Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 770/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_770/2015

Urteil vom 24. März 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schmid,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
10. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1980 geborene A.________ bezog bereits als Kind - im Wesentlichen wegen
Geburtsgebrechen und Folgen eines 1988 erlittenen Unfalls - Leistungen der
Invalidenversicherung. 1997 bis 2001 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung
zum Elektromechaniker. Ab Juli 2002 war er als "Mitarbeiter Betriebsunterhalt"
angestellt. Im August 2003 meldete er sich erneut bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Eine zugesprochene Umschulung wurde vorzeitig
abgebrochen. In der Folge gewährte ihm die IV-Stelle des Kantons Aargau mit
Verfügung vom 7. Dezember 2011 eine ganze Rente ab 1. Februar 2010
(Invaliditätsgrad von 97 %). Im Juli 2012 leitete die Verwaltung von Amtes
wegen ein Revisionsverfahren ein und traf weitere Abklärungen. Am 1. Januar
2011 trat der Versicherte eine neue Stelle als "Mitarbeiter Techn. Dienst /
Sicherheitsbeauftragter" in einem Altersheim an (Pensum rund 20 %, weitgehend
frei einteilbar). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens ermittelte die
Verwaltung unter Hinweis auf die neu aufgenommene Erwerbstätigkeit einen
Invaliditätsgrad von nunmehr 69 %, weshalb sie mit Verfügung vom 6. August 2014
die bisherige ganze Rente per Ende September 2014 auf eine Dreiviertelsrente
herabsetzte.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 10. September 2015 ab mit der substituierten
Begründung, die ursprüngliche Rentenzusprache sei zweifellos unrichtig gewesen.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 10. September 2015 sei die
IV-Stelle zu verurteilen, ihm über den 30. September 2014 hinaus eine ganze
Invalidenrente auszurichten. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen
an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Folglich ist das Bundesgericht weder an die in der
Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz
gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund
gutheissen, und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz
abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen).

2.

2.1. Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG kann die IV-Stelle jederzeit auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese
zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
ist. Mit der gleichen Begründung kann die Beschwerdeinstanz die zunächst auf
Art. 17 ATSG gestützte Rentenaufhebung resp. -herabsetzung schützen (SVR 2011
IV Nr. 20 S. 53, 9C_303/2010 E. 4).

Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit ist in der Regel erfüllt, wenn
eine Leistungszusprechung aufgrund falsch oder unzutreffend verstandener
Rechtsregeln erfolgt ist oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder
unrichtig angewandt wurden. Erscheint die Beurteilung einzelner Schritte bei
der Feststellung solcher Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung,
Arbeitsunfähigkeitsschätzung, Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem
Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der
rechtskräftigen Leistungszusprechung darbot, als vertretbar, scheidet die
Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus. Zweifellos ist die Unrichtigkeit, wenn
kein vernünftiger Zweifel daran möglich ist, dass die Verfügung unrichtig war.
Es ist nur ein einziger Schluss - derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung
- denkbar (SVR 2015 BVG Nr. 43 S. 166, 9C_58/2015 E. 3.3.1 mit Hinweisen auf
BGE 138 V 324 E. 3.3 S. 328; Urteil 9C_125/2013 vom 12. Februar 2014 E. 4.1,
nicht publ. in: BGE 140 V 15, aber in: SVR 2013 IV Nr. 10 S. 39).

2.2. Liegt in diesem Sinn ein Rückkommenstitel vor, gilt es grundsätzlich, mit
Wirkung ex nunc et pro futuro einen rechtskonformen Zustand herzustellen. Dabei
ist wie bei einer materiellen Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG auf der
Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts der
Invaliditätsgrad im Zeitpunkt der Verfügung über die Herabsetzung oder
Aufhebung einer Rente zu ermitteln (vgl. Art. 85 Abs. 2 in Verbindung mit Art.
88 ^bis Abs. 2 IVV; Urteil 9C_173/2015 vom 29. Juni 2015 E. 2.2 mit Hinweisen).

3. 
Das kantonale Gericht hat festgestellt, dass die Aufnahme der Erwerbstätigkeit
am 1. Januar 2011 bereits vor Erlass der Verfügung vom 7. Dezember 2011
aktenkundig gewesen sei. Es ist indessen der Auffassung, es könne offenbleiben,
ob der rentenzusprechenden und der rentenherabsetzenden Verfügung die selben
einkommensrelevanten Tatsachen zugrunde lagen (vgl. Art. 17 Abs. 1 ATSG) und ob
das tatsächliche Invalideneinkommen im Jahre 2011 ebenfalls zu einem Anspruch
auf eine Dreiviertelsrente geführt hätte. Denn die rentenzusprechende Verfügung
sei zweifellos unrichtig gewesen und im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG in
Wiedererwägung zu ziehen. Sodann hat die Vorinstanz den durch die Verwaltung in
der angefochtenen Verfügung ermittelten Invaliditätsgrad von 69 % bestätigt und
folglich die auf Ende September 2014 angeordnete Rentenaufhebung mit
substituierter Begründung geschützt.

Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, dass die ursprüngliche Rentenzusprache
zweifellos unrichtig erfolgte. Sodann hält er die Invaliditätsbemessung
insbesondere im Zeitpunkt der Rentenaufhebung für unzutreffend.

4.

4.1.

4.1.1. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das
die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der
medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine
ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in
Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht
invalid geworden wäre (Art. 16 ATSG).

4.1.2. Für die Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die
versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich
verdienen würde, und nicht, was sie bestenfalls verdienen könnte. Dabei wird in
der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen
Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da erfahrungsgemäss die
bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen
von diesem Erfahrungssatz müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt
sein (BGE 135 V 58 E. 3.1 S. 59; 134 V 322 E. 4.1 S. 325 mit Hinweisen). Bezog
eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen (z.B. geringe
Schulbildung, fehlende berufliche Ausbildung, mangelnde Deutschkenntnisse,
beschränkte Anstellungsmöglichkeiten wegen Saisonnierstatus) ein deutlich
unterdurchschnittliches Einkommen, ist diesem Umstand bei der
Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG Rechnung zu tragen, sofern keine
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie sich aus freien Stücken mit einem
bescheideneren Einkommensniveau begnügen wollte (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 326
mit Hinweisen; Urteil 8C_868/2013 vom 27. Juni 2014 E. 5.1).

4.1.3. Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung
primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die
versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301).

4.2.

4.2.1. Die Vorinstanz hat (zutreffend) festgestellt, dass die Verwaltung in
ihrer ursprünglichen Rentenverfügung vom 7. Dezember 2011 das
Invalideneinkommen aufgrund der hypothetischen Annahme einer zumutbaren
Tätigkeit im Rahmen eines geschützten Arbeitsplatzes im Pensum von 35 %
festgesetzt habe. Sie hat - unter Berücksichtigung der soeben erwähnten
Grundsätze (E. 4.1.3) - erwogen, die Rentenzusprache habe auf einem
fehlerhaften Einkommensvergleich beruht, weil die IV-Stelle nicht das
tatsächlich (im Rahmen der Anfang 2011 neu aufgenommenen Tätigkeit) erzielte
Einkommen berücksichtigt habe. Diesbezüglich seien zu Unrecht keine weiteren
Abklärungen getroffen worden. Die korrekte Anwendung der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung hätte zu einer anderen Invaliditätsbemessung geführt.

4.2.2. Dieser Auffassung des kantonalen Gerichts ist beizupflichten.
Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, weshalb das tatsächliche Einkommen bei
der Berechnung des Invaliditätsgrades nicht massgeblich sein sollte (vgl. E.
4.1.3). Indessen genügt für die Wiedererwägung der rentenzusprechenden
Verfügung eine rechtsfehlerhafte Invaliditätsbemessung allein nicht. Vielmehr
ist erforderlich, dass auch die Rentenzusprache selber zweifellos unrichtig war
(vgl. E. 2.1 Abs. 2). Wie es sich damit verhält, braucht an dieser Stelle nicht
geprüft zu werden. Zunächst ist die Invaliditätsbemessung des Jahres 2014 (im
Zeitpunkt der verfügten Rentenherabsetzung), insbesondere mit Blick auf das
dabei massgebliche Valideneinkommen, näher zu betrachten.

4.3. Bei der Festsetzung des Valideneinkommens handelt es sich um eine vom
Bundesgericht eingeschränkt überprüfbare Tatfrage, soweit dessen Ermittlung auf
konkreter Beweiswürdigung beruht. Demgegenüber stellt sie eine Rechtsfrage dar,
soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Dies
betrifft etwa die Frage, ob Tabellenlöhne anwendbar sind (BGE 132 V 393 E. 3.3
S. 399; Urteil 8C_868/2013 vom 27. Juni 2014 E. 5.1 mit weiteren Hinweisen).

4.4.

4.4.1. Die IV-Stelle berücksichtigte in ihrer Verfügung vom 6. August 2014
gestützt auf die Angaben der früheren Arbeitgeberin (Arbeitgeberbericht vom 13.
August 2003) 13 Monatslöhne zu Fr. 4'525.-, d.h. ein Jahreseinkommen 2003 von
Fr. 58'825.-; davon ausgehend legte sie das Valideneinkommen, "indexiert per
2013", auf Fr. 65'663.- fest. Die Vorinstanz hat erwogen, im genannten
Arbeitgeberbericht sei von Juli 2002 (Beginn des Arbeitsverhältnisses) bis Juni
2003 ein Gesamteinkommen von Fr. 53'131.45 ersichtlich, was dafür spreche, dass
geltend gemachte Boni nicht regelmässig und konstant gleich hoch ausgefallen
seien. Zudem habe die SUVA damals ein Taggeld von Fr. 138.55 errechnet, was auf
einen versicherten Verdienst von Fr. 63'213.45 schliessen lasse. Das von der
IV-Stelle ermittelte Valideneinkommen erscheine somit eher wohlwollend.
Diese Beweiswürdigung ist unvollständig und widersprüchlich, weshalb sie nicht
verbindlich (E. 1) ist: Im Arbeitgeberbericht sind Lohnzahlungen für lediglich
13 Monate aufgeführt. Ersatzleistungen wie allfällige Taggelder für die
ausgewiesenen 48 Absenztage wegen Arbeitsunfähigkeit waren dabei nicht zu
berücksichtigen, und ausserdem fehlte bei den Lohnzahlungen des Jahres 2003 der
Anteil des 13. Monatslohnes. Die angegebene Lohnsumme von Fr. 53'131.45 lässt
daher keinen Rückschluss auf die Regelmässigkeit von Boni oder auf die Höhe des
Einkommens ohne (weitere) Gesundheitsbeeinträchtigung zu. Sodann beruhte die
Berechnung des SUVA-Taggeldes auf der Unfallmeldung vom 2. Juli 2003 und somit
ebenfalls auf Angaben der Arbeitgeberin (versicherter Verdienst 2003: Fr.
63'213.45). Weshalb diese von jenen gegenüber der IV-Stelle (Jahreseinkommen
2003: Fr. 58'825.-) abwichen, ist nicht nachvollziehbar. Schliesslich verkannte
die Vorinstanz in ihrem abschliessenden Vergleich, dass der versicherte
Verdienst unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung (Indexpunkte Männer
2003: 1958; 2014: 2220) im massgeblichen Vergleichsjahr 2014 Fr. 71'672.-
betragen hätte.

4.4.2. Weiter liess das kantonale Gericht ausser Acht, dass der Versicherte
seine Ausbildung zum Elektromechaniker (heutige Bezeichnung: Automatiker; zum
Berufsbild vgl. Art. 1 der Verordnung des SBFI vom 3. November 2008 über die
berufliche Grundbildung Automatikerin/Automatiker mit eidgenössischem
Fähigkeitszeugnis       [SR 412.101.220.91]; http://www.berufsberatung.ch/dyn/
1199.aspx?data=activity&id=3794) im Sommer 2001 beendete und, nach temporären
Einsätzen, im Juli 2002 seine erste reguläre Stelle als "Mitarbeiter
Betriebsunterhalt" antrat. Angesichts dieser Umstände sowie der Angaben des
Versicherten gegenüber dem behandelnden Arzt (Bericht des Dr. med. B.________
vom 10. September 2003) und der IV-Stelle (Bericht der Berufsberatung vom 16.
März 2004) ist fraglich, ob die bisherige Tätigkeit beim damaligen Arbeitgeber
ohne die Verschlimmerung des Gesundheitsschadens tatsächlich über weitere elf
Jahre fortgeführt worden wäre (E. 4.1.2). Ausserdem ist es notorisch, dass
junge Berufseinsteiger in der Regel einen geringeren Verdienst erzielen als
ältere Arbeitnehmer mit längerer berufsspezifischer Erfahrung (vgl. etwa Art.
26 Abs. 1 IVV; Lohnstrukturerhebung [LSE] 2012 des Bundesamtes für Statistik,
Tabelle T17); wird an den 2003 erzielten Lohn angeknüpft und allein die
Nominallohnentwicklung eingerechnet, resultiert ein unterdurchschnittliches
Einkommen (vgl. E. 4.1.2). Gemäss LSE 2012, Tabelle TA1, erzielten Männer bei
der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (Zeile 27) im Kompetenzniveau 2
einen durchschnittlichen Monatslohn von Fr. 6'088.-. Unter Berücksichtigung der
betriebsüblichen Wochenarbeitszeit und der Nominallohnentwicklung beträgt das
mittlere Einkommen 2014 Fr. 75'792.- (Fr. 6'088 x 12 : 40 x 40,9 : 2188 x
2220).

