Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 837/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_837/2015

Urteil vom 23. November 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdeführerin,

gegen

 A.________,
vertreten durch Advokat Stephan Müller,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 7. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1995 geborene A.________ leidet an Trisomie 21. Die IV-Stelle
Basel-Landschaft sprach ihr verschiedene medizinische und heilpädagogische
Leistungen sowie eine Hilflosenentschädigung für Minderjährige zu.
Im Oktober 2012 beantragten die Eltern für ihre Tochter A.________ berufliche
Massnahmen im Zusammenhang mit der Erstausbildung. Die IV-Stelle erteilte
Kostengutsprache für eine IV-Anlehre in der Montage bei der
Eingliederungsstätte B.________ für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Juli
2014. Des Weitern sprach sie A.________ für diese Zeit ein Taggeld zu
(Mitteilung vom 16. April 2013).
Das von den Eltern der A.________ am 15. Januar 2014 gestellte Begehren um
Verlängerung der Ausbildung um ein Jahr lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom
25. März 2014 bzw. mit der diese ersetzenden Verfügung vom 24. Juli 2014 ab.
Sie verneinte einen Anspruch mit der Begründung, A.________ werde
voraussichtlich keine Arbeit in der freien Wirtschaft aufnehmen oder ein
massgeblich rentenbeeinflussendes Einkommen erzielen können, womit sich die
Verwaltung implizit auf die Voraussetzungen gemäss IV-Rundschreiben Nr. 299 des
Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) vom 30. Mai 2011 (nachfolgend:
Rundschreiben Nr. 299) berief.

B. 
Beschwerdeweise liess A.________ beantragen, die angefochtene Verfügung sei
aufzuheben und es sei Kostengutsprache für das zweite Ausbildungsjahr der
IV-Anlehre zu erteilen. Das angerufene Kantonsgericht Basel-Landschaft gelangte
zum Ergebnis, dass das Rundschreiben Nr. 299 gesetzwidrig sei. Mit Entscheid
vom 7. Mai 2015 hiess es die Beschwerde gut, hob die Verfügung vom 24. Juli
2014 auf und stellte fest, dass A.________ Anspruch auf das zweite
Ausbildungsjahr der IV-Anlehre hat.

C. 
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. Es sei
festzustellen, dass A.________ keinen Anspruch auf die Finanzierung des zweiten
Ausbildungsjahres der IV-Anlehre hat. Des Weitern sei die Gesetzmässigkeit des
Rundschreibens Nr. 299 festzustellen.
 A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das BSV verzichtete
auf eine Vernehmlassung. Am 15. Februar 2016 liess es beim Bundesgericht ein
von Prof. Dr. iur. C.________ und PD Dr. iur. D.________ am 14. September 2015
erstelltes Rechtsgutachten betreffend das Postulat Lohr Christian 13.3615
(Voraussetzungen für die IV-Anlehre und die praktische Ausbildung nach INSOS),
das sich mit der Rechtskonformität des Rundschreibens Nr. 299 befasst,
einreichen. Die Parteien erhielten Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, wovon
sie Gebrauch machten.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft
es nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen werden (BGE
134 I 65 E. 1.3 S. 67 f. und 313 E. 2 S. 315, je mit Hinweisen).

2.

2.1. Gemäss Art. 8 Abs. 1 IVG haben Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8
ATSG) bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese
notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im
Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten oder zu
verbessern (lit. a), und die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen
Massnahmen erfüllt sind (lit. b).
Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen besteht unabhängig von der Ausübung
einer Erwerbstätigkeit vor Eintritt der Invalidität. Bei der Festlegung der
Massnahmen ist die gesamte noch zu erwartende Dauer des Erwerbslebens zu
berücksichtigen (Art. 8 Abs. 1bis IVG).

2.2. Zu den Eingliederungsmassnahmen gehören nach Art. 8 Abs. 3 lit. b IVG die
Massnahmen beruflicher Art, wozu insbesondere auch die erstmalige berufliche
Ausbildung zählt. Dazu ist in Art. 16 IVG vorgesehen, dass Versicherte, die
noch nicht erwerbstätig waren und denen infolge Invalidität bei der erstmaligen
beruflichen Ausbildung in wesentlichem Umfang zusätzliche Kosten entstehen,
Anspruch auf Ersatz dieser Kosten haben, sofern die Ausbildung den Fähigkeiten
des Versicherten entspricht (Abs. 1). Der erstmaligen beruflichen Ausbildung
gleichgestellt ist unter anderem (neben hier nicht weiter interessierenden
Tätigkeiten) die Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf eine Tätigkeit in
einer geschützten Werkstätte (Abs. 2 lit. a).
Nach Art. 5 Abs. 1 IVV (in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2014 gültig
gewesenen Fassung) gilt als erstmalige berufliche Ausbildung unter anderem jede
Berufslehre oder Anlehre (wobei dieser heute nicht mehr gebräuchliche Begriff
mit Wirkung auf 1. Januar 2015 durch "berufliche Grundbildung" nach dem
Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung
[Berufsbildungsgesetz, BBG; SR 412.10] ersetzt wurde), und die berufliche
Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf die Tätigkeit in einer geschützten
Werkstätte. Letztere Ausbildung wird vom nationalen Branchenverband der
Institutionen für Menschen mit Behinderung (INSOS) angeboten und untersteht
nicht dem Berufsbildungsgesetz (vgl. dazu Erläuterungen des BSV zur Änderung
der IVV vom 19. September 2014,[http://www.bsv.admin.ch/themen/iv/00025/
index.html?lang=de]). Die hier in Frage stehende IV-Anlehre gilt - wie
feststeht und unbestritten ist - als berufliche Vorbereitung auf eine
Hilfsarbeit oder eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte.

