Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1065/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_1065/2016

Urteil vom 19. Januar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt und Notar
Claude Wyssmann,

gegen

Anwaltskammer Solothurn.

Gegenstand
Ausstand, etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
27. Oktober 2016
sowie gegen die Verfügung der Verwaltungsgerichts-präsidentin vom 20. Oktober
2016.

Erwägungen:

1.
Gegen Rechtsanwalt A.________ wurde bei der Anwaltskammer des Kantons Solothurn
durch eine schweizerische Versicherungsgesellschaft eine Aufsichtsanzeige
eingereicht. Gegenstand derselben bildete der Vorwurf, A.________ habe in
missbräuchlicher Weise zwei Betreibungen gegen die Versicherungsgesellschaft
über jeweils 500 Millionen Franken eingereicht, obwohl im einen Fall ein
anspruchsverneinendes Endurteil des Bundesgerichts vorliege und es im anderen
Fall bloss um eine Streitsumme von wenigen zehntausend Franken gehe.
In der Folge wurde die Aufsichtsanzeige A.________ zur Stellungnahme
zugestellt. Das daraufhin gegen ihren Präsidenten und ihren Sekretär gestellte
Ausstandsbegehren von A.________ wies die Anwaltskammer am 23. September 2015
ab; gegen diesen Entscheid erhob A.________ eine Beschwerde, welche nun vor dem
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn hängig ist. Mit Instruktionsverfügung
vom 20. Oktober 2016 (Umfang: 1 Seite) lehnte es die Präsidentin des
Verwaltungsgerichts ab, das Beschwerdeverfahren bis zum rechtskräftigen
Abschluss diverser von A.________ angestrengten Datenherausgabeverfahren zu
sistieren. Daraufhin stellte A.________ gegen die Präsidentin des
Verwaltungsgerichts nachträglich ein Ausstandsbegehren, auf welches mit Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. Oktober 2016 (Umfang
inklusive Rubrum: 3 Seiten) nicht eingetreten wurde.
Sowohl gegen die genannte Instruktionsverfügung als auch gegen das erwähnte
Urteil des Verwaltungsgerichts beschwert sich A.________ am 18. November 2016
beim Bundesgericht; wegen übermässiger Weitschweifigkeit der Rechtsschrift (50
Seiten) wurde er indes zur Nachreichung einer verbesserten, d.h. massiv
kürzeren Rechtsschrift aufgefordert. Am 25. November 2016 wurde eine neue, zwar
kürzere, jedoch immer noch 29 Seiten umfassende Rechtsschrift eingereicht.
Darin beantragt A.________ im Wesentlichen die Aufhebung der genannten
Entscheide sowie die Feststellung, dass sich sämtliche daran beteiligten
Gerichtspersonen im Ausstand befinden. Zudem ersucht er um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung. Im Zusammenhang mit seinen Vorbringen und Anträgen rügt
A.________ eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
BV) und auf ein unabhängiges Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV), der Rechtsweggarantie
(Art. 29a BV), des Anspruchs auf wirksame Beschwerdeführung (Art. 13 EMRK),
sowie verschiedener weiterer Prinzipien und prozessualen Bestimmungen.
Am 28. November 2016 ordnete das Bundesgericht den Aktenbeizug ohne
Vernehmlassung an. Mit Verfügung vom 30. November 2016 erteilte der Präsident
der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
superprovisorisch teilweise in dem Sinne eine aufschiebende Wirkung, als dem
Verwaltungsgericht untersagt wird, ein Endurteil zu fällen.

2.
Vorliegend richtet sich die Beschwerde einerseits gegen den
Nichteintretensentscheid vom 27. Oktober 2016 betreffend ein Ausstandsbegehren
(vgl. Art. 92 Abs. 1 BGG), andererseits gegen die Instruktionsverfügung vom 20.
Oktober 2016, mit welcher die Sistierung des beim Verwaltungsgericht anhängigen
Beschwerdeverfahrens abgelehnt wurde. Betreffend den letzteren Entscheid wäre
eine Beschwerde nur zulässig, wenn die Zwischenverfügung einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken könnte. Ob dies der Fall ist, erscheint
aufgrund der nachstehenden Ausführungen als sehr fraglich. Wie es sich damit
verhält, kann letztlich jedoch offen bleiben, zumal sich die Einwendungen des
Beschwerdeführers als offensichtlich unbegründet erweisen, und die Beschwerde
deswegen im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3
BGG, d.h. mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen
Entscheid zu erledigen ist:

2.1. Der Beschwerdeführer verlangte bei der Vorinstanz die Sistierung des beim
Verwaltungsgericht anhängig gemachten Verfahrens, zumal er diverse
Datenherausgabeverfahren angestrebt hatte. Soweit ersichtlich, beabsichtigt er
durch die herausverlangten Unterlagen zu belegen, dass (a) solothurnische
Richter von vornherein nicht Einsitz in die solothurnische Anwaltskammer nehmen
dürften, (b) die am Gericht tätigen Mitglieder der Anwaltskammer aus zeitlichen
Gründen überhaupt nicht in der Lage seien, ihre Aufsichtstätigkeit über die
Anwälte rechtsgenüglich auszuüben und (c) die Anwaltskammer in unzulässiger
Weise stets auf Aufsichtsanzeigen eintrete, soweit diese durch Behörden und
Versicherungen eingereicht würden. Indes legt er weder Unterlagen ins Recht
noch trägt er sachverhaltliche Umstände vor, die seine Behauptungen bei
objektiver Betrachtungsweise zumindest indiziell als plausibel erscheinen
lassen würden. Vielmehr bringt er zum Ausdruck, er erhoffe sich, solche
Unterlagen und Umstände durch die von ihm gestellten Editionsbegehren erst zu
entdecken (vgl. Beschwerdeschrift S. 10 in fine). Bei dieser Sachlage ist weder
eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte, noch eine Missachtung von
Bundesrecht oder eine willkürliche Rechtsanwendung kantonalen Gesetzesrechts
darin zu erkennen, dass die Präsidentin des Verwaltungsgerichts in ihrer
Verfügung vom 20. Oktober 2016 auf eine Verfahrenssistierung verzichtet hat.
Ebenso wenig besteht Veranlassung dazu, die Informations- und
Datenschutzbeauftragte des Kantons Solothurn im bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahren beizuladen, wie dies der Beschwerdeführer beantragt.

2.2. Aufgrund der obenstehenden Erwägungen sind entgegen den Ausführungen des
Beschwerdeführers auch keine Gründe ersichtlich, die die Präsidentin des
Verwaltungsgerichts verpflichtet hätten, sich in den Ausstand zu begeben.
Namentlich ist ein solcher Grund nicht darin zu sehen, dass sich die
Präsidentin - gemäss den Schilderungen des Beschwerdeführers - in einer
Vernehmlassung vom 3. Oktober 2016 gegenüber der Informations- und
Datenschutzbeauftragten des Kantons gegen eine Datenherausgabe ausgesprochen
und zudem erklärt habe, es könnten nur existierende Dokumente herausgegeben
werden.

