Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.133/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_133/2016

Urteil vom 9. Februar 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, präsidierendes Mitglied,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alessandro Palombo,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern,

Justiz- und Sicherheitsdepartement
des Kantons Luzern.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung,
vom 7. Dezember 2015.

Erwägungen:

1.
A.________, 1989 geborene Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, reiste
am 12. Februar 2007, im Alter von 17 Jahren und fünf Monaten, zu ihrer Mutter
in die Schweiz ein, die sie auf diesen Zeitpunkt hin nachzog. Sie erhielt nach
der damaligen gesetzlichen Regelung noch direkt die Niederlassungsbewilligung.
Ab dem 31. Juli 2011 bis zum 8. Oktober 2012 hielt sie sich während etwas mehr
als 14 Monaten in ihrer Heimat auf, um dort eine Ausbildung zu absolvieren. Am
24. Mai 2013 heiratete sie in der Dominikanischen Republik einen Landsmann. Am
14. Juli 2013 reichte sie für diesen ein Nachzugsgesuch ein. Mit Verfügung vom
16. September 2013 stellte das Amt für Migration des Kantons Luzern fest, dass
die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 61 Abs. 2 AuG erloschen sei. Die
dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (zuletzt Urteil des
Bundesgerichts 2C_878/2014 vom 7. Oktober 2014).
Am 23. Februar 2015 lehnte es das Amt für Migration ab, A.________ nach
Erlöschen der Niederlassungsbewilligung eine Aufenthaltsbewilligung zu
erteilen. Die gegen diese Verfügung erhobene Verwaltungsbeschwerde wies das
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern mit Entscheid vom 17.
Juli 2015 ab, unter gleichzeitiger Anordnung der Wegweisung. Die gegen den
Entscheid des Departements erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das
Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 7. Dezember 2015 ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde beantragt A.________ dem Bundesgericht hauptsächlich, es
sei das Urteil des Kantonsgerichts vollumfänglich aufzuheben und es sei ihr die
Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Luzern (wieder) zu erteilen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.
Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.

2.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit eines
Rechtsmittels gemäss Art. 29 Abs. 1 BGG von Amtes wegen und mit freier
Kognition (BGE 138 I 475 E. 1 S. 476; 138 III 46 E. 1, 471 E. 1 S. 475; BGE 137
III 417 E. 1). Ist jedoch die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft,
beschlägt die der Beschwerde führenden Partei obliegende Begründungspflicht
gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen; die
für deren Vorliegen massgeblichen Aspekte müssen diesfalls aufgezeigt werden
(vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48; 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356,
400 E. 2 S. 404; s. auch BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47). Hängt die Zulässigkeit
des Rechtsmittels vom Bestehen eines Rechtsanspruchs ab, ist ein potenzieller
Anspruch in vertretbarer Weise geltend zu machen (BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332;
136 II 177 E. 1.1 S. 179; neuerdings Urteile 2D_64/2015 vom 8. November 2015 E.
2.1 und 2C_978/2015 vom 3. November 2015 E. 2.1 mit Hinweisen).

2.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art.
83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des
Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch
das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Im Streit steht die Erteilung einer
neuen Bewilligung nach Erlöschen der Niederlassungsbewilligung. Massgeblich
hierfür ist Art. 30 Abs. 1 lit. k AuG; diese Norm räumt ebenso wenig wie der
ebenfalls angesprochene Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG einen den Weg zur Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten öffnenden Bewilligungsanspruch ein (
BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348 e contrario; Urteil 2D_27/2015 vom 2. Juni 2015
E. 2.2). Die Beschwerdeführerin will indessen einen Bewilligungsanspruch aus
Art. 8 EMRK ableiten.