2.3. Als Eingliederungsmassnahme unterliegt die erstmalige berufliche
Ausbildung den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 IVG. Sie
hat somit neben den dort ausdrücklich genannten Erfordernissen der Geeignetheit
und Notwendigkeit auch demjenigen der Angemessenheit (Verhältnismässigkeit im
engeren Sinne) als drittem Teilgehalt des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes zu
genügen. Danach muss sie unter Berücksichtigung der gesamten tatsächlichen und
rechtlichen Umstände des Einzelfalles in einem angemessenen Verhältnis zum
angestrebten Eingliederungsziel stehen. Hinsichtlich der Angemessenheit lassen
sich vier Teilaspekte unterscheiden, nämlich die sachliche, die zeitliche, die
finanzielle und die persönliche Angemessenheit. Danach muss die Massnahme
prognostisch ein bestimmtes Mass an Eingliederungswirksamkeit aufweisen; sodann
muss gewährleistet sein, dass der angestrebte Eingliederungserfolg
voraussichtlich von einer gewissen Dauer ist; des Weitern muss der zu
erwartende Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten der konkreten
Eingliederungsmassnahme stehen; schliesslich muss die Massnahme dem Betroffenen
auch zumutbar sein (BGE 132 V 215 E. 3.2.2 S. 221, 130 V 488 E. 4.3.2 S. 491
mit Hinweisen; MEYER/REICHMUTH, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung, 3.
Aufl. 2014, N. 25 ff. zu Art. 8 IVG; ULRICH MEYER-BLASER, Zum
Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985,
S. 77 ff.; ERWIN MURER, Invalidenversicherungsgesetz [Art. 1-27 bis IVG],
Handkommentar, 2014, N. 42 zu Art. 8 IVG; SILVIA BUCHER, Eingliederungsrecht
der Invalidenversicherung, 2011, S. 76 ff. Rz. 128 ff.).

2.4. Wie dem Rundschreiben Nr. 299 zu entnehmen ist, gelangte das BSV zur
Einsicht, dass in vielen Fällen nach Abschluss der IV-Anlehren (inkl.
praktischen Ausbildungen nach INSOS), welche in der Regel auf zwei Jahre
angelegt seien, keine rentenbeeinflussende Eingliederung erreicht werden könne.
Das Bundesamt ordnete deshalb an, es sei in jedem Einzelfall im Sinne eines
wirkungsorientierten Einsatzes der finanziellen Mittel eine periodische
Wirkungskontrolle vorzunehmen (vgl. dazu auch Marcel Paolino,
Wirkungsorientierte erstmalige berufliche Ausbildung, in: CHSS 2011 S. 264 f.).
Dazu wird im Rundschreiben Nr. 299 (und inhaltlich übereinstimmend in Rz. 3020
zweiter Absatz des bundesamtlichen Kreisschreibens über die
Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art [KSBE] in der hier anwendbaren, ab 1.
Januar 2014 gültigen Fassung) Folgendes festgehalten:

"Konkret bedeutet dies, dass IV-Anlehren inkl. praktische Ausbildungen nach
INSOS von nun an einheitlich für ein Jahr gesprochen werden sollen. Ergibt die
gemeinsam mit dem Ausbildungsbetrieb und der jugendlichen Person in Ausbildung
durchgeführte Standortbestimmung gegen Ende des ersten Ausbildungsjahres, dass
gute Aussichten bestehen auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in
rentenbeeinflussendem Ausmass, soll die Ausbildung um ein zweites Jahr
verlängert werden. Ebenso kann das zweite Ausbildungsjahr zugesprochen werden,
wenn eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erwartet werden kann, auch
wenn diese vorerst noch nicht rentenbeeinflussend ist.
Gemäss den heutigen Bestimmungen (Kreisschreiben über die
Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art KSBE) besteht Anspruch auf die
Vergütung der invaliditätsbedingten Mehrkosten der erstmaligen beruflichen
Ausbildung, sofern nach Abschluss der Ausbildung ein Mindeststundenlohn von Fr.
2.55 erzielt werden kann. Diese Anspruchsvoraussetzung soll auch künftig
beibehalten werden." 

