Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1034/2016
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_1034/2016           

 
 
 
Urteil vom 13. November 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 5. Oktober 2016 (VB.2016.00377). 
 
 
Sachverhalt  
 
A.  
A.________ (1966; Italiener) reiste am 15. November 2004 in die Schweiz ein,
worauf ihm gestützt auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag am 26. Januar 2005
eine Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA erteilt wurde. Am 16. November 2007
stellte ihm das kantonale Migrationsamt eine bis zum 13. November 2012 gültige
Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA aus. 
Ab dem 12. Februar 2009 war A.________ wegen Krankheit in seiner
Arbeitsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Nach Ablauf des Wartejahres am 11.
Februar 2010 konnte ihm noch keine Tätigkeit zugemutet werden. In einer
medizinischen Beurteilung wurde ihm eine behinderungsangepasste Tätigkeit ab
16. August 2010 zu 50 %, ab 1. Februar 2011 zu 80 % und ab Juli 2011 zu 100 %
attestiert. Für die Zeit ab Mai 2011 verneinte die IV-Stelle einen
Rentenanspruch des Beschwerdeführers und wurde ihm die Ausübung
behinderungsangepasster Tätigkeiten im Umfang eines vollzeitlichen
Arbeitspensums zugemutet. Vom 1. Januar bis 4. April 2013 sowie vom 1. Juni
2013 bis 19. Juni 2014 wurde ihm die Fähigkeit, behinderungsangepasste
Tätigkeiten auszuüben, für ein Pensum von 75 % attestiert. Vom 5. April bis 30.
Mai 2013 war der Beschwerdeführer zu 100 % arbeitsunfähig. 
Das am 4. Oktober 2012 gestellte Gesuch des Beschwerdeführers um Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung wurde zunächst wegen eines hängigen IV-Verfahrens
bis 13. November 2014 gutgeheissen, bevor das kantonale Migrationsamt dieses
angesichts der Verweigerung einer IV-Rente unter Ansetzung einer Ausreisefrist
mit Verfügung vom 11. Dezember 2014 abwies. 
 
B.  
Mit Entscheid vom 10. April 2015 wies die Sicherheitsdirektion des Kantons
Zürich den von A.________ gegen diese Verfügung des kantonalen Migrationsamtes
vom 11. Dezember 2014 erhobenen Rekurs ab. Mit Verfügung vom 28. Mai 2015 trat
der Einzelrichter am Verwaltungsgericht des Kantons Zürich auf die dagegen am
22. bzw. 26. Mai 2015 geführte Beschwerde von A.________ wegen Verspätung nicht
ein, überwies die Eingabe angesichts der anfangs Mai 2015 gestellten
Krebsdiagnose indes der kantonalen Sicherheitsdirektion zur Behandlung als
Revisionsgesuch. 
Mit Vorbescheid vom 7. März 2016 sprach die IV-Stelle Zürich A.________ ab dem
1. November 2015 eine ganze IV-Rente zu. 
Mit Entscheid vom 30. Mai 2016 wies die kantonale Sicherheitsdirektion das
Revisionsgesuch von A.________ betreffend ihren Entscheid vom 10. April 2015 ab
und setzte ihm eine Ausreisefrist an. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
wies mit Urteil vom 5. Oktober 2016 die Beschwerde von A.________ unter
vollständiger Prüfung der Rechtmässigkeit der Nichtverlängerung seiner
Aufenthaltsbewilligung ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde vom 11. November 2016 an das Bundesgericht beantragt
A.________, das angefochtene Urteil der kantonalen Vorinstanz vom 5. Oktober
2016 aufzuheben und in Gutheissung der Beschwerde und entsprechend dem
gestellten Revisionsgesuch unter Kosten- und Entschädigungsfolgen die
Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers zu verlängern. Er ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde soweit Eintreten. Die
kantonale Sicherheitsdirektion verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das
Staatssekretariat für Migration (SEM) hat sich innert angesetzter Frist nicht
vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die am 11. November 2016 eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten richtet sich inhaltlich gegen die mit dem angefochtenen
Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1
lit. d BGG) verweigerte Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und ist wegen
vertretbar geltend gemachtem Anspruch auf Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario; Art.
83 lit. c Ziff. 4 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Der Beschwerdeführer, der
am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und mit seinen Anträgen
unterlegen ist, ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf
die Beschwerde ist einzutreten.  
 
1.2. Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war nicht nur das Vorliegen
eines Revisionsgrundes für den Entscheid der kantonalen Sicherheitsdirektion
vom 10. April 2015, sondern die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des
Beschwerdeführers. Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Urteil nicht
ausdrücklich mit der Abweisung des Revisionsgesuchs des Beschwerdeführers durch
die kantonale Sicherheitsdirektion auseinandergesetzt, sondern ohne weitere
Ausführungen dazu geprüft, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Verlängerung
seiner Aufenthaltsbewilligung habe; dieses Vorgehen wurde im
bundesgerichtlichen Verfahren von keiner Seite beanstandet. Der vorinstanzliche
Verfahrensgegenstand ist deshalb auch dem bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahren zu Grunde zu legen.  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, das angefochtene Urteil verletze Art. 4 Anhang I zum
Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681). 
 
2.1. Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist und mit
einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von
mindestens einem Jahr eingeht, erhält eine Aufenthaltserlaubnis mit einer
Gültigkeitsdauer von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Erteilung der
Erlaubnis (EU/EFTA-B-Bewilligung). Diese wird automatisch um mindestens fünf
Jahre verlängert. Bei der ersten Verlängerung kann die Gültigkeitsdauer
beschränkt werden, wenn der Inhaber seit mehr als zwölf aufeinanderfolgenden
Monaten unfreiwillig arbeitslos ist; die Dauer der Bewilligungsverlängerung
darf ein Jahr nicht unterschreiten (vgl. Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA).  
Nach Art. 6 Abs. 6 Anhang I FZA darf einer arbeitnehmenden Person eine gültige
Aufenthaltsbewilligung nicht allein deshalb entzogen werden, da sie keine
Beschäftigung mehr hat, weil sie infolge von Krankheit oder Unfall
vorübergehend arbeitsunfähig oder unfreiwillig arbeitslos geworden ist, falls
das zuständige Arbeitsamt dies ordnungsgemäss bestätigt. Dabei gelten die von
der zuständigen Behörde ordnungsgemäss bestätigten Zeiten unfreiwilliger
Arbeitslosigkeit und die Abwesenheiten infolge Krankheit oder Unfall als
Beschäftigungszeiten (vgl. Art. 4 Abs. 2 Anh. I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und
Art. 4 Abs. 2 der Verordnung [EWG] Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970
über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im
Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben [nachfolgend: KommV 1251/70;
ABl. L 142 vom 30.6.1970 S. 24]). 
Das Bundesgericht hat in Auslegung dieser Grundlagen entschieden, dass eine
arbeitnehmende Person  ihren freizügigkeitsrechtlichen  Status als
unselbständig erwerbstätige Person  verlieren kann, (1) wenn sie freiwillig
arbeitslos geworden ist, (2) aufgrund ihres Verhaltens feststeht, dass
keinerlei ernsthafte Aussichten (mehr) darauf bestehen, dass sie in absehbarer
Zeit eine andere Arbeit finden wird oder (3) ihr Verhalten gesamthaft als
rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden muss, da sie ihre Bewilligung (etwa)
gestützt auf eine fiktive bzw. zeitlich kurze Erwerbstätigkeit einzig zum Zweck
erworben hat, von günstigeren Sozialleistungen als im Heimat- oder einem
anderen Vertragsstaat zu profitieren (BGE 141 II 1 E. 2.2.1 S. 4 mit
Hinweisen). Die zuständige Behörde kann in diesen Situationen Kurzaufenthalts-,
Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA und Grenzgängerbewilligungen EU/EFTA
widerrufen oder nicht verlängern, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung
nicht oder nicht mehr erfüllt sind (Art. 23 der Verordnung vom 22. Mai 2002
über die Einführung des freien Personenverkehrs [VEP; SR 142.203]).  
 
2.2. Darüber hinaus besteht nach Art. 4 Anh. I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. b
erster Teil KommV 1251/70 ein Verbleiberecht für den Arbeitnehmer, der infolge
dauernder Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis
aufgibt, wenn er sich seit mindestens zwei Jahren im Hoheitsgebiet dieses
Mitgliedstaats ständig aufgehalten hat. Arbeitnehmende verfügen danach über ein
autonomes Verbleiberecht (vgl. MARCEL DIETRICH, Die Freizügigkeit der
Arbeitnehmer in der Europäischen Union unter Berücksichtigung des
schweizerischen Ausländerrechts, 1995, S. 295 ff., 481 ff.). Dahinter steht die
Überlegung, dass aus dem Erwerbsleben tretende Arbeitnehmer in ihrem gewohnten
Lebensumfeld bleiben können sollen (vgl. CHRISTINA SCHNELL,
Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Schweiz, 2010, S. 160 f.; VIKTOR KREUSCHNITZ,
in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015,
Art. 45 AEUV N. 56). Die Berufung auf Art. 4 Anh. I FZA infolge
Arbeitsunfähigkeit setzt eine vorgängige Arbeitnehmereigenschaft voraus (vgl.
Art. 1 KommV 1251/70; MARC SPESCHA, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli/Hruschka,
Kommentar Migrationsrecht, 4. Aufl. 2015, Art. 4 FZA N. 4a; Urteil des EuGH vom
26. Mai 1993 C-171/91  Tsiotras, Slg. 1993 I-2925, Rnr. 18; FERDINAND
WOLLENSCHLÄGER, Grundfreiheit ohne Markt, 2007, S. 64). Insoweit ist also das
Zusammenspiel - hier - zwischen Art. 6 Abs. 1 und 6 und Art. 4 Anh. I FZA zu
beachten.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle Zürich vom 19.
Juni 2014 und das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom
11. September 2015 festgehalten, dass der Beschwerdeführer ab 16. August 2010
bis Anfang April 2013 und ab Juni 2013 bis Anfang Mai 2015 zwar in seiner
Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Es könne aber nicht von einer
dauernden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden. Ab Frühjahr 2009 gehe der
Beschwerdeführer keiner unselbständigen Erwerbstätigkeit auf dem ersten
Arbeitsmarkt nach. Insofern sei die Arbeitnehmerqualität erloschen.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, dass Art. 4 Anh. I FZA
zur Anwendung gelange. Seit 2009 sei er immer in seiner beruflichen
Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen. Da der am 5. Mai 2015 diagnostizierte
Lungenkrebs bereits in seinem Endstadium sei, sei anzunehmen, dass diese
Krankheit schon seit längerer Zeit bestehe und er daher seit vielen Jahren
dauerhaft arbeitsunfähig sei.  
 
4.   
 
4.1. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich bestätigte in seinem
Urteil vom 11. September 2015 die in der Verfügung der IV-Stelle Zürich vom 19.
Juni 2014 festgehaltene Arbeitsfähigkeitszeiten und -grade, worauf sich auch
die Vorinstanz stützte. Es nimmt nur Bezug auf den Sachverhalt bis zum 19. Juni
2014, die spätere Situation ist demgegenüber nicht berücksichtigt. Danach war
der Beschwerdeführer von Mai 2011 bis Juni 2014 in angepasster Tätigkeit zu
75-100 % arbeitsfähig; ausgenommen waren die beiden Monate April und Mai 2013,
in welchen er zu 100 % arbeitsunfähig war. Insofern war der Beschwerdeführer 
bis zum 19. Juni 2014 nicht dauernd arbeitsunfä  hig.  
 
4.2. Bundesgerichtliche Vorinstanzen sind entsprechend Art. 110 BGG gehalten,
den Sachverhalt so festzustellen, wie er sich zum Zeitpunkt  ihres Urteils 
tatsächlich präsentiert (Urteil 2C_728/2014 vom 3. Juni 2015 E. 2.2.3). Dieser
Pflicht ist die Vorinstanz mit ihrer unbegründeten Aussage, wonach dem
Beschwerdeführer nach dem 19. Juni 2014 bis zur Krebsdiagnose die Ausübung
behinderungsangepasster Tätigkeit im bisherigen Umfang weiterhin zuzumuten sei,
nicht nachgekommen. Dies ist umso erstaunlicher als dieser Krankheitsbefund
gerade Gegenstand des von den Vorinstanzen an die Hand genommenen
Revisionsverfahrens und materiell neu entschiedenen Falles bildete. Aus den
Akten ergibt sich Folgendes (Art. 105 Abs. 2 BGG) : Anfangs Mai 2015 erfolgte
eine erste Feststellung der sehr fortgeschrittenen Krebserkrankung (zentrales
Bronchuskarzinom, Stadium IIIB bis IV). Darauf nehmen der Vorbescheid vom 7.
März 2016 und die Verfügung vom 20. April 2016 der IV-Stelle Zürich Bezug. Im
Bericht des behandelnden Tumorzentrums des Spitals B.________ in Zürich wurde
diagnostiziert, dass der Beschwerdeführer bereits seit sechs bis sieben Monaten
trockenen Husten, abendliches Fieber, Gewichtsverlust von mehreren Kilos,
progrediente Atemnot und häufiges Erbrechen nach dem Essen aufweise. Dieser
Befund bestätigt, was gerichtsnotorisch ist: Krebsleiden in diesem
fortgeschrittenen Stadium treten nicht von einem Tag auf den anderen auf,
sondern haben eine längere Entstehungszeit. Aufgrund des Berichts lässt sich
allerdings - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht annehmen,
dass dieser bereits ab 2009 durch das Krebsleiden dauerhaft arbeitsunfähig
gewesen wäre. Es lässt sich aber festhalten, dass die Krankheit jedenfalls
sechs bis sieben Monate vor der Diagnose anfangs Mai 2015 derart
fortgeschritten war, dass der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt dauerhaft
arbeitsunfähig gewesen war. Insofern ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer bereits ab circa November 2014 i.S. von Art. 4 Anh. I FZA
i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. b erster Teil KommV 1251/70  dauerhaft arbeitsunfähig
 war. Ein Verbleiberecht folgt daraus allein noch nicht. Massgebend ist, ob der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Beginns der dauernden Arbeitsunfähigkeit noch
den Status als Arbeitnehmer inne hatte. Die Aufenthaltsdauer von zwei Jahren
nach Art. 4 Anh. I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. b erster Teil KommV 1251/70
erfüllt er.  
 
