Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 769/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_769/2015

Urteil vom 10. Dezember 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Williner.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 4. Juni
2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1983 geborene A.________ meldete sich erstmals im April 2005 wegen den
Folgen einer Schlägerei vom Dezember 2003 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach verschiedenen Abklärungen in erwerblicher und
medizinischer Hinsicht sprach ihm die IV-Stelle Basel-Landschaft mit Verfügung
vom 26. Januar 2010 eine befristete Rente der Invalidenversicherung für den
Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Oktober 2007 zu (Invaliditätsgrad 54
%). Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Mit Hinweis auf Rücken-, Glieder- und Kopfschmerzen meldete sich A.________ im
Oktober 2012 erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die
IV-Stelle führte wiederum verschiedene Abklärungen durch, namentlich
veranlasste sie eine bidisziplinäre Begutachtung bei den Dres. med. B.________,
FMH Neurologie, und med. C.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie,
(neurologische Expertise vom 16. November 2013 und psychiatrische Expertise vom
15. Dezember 2013) und verneinte einen Rentenanspruch mit Verfügung vom 16.
Juni 2014 (Invaliditätsgrad 27 %).

B. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, wies
die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 4. Juni 2015
ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Anträgen, er sei weiterhin zu berenten, eventuell seien weitere medizinische
Abklärungen - insbesondere ein Gutachten, das "der neuen Praxis" von BGE 141 V
281 entspreche - vorzunehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches
gilt für die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E.
4.1, nicht publ. in BGE 135 V 254, aber in: SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164). Dagegen
sind die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln
nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfragen.

2.

2.1. Die Vorinstanz hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten,
insbesondere des bidisziplinären Gutachtens der Dres. med. B.________ und med.
C.________, festgestellt, der Beschwerdeführer sei in Bezug auf eine den Leiden
angepasste Tätigkeit zu 80 % arbeitsfähig.

2.2. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese auf konkreter
Beweiswürdigung beruhenden und damit für das Bundesgericht verbindlichen (vgl.
E. 1 hievor) vorinstanzlichen Feststellungen als offensichtlich unrichtig oder
sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen liessen:

2.2.1. Insoweit sich der Beschwerdeführer auf das Grundsatzurteil BGE 141 V 281
vom 3. Juni 2015 zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und
vergleichbaren psychosomatischen Leiden beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass
im bidisziplinären Gutachten der Dres. med. B.________ und med. C.________
keine entsprechende Diagnose gestellt wurde (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.2 S. 297,
140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13). Dieses Urteil ist somit hier nicht anwendbar.
Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz in Erwägung 2.4
des angefochtenen Entscheids auch mit keinem Wort Bezug genommen auf die mit
BGE 130 V 352 begründete - und mit BGE 141 V 281 grundlegend überdachte und
teilweise geänderte - Überwindbarkeitsrechtsprechung.

2.2.2. Nicht stichhaltig ist der Einwand, gemäss BGE 102 V 165 sei der
wirtschaftliche Ausfall versichert, weshalb das kantonale Gericht die Berentung
zu Unrecht von der Krankheit abhängig gemacht habe. Der Beschwerdeführer
verkennt, dass die Invalidenversicherung zwar als eine
Erwerbsausfallversicherung konzipiert ist, indessen offensichtlich nur jener
wirtschaftliche Ausfall Versicherungsgegenstand bilden kann, welcher Auswirkung
eines körperlichen oder geistigen Gesundheitsschadens ist (vgl. BGE 139 V 547
E. 5.1 S. 554).