3. 
Gemäss dem Bericht der Eingliederungsstätte B.________ vom 17. März 2014, auf
welchen sich die IV-Stelle in ihrer Verfügung vom 24. Juli 2014 stützte,
erbrachte A.________ im Rahmen ihrer im August 2013 begonnenen IV-Anlehre in
der industriellen Montage eine Leistung von 15 %. An einem geschützten
Arbeitsplatz werde sie einen Lohn von Fr. 2.55 pro Stunde erwirtschaften
können. Unter dem Titel "Zielerreichung" werden Fortschritte im Handwerklichen
und im sozialen Bereich erwähnt; A.________ habe sich verschiedene
Arbeitsabläufe angeeignet und kenne die Vorgaben und Ansprüche der internen
Ausbildung. Sie könne ihr aufgezeigte Arbeiten relativ schnell umsetzen; bei
komplexeren Arbeitsabläufen brauche sie allerdings mehr Wiederholung, um sich
die Arbeitsschritte einzuprägen. Sie arbeite konzentriert. Fein- und
grobmotorisch sei sie grundsätzlich geschickt. Bei Arbeiten, die ihr nicht so
entsprächen oder die sie nicht auf Anhieb umsetzen könne, werde sie ungeduldig;
sie sollte deshalb mehr Durchhaltewillen entwickeln. Sie sei fleissig und habe
ein konstantes Arbeitstempo. Hinsichtlich Vermittelbarkeit gelangte die
Berichterstatterin zum Ergebnis, dass A.________ fähig sein sollte, nach der
Ausbildung in einer Dauerwerkstatt im Bereich der industriellen Montage zu
arbeiten. Ihre Einsatzmöglichkeiten seien allerdings vielseitig. Im geschützten
Rahmen käme auch ein anderer Bereich wie beispielsweise die Hauswirtschaft oder
die Küche in Frage. Wichtig seien allerdings Arbeiten, die sie seriell
ausführen könne.

3.1. Die IV-Stelle entnahm diesem Bericht vom 17. März 2014, dass A.________
voraussichtlich nicht in der Lage sein werde, eine Arbeit in der freien
Wirtschaft aufzunehmen oder ein massgeblich rentenbeeinflussendes Einkommen zu
erzielen. Da die Versicherte damit die im Rundschreiben Nr. 299 (bzw. in Rz.
3020 KSBE) für die Zusprache eines zweiten Ausbildungsjahres statuierten
Voraussetzungen nicht erfüllte, lehnte die IV-Stelle das Gesuch um Verlängerung
der IV-Anlehre um ein Jahr ab (Verfügung vom 24. Juli 2014).

3.2. Die Vorinstanz hiess die von der Versicherten dagegen erhobene Beschwerde
gut. Sie stellte sich auf den Standpunkt, eine IV-finanzierte, erstmalige
Ausbildung für Jugendliche mit einer Behinderung dürfe mit Blick auf die
gesellschaftliche, politische und rechtliche Entwicklung nicht aufgrund von
Rentabilitätsüberlegungen zeitlich gekürzt oder an höhere Anforderungen
geknüpft werden. Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit müsse die
Verwirklichung der Gleichstellung höheres Gewicht vor wirtschaftlichen
Überlegungen haben. In Nachachtung von Art. 24 Abs. 5 des Übereinkommens vom
13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (SR 0.109;
nachfolgend: UN-Behindertenkonvention), Art. 8 BV, Art. 17 Abs. 1 BBG sowie
Art. 2 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von
Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen
(Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) stehe allen Jugendlichen
eine zweijährige erstmalige Berufsausbildung zu. Jugendliche mit einer
Behinderung hätten gestützt auf Art. 16 Abs. 2 lit. a und Art. 8 IVG Anspruch
auf Übernahme der Kosten für eine zweijährige IV-Anlehre bzw. eine praktische
Ausbildung nach INSOS, sofern Aussicht bestehe, dass sie nach der Ausbildung
einen Lohn von Fr. 2.55 erzielen könnten, unabhängig davon, ob dieses Ziel nach
einem oder zwei Ausbildungsjahren erreicht werde. Insgesamt müsse dem
Rundschreiben Nr. 299 die Gesetzeskonformität abgesprochen werden.

3.3. Beschwerdeweise bringt die IV-Stelle vor, die Argumentation im
angefochtenen Entscheid verletze insofern Bundesrecht, als die Vorinstanz zu
Unrecht eine Verwaltungsweisung des BSV und damit einhergehend die Verfügung
vom 24. Juli 2014 als gesetzwidrig taxiere. Des Weitern rügt sie, das kantonale
Gericht habe den Sachverhalt unvollständig und damit offensichtlich unrichtig
festgestellt und seinen Entscheid in Verletzung der Begründungspflicht gefällt.

