Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1031/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_1031/2016       

Urteil vom 27. März 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Winiger.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Beratungsbüro Urs Vögele,

gegen

Gemeinderat U.________,
Kantonales Steueramt Aargau, Rechtsdienst.

Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2010,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 4. Oktober 2016.

Sachverhalt:

A.
Der Steuerpflichtige A.A.________ führt in U.________/AG einen
Schweinezuchtbetrieb. Am 22. November 2012 veranlagte die Steuerkommission
U.________ A.A.________ und B.A.________ für die Kantons- und Gemeindesteuern
2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 290'600.--. Dabei nahm sie
gegenüber der Steuererklärung beim Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit
u.a. folgende Aufrechnungen vor:
Differenz Leasing John Deere       Fr.       2'152.00
Differenz Leasing Iveco       Fr.       3'544.00
Auflösung transitorische Passiven Schweinezukauf       Fr.       100'000.00
Auflösung Fischer Nutzungsrecht       Fr.       24'000.00

B.
Die Steuerkommission wies die von den Steuerpflichtigen gegen die Veranlagung
erhobene Einsprache am 1. April 2014 ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies das
Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, am 17.
Dezember 2015 ab und setzte das steuerbare Einkommen neu auf Fr. 348'000.--
(reformatio in peius) fest. Die von den Steuerpflichtigen dagegen erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, mit
Urteil vom 4. Oktober 2016 ab.

C.
Mit Eingabe vom 9. November 2016 erheben A.A.________ und B.A.________
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie
beantragen, es sei die Aufrechnung Entschädigung Nutzungsrecht von Fr.
24'000.-- zu streichen und es seien die transitorischen Passiven
Schweinehaltung von Fr. 100'000.-- zu gewähren und auf die Aufrechnung
ebenfalls zu verzichten. Schliesslich seien die geltend gemachten Schuldzinsen
aus den Leasingverträgen John Deere und Iveco von Fr. 2'152.-- bzw. Fr.
3'544.-- zu genehmigen.

D.
Das kantonale Steueramt Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, die Gemeinde U.________ sowie die
Eidgenössische Steuerverwaltung verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Beim angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau
handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid eines oberen
Gerichts über die direkten Steuern des Kantons resp. der Gemeinde. Dagegen
steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes vom
14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen. Die
Steuerpflichtigen sind zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
Auf die fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher
grundsätzlich einzutreten.

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95
lit. a und b BGG). Bei der Prüfung verfügt das Bundesgericht über volle
Kognition und wendet es das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das
Bundesgericht ist daher weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde
mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). Bei aller Rechtsanwendung von Amtes
wegen untersucht das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend
gemachten Rügen, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der
Hand (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.). Das Bundesgericht prüft auch das
harmonisierte kantonale Steuerrecht - von hier nicht gegebenen Ausnahmen
abgesehen - mit voller Kognition (Urteil 2C_817/2014 vom 25. August 2015 E.
1.3.3, in: ASA 84 S. 331).

1.3. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften unter anderem die
Begehren und deren Begründung zu enthalten; in der Begründung ist in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (vgl. Art. 95
BGG).

1.3.1. Unerlässlich ist namentlich, dass die Beschwerde auf die Begründung des
angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin Bundesrecht
verletzt wird. Die Beschwerdeschrift soll vor Bundesgericht z.B. nicht bloss
die Rechtsstandpunkte und Argumente wiederholen, wie sie im kantonalen
Verfahren vorgebracht worden sind, sondern muss sich konkret und spezifisch mit
den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzen
(vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).

1.3.2. Besonderes gilt hinsichtlich der vorinstanzlichen Sachverhaltsermittlung
und Beweiswürdigung. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es
kann diesen - soweit entscheidrelevant - berichtigen oder ergänzen, wenn er
offensichtlich unrichtig, in Missachtung wesentlicher Verfahrensrechte
ermittelt worden ist oder anderweitig auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). In die vorinstanzliche
Beweiswürdigung greift das Bundesgericht nur ein, wenn sie willkürlich ist; das
ist dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels
offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und
entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf
der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen
gezogen hat (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die
betroffene Person muss also rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft
- d.h. eben willkürlich - erscheint (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249
E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f.). Rein appellatorische Kritik
an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den
Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit
Hinweisen).