2.3. Aus der Beziehung zwischen volljährigen Kindern und ihren Eltern, die zwar
als solche in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fällt, lässt sich regelmässig
kein Anspruch auf Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung ableiten.
Dies ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände der Fall, wenn geradezu ein
Abhängigkeitsverhältnis unter diesen Verwandten besteht (BGE 115 Ib 1 E. 2 S. 4
ff.; 120 Ib 257 E. 1d und e S. 260 ff.; 129 II 11 E. 2 S. 14), welches über die
normalen affektiven Beziehungen hinausgeht (BGE 137 I 154 E. 3.4.2).
Erforderlich dazu wäre eine eigentliche Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit
oder eine schwerwiegende Krankheit (Urteile 2C_1095/2012 vom 7. November 2012
E. 2.2 und 2C_760/2012 vom 16. August 2012 E. 2.2 mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin hat erstmals im am 19. August 2015 eingeleiteten
Verfahren vor dem Kantonsgericht geltend gemacht, sie stehe in einem
Abhängigkeitsverhältnis zu den hier lebenden Familienangehörigen, nebst zur
Mutter zu Bruder und Stiefvater. Sie nennt im Rahmen der dem Bundesgericht
vorgetragenen Gehörsverweigerungsrüge verschiedene Aspekte, die dafür sprechen
sollen, dass ihr ausnahmsweise auch als Volljährige im Hinblick auf die
Beziehungspflege zur Stammfamilie ein Bewilligungsanspruch zustehen würde. Auch
wenn vollständig und vorbehaltlos auf ihre Schilderungen abgestellt wird, lässt
sich ein potenzieller Anspruch aus Art. 8 EMRK unter dem Titel Familienleben
nicht dartun: Die Beschwerdeführerin wurde erst kurz vor ihrer Volljährigkeit
von der Mutter in die Schweiz geholt und hat entgegen ihrer Darstellung kaum
als Minderjährige mit dieser und deren Familie in der Schweiz gelebt. Die
Hausgemeinschaft wurde im Februar 2007 aufgenommen, ein gutes halbes Jahr
später war die Beschwerdeführerin volljährig. Im Sommer 2011 verliess sie
diesen Familienkreis und hielt sich bis Herbst 2012 weit über ein Jahr in ihrer
Heimat auf, wo sie sich zurechtfand. Der Hinweis auf eine Depression ist
allgemein gehalten; soweit diese, wie sie selber ausführt, nicht unbedeutend im
Zusammenhang mit der migrationsrechtlichen Situation steht, wäre sie ohnehin
für die Zwecke des Bewilligungsverfahrens nur bedingt von Bedeutung. Hinzu
kommt, dass die Beschwerdeführerin erst im Mai 2013, in ihrer Heimat, einen
Landsmann heiratete; dem Verwaltungsgericht hatte sie zwar neu vorgetragen, die
Ehe gestalte sich sehr schwierig, was aber auch nach ihrer eigenen Darstellung
eine Konsequenz der geographischen Distanz ist; für diese Problematik trägt
allein sie die Verantwortung, indem sie trotz Erlöschens der
Niederlassungsbewilligung ohne Rücksicht auf die von ihr geschlossene Ehe (und
ihre neue "Kernfamilie") auf einem Verbleiben in der Schweiz beharrt hat (s.
auch E. 5.2 S. 8 des angefochtenen Urteils). Insofern ist auch die Behauptung,
der Ehemann beabsichtige die Scheidung, irrelevant; ohnehin handelt es sich
dabei - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - um ein nach Art. 99
BGG unzulässiges Novum. Die geschilderten Umstände genügen insgesamt
schliesslich auch nicht, um unter dem Aspekt Privatleben einen
Bewilligungsanspruch nach Art. 8 EMRK darzutun (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S.
286 f.).
Als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist die vorliegende
Beschwerde nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig. Als bundesrechtliches
Rechtsmittel kommt allein die subsidiäre Verfassungsbeschwerde in Betracht.

2.4. Zur Verfassungsbeschwerde ist gemäss Art. 115 lit. b BGG nur berechtigt,
wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat. Im Bereich des Ausländerrechts ist die
Beschwerdeberechtigung bei Fehlen eines Rechtsanspruchs auf eine Bewilligung
zur Anfechtung des negativen Bewilligungsentscheids nicht gegeben, soweit
dieser in materieller Hinsicht angefochten werden soll (grundlegend BGE 133 I
185). Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist der Ausländer
allerdings zur Rüge berechtigt, ihm zustehende Verfahrensgarantien, namentlich
der Anspruch auf rechtliches Gehör, seien verletzt worden. Nicht zu hören sind
dabei aber Vorbringen, die im Ergebnis auf die Überprüfung des Sachentscheids
abzielen, wie die Behauptung, dass die Begründung des angefochtenen Entscheids
unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen sei oder sich nicht mit
sämtlichen Argumenten auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen
willkürlich gewürdigt worden seien; ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der
Sachverhalt sei unvollständig oder sonst wie willkürlich festgestellt oder
Beweisanträge seien wegen willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt
worden (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; 129 I 217 E. 1.4 S. 222; 126 I 81 E.
7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; zur Weiterführung dieser so genannten
"Star-Praxis" unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes s. BGE 135 II 430
E. 3.2 S. 436 f.; s. auch BGE 138 IV 78 E. 1.3 S. 80; spezifisch zum
Ausländerrecht BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 198 f.; ferner BGE 137 II 305 E. 2 S.
308; Urteil 2D_27/2015 vom 2. Juni 2015 E. 2.3).
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die
entsprechenden Vorbringen laufen in jeder Hinsicht auf eine Kritik an der vom
Kantonsgericht vorgenommenen Gesamtwürdigung der Verhältnisse sowie an dessen
im Hinblick auf die Beweisanträge praktizierten antizipierten Beweiswürdigung
hinaus. Damit ist die Beschwerdeführerin nicht zu hören.

2.5. Soweit sich die Beschwerde nicht als unzulässig erweist, entbehrt sie
zulässiger Rügen. Es ist darauf mit Entscheid des Einzelrichters im
vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.

2.6. Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

 Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben