Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 82/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_82/2015

Urteil vom 23. Juni 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Williner.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Burren,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Pensionskasse B.________,

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
11. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 1980 geborene A.________, zuletzt vom 1. Mai 2000 bis zum 31. Juli 2009 als
Pflegeassistentin im Alters- und Pflegeheim C.________ tätig (letzter
effektiver Arbeitstag 30. April 2008), meldete sich erstmals im Januar 2004 bei
der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach verschiedenen Abklärungen
in erwerblicher und medizinischer Hinsicht verneinte die IV-Stelle des Kantons
Aargau einen Rentenanspruch mit Verfügung vom 13. Februar 2008
(Invaliditätsgrad 35 %). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 6. Mai 2009 ab.
Mit Hinweis auf eine erfolgte Hüftoperation meldete sich A.________ im Juni
2008 erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle
führte wiederum verschiedene Abklärungen durch, namentlich veranlasste sie eine
orthopädisch-psychiatrische Begutachtung bei der medizinischen Gutachterstelle
D.________ (Gutachten vom 12. Juli 2010), eine interdisziplinäre Begutachtung
bei demselben Institut (Gutachten vom 14. Februar 2012), eine Abklärung
Haushalt (Bericht vom 12. April 2012) sowie - nach erneuter Hüftoperation am
10. September 2012 (Operationsbericht vom 17. September 2012) - eine
orthopädisch-psychiatrische Begutachtung bei der medizinischen Gutachterstelle
E.________ (Gutachten vom 3. Dezember 2013). Gestützt insbesondere auf das
Gutachten der medizinischen Gutachterstelle E.________ verneinte die IV-Stelle
mit Verfügung vom 7. März 2014 das Vorliegen eines - bei der Neuanmeldung
analog geltenden - Revisionsgrundes und wies den Anspruch auf eine Rente der
Invalidenversicherung ab.

B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 11. Dezember 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag auf Rückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches
gilt für die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E.
4.1, nicht publ. in BGE 135 V 254, aber in: SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164). Dagegen
sind die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln
nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfragen.

2. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen über die bei
einer Neuanmeldung analog zur Revision anwendbaren Regeln (Art. 17 Abs. 1 ATSG;
Art. 87 Abs. 2 f. IVV; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132; 117 V 198 E. 3a), zum
revisionsrechtlich massgebenden Zeitraum (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114) sowie
zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE
134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352) zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

3. 
Zu prüfen ist, ob sich der Invaliditätsgrad der Beschwerdeführerin im
massgebenden Vergleichszeitraum zwischen dem Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 6. Mai 2009, wobei die Verfügung
vom 13. Februar 2008 Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildete, und
der Verfügung vom 7. März 2014 in revisionsrechtlich erheblicher Weise
verändert hat.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten,
insbesondere gestützt auf das bidisziplinäre Gutachten der medizinischen
Gutachterstelle E.________ des Dr. med. F.________, FMH Psychiatrie und
Psychotherapie, und des Dr. med. G.________, FMH Orthopädische Chirurgie, vom
3. Dezember 2013 für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1
hievor) festgestellt, dass es bei der Beschwerdeführerin im Vergleich zu der
erstmaligen rentenablehnenden Verfügung vom 13. Februar 2008 zu keiner
andauernden wesentlichen Verschlechterung der tatsächlichen Verhältnisse
gekommen sei. Aufgrund dessen hat das kantonale Gericht das Vorliegen eines
Revisionsgrundes verneint.

4.2. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
willkürlich gewürdigt bzw. offensichtlich falsche Schlüsse gezogen und die
Beweiswürdigungsregeln verletzt.

