Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.114/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_114/2016

Urteil vom 24. November 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Errass.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Florian Wick,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Aufenthalts- / Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung,
vom 21. Dezember 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ (1965, Ägypterin) heiratete 2003 einen Schweizer und erhielt in der
Folge eine Aufenthaltsbewilligung (bis 10. Juni 2008). Mit Verfügung vom 5.
Oktober 2009 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich ihr
Aufenthaltsverlängerungsgesuch ab.
Nach der Scheidung heiratete A.________ den in der Schweiz
niederlassungsberechtigten B.________ (Bürger der Elfenbeinküste). In der Folge
erhielt sie eine bis zum 30. April 2012 gültige Aufenthaltsbewilligung. Nach
einer Trennungsvereinbarung im Rahmen eines Eheschutzverfahrens (Trennung ab 1.
Mai 2011) widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung (23. November
2011). Da ihr Ehemann am 27. März 2013 wieder bei ihr einzog, erteilte das
Migrationsamt erneut eine Aufenthaltsbewilligung (bis 30. April 2014).

B.
Am 18. März 2014 beantragte A.________ die Niederlassungsbewilligung. Das
Migrationsamt wies dieses Gesuch sowie sinngemäss ein Gesuch um Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung mit Verfügung vom 22. Oktober 2014 ab. Grund dafür
war, dass die Ehegatten seit 1. Oktober 2013 nicht mehr zusammen wohnten. Der
Rekurs an die Sicherheitsdirektion und die Beschwerde danach an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich waren erfolglos.

C.
Vor Bundesgericht beantragt A.________, den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2015 aufzuheben, ihr die
Niederlassungsbewilligung zu erteilen, evtl. die Aufenthaltsbewilligung zu
belassen bzw. zu verlängern.
Mit Verfügung vom 10. Februar 2016 erkannte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. Das
Bundesgericht hat die Akten beigezogen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich in vertretbarer Weise auf einen
Bewilligungsanspruch nach Art. 43 i.V.m. 49 AuG (SR 142.20), eventuell Art. 50
Abs. 1 lit. a AuG und subeventuell Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG,
sodass ihre Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist
(Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90
BGG). Ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht, ist eine Frage der
materiellen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5 S. 315 f.). Auf die form-
und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (Art. 42
Abs. 2 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Nicht einzutreten ist im Rahmen der Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf den Antrag, ihr eine
Niederlassungsbewilligung zu erteilen: sie nennt zwar Art. 43 Abs. 2 AuG,
begründet ihn allerdings durchgehend nur mit Art. 34 Abs. 2 AuG, einer
Ermessensbestimmung, welche für das Eintreten nicht den geforderten Anspruch
vermittelt (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Mangels Nennung und Begründung
einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2
BGG) kann die Beschwerde diesbezüglich auch nicht als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegen genommen werden.

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung
wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die
beschwerdeführende Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
festgestellte Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und
eindeutig mangelhaft erscheint (Art. 106 Abs. 2 BGG: "qualifizierte Rüge-und
Substanziierungspflicht": BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; 133 III 350 E. 1.3).
Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der
Beweiswürdigung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104
f.).

2.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV dient der
Sachaufklärung und garantiert den Verfahrensbeteiligten ein
persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht. Sie haben insbesondere Anspruch auf
Äusserung zur Sache vor Fällung des Entscheids, auf Abnahme ihrer erheblichen,
rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweise und auf Mitwirkung an der
Erhebung von Beweisen oder zumindest auf Stellungnahme zum Beweisergebnis (BGE
135 II 286 E. 5.1 S. 293). Dem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der
Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Parteien entgegenzunehmen und
zu prüfen, sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel
abzunehmen (vgl. BGE 139 II 7 E. 4.3 S. 13; 127 I 54 E. 2b S. 56). Allerdings
lie gt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Gericht auf die
Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil es auf Grund der bereits
abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in
vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.;
134 I 140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153 E. 3 S. 157 mit Hinweisen).
Dies trifft im vorliegenden Fall zu. Da Art. 43 AuG einen gemeinsamen Ehewillen
verlangt, genügt es, wenn einer der Partner sich äussert, dass er mit der
anderen Person nicht mehr zusammenleben will. Auch eine Befragung der
Beschwerdeführerin hätte an diesem Umstand nichts geändert.

3.

