Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1091/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_1091/2016

Urteil vom 23. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ludwig Müller,

gegen

Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.

Gegenstand
Ausschaffungshaft,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
vom 18. Oktober 2016.

Sachverhalt:

A.
Der 1980 geborene algerische Staatsangehörige A.________ reiste am 31. März
2003 illegal in die Schweiz ein und ersuchte hier um Asyl. Am 8. April 2003
trat das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (BFF; heute Staatssekretariat für
Migration [SEM]) auf das Asylgesuch nicht ein und wies es A.________ aus der
Schweiz weg. Ein hiergegen erhobener Rekurs wurde von der damaligen
Asylrekurskommission am 9. August 2003 abgewiesen. A.________ kam jedoch seiner
Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern verblieb illegal im Land, wo er
mehrfach strafrechtlich verurteilt werden musste.
Am 13. April 2007 ordnete die zuständige Migrationsbehörde des Kantons Luzern
gegen ihn zuerst Ausschaffungs- und anschliessend Durchsetzungshaft an.
Anlässlich eines Spitalaufenthaltes konnte A.________ am 18. Dezember 2007 aus
der Durchsetzungshaft fliehen. Am 8. April 2008 konnte er gefasst und zwecks
Vollzug von weiteren zwischenzeitlich verwirkten Strafen inhaftiert werden.
Nach der Entlassung aus dem Strafvollzug wurde A.________ vom 24. April 2008
bis zum 23. Mai 2008 erneut in migrationsrechtliche Durchsetzungshaft versetzt.
Nachdem er aus der Administrativhaft freigelassen worden war, trat A.________
erneut strafrechtlich in Erscheinung, worauf er am 1. Juli 2008 abermals
verhaftet wurde und bis am 9. Oktober 2008 in strafrechtlicher Haft verblieb.
Am 9. Oktober 2008 wurde er aus dem Strafvollzug entlassen, jedoch von der
Migrationsbehörde des Kantons Luzern sogleich in Ausschaffungs-/
Durchsetzungshaft genommen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
bestätigte mit Urteil vom 10. Oktober 2008 die Verhältnismässigkeit der
Haftanordnung bis zum 8. Januar 2009.
Aufgrund der bevorstehenden Eheschliessung mit einer Schweizer
Staatsangehörigen wurde A.________ indes aus der Durchsetzungshaft entlassen.
Am 30. Januar 2009 heiratete A.________ die Schweizerin und am 13. Februar 2009
kam ein gemeinsamer Sohn zur Welt. Gestützt auf die Ehe erteilte das
Migrationsamt des Kantons Zug (Wohnkanton der Gattin) A.________ eine
Aufenthaltsbewilligung, welche letztmals bis zum 30. Januar 2011 verlängert
wurde.