4. 
Soweit die Vorinstanz dem Rundschreiben Nr. 299 die Anwendung versagte mit der
Begründung, dass grundsätzlich alle Jugendlichen in Nachachtung von Art. 24
Abs. 5 der UN-Behindertenkonvention, Art. 8 BV, Art. 17 Abs. 1 BBG sowie Art. 2
Abs. 5 BehiG Anspruch auf eine zweijährige erstmalige Berufsausbildung hätten,
kann ihr nicht beigepflichtet werden:

4.1. Nach Art. 24 Abs. 5 der UN-Behindertenkonvention, die für die Schweiz am
15. Mai 2014 in Kraft getreten ist, stellen die Vertragsstaaten sicher, dass
Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit
anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung,
Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die
Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene
Vorkehrungen getroffen werden. Dieser Forderung ist der Gesetzgeber mit dem
Erlass von Art. 16 und 17 IVG, welche für behinderte Versicherte den Zugang zu
Berufsausbildung mittels beruflichen Massnahmen sichern, nachgekommen (vgl.
auch Botschaft vom 19. Dezember 2012 zur Genehmigung des Übereinkommens vom 13.
Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BBl 2012 661, S.
703).

4.2. Die Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 BV sieht vor, dass niemand diskriminiert
werden darf, namentlich nicht wegen einer körperlichen, geistigen oder
psychischen Behinderung. Sie gibt verfassungsunmittelbare Ansprüche auf Abwehr
von rechtlichen Benachteiligungen Behinderter wegen ihrer Behinderung. Für die
Beseitigung faktischer Benachteiligungen der Behinderten ist Art. 8 Abs. 4 BV
einschlägig, wonach das Gesetz Massnahmen vorsieht zur Beseitigung von
Benachteiligungen Behinderter. Diese Norm verleiht keinen
individualrechtlichen, gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Herstellung
faktischer Gleichheit, sondern enthält einen Gesetzgebungsauftrag (BGE 139 II
289 E. 2.2.1 S. 293 f. mit Hinweisen; vgl. auch SCHEFER/HESS-KLEIN,
Behindertengleichstellungsrecht, 2014, S. 32).
Der Bund hat den Gesetzgebungsauftrag im Bereich seiner Zuständigkeit
insbesondere mit dem Erlass des Behindertengleichstellungsgesetzes wahrgenommen
(KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, S. 449). Dieses bezweckt,
Benachteiligungen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen
Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind (Art. 1 Abs. 1 BehiG). Eine
Benachteiligung liegt vor, wenn Behinderte rechtlich oder tatsächlich anders
als nicht Behinderte behandelt und dabei ohne sachliche Rechtfertigung
schlechter gestellt werden als diese, oder wenn eine unterschiedliche
Behandlung fehlt, die zur tatsächlichen Gleichstellung Behinderter und nicht
Behinderter notwendig ist (Art. 2 Abs. 2 BehiG). Gemäss Art. 2 Abs. 5 BehiG
liegt eine Benachteiligung bei der Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung
insbesondere vor, wenn die Dauer und Ausgestaltung des Bildungsangebots sowie
Prüfungen den spezifischen Bedürfnissen Behinderter nicht angepasst sind (lit.
b; vgl. auch Art. 8 Abs. 2 BehiG; BGE 139 II 289 E. 2.2.2 S. 294).
Ob das Behindertengleichstellungsgesetz auf die IV-Anlehre überhaupt Anwendung
findet, was die IV-Stelle unter Hinweis auf das Urteil 2D_7/2011 vom 19. Mai
2011 (E. 2.4) bestreitet, kann offen gelassen werden. Denn ohnehin ist nicht
ersichtlich, inwiefern eine den konkreten Umständen des Einzelfalles auch in
ihrer Dauer (vgl. dazu hinten E. 5.5) Rechnung tragende IV-Anlehre den
spezifischen Bedürfnissen Behinderter nicht angepasst sein soll (Art. 2 Abs. 5
lit. b BehiG; vgl. auch COPUR/NAGUIB, Bildung, in: NAGUIB und andere [Hrsg.],
Diskriminierungsrecht, 2014, S. 102 Rz. 279).

4.3. Aus der von der Vorinstanz ebenfalls beigezogenen Bestimmung des Art. 17
Abs. 1 BBG, wonach die berufliche Grundbildung zwei bis vier Jahre dauert,
lässt sich direkt nichts ableiten, weil die IV-Anlehre nicht dem
Berufsbildungsgesetz untersteht (vgl. dazu vorne E. 2.2). Im Übrigen ist eine
Ungleichbehandlung der beruflichen Grundbildung im Sinne des Art. 17 BGG
einerseits und der (der Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder eine Tätigkeit
in einer geschützten Werkstätte dienenden) IV-Anlehre im Sinne des Art. 16 Abs.
2 lit. a IVG, welche Institute sich in ihren Anforderungen und Zielsetzungen
grundlegend voneinander unterscheiden, sachlich gerechtfertigt.