1.3.3. Eine diesen strengen Anforderungen genügende Begründung ist hier nur
teilweise zu erkennen. Soweit das nicht der Fall ist, kann auf die vorgetragene
Kritik nicht eingegangen werden.

2. 

2.1. Einkünfte aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Gewerbe beruhen auf
einer selbständigen Erwerbstätigkeit und unterliegen als solche der
Einkommenssteuer (Art. 8 Abs. 1 Satzteil 1 StHG, § 27 Abs. 1 des Steuergesetzes
[des Kantons Aargau] vom 15. Dezember 1998 [SAR 651.100; StG/AG; Art. 18 Abs. 1
DBG [SR 642.11]).

2.2. Im vorliegenden Fall hat die Steuerkommission diverse Aufrechnungen beim
selbständigen Erwerbseinkommen der Beschwerdeführer vorgenommen. Vor
Bundesgericht sind im Einzelnen noch vier Aufrechnungen umstritten.

2.3. Zunächst geht es um den Leasingaufwand von Fr. 2'152.-- (für den Traktor
John Deere) bzw. Fr. 3'544.-- (für das Fahrzeug Iveco Turbo Daily), den die
Vorinstanzen als nicht geschäftsmässig begründet anerkannt haben.

2.3.1. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, bei den aufgerechneten
Beträgen handle es sich um das Zinsbetreffnis, das als Schuldzins abgezogen
werden könne. Sie hätten eine sofortige Abschreibung vorgenommen, weshalb die
Schuldamortisation und der Zinsanteil auszuscheiden sei.

2.3.2. Unbestrittenermassen handelt es sich bei den beiden Leasingverträgen um
ein Finanzierungsleasing (vgl. angefochtener Entscheid E. 1.2). Dazu hat die
Vorinstanz korrekt ausgeführt, dass bei einem Finanzierungsleasing bilanziell
sowohl das Leasingobjekt als auch eine den zukünftigen Leasingzahlungen
entsprechende Verbindlichkeit zu erfassen sind. Angesetzt wird dabei der
niedrigere Betrag aus Anschaffungs- bzw. Netto-Marktwert des Leasingguts und
des Barwerts der zukünftigen Leasingzahlungen. Kosten, die bei
Vertragsabschluss entstehen und durch die der Wert des Leasingguts nicht erhöht
wird, dürfen nicht aktiviert werden (CONRAD MEYER/LAURA DÜNHAUPT,
Leasinggeschäfte nach Swiss GAAP FER, ST 4/2009 S. 195; Schweizer Handbuch der
Wirtschaftsprüfung (im Folgenden: HWP), Band "Buchführung und Rechnungslegung",
2014, S. 198).

2.3.3. Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer - wie die Vorinstanz
verbindlich (vgl. E. 1.3.2 hiervor) festgestellt hat - nicht den Vertragswert
des Traktors bzw. des Fahrzeugs aktiviert. Sie haben weiter nicht den Barwert
ihrer Leasingverpflichtungen, sondern den gesamten Nominalbetrag ihrer
Leasingraten passiviert, weshalb folgerichtig bei Zahlung der Leasingraten
keine Zinskomponenten verbuchbar sind. Der Schluss der Vorinstanz, eine
Verbuchung von Zinsaufwendungen bei einem Leasingverhältnis falle ausser
Betracht, wenn fälschlicherweise der Bruttobetrag der gesamten Leasingzinsen in
der Buchhaltung passiviert werde, ist damit nicht zu beanstanden.

2.3.4. Die Beschwerdeführer führen dazu im Wesentlichen bloss aus, ihre
Verbuchungen seien "nach Gesetz, Praxis und den Vorgaben des kantonalen
Steueramts erfolgt". Damit vermögen sie indes nicht rechtsgenüglich
aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht verstossen
soll (vgl. auch E. 1.2 und 1.3 hiervor).