B.
Nachdem A.________ und seine Gattin zwischenzeitlich in den Kanton Aargau
umgezogen waren, erlangte das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau
(MIKA) am 13. Dezember 2011 Kenntnis von einer Aktennotiz der Wohnsitzgemeinde
U.________ vom 14. September 2011, wonach die Ehegatten bereits seit längerer
Zeit nicht mehr in ehelicher Gemeinschaft zusammenwohnen. Per 4. Juni 2013
wurde die Ehe von A.________ mit seiner schweizerischen Gattin geschieden.
Bereits am 8. März 2013 wurde ein weiteres Kind von A.________ mit einer in der
Schweiz niederlassungsberechtigten Marokkanerin geboren.
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs lehnte das MIKA mit Verfügung vom 3.
April 2012 die Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von
A.________ ab und wies es den Betroffenen aus der Schweiz weg. Eine dagegen
erhobene Einsprache wies der Rechtsdienst des MIKA am 25. Juni 2012 ab. Der
Einspracheentscheid erwuchs am 2. August 2012 unangefochten in Rechtskraft,
worauf das MIKA A.________ erneut anwies, die Schweiz bis spätestens am 2.
Oktober 2012 zu verlassen. Der Betroffenene kam dieser Verpflichtung jedoch
abermals nicht nach. Während der Verbüssung einer strafrechtlichen Haft
weigerte er sich zudem am 13. Februar 2015, die notwendigen Formulare zur
Beschaffung eines algerischen Einreisedokuments zu unterzeichnen. Das MIKA
ersuchte daraufhin das SEM um Gewährung von Vollzugsunterstützung. Am 6.
Oktober 2016 teilte das SEM mit, die algerischen Behörden hätten den
Gesuchsgegner als algerischen Staatsangehörigen anerkannt; zwecks Ausstellung
eines Ersatzreisepapiers sei A.________ der algerischen Vertretung zuzuführen.
Am 13. Oktober 2016 verfügte das MIKA, A.________ werde ab dem Zeitpunkt der
Entlassung aus dem Strafvollzug, d.h. per 15. Oktober 2016, für die Dauer von
drei Monaten in Ausschaffungshaft genommen. Mit Urteil vom 18. Oktober 2016
bestätigte der zuständige Einzelrichter des Verwaltungsgerichts des Kantons
Aargau die Anordnung der Ausschaffungshaft bis zum 14. Januar 2017, 12.00 Uhr.

C.
Mit Eingabe datiert vom 28. November 2016 (Eingang beim Bundesgericht am 1.
Dezember 2016) führt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er stellt im Wesentlichen den Antrag, der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau sowie die angeordnete
Ausschaffungshaft seien aufzuheben und er sei umgehend aus der Haft zu
entlassen.
Während das MIKA auf Vernehmlassung verzichtet, schliessen das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau sowie das SEM auf Abweisung der
Beschwerde. Der Beschwerdeführer äusserte sich innert der ihm eingeräumten
Frist für eine fakultative Stellungnahme nicht zum Vernehmlassungsergebnis.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Ausschaffungshaft
steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff.
BGG an das Bundesgericht offen (Art. 82 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2
sowie Art. 89 Abs. 1 BGG; Urteil 2C_791/2016 vom 26. September 2016 E. 1 m.H.).
Die vorliegende Beschwerde ist daher grundsätzlich zulässig.

1.2. Zu prüfen ist indes, ob die Beschwerde rechtzeitig eingereicht wurde:
Gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen einen Entscheid innert 30
Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht
einzureichen. Das vorliegend angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau wurde dem früheren Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gemäss
dem darauf angebrachten Eingangsstempel am 28. Oktober 2016 eröffnet. Da der
letzte Tag der dreissigtägigen Frist ein Sonntag, nämlich der 27. November 2016
war, endete sie gemäss Art. 45 Abs. 1 BGG am nächstfolgenden Werktag, d.h. am
Montag, 28. November 2016.
Die vom neuen Vertreter des Beschwerdeführers eingereichte Beschwerdeschrift
datiert wohl vom 28. November 2016. Auf der Rückseite des verwendeten
Briefumschlags findet sich zudem eine handschriftliche Bestätigung von einem
Herrn B.________, V.________, wonach Rechtsanwalt Hans Ludwig Müller das
Schreiben am Montag, 28. November 2016 um 23:25 Uhr in den Briefkasten in
V.________ einwerfe. Der Poststempel, welcher als Absendeort das Briefzentrum
in V.________ ausweist, datiert indes erst vom 29. November 2016 um 21:00 Uhr.
Somit lässt sich ohne weitere Beweiserhebungen oder Befragungen nicht genau
verifizieren, wann die Beschwerdeschrift der schweizerischen Post übergeben
wurde, was für die Einhaltung der Frist grundsätzlich entscheidend ist (Art. 48
Abs. 1 BGG). Im vorliegenden Fall erübrigen sich aber weitere diesbezügliche
Abklärungen, zumal sich die Beschwerde jedenfalls in der Sache als unbegründet
erweist, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen.

