Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 8/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_8/2015

Urteil vom 9. April 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Viktor Györffy,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 18. November 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1968 geborene A.________ meldete sich am 1. März 2002 unter Angabe von
Rücken- und Darmbeschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug
an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich wies das Rentenbegehren mit Verfügung vom
19. August 2002 ab. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. Januar 2004
ab.

A.b. Unter Verweis auf einen erlittenen Auffahrunfall gelangte A.________ am 4.
November 2003 erneut an die IV-Stelle. Diese verneinte einen Rentenanspruch mit
Verfügung vom 25. Mai 2004 und Einspracheentscheid vom 25. November 2004. Das
kantonale Sozialversicherungsgericht bestätigte die Ablehnung mit Entscheid vom
18. April 2006.

A.c. Am 7. Juli 2006 meldete sich A.________ wegen psychischen Angstzuständen
sowie Nierensteinen mit Koliken wiederum bei der IV-Stelle an und ersuchte um
Ausrichtung einer Invalidenrente. Nach Einholen eines Gutachtens der MEDAS
B.________ vom 19. Dezember 2007 verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch mit
Verfügung vom 25. März 2008 erneut. Das kantonale Sozialversicherungsgericht
bestätigte dies mit Entscheid vom 21. August 2008. Auf die dagegen erhobene
Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 9C_809/2008 vom 16. Oktober 2008
nicht ein.

A.d. Unter Hinweis auf psychische Probleme meldete sich A.________ am 18. Juli
2008 ein weiteres Mal bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug an. Diese holte
verschiedene Arztberichte ein und liess A.________ am 5. Oktober 2009 durch den
Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) untersuchen (Bericht vom 9. Dezember 2009).
Mit Vorbescheid vom 25. Februar 2010 stellte sie A.________ wiederum die
Ablehnung des Leistungsbegehrens in Aussicht. Nachdem dagegen am 15. März 2010
Einwand erhoben worden war, holte die IV-Stelle ein Gutachten der MEDAS
C.________ GmbH vom 11. Juli 2012 ein. Mit Verfügung vom 21. Mai 2013 verneinte
sie den Leistungsanspruch.

B. 
Die von A.________ eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 18. November 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen.
Er beantragt, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. Es sei ihm eine ganze
Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit diese, nach Vornahme weiterer Abklärungen, erneut über
den Rentenanspruch entscheide.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz,
auf Rüge hin oder von Amtes wegen, berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine
Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn
sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze
gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (vgl. Urteil 9C_999/2010
vom 14. Februar 2011 E. 1).

2. 
Tritt die Verwaltung auf die Neuanmeldung ein, so hat sie die Sache materiell
abzuklären und sich zu vergewissern, ob die von der versicherten Person
glaubhaft gemachte Veränderung des Invaliditätsgrades auch tatsächlich
eingetreten ist. Stellt sie fest, dass der Invaliditätsgrad seit Erlass der
früheren rechtskräftigen Verfügung keine Veränderung erfahren hat, so weist sie
das neue Gesuch ab. Andernfalls hat sie zu prüfen, ob die festgestellte
Veränderung genügt, um nunmehr eine anspruchsbegründende Invalidität zu
bejahen. Im Beschwerdefall obliegt die gleiche materielle Prüfungspflicht auch
dem Gericht (BGE 117 V 198 E. 3a). Eine Änderung des Invaliditätsgrades setzt
stets auch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus. Ausgangspunkt
zur Beurteilung dieser Veränderung ist dabei der Sachverhalt im Zeitpunkt der
letzten eröffneten rechtskräftigen Verfügung, welche auf einer materiellen
Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung,
Beweiswürdigung und gegebenenfalls Durchführung eines Einkommensvergleichs
beruht (Urteil 9C_317/14 vom 16. Juni 2014 E. 3.1).

3. 
Für die Vorinstanz war aufgrund der Akten ausgewiesen, dass die organischen
Beeinträchtigungen nicht zu einer wesentlichen Arbeitsunfähigkeit führten und
diesbezüglich zur letzten Begutachtung von einem unveränderten Zustand
auszugehen ist. Relevant sei eine allfällige Veränderung des psychischen
Gesundheitszustandes. Anlässlich der MEDAS-Begutachtung im Jahr 2007 seien das
Stimmenhören sowie die Angstproblematik im Vordergrund gestanden. Der
explorierende Psychiater habe jedoch keine Anhaltspunkte für Auffassungs- oder
Wahrnehmungsstörungen gefunden. Er habe erhebliche Zweifel an der
Glaubwürdigkeit der beschwerdeführerischen Aussagen gehabt. Infolgedessen habe
er keine psychiatrische Diagnose gestellt und keine Arbeitsunfähigkeit
attestiert. Der psychische Gesundheitszustand habe sich seitdem nicht erheblich
verändert. Eine Chronifizierung des Leidens bestehe laut der Meinung der Ärzte
der MEDAS C.________ seit längerer Zeit und habe sich über mehrere Jahre
entwickelt. Die rezidivierende depressive Störung und das Ganser-Syndrom hätten
somit bereits im ersten Vergleichszeitpunkt vorgelegen, wobei nun im zweiten
die Depression als remittiert diagnostiziert worden sei. Demgemäss erscheine
die abweichende Einschätzung der Ärzte der MEDAS C.________ als
unterschiedliche Beurteilung des an sich unveränderten Gesundheitszustandes und
sei damit grundsätzlich unbeachtlich.