5. 
Es bleibt zu prüfen, ob sich das Rundschreiben Nr. 299 mit der gesetzlichen
Regelung in Art. 8 und Art. 16 Abs. 2 lit. a IVG vereinbaren lässt.

5.1. Weder das Gesetz noch die Verordnung regeln die Frage, wie lange die
Vorbereitung auf eine Hilfstätigkeit oder eine Tätigkeit in einer geschützten
Werkstätte (Art. 16 Abs. 2 lit. a IVG) dauern darf. Insbesondere findet sich
nirgends eine Bestimmung, welche - wie das Rundschreiben Nr. 299 - für die
Verlängerung der Ausbildung um ein zweites Jahr verlangt, dass gute Aussichten
auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in rentenbeeinflussendem Ausmass bestehen
oder dass eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erwartet werden kann.

5.2. Die Fragen, wie lange die Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder eine
Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte dauern darf und welchen Erfolg (im
Sinne eines positiven Einflusses auf die Erwerbsfähigkeit) die Massnahme
prognostisch bringen muss, damit ein zweites Ausbildungsjahr zuzusprechen ist,
betreffen das Erfordernis der Angemessenheit der Massnahme, und zwar die
Teilaspekte der sachlichen und der finanziellen Angemessenheit (vgl. dazu E.
2.3 hiervor; zum Ganzen: Gutachten vom 14. September 2015 S. 5 ff.).

5.3. Als sachlich angemessen gilt eine Eingliederungsmassnahme, wenn sie
prognostisch ein bestimmtes Mass an Eingliederungswirksamkeit aufweist, wobei
das erforderliche Mass je nach in Frage stehender Leistung unterschiedlich ist
(vgl. MEYER/REICHMUTH, a.a.O., N. 27 ff. zu Art. 8 IVG; BUCHER, a.a.O., S. 76
f. Rz. 129; MURER, a.a.O., N. 59 zu Art. 8 IVG).

5.3.1. Im Rahmen der erstmaligen beruflichen Ausbildung im Sinne von Art. 16
IVG setzt die sachliche Angemessenheit voraus, dass die versicherte Person
unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungswirksamkeit durch die erstmalige
berufliche Ausbildung voraussichtlich in die Lage versetzt wird, ein
Erwerbseinkommen zu erzielen, welches mindestens einen (beachtlichen) Teil der
Unterhaltskosten deckt (Urteile 9C_457/2008 vom 3. Februar 2009 E. 2.3 und
8C_812/2007 vom 6. Oktober 2008 E. 2.3; Meyer/Reichmuth, a.a.O., N. 2 zu Art.
16 IVG; Bucher, a.a.O., S. 324 Rz. 647). Bei der hier zur Diskussion stehenden,
der erstmaligen beruflichen Ausbildung gleichgestellten Vorbereitung auf eine
Hilfsarbeit oder eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte ist das
Erfordernis der sachlichen Angemessenheit minimalisiert (MEYER/REICHMUTH,
a.a.O., N. 28 zu Art. 8 IVG und N. 21 zu Art. 16 IVG; MEYER-BLASER, a.a.O., S.
171; BUCHER, a.a.O., S. 329 Rz. 662). Praxisgemäss ist die angestrebte
Tätigkeit in diesem Bereich im Sinne einer minimalen Eingliederungswirksamkeit
wirtschaftlich verwertbar, wenn sie mit mindestens Fr. 2.55 pro Stunde
entschädigt wird (Rz. 3010 und 3013 KSBE in der heutigen Fassung; bis 31.
Dezember 2002: Fr. 2.-; AHI 2002 S. 177, I 84/01 E. 3a [zum damals geltenden
Ansatz von Fr. 2.-]; MEYER/REICHMUTH, a.a.O., N. 21 zu Art. 16 IVG]; MURER,
a.a.O., N. 85 zu Art. 16 IVG; BUCHER, a.a.O., S. 329 Rz. 662).

5.3.2. Es steht ausser Frage, dass das Erfordernis eines Minimallohnes von Fr.
2.55 pro Stunde als allgemeine Anspruchsvoraussetzung nicht nur für das erste,
sondern auch für das zweite Ausbildungsjahr gilt. Die zu Gunsten der
Versicherten im Rahmen der Vorbereitung auf eine Hilfstätigkeit oder auf eine
Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte herabgesetzten Anforderungen an die
Eingliederungswirksamkeit der beruflichen Massnahme (Voraussetzung einer
minimalen Eingliederungswirksamkeit) werden nun aber ihres Sinnes entleert,
wenn - wie im Rundschreiben Nr. 299 - für ein zweites Jahr gute Aussichten auf
eine künftige Erwerbsfähigkeit in rentenbeeinflussendem Ausmass oder gar eine
voraussichtliche Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt verlangt werden.
Letzteres stellt einen Widerspruch dazu dar, dass Art. 16 Abs. 2 lit. a IVG
eine Hilfstätigkeit oder eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte
ausdrücklich als Eingliederungsziel anerkennt. Ersteres übergeht die Tatsache,
dass die Entlöhnung an einem solchen Arbeitsplatz regelmässig unter einem
rentenbeeinflussenden Erwerbseinkommen liegen dürfte. Im Übrigen setzt die
Zusprache einer Eingliederungsmassnahme auch rechtsprechungsgemäss nicht
voraus, dass diese den für den Rentenanspruch massgebenden Invaliditätsgrad
beeinflusst (BGE 115 V 191 E. 5b S. 199 f., 108 V 210 E. 1d S. 213; Meyer/
Reichmuth, a.a.O., N. 29 zu Art. 8 IVG; BUCHER, a.a.O., S. 77 Rz. 130). Damit
kann der sachlichen Angemessenheit der Massnahme nicht entgegenstehen, dass
keine (guten) Aussichten auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in
rentenbeeinflussendem Ausmass bestehen oder dass keine Eingliederung in den
ersten Arbeitsmarkt erwartet werden kann (vgl. zum Erfordernis der sachlichen
Angemessenheit: Gutachten S. 6 ff. Ziff. 3.2).