2.2.3. Was die Rügen des Beschwerdeführers anbelangt, die Langzeitfolgen der
Schlägerei seien ungenügend berücksichtigt worden, das bidisziplinäre Gutachten
der Dres. med. B.________ und med. C.________ sei falsch, weil es lediglich
eine leichte depressive Episode annehme, und die Vorinstanz habe den
Gesundheitsschaden aufgrund von Facharzttiteln statt Argumenten beurteilt,
handelt es sich um rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung. Diese ist im Rahmen der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis des
Bundesgerichts (vgl. E. 1.2 hievor) unzulässig und es ist darauf nicht weiter
einzugehen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

2.2.4. Nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag der Beschwerdeführer aus der
Rüge, die Behandelbarkeit des Pilonidalsinus - welche er grundsätzlich nicht in
Abrede stellte - garantiere keine Heilung. Die Vorinstanz erwog explizit, der
Beschwerdeführer leide  rezidivierend unter Pilonidalsinussen, welche 
regelmässig operativ entfernt werden müssten. Dr. med. B.________ habe
diesbezüglich jedoch klar festgehalten, dass diese Entzündungen und Abszesse
behandelbar seien und jeweils zu keiner längerdauernden Beeinträchtigung der
Arbeitsfähigkeiten führten. Das kantonale Gericht hat sich somit nicht zu der
Heilbarkeit des Pilonidalsinus geäussert. Vielmehr hat es unter Bezugnahme auf
die neurologische Expertise des Dr. med. B.________ vom 16. November 2013 die
Notwendigkeit regelmässiger operativer Versorgung eingeräumt. Verneint wurde
einzig - ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Neurologen B.________ - ein
daraus resultierender Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit.

2.2.5. Insoweit der Beschwerdeführer die gerichtliche Beantwortung der Frage
verlangt, ob eine korrekte medizinische Behandlung unternommen werde, verkennt
er, dass dies nicht Aufgabe des Gerichts, sondern der behandelnden Ärzte ist.
Entgegen seinen Rügen hat sich die Vorinstanz betreffend der Abgabe
opiathaltiger Medikamente auch nicht wie ein Arzt aufgeführt, sondern lediglich
zu Recht darauf hingewiesen, dass die aus einer nicht indizierten oder
überhöhten Einnahme von Morphinen erwartungsgemäss resultierenden
Nebenwirkungen noch keinen dauerhaften und erheblichen Gesundheitsschaden im
invalidenversicherungsrechtlichen Sinne darstellten.

2.2.6. Nicht zu beanstanden ist auch der Umstand, dass die Vorinstanz auf den
nach Verfügungserlass erstatteten Austrittsbericht der Klinik D.________ vom
10. März 2015 nicht näher eingegangen ist (vgl. zum massgeblichen Zeitpunkt des
zu beurteilenden Sachverhalts BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243). Es ist weder
ersichtlich noch vom Beschwerdeführer dargetan, inwiefern dieser Bericht
Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Verfügungserlasses
zulassen sollte. Der Bericht enthält insbesondere keine Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit. Was den Einwand anbelangt, der Austrittsbericht erbringe
Beweis dafür, dass in Bezug auf den Pilonidalsinus nach wie vor keine Heilung
eingetreten sei, kann auf die Ausführungen in Erwägung 2.2.4 verwiesen werden.

2.2.7. Tatsachenwidrig ist schliesslich die Rüge, die Vorinstanz habe sich
nicht zu den Vergleichseinkommen geäussert und dadurch den Gehörsanspruch
verletzt. Es kann grundsätzlich auf den angefochtenen Entscheid verwiesen
werden, worin unter Hinweis auf die Berechnung der IV-Stelle in der Verfügung
vom 16. Juni 2014 die gemäss den Tabellenlöhnen der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010 ermittelten Vergleichseinkommen explizit
genannt werden. Was die Daten der LSE 2010 anbelangt, sind diese auf der
Homepage des Bundesamtes für Statistik ohne Weiteres einsehbar, worauf bereits
die IV-Stelle hingewiesen hat. Folglich verfängt der Einwand nicht, das Gericht
habe sich auf nicht existierende oder nicht auffindbare Tabellen gestützt.

3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Dezember 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Williner

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