Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1051/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_1051/2016       

Urteil vom 24. August 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Zivilschutz und Militär des Kantons Zug, Wehrpflichtersatzverwaltung,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Wehrpflichtersatz,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27.
September 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1985 und nunmehr wohnhaft in U.________/ZH, wurde am 20.
Dezember 2005 aus der Rekrutenschule entlassen, nachdem er am 19. Januar 2005
für dienstuntauglich befunden worden war. Mit Veranlagungsverfügung vom 22.
Oktober 2015 legte die Wehrpflichtersatzverwaltung des Kantons Zug den
Wehrpflichtersatz von A.________ für das Ersatzjahr 2014, ausgehend von einem
taxpflichtigen Einkommen von Fr. 55'400.--, auf Fr. 1'662.-- fest, wovon ein
bereits bezahlter Betrag von Fr. 600.-- in Abzug gebracht wurde. Die dagegen
gerichtete Einsprache wurde am 19. November 2015 abgewiesen.

B. 
A.________ erhob Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, welches
das Rechtsmittel mit Urteil vom 27. September 2016 abwies.

C. 
Mit Eingabe vom 16. November 2016 erhebt A.________ beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (eventuell
Verfassungsbeschwerde) mit dem Antrag, er sei in Aufhebung des angefochtenen
Entscheids von der Wehrpflicht bzw. der Wehrpflichtersatzabgabe zu befreien.
Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110] hat die Akten beigezogen.

Erwägungen:

1. 
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend
Wehrpflichtersatzabgabe ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2,
Art. 90 BGG; Art. 31 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1959 über die
Wehrpflichtersatzabgabe [WPEG; SR 661]). Dies schliesst die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG), welche der Beschwerdeführer
eventualiter anruft, aus. Der abgabepflichtige Beschwerdeführer ist zur
Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist
einzutreten.

2.

2.1. Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz
sieht einen zivilen Ersatzdienst vor (Art. 59 Abs. 1 BV). Für Schweizerinnen
ist der Militärdienst freiwillig (Art. 59 Abs. 2 BV). Schweizer, die weder
Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund
erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen (Art. 59 Abs. 3 BV). Der
Bund kann sodann auch den Zivilschutz für Männer obligatorisch erklären,
während dieser für Frauen freiwillig ist (Art. 61 Abs. 3 BV). Das Gesetz
erklärt Männer, die nicht militär- oder zivildienstpflichtig, aber
schutzdiensttauglich sind, als schutzdienstpflichtig (Art. 11 und 12 des
Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über den Bevölkerungsschutz und den
Zivilschutz [BZG; SR 520.1]), während Frauen freiwillig Schutzdienst leisten
können (Art. 15 Abs. 1 lit. d BZG).

2.2.

2.2.1. Die Wehrpflichtersatzabgabe wird im WPEG näher ausgeführt: Schweizer
Bürger, die ihre Wehrpflicht nicht oder nur teilweise durch persönliche
Dienstleistung (Militär- oder Zivildienst) erfüllen, haben einen Ersatz in Geld
zu leisten (Art. 1 WPEG). Die Abgabe wird von den Ersatzpflichtigen, welche im
Ersatzjahr die Dienstpflicht nicht erfüllt haben (Art. 2 und 8 WPEG) und nicht
von der Ersatzpflicht befreit sind (Art. 4 und 4a WPEG), auf dem taxpflichtigen
Einkommen erhoben (Art. 11 und 12 WPEG); diese beträgt 3 Franken je 100 Franken
des taxpflichtigen Einkommens (Art. 13 Abs. 1 WPEG). Den
Zivilschutzdienstleistenden werden die Ausbildungsdienste und Einsätze
angerechnet (Art. 24 BZG).