1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Dabei prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), nur die geltend
gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Das Bundesgericht stellt grundsätzlich auf den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt ab (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diese
Sachverhaltsfeststellungen können vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Rüge, der
Sachverhalt sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden, muss gemäss den
qualifizierten Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerdeschrift
begründet werden (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und E. 1.4.3 S. 252 ff.; 134 II 349
E. 3 S. 351 f.). Vorausgesetzt ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers geht es hier nicht um eine Haft
im Rahmen des Dublin-Verfahrens (Art. 76a Abs. 1 lit. a AuG). Das
Verwaltungsgericht stützt seinen Haftentscheid vielmehr zu Recht auf Art. 76
Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und Ziff. 4 AuG. Gemäss dieser Bestimmung kann, wenn ein
erstinstanzlicher Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet worden ist, die
zuständige Behörde die betroffene Person zur Sicherstellung des Vollzugs in
Haft nehmen, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sie sich der
Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sie der Mitwirkungspflicht nicht
nachkommt (Ziff. 3) bzw. ihr bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass
sie sich behördlichen Anordnungen widersetzt (Ziff. 4). Der blosse Umstand,
dass sie innert der ihr gesetzten Frist das Land nicht verlassen hat oder eine
bloss abstrakte Vermutung, dass sie sich der Wegweisung entziehen könnte,
genügen für sich alleine nicht; vielmehr muss die zuständige Behörde in jedem
konkreten Fall aufgrund der verschiedenen Indizien eine individuelle Prognose
stellen (BGE 140 II 1 E. 5.3 S. 4; 129 I 139 E. 4.2.1 S. 146).
Wie obenstehend aufgezeigt, ist vorliegend aktenkundig, dass das MIKA den
Beschwerdeführer mit Verfügung vom 3. April 2012 aus der Schweiz wegwies und
ihn dazu verpflichtete, die Schweiz bis spätestens am 2. Oktober 2012 zu
verlassen. Der Betroffenene kam dieser Verpflichtung unbestrittenermassen nicht
nach und er weigerte sich auch explizit, seiner Mitwirkungspflicht wie von ihm
verlangt dadurch nachzukommen, dass er die notwendigen Formulare zur
Beschaffung eines algerischen Einreisedokuments unterzeichnet. Grundsätzlich
ist eine Ausschaffung jedoch möglich, und der Beschwerdeführer kann zur
Ausstellung eines Ersatzreisepapiers der algerischen Vertretung zugeführt
werden. Bei dieser Sachlage ist es erstellt, dass die Haftgründe gemäss Art. 76
Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und Ziff. 4 AuG erfüllt sind.

2.2. Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit wendet der Beschwerdeführer wohl
ein, er habe ein sehr enges Verhältnis zu seinem Sohn und sei momentan dazu in
der Lage, diesen jeweils Mittwochs von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr besuchsweise zu
sehen. Er, der Beschwerdeführer, habe nur schon deshalb nicht die Absicht
unterzutauchen, weil er diesfalls die Möglichkeit eines Besuchs verlieren
würde. Aus diesen Gründen genüge vorliegend eine mildere Massnahme wie
beispielsweise eine Meldepflicht oder eine Eingrenzung.
Diese Einwendungen überzeugen jedoch nicht: Entgegen der Annahme des
Beschwerdeführers muss die drohende Verletzung der Mitwirkungspflicht bzw. der
befürchtete Widerstand gegenüber behördlichen Anordnungen nicht zwingend in
einer Untertauchensgefahr bestehen, sondern kann sich auch anders
manifestieren. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer durch seine offene
Weigerung, bei der Papierbeschaffung mitzuwirken, sowie durch sein jahrelanges
renitentes Verhalten unter Beweis gestellt, dass er in Freiheit nicht zur
Kooperation bereit ist. Inwiefern eine Eingrenzung oder eine Meldepflicht
geeignet sein sollten, an dieser Einstellung etwas zu ändern und seine Ausreise
sicherzustellen, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht
dargelegt. Die Anordnung der Ausschaffungshaft erscheint demnach zur
Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs als erforderlich und erweist sich mithin
auch unter diesem Aspekt als verhältnismässig (vgl. BGE 142 I 135 E. 4.1 in
fine S. 151).