5.4. Das Erfordernis der finanziellen Angemessenheit erfüllt eine
Eingliederungsmassnahme, wenn der zu erwartende Erfolg (Nutzen) in einem
vernünftigen Verhältnis zu den Kosten der konkreten Eingliederungsmassnahme
steht. Indessen vermag nur ein grobes Missverhältnis zwischen den Kosten der
Eingliederungsmassnahme einerseits und dem damit verfolgten Eingliederungszweck
andererseits Unverhältnismässigkeit zu begründen. Allein aus finanziellen
Gründen scheitert der Eingliederungsanspruch somit nur, wenn ein krasses
Missverhältnis zwischen den Kosten und dem voraussichtlichen Nutzen der Vorkehr
besteht (BGE 132 V 215 E. 4.3.4 S. 227 f., 131 V 167 E. 3 in fine S. 171;
Urteil 9C_244/2010 vom 5. August 2010 E. 3.2; MEYER/REICHMUTH, a.a.O., N. 32 zu
Art. 8 IVG; BUCHER, a.a.O., S. 79 Rz. 136 f.; MURER, a.a.O., N. 61 zu Art. 8
IVG).
Ein derartiges grobes Missverhältnis kann nicht bereits angenommen werden, weil
zu erwarten ist, dass die versicherte Person lediglich eine
nichtrentenbeeinflussende, den Mindestleistungslohn von Fr. 2.55 pro Stunde
erreichende Erwerbstätigkeit werde ausüben können. Die gesetzlich vorgesehene
Gleichstellung der Vorbereitung auf eine Tätigkeit in einer geschützten
Werkstätte mit der erstmaligen beruflichen Ausbildung verbietet es, das
Kriterium, ob eine Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt zu erwarten ist oder nicht,
als für die Frage der finanziellen Angemessenheit massgebend zu betrachten. Mit
anderen Worten kann sich die Dauer der in Frage stehenden Ausbildung nicht nach
dem in Rundschreiben Nr. 299 (neu) formulierten Eingliederungsziel richten;
vielmehr gilt die allgemeine Regel, dass eine Person Anspruch auf Beiträge an
die gesamte Ausbildung hat, die unter den konkreten Umständen des Einzelfalles
zur Erreichung des Eingliederungsziels - sei dies nun eine Tätigkeit im ersten
Arbeitsmarkt oder eine solche in einer geschützten Werkstätte - notwendig ist
(Urteil 9C_457/2008 vom 3. Februar 2009 E. 2.1; BUCHER, a.a.O., S. 326 Rz.
653). Nur wenn im Einzelfall ein grobes Missverhältnis besteht zwischen den
Kosten und dem wirtschaftlichen Erfolg der Massnahme, fehlt es an der
finanziellen Angemessenheit. Im Übrigen dürfte es sich regelmässig so
verhalten, dass die bevorstehende, wegen des jugendlichen Alters noch sehr
lange Erwerbsdauer im Sinne einer hohen zeitlichen Eingliederungswirksamkeit
(vgl. dazu Art. 8 Abs. 1bis Satz 2 IVG) eine relativ geringe sachliche
Eingliederungswirksamkeit ausgleicht. Mit anderen Worten erhöht eine
bevorstehende lange Aktivitätsdauer (wie sie bei Jugendlichen wie der
Beschwerdegegnerin regelmässig vorliegt) die Eingliederungswirksamkeit der
Massnahme (vgl. auch MURER, a.a.O., N. 47 zu Art. 8 IVG; vgl. auch BGE 132 V
215 E. 4.4.1 S. 228 f.). Aus diesem Grund kann das Erfordernis der finanziellen
Angemessenheit ohne weiteres auch bei einer zweijährigen Vorbereitung auf eine
Tätigkeit in einer geschützten Werkstatt erfüllt sein (vgl. auch Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts I 170/76 vom 15. Dezember 1976; vgl. zum
Erfordernis der finanziellen Angemessenheit: Gutachten S. 8 ff. Ziff. 3.3).