4.3. Am 16. November 2007 erteilte das Migrationsamt dem Beschwerdeführer eine
bis zum 13. November 2012 gültige Aufenthaltsbewilligung. Die in Art. 6 Abs. 1
Anh. I FZA vorgesehene automatische erste Verlängerung um fünf Jahre wurde auf
zwei Jahre, d.h. bis 13. November 2014, beschränkt, was zulässig ist, wenn der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bewilligungsverlängerung seit mehr als zwölf
aufeinander folgenden Monaten unfreiwillig arbeitslos ist. Der Beschwerdeführer
war auch in der Verlängerungszeit noch erwerbslos. Er galt allerdings nach wie
vor als Arbeitnehmer, wenn die oben dargestellten Voraussetzungen von Art. 6
Abs. 6 Anh. I FZA im Zeitpunkt, in dem die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit begann
(vorne E. 4.2), zutrafen (E. 2.1).  
Angesichts der bereits oben (E. 4.1) festgehaltenen Arbeitsfähigkeitszeiten und
-grade war der Beschwerdeführer in einer angepassten Tätigkeit arbeitsfähig.
Seine Beschäftigungslosigkeit bis circa November 2014 ist somit nicht Resultat
von vorübergehender krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit.
Insofern kann sich nur noch die Frage stellen, ob der Beschwerdeführer
unfreiwillig arbeitslos geworden ist. Dabei verlangt der Vertragstext in Art. 6
Abs. 6 Anh. I FZA - um Missbrauch vorzubeugen (vgl. SCHNELL, a.a.O., S. 157) -,
dass das zuständige Arbeitsamt dies ordnungsgemäss bestätigt hat. Trifft dies
zu, so dauert das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers jedenfalls bis zum 13.
November 2014 (siehe SCHNELL, a.a.O., S. 157). Demgemäss hätte der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Beginns der dauernden Arbeitsunfähigkeit,
d.h. vor dem 1. November 2014, noch den Status als Arbeitnehmer inne gehabt. 
Die Vorinstanz hat es dabei unzulässigerweise unterlassen, abzuklären, ob das
zuständige Arbeitsamt dies ordnungsgemäss bestätigt hat. Sie hat dem
Beschwerdeführer damit ohne Grund unterstellt, dass dieser freiwillig
arbeitslos sei. Die Beschwerde ist demzufolge gutzuheissen, das Urteil des
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vom 5. Oktober 2016 aufzuheben sowie die
Sache zur Sachverhaltsabklärung und -feststellung und zu neuem Entscheid an das
Migrationsamt zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 i.f. BGG). Auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde muss deshalb nicht eingegangen werden. 
 
5.  
Sollten die Sachverhaltsabklärungen ergeben, dass das zuständige Arbeitsamt die
unfreiwillige Arbeitslosigkeit nicht ordnungsgemäss bestätigt hat, so drängt
sich eine erneute Prüfung einer Bewilligungserteilung aus wichtigen Gründen
nach Art. 20 VEP unter Berücksichtigung der aktuellen gesundheitlichen,
finanziellen und sozialen Entwicklung auf. Weiter hat schon die Vorinstanz
festgehalten, dass sich die Frage einer Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des
Wegweisungsvollzugs stellen könnte, was ebenfalls zu prüfen sein würde. 
 
6.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs.
4 BGG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen
Verfahren ist damit gegenstandslos. Die Vorinstanz hat die Kosten- und
Entschädigungsfolgen ihres Verfahrens und desjenigen der Sicherheitsdirektion
neu zu verlegen (Art. 67, Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, das
Urteil des Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vom 5. Oktober 2016 aufgehoben
sowie die Sache zur Sachverhaltsabklärung und -feststellung und zu neuem
Entscheid an das Migrationsamt zurückgewiesen. 
 
2.  
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr.
2'500.-- auszurichten. 
 
5.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgeschrieben. 
 
6.  
Die Sache wird zu Neuverlegung der vorinstanzlichen Kosten- und
Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
7.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. November 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass 

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