3.

3.1. Gemäss Art. 79 Abs. 1 AuG dürfen die Vorbereitungs- und die
Ausschaffungshaft nach den Art. 75-77 AuG sowie die Durchsetzungshaft nach Art.
78 AuG zusammen die maximale Haftdauer von sechs Monaten nicht überschreiten.
Die maximale Haftdauer kann indes nach Art. 79 Abs. 2 AuG mit Zustimmung der
kantonalen richterlichen Behörde um eine bestimmte Dauer, jedoch höchstens um
zwölf Monate, für Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren um höchstens sechs
Monate verlängert werden, wenn (lit. a) die betroffene Person nicht mit der
zuständigen Behörde kooperiert, oder wenn sich (lit. b) die Übermittlung der
für die Ausreise erforderlichen Unterlagen durch einen Staat, der kein
Schengen-Staat ist, verzögert. Diese Regelung steht in Übereinstimmung mit Art.
15 Ziff. 5 und Ziff. 6 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den
Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger
(Europäische Rückführungsrichtlinie; Amtsblatt der Europäischen Union vom 24.
Dezember 2008, L 348/98; vgl. Art. 2 Ziff. 1 des Bundesbeschlusses vom 18. Juni
2010 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der
Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie, in
Kraft seit 1. Januar 2011, AS 2010 5925, BBl 2009 8881).
Somit resultiert für einen volljährigen Ausländer eine maximal mögliche
Haftdauer von 18 Monaten. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang, er
habe sich - mit Unterbrüchen - bereits vom 13. April 2007 bis zum 8. Januar
2009 während insgesamt ca. 16 Monaten in ausländerrechtlicher Haft befunden.
Durch die mit dem angefochtenen Entscheid angeordneten weiteren drei Monate
Ausschaffungshaft ergebe sich so gemäss seiner Berechnung eine gesamte
Haftdauer von 19 Monaten, was den gesetzlichen Maximalrahmen überschreite.