5.5. Zusammenfassend ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Gutachten vom 14.
September 2015 (S. 11 Ziff. 4), dass im Rahmen einer IV-Anlehre ein zweites
Ausbildungsjahr nicht verweigert werden darf mit der Begründung, es beständen
keine guten Aussichten auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in
rentenbeeinflussendem Ausmass oder es könne keine (allenfalls vorerst noch
nicht rentenbeeinflussende) Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erwartet
werden. Soweit das Rundschreiben Nr. 299 ein zweites Ausbildungsjahr vom
Vorliegen einer dieser beiden Voraussetzungen abhängig macht, ist es mit der
gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Die Beantwortung der Frage, ob
Leistungen für ein zweites Ausbildungsjahr zuzusprechen sind, richtet sich
danach, ob die Anspruchsvoraussetzungen (Notwendigkeit, Geeignetheit,
Angemessenheit [Erreichen eines Stundenlohnes von mindestens Fr. 2.55]; vgl.
dazu E. 2.3 hiervor) im konkreten Einzelfall erfüllt sind. Dabei darf ein
zweites Ausbildungsjahr nur dann infolge Fehlens der finanziellen
Angemessenheit verweigert werden, wenn im Einzelfall ein krasses Missverhältnis
zwischen den Kosten und dem Nutzen der Massnahme besteht.

5.6. Bei dieser Sachlage steht fest, dass sich die Verwaltung für ihre ein
zweites Ausbildungsjahr der IV-Anlehre ablehnende Verfügung vom 24. Juli 2014
nicht auf das Rundschreiben Nr. 299 hätte stützen dürfen.

6.

6.1. Bereits im kantonalen Verfahren hatte die IV-Stelle als zusätzliche
Begründung ihrer ablehnenden Haltung geltend gemacht, die im Hinblick auf den
Eingliederungszweck notwendigen Vorkehren seien mit der einjährigen IV-Anlehre
bereits getroffen worden. Zwar könnte A.________ in einem zweiten
Ausbildungsjahr weiter gefördert werden, doch sei dies für die mit der
IV-Anlehre angestrebte Vorbereitung auf die Tätigkeit in einer geschützten
Werkstatt nicht erforderlich. Im letztinstanzlichen Verfahren wiederholt die
IV-Stelle diesen Standpunkt. Zudem weist sie darauf hin, dass jeweils mit der
Ausbildungsstätte geprüft werde, ob ein zweites Ausbildungsjahr angezeigt sei,
und dass sie dieses selbstverständlich zuspreche, wenn die Verhältnisse es
erforderten oder rechtfertigten. Eine Verlängerung sei indessen abzulehnen,
wenn, wie im Falle der Beschwerdegegnerin, ein Ausbildungsjahr ausreiche, um
die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Des Weitern
beanstandet die IV-Stelle, dass das kantonale Gericht sich mit der zwingend
erforderlichen Notwendigkeit eines zweiten Ausbildungsjahres nicht
auseinandergesetzt und diese offensichtlich fälschlicherweise als gegeben
erachtet habe, was eine unrichtige bzw. unvollständige Sachverhaltsfeststellung
darstelle.

6.2. Da die Vorinstanz von einem grundsätzlichen Anspruch auf eine mindestens
zweijährige Ausbildung ausging (vgl. E. 3.2 vorne), traf sie keine
Feststellungen zur Frage, ob bei der am Recht stehenden Versicherten eine
Verlängerung der IV-Anlehre um ein Jahr überhaupt notwendig ist.

6.3. Das Erfordernis der Notwendigkeit (Erforderlichkeit) ergibt sich aus dem
allgemein für Eingliederungsmassnahmen geltenden Grundsatz, dass die
versicherte Person in der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen
Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen hat, nicht aber auf
die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (vgl. Art. 8 Abs. 1
IVG). Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen,
als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 139 V 115 E. 5.1
S. 118; 134 I 105 E. 3 S. 107; 131 V 9 E. 3.6.1 S. 19; MEYER/REICHMUTH, a.a.O.,
N. 19 ff. zu Art. 8 IVG). Dabei lässt sich der Umfang der erforderlichen
Vorkehren nicht in abstrakter Weise festlegen, indem ein Minimum an Wissen und
Können vorausgesetzt wird und nur diejenigen Massnahmen als berufsbildend
anerkannt werden, die auf dem angenommenen Minimalstandard aufbauen; auszugehen
ist vielmehr von den Umständen des konkreten Falles, wozu auch die von Person
zu Person unterschiedliche subjektive und objektive Eingliederungsfähigkeit
(Gesundheitszustand, Leistungsvermögen, Bildungsfähigkeit, Motivation etc.)
gehört (Urteil 9C_457/2008 vom 3. Februar 2009 E. 2.1; BUCHER, a.a.O., S. 326
Rz. 653).

