Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1025/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                  
{T 0/2}
                                
2C_1025/2016 / 2C_1026/2016

Urteil vom 14. November 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern.

Gegenstand
2C_1025/2016
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern, Steuerjahr 2004,

2C_1026/2016
direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2004,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23.
September 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ hat steuerlichen Wohnsitz in U.________/BE. Im Jahr 1975 war er
Miterbe zweier in V.________/BE gelegener Grundstücke, auf denen sich ein
Metallbau- und Spenglereibetrieb befand. Die Erbengemeinschaft führte das
Unternehmen als Gemeinderschaft im Sinne von Art. 336 ff. ZGB weiter. Diese war
vom 16. Juli 1976 bis zum 30. Juli 2008 im Handelsregister eingetragen. Der
Steuerpflichtige ist überdies Eigentümer einer Stockwerkeinheit in W.________/
NW.

1.2. Am 8. Juni 2007 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Bern (KSTV/BE)
den Steuerpflichtigen für das Steuerjahr 2004 nach Ermessen. Dagegen erhob
dieser Einsprache, die zu Einspracheentscheiden vom 12. Oktober 2009 führte.
Darin ging die KSTV/BE davon aus, dass die Grundstücke in V.________/BE im Jahr
2004 infolge Betriebsaufgabe ins Privatvermögen überführt worden seien. Unter
diesem Titel ergab sich ein Überführungsgewinn von Fr. 602'974.-- bei den
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern bzw. von Fr. 865'993.-- bei der
direkten Bundessteuer. Mit Rekurs und Beschwerde vom 6. November 2009 gelangte
der Steuerpflichtige an die Steuerrekurskommission des Kantons Bern. Diese
sistierte das Verfahren bis zur rechtskräftigen Klärung des steuerrechtlichen
Wohnsitzes zwischen den Kantonen Bern und Nidwalden. Hierzu erging am 13.
August 2013 ein feststellender und in Rechtskraft erwachsener
Einspracheentscheid der KSTV/BE, wonach der steuerrechtliche Wohnsitz auch im
Steuerjahr 2004 (insbesondere zum Steuerjahr 2000: Urteil 2P.59/2004 vom 30.
August 2004) im Kanton Bern liege. Die Steuerrekurskommission nahm das
Verfahren alsdann wieder auf. Am 24. Juni 2014 wies sie den Rekurs und die
Beschwerde gegen die Einspracheentscheide vom 12. Oktober 2009 ab.

1.3. Mit Urteil 100.2014.220/221U vom 23. September 2016 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, die
Beschwerde des Steuerpflichtigen gegen den Entscheid vom 24. Juni 2014 ab.
Ausgehend von der Steuerhoheit des Kantons Bern, wie sie dem rechtskräftigen
Einspracheentscheid der KSTV/BE vom 13. August 2013 zu entnehmen ist, erwog das
Verwaltungsgericht, unstreitig habe der Steuerpflichtige bis Ende 2004 als
Teilhaber der Gemeinderschaft eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt.

Die streitbetroffenen Grundstücke hätten bis dahin betrieblichen Zwecken
gedient und befänden sich noch heute im Eigentum der Erbengemeinschaft. Die
Geschäftstätigkeit der Gemeinderschaft sei im Verlauf des Jahrs 2004
eingestellt worden, woran nichts ändere, dass das Inkasso damals noch nicht
restlos abgeschlossen gewesen sei (Zahlungseingang vom 4. März 2005 in Höhe von
Fr. 1'377.70, Forderungseingabe vom 24. April 2008 über Fr. 713'371.--
gegenüber der X.________ AG). Eine Erklärung über eine verzögerte Liquidation,
welche die Erbengemeinschaft hätte abgeben können, sei nie erfolgt, wenngleich
die KSTV/BE dem Steuerpflichtigen wiederholt (und erfolglos) die Möglichkeit
verschafft habe, sich zum Sachverhalt zu äussern.
Zur Forderung gegenüber der X.________ AG über Fr. 713'371.--, die der
Steuerpflichtige im Eventualstandpunkt zum Abzug gebracht haben wollte,
erkannte das Verwaltungsgericht, Gegenstand der Überführungsgewinns hätten zwar
die beiden Grundstücke, nicht aber das Umlauf- und das übrige Anlagevermögen
gebildet. Dabei sei die KSTV/BE davon ausgegangen, dass Verluste und Gewinne
sich die Waage hielten. Die KSTV/BE habe sich sogar bemüht, eine etwaige
Konkursdividende der X.________ AG zu berücksichtigen, was aber letztlich an
der fehlenden Mitwirkung des Steuerpflichtigen gescheitert sei.

1.4. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 7. November 2016 erhebt der
Steuerpflichtige Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
beantragt, die Steuerforderungen der KSTV/BE betreffend das Steuerjahr 2004
seien "wegen krasser Verfahrensverletzung im Rekurs- und Beschwerdeverfahren
vollständig aufzuheben". Der Einspracheentscheid vom 13. August 2013
(Domizilentscheid) und die Einspracheentscheide im vorliegenden Verfahren
stünden in "krassem Widerspruch" und seien daher nichtig.
Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Die Sache kann zufolge
offensichtlicher Unbegründetheit im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG
behandelt werden.

2.

2.1. Die Beschwerde betrifft einerseits die Staats- und Gemeindesteuer des
Kantons Bern, anderseits die direkte Bundessteuer. Aus diesem Grund sind
praxisgemäss zwei Dossiers zu eröffnen. Die beiden Verfahren betreffen
denselben Sachverhalt und werfen dieselben Rechtsfragen auf, weshalb sie ebenso
praxisgemäss zu vereinigen sind (Art. 71 BGG [SR 173.110] i. V. m. Art. 24 BZP
[SR 273]).