2.2.2. Der Wehrpflichtersatz gehört nach einhelliger Lehre und Praxis nicht zu
den Steuern, sondern zu den Ersatzabgaben (  taxe de remplacement) und fällt
damit unter die Kausalabgaben (Urteil 2C_875/ 2016 vom 10. Oktober 2016 E. 2.4
mit zahlreichen Hinweisen). Der Sinn der Ersatzabgabe besteht darin, dass
diejenigen, welche die Hauptpflicht nicht erfüllen und demzufolge die damit
verbundenen Belastungen und Nachteile nicht zu tragen haben, einen gewissen
Ausgleich leisten (Urteil 2C_875/2016 vom 10. Oktober 2016 E. 2.5, in: ASA 85
S. 330; so schon BGE 2 380 E. 2 S. 381 f. vom 14. Oktober 1876, wo vom 
équivalent en argent die Rede ist; Botschaft zur Reform der Bundesverfassung,
BBl 1997 I 1 ff., insb. 240 f.).

2.2.3. Dass eine Wehrpflichtersatzabgabe erhoben wird, entspricht dem Gebot der
Rechtsgleichheit und der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, welche die
Hauptpflicht persönlich erfüllen und die entsprechenden Naturallasten tragen (
BGE 118 IV 74 E. 3b S. 81 f.; zit. Urteil 2C_875/2016 vom 10. Oktober 2016 E.
2.5; Urteil 2C_221/2009 vom 21. Januar 2010 E. 4.2, in: StR 65/2010 S. 332). Da
ausschliesslich Männer militärdienstpflichtig sind (Art. 59 Abs. 1 und 2 BV),
wird auch der Wehrpflichtersatz nur von Männern, nicht aber von Frauen erhoben
(Art. 1 WPEG e contrario; zit. Urteil 2C_221/2009 E. 6; SIBILLA BONDOLFI,
Wehrpflicht und Geschlechterdiskriminierung, 2012, S. 141 f., 144).

2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er wegen Dienstuntauglichkeit
im Jahre 2014 keinen Militärdienst geleistet hat und dass die Abgabe gemäss den
gesetzlichen Grundlagen erhoben wurde. Er rügt einzig, die ausschliesslich von
Männern, nicht aber von Frauen erhobene Wehrpflichtersatzabgabe verstosse gegen
Art. 8 Abs. 2 BV sowie Art. 14 EMRK. Er schliesst daraus, dass er nicht der
Wehrpflicht und der Ersatzabgabepflicht unterstellt werden kann, solange auch
Frauen dieser Pflicht nicht unterliegen.

3.

3.1. Art. 8 Abs. 2 BV verbietet jede Diskriminierung, namentlich aufgrund des
Geschlechts. Gemäss Art. 8 Abs. 3 BV sind Mann und Frau gleichberechtigt. Art.
8 BV schliesst damit die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für
rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und
Frau ist nur zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende  biologische und
funktionale Unterschiedeeine Gleichbehandlung absolut ausschliessen; der
Vorbehalt biologischer und funktionaler Unterschiede bedeutet insbesondere
nicht, dass überkommenen Rollenverständnissen, falls sie heute noch der
Realität entsprechen, ohne Weiteres auch in Zukunft rechtliche Relevanz
verliehen werden dürfte (BGE 138 I 265 E. 6.1; 129 I 265 E. 3.2; 126 I 1 E. 2a;
123 I 56 E. 2b).

3.2. Zur Feuerwehrpflicht hat das Bundesgericht bereits im Jahr 1986
entschieden, dass eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau hinsichtlich dieser
Pflicht grundsätzlich verfassungswidrig ist und sich nur insoweit mit Art. 4
Abs. 2 BV 1874 vereinbaren lässt, als der Feuerwehrdienst körperliche
Anstrengungen erfordert, denen nur die kräftigsten Männer des besten Alters
gewachsen sind, oder soweit die gesundheitlichen Auswirkungen des
Feuerwehrdienstes die Frauen im Interesse allfälliger Nachkommen anders treffen
als die Männer (Urteil P.1020/1986 vom 10. Oktober 1986 E. 4c/aa, in: ZBl 88/
1987 S. 306). Im Jahr 1991 schützte das Bundesgericht eine auf Männer
beschränkte Feuerwehrpflicht in einer kleinen Berggemeinde, weil die
Milizwehrdienste auch für Einsätze ausrücken müssten, die von Frauen im
Hinblick auf deren biologische und funktionale Ungleichheiten nicht verlangt
werden dürften, wie grosse nächtliche Wanderungen allein oder zu zweit als
Föhn- oder Windwache (Urteil 2P.4/1990 vom 8. Februar 1991 E. 3, in: ZBl 92/
1991 S. 418, BVR 1991 S. 439). Wo aber ein differenzierter Einsatz möglich ist,
lässt sich eine geschlechtsspezifische Ausgestaltung der Feuerwehr- und
Ersatzabgabepflicht nicht rechtfertigen (zit. Urteile P.1020/1986 E. 4c/aa;
2P.4/1990 E. 2). Im Jahr 1996 erwog das Bundesgericht, der blosse Umstand, dass
eine Feuerwehrtätigkeit bestimmte Risiken berge, könne jedenfalls nicht zur
generellen Dispensation aller Frauen führen, würde das doch bedeuten, dass das
Leben von Frauen schutzwürdiger und wertvoller wäre als dasjenige von Männern,
was Art. 4 Abs. 2 BV 1874 widerspräche; auch sei körperliche Kraft nicht
unbedingt geschlechtsspezifisch. Der Umstand, dass im Durchschnitt mehr Männer
als Frauen die für den Feuerwehrdienst erforderlichen Eigenschaften besitzen,
vermöge im Lichte von Art. 4 Abs. 2 BV 1874 keine entscheidende Rolle zu
spielen (BGE 123 I 56 E. 2d). Eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau sei
daher in Bezug auf Feuerwehrpflicht und Feuerwehrersatzabgabe verfassungswidrig
(BGE 123 I 56 E. 2e).

3.3. Im Lichte dieser Rechtsprechung ist dem Beschwerdeführer zusammenfassend
beizupflichten, dass die auf Männer beschränkte Wehrpflicht (und daher auch die
damit verbundene Ersatzabgabepflicht)  im Widerspruch zu Art. 8 Abs. 2 und 3 BV
 steht (ebenso BONDOLFI, a.a.O., S. 246 ff., 276 f.; ETIENNE GRISEL, Egalité,
2. Aufl. 2009, S. 118; HANSJÖRG MEYER, in: St. Galler Kommentar zur BV, 3.
Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 59 BV; BERNHARD WALDMANN, Das Diskriminierungsverbot
von Art. 8 Abs. 2 BV als besonderer Gleichheitssatz, 2003, S. 618 ff.;
differenzierend JÖRG PAUL MÜLLER/MARKUS SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4.
Aufl. 2008, S. 744 f.). Dass biologische und funktionale Unterschiede die
Frauen grundsätzlich für den Militärdienst untauglich erscheinen liessen, wird
dadurch widerlegt, dass Frauen freiwillig Militärdienst leisten können (Art. 59
Abs. 2 BV; Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 3. Februar 1995 über die Armee
und die Militärverwaltung [MG; SR 510.10]), dass sie in der Armee grundsätzlich
die gleichen Rechte und Pflichten haben wie die männlichen Angehörigen der
Armee (Art. 3 Abs. 3 MG) und ihnen alle Funktionen offenstehen (BONDOLFI,
a.a.O., S. 79 f.; MEYER, a.a.O., N. 4 zu Art. 59 BV; vgl. Art. 17 Abs. 3 der
Verordnung vom 10. April 2002 über die Rekrutierung [VREK; SR 511.11]). Auch in
den meisten ausländischen Armeen werden Frauen in mehr oder weniger grossem
Umfang eingesetzt. In einigen Staaten besteht auch eine Wehrpflicht für Frauen.

3.4. Indessen beschränkt Art. 59 Abs. 1 und 2 BV die Wehrpflicht ausdrücklich
und gewollt auf Männer (BONDOLFI, a.a.O., S. 162 ff.), ebenso Art. 61 Abs. 3 BV
die Zivilschutzpflicht. Dies stellt eine in der Verfassung selber enthaltene
Ausnahme von Art. 8 Abs. 2 und 3 BV dar. Nach ständiger Rechtsprechung und
herrschender Lehre gehen Art. 59 Abs. 1-3 und Art. 61 Abs. 3 BV als  lex
specialis der Gleichbehandlung gemäss Art. 8 Abs. 2 und 3 BV vor (zit. Urteil
2C_221/2009 vom 21. Januar 2010 E. 2.1; Urteile 2C_583/2015 vom 12. Februar
2016 E. 2.1; 2C_396/2012 vom 23. November 2012 E. 2.2 und 3; 2A.47/2002 vom 23.
Mai 2002 E. 2.2; 2A.433/1990 vom 17. September 1991 E. 3; JEAN-FRANÇOIS AUBERT,
in: Aubert/Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la
Confédération suisse, 2003, N. 4 zu Art. 59 BV; GIOVANNI BIAGGINI,
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 28 zu Art. 8
BV und N. 6 f. zu Art. 59 BV; OLIVER DIGGELMANN/TILMANN ALTWICKER, in: Basler
Kommentar zur BV, 2015, N. 6 zu Art. 59 BV; GRISEL, a.a.O., S. 92 f., 115, 118,
126; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER/DANIELA THURNHERR,
Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl. 2016, S. 229 Rz. 779; REGINA K
IENER/WALTER KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, S. 446; anderer Ansicht aber
WALDMANN, a.a.O., S. 620 f., mit der Argumentation, dass die
Geschlechtergleichheit eine Kerngehaltsbestimmung darstelle, die auch den
Verfassungsgeber selber binde; ähnlich BONDOLFI, a.a.O., S. 166 f., 212 f.,
276). Ob diese Regelung sachlich sinnvoll oder allenfalls zu ändern ist, hat
nicht das Bundesgericht, sondern der Verfassungsgeber zu entscheiden. Es
erübrigt sich daher, im Einzelnen auf die Argumente des Beschwerdeführers
einzugehen, wonach die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 14 in Verbindung mit
Art. 4 Abs. 2 und 3 EMRK. Nach Art. 14 EMRK ist der Genuss der in dieser
Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung insbesondere
(unter anderem) wegen des Geschlechts zu gewährleisten. Aus dem klaren Wortlaut
der Bestimmung und ständiger Praxis des EGMR ergibt sich aber, dass Art. 14
EMRK nicht ein allgemeines Diskriminierungsverbot statuiert, sondern nur zum
Tragen kommt in Bezug auf die in der Konvention anerkannten Rechte. Ist nicht
der Schutzbereich eines konkreten Konventionsrechts betroffen, so ist die
Diskriminierungsrüge  "ratione materiae" nicht vereinbar mit den Bestimmungen
der Konvention und darum unzulässig (  caractère accessoire; BGE 140 V 385 E.
5.2 S. 397; 139 I 257 E. 5.3.1 S. 262 f.; 118 Ia 341 E. 3a S. 347 f.; Urteil
des EGMR  Glor gegen Schweiz vom 30. April 2009 [13444/04] § 45).

4.2. Gemäss Art. 4 Abs. 2 EMRK darf niemand gezwungen werden, Zwangs- oder
Pflichtarbeit zu leisten. Nach Art. 4 Abs. 3 lit. b EMRK gilt jedoch eine
Dienstleistung militärischer Art nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne
dieses Artikels. Der EGMR hat diese Ausnahme nicht angewendet auf den Fall
freiwillig geleisteter Militärdienste (Gegenausnahme); die Ausnahme gilt aber
jedenfalls für die obligatorische militärische Dienstpflicht (Urteil des EGMR 
Chitos gegen Griechenland vom 19. Oktober 2015 [51637/12] § 83 f., 88). Fällt
somit die Militärdienstpflicht nicht in den Schutzbereich der EMRK, so kann der
akzessorische Art. 14 darauf von vornherein nicht anwendbar sein (BGE 118 Ia
341 E. 3c und d S. 348 f.).

4.3. Der EGMR hat Art. 14 EMRK auch auf Angehörige der Armee angewendet, aber
nicht hinsichtlich der Wehrpflicht, sondern einzig in Bezug auf den
personalrechtlichen Status oder die Arbeitsbedingungen von
Berufs-Militärangehörigen. Er hat dann jeweils den Schutzbereich von Art. 8
EMRK als tangiert betrachtet (beispielsweise in Bezug auf Unterschiede bei der
Gewährung von Elternurlaub die Urteile des EGMR  Hulea gegen Rumänien vom 2.
Oktober 2012 [33411/05];  Markin gegen Russland vom 22. März 2012 [30078/06;
Grosse Kammer]).

4.4. In Bezug auf die Wehrpflichtersatzabgabe beruft der Beschwerdeführer sich
auf das Urteil des EGMR  Karlheinz Schmidt gegen Deutschland vom 18. Juli 1994
(Serie A Nr. 291-B). Dort erblickte der EGMR eine Verletzung von Art. 14 in
Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 lit. d EMRK darin, dass eine Feuerwehrersatzabgabe
nur von Männern, aber nicht von Frauen verlangt wurde. Zunächst führte er aus,
weil Abs. 3 den Inhalt von Abs. 2 umschreibe, falle die Feuerwehrersatzpflicht
unter Art. 4 Abs. 3 lit. d, weshalb auch Art. 14 anwendbar sei (§ 22 f.). Diese
Begründung ist nicht ohne weiteres verständlich: Da die Feuerwehrpflicht gemäss
Ausnahmekatalog von Art. 4 Ziff. 3 EMRK gerade keine Zwangsarbeit ist, räumt
die EMRK diesbezüglich keine Rechte ein, weshalb die Frage sich nicht stellen
kann, ob jemand im Genuss von durch die Konvention eingeräumten Rechten und
Freiheit diskriminiert werde (vorne E. 4.2; zutreffend die dissenting opinion
vom Richter Mifsud Bonnici; ebenso dissenting opinion von Richter Casadevall
zum Entscheid des EGMR  Zarb Adami gegen Malta vom 20. September 2006[17209/
02], Randnr. 3).

4.5. In der Sache erblickte der EGMR im zitierten Urteil  Karlheinz Schmidt
gegen Deutschland in der auf Männer beschränkten Feuerwehrpflichtersatzabgabe
eine Verletzung von Art. 14 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 lit. d EMRK. Er
äusserte sich aber nicht dazu, ob es gerechtfertigt sei, Männer und Frauen in
Bezug auf die Feuerwehrpflicht unterschiedlich zu behandeln; entscheidend war,
dass in der Praxis die Feuerwehrpflicht im deutschen Bundesland
Baden-Württemberg nur auf dem Papier bestand, da es genügend Freiwillige gab,
so dass niemand zum Feuerwehrdienst verpflichtet wurde. Die Abgabe hatte daher
in der Realität ihren Ersatzcharakter verloren und war eine reine Abgabe
geworden, bezüglich welcher sich eine auf die Geschlechtszugehörigkeit
abstellende Unterscheidung nicht rechtfertigte (a.a.O., § 28).

4.6. Diese Argumentation trifft in Bezug auf den schweizerischen
Wehrpflichtersatz nicht zu: Die Wehrpflicht besteht nicht nur in der Theorie,
sondern auch in der Realität. Zirka 75 bis 80 Prozent der dienstpflichtigen
Männer werden als militär- oder zivilschutztauglich beurteilt und rund zwei
Drittel aller Pflichtigen leisten tatsächlich Militärdienst, Zivildienst oder
Zivilschutzdienst (vgl. beispielsweise die Botschaft vom 27. Februar 2008 zur
Änderung der Bundesgesetze über den zivilen Ersatzdienst und über die
Wehrpflichtersatzabgabe, BBl 2008 2707 ff., insb. 2718; ferner Botschaft zur
Volksinitiative "Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht", BBl 2012 8285 ff., insb.
8302 f.; Bericht der vom VBS eingesetzten Studiengruppe Dienstpflichtsystem,
15. März 2016, S. 35 ff., 81 ff., 97 ff.; www.newsd.admin.ch/ newsd/message/
attachments/44794.pdf, zuletzt aufgerufen am 23. August 2017; zit. Urteil des
EGMR  Glor gegen Schweiz, § 41 f.). Die geringe Zahl der (freiwillig)
Militärdienst leistenden Frauen legt denn auch nahe, dass - anders als bei der
im Urteil  Karlheinz Schmidt beurteilten Feuerwehrpflicht in Baden-Württemberg
- eine freiwillige Dienstleistung bei weitem nicht genügen würde, um die
gesetzlichen Sollbestände der Armee zu erreichen. Besteht somit die Wehrpflicht
tatsächlich und nicht nur in der Theorie, hat der Wehrpflichtersatz nicht den
Charakter einer von der realen Pflicht losgelösten reinen Abgabe, sondern er
erscheint als taugliches und notwendiges System, um Wehrgerechtigkeit
herzustellen (zit. Urteil 2C_221/2009 E. 8). Daran ändert auch nichts, wenn im
Zuge der Verkleinerung der Armee die Tauglichkeitskriterien möglicherweise
etwas strenger und die Tauglichkeitsraten kleiner werden, wie der
Beschwerdeführer vorbringt: Die staatlichen Behörden haben unter dem Aspekt der
EMRK einen grossen Spielraum in der Auswahl der bestgeeigneten Personen für den
Militärdienst (vgl. Unzulässigkeitsentscheid des EGMR  Adamec gegen
Tschechische Republik vom 11. September 2007 [5945/05], wo die Beschwerdeführer
vergeblich eine Verletzung von Art. 4 in Verbindung mit Art. 14 EMRK
beanstandet hatten, weil weniger als die Hälfte der Wehrpflichtigen effektiv
eingezogen worden war).

4.7. Die ehemalige Europäische Menschenrechtskommission hat denn auch
entschieden, dass die auf Männer beschränkte Wehrpflicht (bzw. die daran
anknüpfende Zivildienstpflicht) in Österreich auf objektiven Gründen beruht und
innerhalb des Entscheidungsspielraums liegt, den die EMRK den
Konventionsstaaten in der Organisation ihrer Landesverteidigung einräumt
(Unzulässigkeitsentscheid  Spöttl gegen Österreich vom 15. Mai 1996 [22956/
93]). Dieses Ergebnis rechtfertigt sich auch im Lichte der anerkannten
Auslegungsgrundsätze für völkerrechtliche Verträge (Art. 31 f. des Wiener
Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]),
die für die Auslegung der EMRK massgebend sind: Der insoweit klare Wortlaut von
Art. 4 Abs. 3 lit. b EMRK bezweckt offensichtlich, den Staaten den Entscheid
über die Ausgestaltung der Wehrpflicht zu überlassen. Selbst wenn von der
Anwendung von Art. 14 EMRK ausgegangen wird, ist neben Wortlaut und
Zusammenhang auch jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags zu
berücksichtigen, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine
Auslegung hervorgeht (Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK). In diesem Sinne ist
beachtlich, dass sämtliche Konventionsstaaten der EMRK die Wehrpflicht immer
auf Männer beschränkt haben, mit Ausnahme von Norwegen seit wenigen Jahren, und
insoweit ein verbreiteter Konsens besteht (BGE 118 Ia 341 E. 4c S. 352).
Konzepte und Anschauungen unterliegen dem Wandel. Der Umstand, dass einzig
Norwegen die Wehrpflicht auf Frauen ausgedehnt hat, macht aber deutlich, dass
die Praxis der Strassburger Organe von den Konventionsstaaten nach wie vor
mitgetragen wird.

4.8.