3.2. In BGE 140 II 1 E. 5.2 S. 3 bestätigte das Bundesgericht seine früheren
Entscheide, wonach es möglich ist, gegen einen Ausländer nach einer allfälligen
Freilassung aus der Ausschaffungshaft im Rahmen desselben Verfahrens erneut
ausländerrechtliche Haft anzuordnen, soweit sich die Umstände massgeblich
verändert haben. Als Beispiel wird genannt, dass neue Haftgründe zu Tage treten
oder dass die bisherige Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs dahingefallen
ist. Zur Frage, ob diesfalls die maximale Haftdauer von Neuem zu laufen
beginnt, oder ob die erneute Haftanordnung sowie die bereits ausgestandene Haft
zusammenzurechnen sind, äussert sich der genannte Entscheid jedoch nicht.
In BGE 133 II 1 E. 4 f. S. 2 ff. beschäftigte sich das Bundesgericht aber mit
einer Revision des damaligen Bundesgesetzes vom 26. März   1931 über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer (ANAG; BS 1 121; in Kraft gewesen bis zum 31.
Dezember 2007) : Mit   Anhang Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005
(AS 2006 4745, 4767; BBl 2002 6845; in Kraft gewesen ab dem 1. Januar 2007 bis
zum 31. Dezember 2007) wurde im Rahmen einer Neuregelung der
ausländerrechtlichen Haft die maximale Dauer der altrechtlichen
Ausschaffungshaft von neun auf 18 Monate verlängert, wobei diese Neuregelung
auch auf Fälle Anwendung fand, in denen die Haft zwar vor dem 1. Januar 2007
angeordnet, jedoch danach verlängert wurde. In diesem Zusammenhang hielt das
Bundesgericht fest, dass sich alt- und neurechtliche Regelung der
Ausschaffungshaft   in Zweck, Ausgestaltung und Voraussetzungen weitestgehend
decken würden, weshalb es sich grundsätzlich rechtfertige, eine vor dem
Inkrafttreten der verschärften Zwangsmassnahmen bereits ausgestandene
Ausschaffungshaft auf die neue maximale Haftdauer anzurechnen. Anders könne es
sich aber in jenen Fällen verhalten, in denen zwischen der alten und der neuen
Haft eine deutliche bzw. klare Zäsur bestehe, namentlich wenn der Betroffene
seit der altrechtlichen Festhaltung die Schweiz verlassen habe oder
ausgeschafft worden sei und hernach erneut in die Schweiz gelange, so dass im
Resultat ein neues Wegweisungsverfahren (oder allenfalls ein neuer Haftgrund)
vorliege mit der Folge, dass gegenüber dem Betroffenen wiederum (neue)
Zwangsmassnahmen angeordnet werden könnten (BGE 133 II 1 E. 5.2 S. 5 f.
m.w.H.).
Im gleichen Sinne wird auch in der Literatur der Standpunkt vertreten, dass
erstandene ausländerrechtliche Haft nur (aber immerhin) dann auf die
Gesamthaftdauer nach Art. 79 AuG und die Maximalhaftdauer der jeweiligen
Haftart angerechnet werde, soweit dasselbe Aus- oder Wegweisungsverfahren
betroffen sei. Sei ein Aus- oder Wegweisungsverfahren demgegenüber entweder
durch Vollzug oder durch Aufhebung der Entfernungsmassnahme definitiv beendet
worden, und werde später ein neues Vollzugsverfahren eröffnet, so stehe hierfür
wieder die volle Haftdauer zur Verfügung. Eine solche Konstellation liege etwa
vor, wenn ein Ausländer nach einer erfolgreichen Ausschaffung oder einer
freiwilligen Rückkehr in sein Heimatland abermals in die Schweiz einreise und
hier erneut weggewiesen werde. Gleiches sei der Fall, wenn der Ausländer ein
beständiges Aufenthaltsrecht in der Schweiz erhalte, dieses jedoch später
wieder verliere und in der Folge gegen ihn ein erneutes Entfernungsverfahren
angestrebt werde (MARTIN BUSINGER, Ausländerrechtliche Haft - Die Haft nach
Art. 75 ff. AuG, 2015, S. 74 f.; vgl. auch ZÜND in: Spescha/Thür/ Zünd/Bolzli/
Hruschka [Hrsg.], Migrationsrecht, 4. Aufl. 2015, Rz. 4 zu Art. 79 AuG; GÖKSU
in: Caroni/Gächter/Turnherr [Hrsg.]; Bundesgesetz über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG] - Handkommentar, 2010, Rz. 3 zu Art. 79).
Die differenzierende Betrachtungsweise der Lehre, welche sich an der bisherigen
bundesgerichtlichen Praxis zum früheren Recht orientiert, erscheint auch im
Geltungsbereich des aktuellen Ausländergesetzes sachgerecht: Einerseits kann
die gesetzlich vorgesehene Beschränkung der maximalen Haftdauer nur dann
Wirksamkeit entfalten, wenn die Haftdauer bei mehrfacher Inhaftierung im Rahmen
von ein und demselben Ausweisungsverfahren zusammengerechnet wird; ansonsten
könnte die Ausschaffungshaft durch eine vorübergehende Entlassung beliebig
verlängert werden. Umgekehrt erhellt aber ebenfalls, dass sich die für ein
Ausweisungsverfahren vorgesehene Maximaldauer der Haft nicht auch auf sämtliche
zukünftigen Ausweisungsverfahren betreffend dieselbe Person beziehen kann:
Konnte ein Ausweisungsverfahren etwa durch erfolgreiche Ausschaffung oder
freiwillige Ausreise des Ausländers abgeschlossen werden und wird dieser nach
einer erneuten Einreise in die Schweiz abermals weggewiesen, so beginnt ein von
früheren Vorgängen unabhängiges neues Ausweisungsverfahren, welches eine
erneute Inhaftierung im Rahmen der von Neuem zu laufen beginnenden gesetzlichen
Fristen erlaubt. Gleich muss es sich verhalten, wenn ein früheres
Ausweisungsverfahren aus anderen Gründen als einer Ausreise der ausländischen
Person abgeschlossen wurde. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine
ausländische Person während des Ausweisungsverfahrens einen Aufenthaltstitel
für die Schweiz erhält, welcher die zuvor ausgesprochene Wegweisung dahinfallen
lässt. Diesfalls wird das laufende Wegweisungsverfahren unmittelbar und
dauerhaft beendet. Verliert der Ausländer seinen Aufenthaltstitel zu einem
späteren Zeitpunkt wieder und kommt es dann zu einer erneuten Wegweisung, so
beginnt damit ein gänzlich neues Ausweisungsverfahren.