2.4. Weiter umstritten ist ein von den Beschwerdeführern verbuchter
Rechnungsabgrenzungsposten, nämlich die vorweggenommene Verbuchung eines
Aufwands auf den Zukauf von Schweinen in der Höhe von Fr. 100'000.--.

2.4.1. Die Beschwerdeführer führen dazu aus, die Schweinekäufe hätten nicht aus
dem Laufenden finanziert werden können und seien Ende 2010 noch schuldig
gewesen. Der Zukauf sei 2010 als transitorische Passiven verbucht und bei der
Auflösung 2011 abgebucht worden.

2.4.2. Dagegen hat die Vorinstanz überzeugend dargelegt, dass sich das von den
Beschwerdeführern gebildete sog. antizipative Passivum (vorweggenommener
Aufwand) als handelsrechtswidrig erweist, weshalb aufgrund des
Massgeblichkeitsprinzips eine Anerkennung des entsprechenden Aufwands ausser
Betracht fällt (vgl. angefochtener Entscheid E. 4.2).
Mit einem antizipativen Passivum wird Aufwand des alten Jahres erfasst, der
erst im neuen Jahr bezahlt wird (HWP, a.a.O., S. 171; HANDSCHIN,
Rechnungslegung im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2016, Rz. 319). Hier haben die
Vorinstanzen zu Recht festgestellt, es fehle der Nachweis, dass der
Beschwerdeführer im Jahr 2010 Schweine gekauft habe oder eine Kaufverpflichtung
eingegangen sei, die erst im Folgejahr (2011) zu Zahlungsabgängen geführt habe.
Daraus durfte die Vorinstanz den Schluss ziehen, die Voraussetzungen für die
Verbuchung eines antizipativen Passivums seien nicht erfüllt.

2.4.3. Die Beschwerdeführer beschränken sich im Wesentlichen auf den Einwand,
die Äusserungen der Vorinstanz seien eine "Fehlinterpretation" bzw.
"tatsachenwidrig", ohne im Einzelnen konkret darzulegen, inwiefern der
angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzen soll (vgl. E. 1.2 hiervor).

2.4.4. Ebenso wenig zu beanstanden ist sodann der Schluss der Vorinstanz,
wonach Rückstellungen handelsrechtlich nur im Hinblick auf die Folgen
vergangener Ereignisse gebildet werden dürfen (HANDSCHIN, a.a.O., Rz. 789).
Auch aus diesem Grund kann der Zweck, dem Schweinezyklus Rechnung zu tragen,
nicht als Begründung für die Verbuchung eines antizipativen Passivums
herangezogen werden.

2.5. Schliesslich ist noch die Aufrechnung eines weiteren transitorischen
Passivums von Fr. 24'000.-- im Zusammenhang mit einem Pachtvertrag umstritten.

2.5.1. Dazu legen die Beschwerdeführer dar, das entgeltliche Nutzungsrecht aus
dem Pachtvertrag habe bis Ende 2010 bestanden, was einen jährlichen Pachtzins
von Fr. 24'000.-- ausgelöst habe. Die Auflösung der transitorischen Passiven
sei im Jahr 2011 erfolgt.

2.5.2. Mit dieser Argumention verkennen die Beschwerdeführer, dass die
Vorinstanz festgestellt hat, es sei kein Nachweis für das Vorliegen einer
entsprechenden Verpflichtung zur Zahlung von Pachtzins erbracht worden (vgl.
angefochtener Entscheid E. 5.2). Damit setzen sich die Beschwerdeführer indes
nicht auseinander und reichen auch keine entsprechenden Belege ein, weshalb
hier nicht ersichtlich ist, inwiefern der angefochtene Entscheid
bundesrechtswidrig sein soll.

3.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung
aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet
(Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern
unter solidarischer Haftung auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Winiger

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