4.8.1. Im zitierten Urteil des EGMR  Glor gegen Schweiz vom 30. April 2009
entschied der Gerichtshof in Bezug auf die schweizerische
Wehrpflichtersatzabgabe in einem Einzelfall, die Erhebung der
Wehrpflichtersatzabgabe verletze Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK. Er
erwog, der Betroffene leide an einer körperlichen Behinderung, so dass die
Erhebung der Abgabe in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK falle (a.a.O., § 53
f.). Sodann werde er unterschiedlich behandelt einerseits gegenüber Invaliden,
die aufgrund von Art. 4 WPEG von der Wehrpflichtersatzabgabe befreit sind, und
anderseits gegenüber Personen, die Zivildienst leisten und ebenfalls keine
Abgabe bezahlen müssen (a.a.O., § 79 f.). Den Beschwerdeführer zu verpflichten,
eine Abgabe zu entrichten, nachdem ihm die Möglichkeit verweigert worden sei,
persönlich Militärdienst zu leisten, könne im Widerspruch stehen zur
Notwendigkeit, gegen die Diskriminierung behinderter Personen zu kämpfen
(a.a.O., § 84). Es sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, zumal der
Beschwerdeführer immer seinen Willen ausgedrückt habe, Militärdienst zu leisten
(a.a.O § 85) und es auch Möglichkeiten gebe, den zuckerkranken Beschwerdeführer
in angepassten Funktionen in der Armee oder im Zivildienst zu beschäftigen
(a.a.O., § 94 f.). Die Behörden hätten daher kein  juste équilibre vorgenommen
(a.a.O., § 96).

4.8.2. Wie aus dieser Begründung hervorgeht, hat der EGMR eine Diskriminierung
vor allem darin erblickt, dass der damalige Beschwerdeführer  trotz seines
ausdrücklichen Willens, Militärdienst zu leisten, dazu nicht zugelassen und
stattdessen zur Bezahlung der Abgabe verpflichtet wurde. Dem wurde seither
Rechnung getragen, indem Personen, die an sich militärdienst- und
zivilschutzuntauglich sind, aber Dienst leisten wollen, als
"militärdiensttauglich nur für besondere Funktionen, mit Auflagen" erklärt
werden und damit einen angepassten Dienst leisten können (Anhang I lit. E Ziff.
1 der Verordnung vom 24. November 2004 über die medizinische Beurteilung der
Militärdiensttauglichkeit und der Militärdienstfähigkeit [VMBM; SR 511.12], in
der Fassung vom 14. November 2012, in Kraft seit 1. Januar 2013 [AS 2012
6493]). Das Bundesgericht hat denn auch seit dem zitierten Urteil  Glor gegen
Schweiz in ständiger Praxis darauf abgestellt, ob die Betroffenen klar den
Willen geäussert und die Möglichkeit hatten, persönlich Dienst zu leisten
(Urteile 2C_226/2010 vom 29. November 2010 E. 5.4, in: RtiD 2011 I S. 583;
2C_285/2011 vom 1. Dezember 2011 E. 4.3.2; 2C_396/2012 vom 23. November 2012 E.
4.3; 2C_875/ 2016 vom 10. Oktober 2016 E. 3.2.3).

4.8.3. Vorliegend macht der Beschwerdeführer nicht geltend, wegen einer
Krankheit diskriminiert zu sein. Es fehlt damit an der Voraussetzung, um die
Beschwerde auch unter dem Gesichtswinkel von Art. 14 in Verbindung mit Art. 8
EMRK prüfen zu können (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; zit. Urteil 2C_221/2009 E.
3.2). Zudem bringt er auch nicht vor, er wäre dienstwillig und -bereit gewesen,
doch sei ihm die Möglichkeit verwehrt worden, den Dienst persönlich zu
erfüllen. Auch in dieser Hinsicht kann er sich daher nicht auf Art. 14 EMRK
berufen.

5. 
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. Der Beschwerdeführer trägt
die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG), die sich entgegen seiner Auffassung
nicht nach Art. 65 Abs. 4 lit. b BGG bemessen. Diese Bestimmung ist nur auf
Streitigkeiten nach dem Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung
von Mann und Frau (GlG; SR 151.1) anwendbar, das heisst auf Diskriminierungen
im Zusammenhang mit dem Erwerbsleben (THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, BGG,
2. Aufl. 2011, N. 21 zu Art. 65 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Seiler/von Werdt/
Güngerich/Oberholzer, Komm. BGG, 2015, N. 30 zu Art. 65 BGG; BERNARD CORBOZ,
in: Corboz/Wurzburger/Ferrari/ Frésard/Aubry Girardin, Commentaire de la LTF,
2. Aufl. 2014, N. 30 zu Art. 65 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'300.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zug und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. August 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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