3.3. Im vorliegenden Fall ist erstellt, dass der Beschwerdeführer am 30. Januar
2009 eine Schweizerin heiratete und im Hinblick auf die Eheschliessung aus der
Ausschaffungshaft entlassen wurde. Gestützt auf die Ehe erhielt er sodann eine
Aufenthaltsbewilligung, welche bis zum 30. Januar 2011 gültig gewesen ist. Mit
der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung wurde das vorherige
Wegweisungsverfahren gegenstandslos und damit definitiv beendet. Als der
Beschwerdeführer später, nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft, sein
Aufenthaltsrecht wieder verlor und er in der Folge mit Verfügung der
zuständigen Migrationsbehörde des Kantons Aargau vom 3. April 2012 aus der
Schweiz weggewiesen wurde, begann damit ein neues Ausweisungsverfahren, welches
in keiner Weise mehr mit dem früheren Wegweisungsbeschluss des Bundesamtes für
Flüchtlinge vom 8. April 2003 im Rahmen des damaligen Asylverfahrens in
Zusammenhang steht. Entsprechend sind auch die im früheren Verfahren
ausgestandenen Haftzeiten des Beschwerdeführers im vorliegenden, neuen
Wegweisungsverfahren nicht mehr zu beachten. Die Rüge des Beschwerdeführers
erweist sich demnach als unbegründet. Ebenso erhellt bei dieser Sachlage, dass
sich die im neuen Ausweisungsverfahren erstmalig angeordnete Haft für eine
Dauer von drei Monaten in zeitlicher Hinsicht noch nicht als unverhältnismässig
erweist.

3.4. Der Vollständigkeit halber bleibt indes anzumerken, dass die Berechnungen
des Beschwerdeführers zu seinen Haftzeiten im früheren Wegweisungsverfahren
ohnehin nicht nachvollzogen werden können. Aufgrund der eingangs festgehaltenen
Daten ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer wohl vom 13. April 2007 bis
zu seiner Flucht am 18. Dezember 2007 (d.h. rund acht Monate) sowie vom 24.
April 2008 bis zum 23. Mai 2008 (d.h. rund ein Monat) und schliesslich vom 9.
Oktober 2008 bis längstens am 8. Januar 2009 (d.h. rund drei Monate) in
migrationsrechtlicher Haft befand. Der übrige Freiheitsentzug war soweit
ersichtlich strafrechtlicher Natur (Untersuchungshaft und Strafvollzug). Somit
betrug die Ausschaffungs- bzw. Durchsetzungshaft im früheren Verfahren
gesamthaft rund 12 Monate und nicht wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht
rund 16 Monate. Eine genaue Berechnung der Haftzeit im früheren Verfahren kann
mangels Relevanz für das vorliegende, neue Ausweisungsverfahren jedoch
unterbleiben.

4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, sowie dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

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