6.4. Hinsichtlich der von der Vorinstanz nicht geprüften Frage der
Notwendigkeit eines zweiten Ausbildungsjahres der IV-Anlehre erlauben die Akten
dem Bundesgericht eine Ergänzung des Sachverhalts (Art. 105 Abs. 2 BGG) :
Im Bericht der Eingliederungsstätte B.________ vom 17. März 2014 wurde zwar
prognostiziert, dass die Absolvierung der im August 2013 begonnenen einjährigen
Ausbildung A.________ in die Lage versetzen werde, an einem geschützten
Arbeitsplatz (in der industriellen Montage oder beispielsweise auch in der
Hauswirtschaft oder in der Küche) einen Lohn von Fr. 2.55 zu erwirtschaften.
Als verbesserungsfähige Punkte in den einzelnen Kompetenzen nannte die
Berichterstatterin allerdings, dass A.________ bei komplexeren Arbeitsabläufen
mehr Wiederholung brauche, bis sie sich die Arbeitsschritte einprägen könne.
Bei Arbeiten, die ihr weniger entsprächen oder die sie nicht auf Anhieb
umsetzen könne, werde sie ungeduldig; sie dürfte hier noch mehr
Durchhaltewillen entwickeln. Abhängig vom Arbeitsablauf und vom
Schwierigkeitsgrad könnten ihre Arbeiten auch ungenau sein. Dementsprechend
finden sich im Beurteilungsbogen, der Bestandteil des Berichts bildet,
zahlreiche Kompetenzen, die mit "nicht erfüllt" oder "knapp erfüllt" bewertet
wurden.
In einem weiteren Bericht vom 12. September 2014, welchen die Versicherte mit
ihrer Beschwerde im vorinstanzlichen Verfahren einreichen liess, gab die
Eingliederungsstätte B.________ nochmals konkret an, in welchen Bereichen
A.________ im Rahmen eines zweiten Ausbildungsjahres weiter zu fördern sei: Zur
Erlangung eines breiteren Aufgabenfeldes der Montageaufträge müsse sich die
Versicherte in ihren fein- und grobmotorischen Fähigkeiten weiterentwickeln.
Sodann benötige sie weiterhin Unterstützung und Übungsfelder, um die verlangte
Genauigkeit zu erreichen. Komplexere Arbeiten und die Übernahme verschiedener
Kontrollarbeiten sollten ihr Kompetenzen für ein breiteres Arbeitsfeld
vermitteln. Wenn eine Arbeit auf Anhieb nicht klappe, werde A.________ rasch
ungeduldig. Auch neige sie bei neuen Arbeiten oder auftretenden Problemen dazu,
zunächst Hilfe bei den Betreuungspersonen zu suchen. Sie müsse lernen,
Vertrauen in sich zu entwickeln und in einer grösseren Gruppe in einer
geschützten Werkstatt ohne vermehrten Betreuungsaufwand zu arbeiten. Eine
Weiterentwicklung sei auch in Bezug auf Selbständigkeit, Selbstvertrauen und
Kommunikation angezeigt.

6.5. Die beiden Einschätzungen vom 17. März und vom 12. September 2014 zeigen
übereinstimmend auf, dass A.________ ein zweites Ausbildungsjahr benötigt, um
eine gute Basis für eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte zu erlangen.
Denn offensichtlich braucht die Versicherte die zusätzliche Zeit, um
grundlegende Kompetenzen wie insbesondere Genauigkeit, Selbständigkeit und
Kommunikationsfähigkeit weiterzuentwickeln, ein grösseres Selbstvertrauen
aufzubauen und ihren Bedarf an Unterstützung durch die Betreuungspersonen zu
senken. Mit Blick darauf, dass die IV-Anlehre - wie auch das BSV in seinem
Rundschreiben Nr. 299 ausdrücklich anerkennt - grundsätzlich auf zwei Jahre
angelegt ist, darf die fehlende Notwendigkeit eines zweiten Ausbildungsjahres
nicht leichthin angenommen werden. Wenn sich, wie hier, gegen Ende des ersten
Ausbildungsjahres zeigt, dass in grundlegenden Kompetenzen weiterer
Förderbedarf besteht, ist - entgegen der IV-Stelle - das Ziel der IV-Anlehre
jedenfalls noch nicht erreicht. Vielmehr muss diesfalls die Notwendigkeit eines
zweiten Ausbildungsjahres bejaht werden. Nachdem die Erfordernisse der
Geeignetheit und der Angemessenheit (zum finanziellen Aspekt insbesondere vorne
E. 5.4 in fine) der Massnahme hier offensichtlich ebenfalls gegeben sind
(weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen), erfüllt A.________ die
Voraussetzungen für die Zusprache eines zweiten Ausbildungsjahres der
IV-Anlehre.

6.6. Bei dieser Sachlage ist der vorinstanzliche Entscheid im Ergebnis zu
bestätigen.

7. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdegegnerin eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2400.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. November 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann

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