4.4.3. Schliesslich stellt sich die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht davon
ausgegangen ist, dass die derzeitige Tätigkeit als "Hausmeister" keinen
Rückschluss auf die Validenkarriere resp. das Valideneinkommen zulasse, da es
sich dabei nicht um seine angestammte Tätigkeit als Elektromechaniker handle.
Wohl darf aus einer erfolgreichen Invalidenkarriere in einem neuen
Tätigkeitsbereich nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, die versicherte Person
hätte ohne Invalidität eine vergleichbare Position auch im angestammten
Tätigkeitsgebiet erreicht (Urteile 8C_502/2015 vom 26. Oktober 2015 E. 3.1.2;
9C_607/2012 vom 17. April 2013 E. 3, je mit Hinweisen). Indessen ist ein
solcher Schluss zulässig, sofern die konkreten Umstände dafür sprechen. So
scheint, dass die angestammte Tätigkeit als "Mitarbeiter Betriebsunterhalt"
gewisse Überschneidungen mit jener als "Mitarbeiter Techn. Dienst /
Sicherheitsbeauftragter" aufweist. Für die derzeitige Arbeit war denn auch
keine zusätzliche Aus- oder Weiterbildung erforderlich. Sodann ist die Mutter
des Versicherten Hauswirtschaftsleiterin des Altersheimes, in dem er arbeitet.
Schliesslich ist die Arbeitgeberin mit seinen Leistungen zufrieden und würde
ihn, "wenn er mehr könnte", "in einem höheren Prozentgrad beschäftigen". Bei
einem Pensum von rund 20 % erzielte er 2011 bis 2014 ein durchschnittliches
Einkommen von Fr. 20'378.-. Hochgerechnet auf ein volles Pensum und unter Abzug
der im Lohn enthaltenen Ferienentschädigung (10,64 %) resultiert ein
Jahreseinkommen von rund Fr. 85'000.-. Diese Gegebenheiten, welche das
kantonale Gericht unbeachtet liess, sprechen eher dafür, vom Invaliden- auf das
Valideneinkommen zu schliessen.

4.5. Nach dem Gesagten beruht die vorinstanzliche Festsetzung des
Valideneinkommens 2014 auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das
Bundesgericht nicht verbindlich ist (E. 1). Ob das Valideneinkommen auf der
Basis eines Tabellenwertes (E. 4.4.2) oder des Invalidenlohnes (E. 4.4.3)
festzulegen ist, kann offenbleiben. Selbst wenn vom versicherten Verdienst 2003
auszugehen ist, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ist es mit Fr. 71'672.-
zu veranschlagen (vgl. E. 4.4.1). Bei Berücksichtigung des Invalideneinkommens
von Fr. 20'541.- gemäss Verfügung vom 6. August 2014 (der Durchschnittslohn war
geringer; E. 4.4.3) resultiert ein Invaliditätsgrad von mindestens 71,34 %.
Somit hat der Versicherte über den 30. September 2014 hinaus Anspruch auf eine
ganze Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG). Die Beschwerde ist begründet; mit
der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Verfügung vom 6. August 2014
hat es sein Bewenden.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 10. September 2015 und die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Aargau vom 6. August 2014 werden aufgehoben.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. März 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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