer Staatsbürger. Daraus
kann er nichts zu seinen Gunsten ableiten. Wie die Vorinstanz richtig festhält,
hat sich der Beschwerdeführer falsche Angaben seines Vertreters gegenüber den
Behörden anrechnen zu lassen (vgl. Urteil 2C_1212/2013 vom 28. Juli 2014 E.
6.1).
Den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen lässt sich zudem entnehmen,
dass der Beschwerdeführer bereits bei der Ausstellung der
Grenzgängerbewilligung EU/EFTA den Irrtum betreffend die Angabe der
Nationalität bemerkt und daraufhin die Einwohnerdienste darüber informiert hat.
Dies hat ihn jedoch nicht davon abgehalten, bei der Einreichung des Gesuchs um
Umwandlung in eine Aufenthaltsbewilligung die gleichen Unterlagen einzureichen
und sich erneut als schwedischer Staatsbürger auszugeben. Dem Beschwerdeführer
hat nicht entgehen können, dass die von ihm unterzeichneten Unterlagen ihn als
schwedischen Staatsbürger bezeichneten und die Behörde ihm nur aus diesem Grund
eine EU/EFTA-Aufenthaltsbewilligung erteilten. Er musste sich bewusst sein,
dass er als türkischer Staatsbürger keinen Anspruch auf eine
Aufenthaltsbewilligung gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen hat. Folglich
musste er mit dem Widerruf der Bewilligung rechnen, sobald entdeckt würde, dass
ihm diese fälschlicherweise erteilt worden war.
Dass ihm die Vorinstanz unter den genannten Umständen den Vertrauensschutz auf
den Bestand der unter falschen Angaben erhaltenen Bewilligung abgesprochen hat,
ist nicht zu beanstanden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des
Appellationsgerichts kann vollumfänglich verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3
BGG).

3.4. Bei diesem Ergebnis durfte die Vorinstanz zulässigerweise in antizipierter
Beweiswürdigung auf die Anhörung des Freundes der Familie sowie eines
Mitarbeiters der Einwohnerdienste verzichten, ohne in Willkür zu verfallen. Von
einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann mithin keine Rede sein.

3.5. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich der Widerruf
und die damit verbundene Wegweisung auch als verhältnismässig. Der heute
23-jährige Beschwerdeführer hat bis zu seinem 19. Lebensjahr in seinem
Heimatland Türkei gelebt und ist mit den dortigen sprachlichen und
gesellschaftlichen Gegebenheiten nach wie vor bestens vertraut. Dem
Beschwerdeführer kann daher nicht gefolgt werden, wenn er behauptet, keine
Chancen zu haben, sich in der Türkei wirtschaftlich und sozial zu integrieren.
Dass die wirtschaftlichen Aussichten in der Türkei nicht den schweizerischen
Verhältnissen entsprechen, lässt eine Rückkehr in sein Heimatland nicht
unzumutbar erscheinen. Zudem räumt der Beschwerdeführer selbst ein, sich
zwischenzeitlich spezifische Qualifikationen erarbeitet zu haben; diese dürften
ihm die Wiedereingliederung in der Türkei erleichtern. Der noch junge
Beschwerdeführer ist unverheiratet, kinderlos und bei guter Gesundheit.
Insgesamt dürfte ihn ein Neuanfang in der Türkei nicht vor unüberwindliche
Schwierigkeiten stellen.

3.6. Der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung ist somit bundesrechtskonform. Die
Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind
keine geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer   auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht und dem Staatssekretariat für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Mai 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Petry

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