4.2.1. Insoweit die Beschwerdeführerin eine willkürliche Würdigung des
Sachverhaltes rügt, weil die Vorinstanz den Stellenwert der Expertise der
medizinischen Gutachterstelle E.________ vom 3. Dezember 2013 nicht unter
Berücksichtigung der von Dr. med. H.________, FMH Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie, im Schreiben vom 12. September 2014 am Gutachten geäusserten
Kritikpunkte gewichtet habe, kann ihr nicht gefolgt werden. So beschlägt die
konkrete Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts Fragen tatsächlicher Natur und
ist daher für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor).
Eine Bindungswirkung fehlt nur bei willkürlicher Beweiswürdigung, was nicht
bereits dann zutrifft, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint
oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn der Entscheid offensichtlich
unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf
einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; vgl. auch BGE 135
V 2 E. 1.3 S. 4 f.). So verhält es sich hier nicht, denn das kantonale Gericht
hat sich mit den von Dr. med. H.________, behandelnder Arzt der
Beschwerdeführerin, vorgebrachten Kritikpunkten ausführlich und nachvollziehbar
auseinandergesetzt, vermochte dabei aber keine konkreten Indizien
festzustellen, welche gegen die Zuverlässigkeit des Gutachtens der
medizinischen Gutachterstelle E.________ vom 3. Dezember 2013 sprechen.
Inwiefern sich die Vorinstanz darüber hinaus im Rahmen einer Gesamtbeurteilung
über den Stellenwert der nach Art. 44 ATSG (vgl. dazu nachfolgend E. 4.2.3)
eingeholten Expertise hätte äussern müssen, wie von der Beschwerdeführerin
behauptet, ist weder ersichtlich noch von dieser rechtsgenüglich dargetan; eine
willkürliche Würdigung des rechtserheblichen Sachverhalts liegt nicht vor.

4.2.2. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin hat sich die Vorinstanz
insbesondere auch mit der von Dr. med. H.________ vertretenen Auffassung
auseinandergesetzt, nicht die Beschwerden betreffend Wirbelsäule, Hüften und
Schulter stünden im Zentrum, sondern der progrediente muskuläre Zerfall mit
sukzessivem Verlust der Halteleistung der Muskulatur. Das kantonale Gericht hat
diesbezüglich festgestellt, neben einer nachvollziehbaren Einschränkung
aufgrund der Hüftproblematik sei den Akten kein organisches Substrat zu
entnehmen, welches das Ausmass der geklagten Schulterschmerzen und die
muskuläre Insuffizienz zu erklären vermöchten. Diese Feststellungen können
weder als offensichtlich unrichtig noch sonst wie bundesrechtswidrig bezeichnet
werden. Dass Dr. med. H.________ die von der Beschwerdeführerin beklagte
muskuläre Insuffizienz nicht im Rahmen der in der medizinischen Gutachterstelle
E.________ (ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) diagnostizierten
Schmerzverarbeitungsstörung und dem damit einhergehenden Schonverhalten
verstanden haben will, vermag daran offenkundig nichts zu ändern. Dies umso
weniger, als ein eigentlicher, darüber hinausgehender "muskulärer Zerfall" in
den Befunderhebungen des Dr. med. H.________ nirgends beschrieben wird und er
sich auch im Bericht vom 12. September 2014 explizit ausser Stande sah, eine
andere Ursache für die muskuläre Insuffizienz zu nennen.

4.2.3. Insoweit die Beschwerdeführerin schliesslich einwendet, die Vorinstanz
habe die Beweiswürdigungsregeln verletzt, weil der Bericht des Dr. med.
H.________ vom 12. September 2014 nicht in angemessener Form gewürdigt worden
sei, verkennt sie, dass es sich bei der Expertise der medizinischen
Gutachterstelle E.________ vom 3. Dezember 2013 um ein im Verfahren nach Art.
44 ATSG eingeholtes Gutachten handelt. Auf ein solches ist
rechtsprechungsgemäss abzustellen, wenn nicht konkrete Indizien gegen dessen
Zuverlässigkeit sprechen (BGE 137 V 210 E. 2.2.2 S. 232; 135 V 465 E. 4.4 S.
470); solche vermochte die Vorinstanz im Bericht des Dr. med. H.________ vom
12. September 2014 nicht zu erkennen (vgl. dazu E. 4.2.1 und 4.2.2 hievor).
Inwiefern die Vorinstanz mit diesem Vorgehen Beweiswürdigungsregeln verletzt
haben soll, legt die Beschwerdeführerin nicht substanziiert dar, weshalb darauf
nicht näher einzugehen ist.

5. 
Nach dem Gesagten fehlt es an einem (analogen) Revisionsgrund im Sinne von Art.
87 Abs. 3 IVV. Die hypothetischen Überlegungen der Vorinstanz in Bezug auf den
Status werden nicht beanstandet und geben keinen Anlass zu Weiterungen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse B.________, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Juni 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Williner

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