3.1. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit
Niederlassungsbewilligung haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 43 Abs. 1
AuG). Das Erfordernis des Zusammenwohnens besteht nicht, wenn für getrennte
Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft
(d.h. der Ehewille) weiter besteht (Art. 49 AuG). Nach Auflösung der Ehe oder
der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch u.a. des Ehegatten auf
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 43 weiter, wenn die
Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche
Integration besteht, oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt
in der Schweiz erforderlich machen (Art. 51 Abs. 1 lit. a und b AuG).

3.2. Die Beschwerdeführerin hat sich vor der Vorinstanz auf wichtige
persönliche Gründe für ein Getrenntleben berufen. Diese kommt in ihren
Ausführungen indes zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin keine Gründe
darzutun vermöge, warum es ihrem invaliden, keiner Tätigkeit nachgehenden
Ehemann nicht möglich gewesen sein sollte, mit ihr an ihren Arbeitsort nach
U.________ bzw. anschliessend nach V.________ zu ziehen. Die von der
Beschwerdeführerin genannten Gründe, wonach der Ehemann dies nicht wolle,
stellen keinen wichtigen Grund im Sinne von Art. 49 AuG dar. Vor Bundesgericht
bringt die Beschwerdeführerin nun vor, dass ihr Ehemann als Stellvertreter der
Gastwirtschaft X.________ in W.________ arbeite. Die Unterlagen datieren vom 2.
bzw. 6. April 2015; sie sind Noven und damit nach Art. 99 Abs. 1 BGG
unbeachtlich (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123). Sie sind auch nicht durch das
vorinstanzliche Urteil veranlasst, denn die Unterlagen hätte ohne weiteres im
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eingereicht werden können. Die
Beschwerdeführerin hat indes ihre Argumentation vor Vorinstanz anders gewichtet
und dazu ausgeführt, "der Ehegatte kann und will dies nicht. Er kann auch nicht
dazu gezwungen werden". Die Unterlagen könnten zudem höchstens für den Zeitraum
ab April 2015 als Beleg für eine berechtigte Ausnahme vom Erfordernis des
Zusammenwohnens dienen. Die Beschwerdeführerin wohnte indes bereits ab Oktober
2013 nicht mehr mit ihrem Ehegatten zusammen (i.S. von Art. 43 Abs. 1 AuG),
sondern an ihrem Arbeitsort in U.________ und danach in V.________. Dass die
Beschwerdeführerin - wie sie ausführt - die nun eingereichten Unterlagen erst
nach dem vorinstanzlichen Urteil erhalten habe, bestätigt sodann eher die
vorinstanzliche Auffassung, dass der Ehemann kein Interesse habe, mit der
Beschwerdeführerin in ehelicher Gemeinschaft zu leben. Angesichts der
Ausführungen der Beschwerdeführerin zum medizinischen Zustand des Ehemanns
scheinen die neu eingereichten Unterlagen mit den Verpflichtungen, jedes
Wochenende eine Bar ohne Verwendung der in der Bar gelagerten Getränke und
Vorräte zu führen und der daraus resultierenden Folge, umfangreiche Einkäufe zu
tätigen, auch wenig glaubwürdig. Bezeichnenderweise bleiben die Ausführungen zu
den sozialen und gesundheitlichen Gründen auch vor Bundesgericht
unsubstanziiert. Insofern liegen keine wichtigen Gründe vor, und es muss mit
der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass keine eheliche Gemeinschaft i.S.
von Art. 43 Abs. 1 AuG vorliegt.

3.3. Da die Beschwerdeführerin entgegen ihren Ausführungen bereits ab Oktober
2013 keinen wichtigen Grund für getrennte Wohnorte geltend machen konnte, ist
auch die dreijährige Frist nicht erreicht. Insofern ist Art. 50 Abs. 1 lit. a
AuG - wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat - nicht anwendbar.

3.4. In Bezug auf Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG ist die Vorinstanz
einlässlich auf die Argumentation der Beschwerdeführerin eingegangen. Vor
Bundesgericht zitiert diese zwar ausführlich rechtliche Erwägungen des
Bundesgerichts, unterlässt es aber, sich vertieft mit den vorinstanzlichen
Ausführungen auseinander zu setzen und aufzuzeigen, wo die Vorinstanz
Bundesrecht verletzt hat; sie führt lediglich pauschal an, dass die
Ausführungen der Vorinstanz unzutreffend seien. Es ist deshalb nicht näher
darauf einzugehen (vgl. BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 134 II 244 E. 2.1 S. 245
f.).

4.
Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. November 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Errass

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