2.2. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten sind grundsätzlich erfüllt (Art. 42 Abs. 1 und 2, Art. 82 lit.
a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art.
100 Abs. 1 BGG i. V. m. Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 StHG [SR 642.14]).
Aus der kurz gefassten (Laien-) Eingabe geht mit hinreichender Klarheit hervor,
in welcher Weise Bundesrecht verletzt sein soll (Art. 95 lit. a BGG).

2.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der
Grundrechte) und von kantonalem oder kommunalem und interkantonalem Recht prüft
das Bundesgericht in jedem Fall nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde
überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge-
und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit die
Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht genügt, ist auf die Eingabe nicht
einzutreten (BGE 142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).

2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3
S.156). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, wozu auch die
Beweiswürdigung zählt (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375), nur berichtigen oder
ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich - sind
oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art.
105 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.; 142 V 2 E. 2 S. 5).

3.

3.1. Die Rechtslage nach dem Recht der direkten Bundessteuer (DBG) und dem
harmonisierten Steuerrecht (StHG), welches in das Steuergesetz (des Kantons
Bern) vom 21. Mai 2000 (StG/BE; BSG 661.11) eingeflossen ist, weist im
streitbetroffenen Zusammenhang keine Unterschiede auf. Es erübrigt sich, im
Verfahren nach Art. 109 BGG eine nach Steuerarten getrennte Beurteilung
vorzunehmen.

3.2. Der Steuerpflichtige scheint rügen zu wollen, die Vorinstanz habe
übersehen, dass die Steuerrekurskommission bundesrechtswidrig die KSTV/BE um
Klärung der Wohnsitzfrage ersucht habe. Dieser Einschätzung kann nicht gefolgt
werden. Im abgaberechtlichen Verfahren herrscht die behördliche
Untersuchungspflicht (direktsteuerlich namentlich Art. 130 Abs. 1 DBG; Urteil
2C_372/2016 / 2C_374/2016 vom 7. Juni 2016 E. 2.2.1, in: ASA 85 S. 78). Diese
bezieht sich auf sämtliche Elemente des Steuertatbestandes, wozu auch die
subjektive Steuerpflicht zählt (Art. 3 ff. DBG; Art. 3 f. StHG). Ist die
Steuerhoheit im interkantonalen Verhältnis bestritten, so kann und muss die
kantonale Steuerverwaltung, die sich zur Besteuerung für zuständig erachtet, in
dieser Frage einen Feststellungsentscheid erlassen, ehe sie das
Veranlagungsverfahren fortsetzen kann. Es verstösst gegen Art. 127 Abs. 3 BV,
zu einer Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen zu schreiten, obschon die
steuerpflichtige Person die Steuerhoheit bestritten hat (Urteil 2C_396/2011 vom
26. April 2012 E. 3.2.1, in: RDAF 2012 II S. 503, StE 2012 A 24.1 Nr. 7; BGE
137 I 273 E. 3.3.2 S. 278; 134 I 303 E. 1.1 S. 304). Die Rüge erweist sich
damit als unbegründet.

3.3. Soweit der Steuerpflichtige alsdann den Domizilentscheid vom 13. August
2013 als solchen anficht, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser
Einspracheentscheid der KSTV/BE hier weder Streitgegenstand ist, zumal er
längst in Rechtskraft erwachsen ist. Im Abgaberecht besteht ein numerus clausus
von Rechtsgründen, die es erlauben, auf eine rechtskräftige Verfügung
zurückzukommen (Urteil 2C_616/2016 / 2C_617/2016 vom 3. November 2016 E.
2.2.4). Derartige Gründe sind hier nicht ersichtlich, zumal auch nichts
derartiges vorgebracht wird. Ebenso wenig stellt sich der Domizilentscheid oder
der angefochtene Entscheid als nichtig dar (zu den Nichtigkeitsgründen: BGE 138
II 501 E. 3.1 S. 503 f.; 137 I 273 E. 3.1 S. 275; 137 III 217 E. 2.4.3 S. 225).
Gegenteils ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid, dass die KSTV/BE sich
ernstlich um eine sachgerechte Veranlagung bemüht hat, was durch das Verhalten
des Steuerpflichtigen jedenfalls nicht erleichtert wurde.

3.4. Wenn die Vorinstanz beweiswürdigend zum Schluss gelangt ist, im Jahr 2004
sei der Betrieb eingestellt, die selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben und
das unbewegliche Geschäftsvermögen ins Privatvermögen überführt worden, so ist
diese Würdigung haltbar, zumal der Steuerpflichtige nichts vorbringt, das der
hier herrschenden qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (vorne E.
2.3 und 2.4) genügt. Entsprechend ist die Abrechnung über den
Überführungsgewinn, den die Vorinstanz dem Steuerjahr 2004 zuordnet,
bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Dies steht in Einklang mit der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 18 Abs. 2 Satz 2 DBG (ausführlich
zum Zeitpunkt der Liquidation und den betriebsbeendenden Inkassohandlungen
Urteil 2C_376/2011 vom 27. April 2012 E. 6.3, in: RDAF 2012 II S. 333, StE 2013
B 23.45 Nr. 3, StR67/2012 S. 511).

3.5. Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unbegründet, weshalb
sie abzuweisen ist. Für alles Weitere kann auf den angefochtenen Entscheid
verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 BGG).

4. 
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens
dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem
Kanton Bern, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_1025/2016 (Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Bern,
Steuerjahr 2004) und 2C_1026/2016 (direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2004)
werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde im Verfahren 2C_1026/2016 wird abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde im Verfahren 2C_1025/2016 wird abgewiesen.

4. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. November 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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