4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Depression habe immer wieder
Hospitalisationen notwendig gemacht. Von der MEDAS C.________ sei ein
Ganser-Syndrom diagnostiziert worden. Er höre bedrohliche Stimmen. Aufgrund
seines Zustandes habe er im Alltag grosse Probleme. Er lebe stark zurückgezogen
und sei derart unselbstständig, dass seine Lebensgefährtin ihn stark
unterstützen und kontrollieren müsse. Insgesamt bestehe keine
Leistungsfähigkeit. Er sei sehr stark durch psychosenahe Vorstellungen, durch
Ängste und andere Affekte geprägt. Ein einigermassen funktionierender Umgang
mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten in der freien Wirtschaft sei nicht
denkbar. Nur mit Unterstützung und Strukturierung in einem geschützten Rahmen
sei er in der Lage, sich in einem Arbeitsumfeld zu bewegen. Im Ergebnis sei er
vollständig arbeitsunfähig.

5.

5.1. Die vorinstanzliche Feststellung, der Gesundheitszustand habe sich seit
der auf das Gutachten der MEDAS B.________ abgestützten Verfügung vom 25. März
2008 nicht erheblich verändert, ist aufgrund einer einlässlichen Würdigung
zustande gekommen. Sie umfasste die gesamte medizinisch-psychiatrische
Aktenlage und ist als Entscheidung über eine Tatfrage (Urteil I 692/06 vom 19.
Dezember 2006 E. 3.1) für das Bundesgericht verbindlich. Eine qualifiziert
unzutreffende (unhaltbare, willkürliche; BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211)
Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG liegt klarerweise
nicht vor (vgl. E. 1). Der Beschwerdeführer argumentiert über weite Strecken
appellatorisch, was keine hinreichende Begründung darstellt. Insbesondere lässt
er ausser Acht, dass die gestellten Diagnosen rechtlich nicht ausschlaggebend
sind (vgl. statt vieler Urteil 9C_526/2014 vom 3. Dezember 2014 E. 5.1). Es
kann in Wesentlichen auf das vorinstanzliche Urteil verwiesen werden:

5.2. Vergleicht man die Befunde der MEDAS B.________ mit den später von den
Gutachtern der MEDAS C.________ erhobenen, so ergibt sich ein praktisch
identisches Bild. Erneut wird vor allem das Stimmenhören geschildert und auch
den späteren Gutachtern sind inadäquate Antworten aufgefallen. Die
befundmässigen Unterschiede beschränken sich auf wenige Details, die wesentlich
von der Interpretation abhängen. Die psychotischen Symptome haben bereits im
Zeitpunkt der Untersuchung durch die MEDAS B.________ vorgelegen. Allerdings
war schon damals das Stimmenhören im klinischen Untersuch nicht objektivierbar.
Es wurde auch keine psychomotorische Übererregung als Angstsymptomatik
festgestellt. Ein depressiver Zustand wurde zwar beschrieben, jedoch keine
wesentlichen kognitiven Einschränkungen. Diese Erkenntnisse sind von den
Gutachtern der MEDAS C.________ bestätigt worden. Bei der psychiatrischen
Untersuchung fielen vorab die Schwierigkeiten bei der Anamneseerhebung auf. Das
Abfragen einfacher Erkenntnisse war nicht möglich. Als psychiatrische Diagnosen
wurde eine unvollständig remittierte rezidivierende depressive Störung und ein
Ganser-Syndrom angegeben. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der
dissoziativen Störung (ICD-10 F44.8), die als solche schon bei der
Erstbegutachtung festzustellen war. Ferner wurde ein dysfunktionales
Krankheitsverhalten mit Selbstlimitierung, Dekonditionierung und
Entschädigungshaltung ausgemacht. Eine somatoforme Schmerzstörung bestand
nicht. Eine psychotische Problematik bestand ebenfalls nicht. Das Abweichen der
Experten der MEDAS C.________ ist somit auf die unterschiedliche Beurteilung
eines unveränderten psychischen Gesundheitszustandes zurückzuführen. Eine
Änderung des Invaliditätsgrades setzt aber stets eine Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse voraus (E. 2). Die Festlegung einer
gesamtmedizinisch mindestens 50-prozentigen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
durch die Zweitgutachter muss unberücksichtigt bleiben, umso mehr, als auch sie
eine Selbstlimitierung und eine Entschädigungshaltung feststellten. Dass die
Inkonsistenzen und Widersprüche störungsimmanent sein sollen, ändert nichts an
der Einschätzung der ersten Gutachter, die keine Arbeitsunfähigkeit attestieren
konnten. Da keine Veränderung des Gesundheitszustandes vorliegt, besteht für
eine letztinstanzliche Berichtigung oder Ergänzung des Sachverhaltes kein
Anlass.

6. 
Die Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG
erledigt.

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a i.V. mit Art.
66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. April 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Schmutz

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