2.3. Gemäss § 99 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Solothurn vom 13. März 1977
über die Gerichtsorganisation (GO/SO) kann die zuständige Instanz das
Nichteintreten auf ein Ablehnungsgesuch beschliessen, wenn dieses
offensichtlich in der Absicht gestellt wurde, ein geordnetes Gerichtsverfahren
zu verunmöglichen. Dieselbe Bestimmung sieht auch vor, dass der Richter, der
bloss über die Ablehnung zu befinden hat, selbst nicht abgelehnt werden kann.
Aufgrund des nicht ersichtlichen Grundes für einen Ausstand der Präsidentin des
Verwaltungsgerichts und des überdies erst nachträglich gestellten und somit
verspäteten Gesuches des Beschwerdeführers erscheint die Schlussfolgerung des
Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil vom 27. Oktober 2016 als
nachvollziehbar, der Beschwerdeführer habe das Rechtsmittel offensichtlich in
der Absicht gestellt, das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht
betreffend den Ausstand des Präsidenten und des Sekretärs der Anwaltskammer des
Kantons Solothurn und damit auch das eigentliche Verfahren vor der
Anwaltskammer weiter zu verzögern und dessen geordneten Verlauf zu
verunmöglichen.
In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer zwar vor, eine
Verfahrensverzögerung könne schon deshalb nicht vorliegen, weil formell noch
überhaupt kein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei und die
einjährige Verjährungsfrist inzwischen abgelaufen sei. Dieser Einwand ist
jedoch unbegründet: Wohl verjährt eine disziplinarische Verfolgung gemäss Art.
19 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der
Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) ein Jahr, nachdem die
Aufsichtsbehörde vom beanstandeten Vorfall Kenntnis hatte. Gemäss Art. 19 Abs.
2 BGFA wird diese Frist indes durch jede Untersuchungshandlung der
Aufsichtsbehörde unterbrochen. Mit Urteil 2A.496/2005 vom 23. Januar 2006 hielt
das Bundesgericht diesbezüglich ausdrücklich fest, dass auch verfahrensleitende
Anordnungen einer Rechtsmittelinstanz der Abwicklung des Disziplinarverfahrens
dienen und deswegen als Unterbrechungshandlungen im Sinne von Art. 19 Abs. 2
BGFA einzustufen sind (E. 3.2 des genannten Entscheids). Wie ausgeführt, liess
die Anwaltskammer dem Beschwerdeführer die eingegangene Aufsichtsanzeige zur
Stellungnahme zukommen, was diesen veranlasste, den Ausstand des Präsidenten
und des Sekretärs der Anwaltskammer zu verlangen und gegen die ergangenen
negativen Entscheide diverse Rechtsmittelverfahren einzuleiten, verbunden mit
neuen Ausstandsgesuchen gegen die Mitglieder der Rechtsmittelinstanzen, sowie
weitere Beschwerdeverfahren betreffend die Zuständigkeit der
Rechtsmittelinstanzen anzustrengen (vgl. auch Urteil 2C_72/2016 vom 3. Juni
2016). Soweit man eine solche Vorgehensweise nicht a priori als
rechtsmissbräuchliche Verfahrensverschleppung bezeichnen möchte, könnte ein
legitimer Zweck nur im Interesse an einer richtigen Zusammensetzung der
Disziplinarbehörde und einem ordentlichen Gang des im Raum stehenden
Disziplinarverfahrens erkannt werden, weswegen entsprechende
Rechtsmittelentscheide gemäss der aufgezeigten Praxis ebenfalls eine
Unterbrechung der Verjährung bewirken.
Als unbegründet erweist sich schliesslich auch der Einwand des
Beschwerdeführers, Oberrichter Frank-Urs Müller hätte nicht am Urteil vom 28.
Oktober 2016 [recte: 27. Oktober 2016] mitwirken dürfen, zumal er
Ersatzmitglied der Anwaltskammer sei: Der Beschwerdeführer verkennt, dass es im
angefochtenen Urteil vom 27. Oktober 2016 einzig um das von ihm gestellte
Ablehnungsgesuch gegen die Präsidentin des Verwaltungsgerichts betreffend das
von ihr beurteilte Sistierungsgesuch ging. Diesbezüglich wurde vom
Beschwerdeführer weder eine Vorbefassung noch eine Voreingenommenheit des
betreffenden Verwaltungsrichters aufgezeigt.
Ebenso wenig wird vom Beschwerdeführer schlüssig substantiiert, weshalb der am
Urteil vom 27. Oktober 2016 mitwirkende Vizepräsident des Verwaltungsgerichts
sowie zwei am Verfahren beteiligte Gerichtsschreiberinnen in den Ausstand
hätten treten müssen; soweit sich dies seinen Ausführungen entnehmen lässt,
scheint der Beschwerdeführer abermals einzig aufgrund von für ihn ungünstigen
Prozessergebnissen vor Verwaltungsgericht auf eine Voreingenommenheit der
genannten Personen zu schliessen.
Bei dieser Sachlage kann auch darin keine Verfassungsverletzung erkannt werden,
dass das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Urteil
vom 27. Oktober 2016 Kosten in Höhe von Fr. 400.-- auferlegt hat.

3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen. Aufgrund des vorliegenden
Endentscheides erübrigen sich weitere Anordnungen betreffend die Frage der
superprovisorsch teilweise angeordneten aufschiebenden Wirkung.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Januar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

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