Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 629/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_629/2015

Urteil vom 24. November 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominique Chopard,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1964 geborene A.________ war als selbstständiger Gastwirt tätig, als er
sich im April 2012 unter Verweis auf Herzbeschwerden bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Nach Abklärungen und
Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons
Zürich mit Verfügung vom 14. Februar 2014 einen Anspruch auf eine
Invalidenrente.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 29. Juni 2015 ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 29. Juni 2015 sei die IV-Stelle
zu verpflichten, ihm eine Invalidenrente auszurichten.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Eine offensichtlich
unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (
BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001
zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338; MARKUS SCHOTT, in:
Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 9 f. zu Art. 97 BGG).
Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere
Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere
erschiene (Urteil 9C_570/2007 vom 5. März 2008 E. 4.2). Eine
Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das
kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich
falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang
des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den
abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9;
Urteile 9C_394/2015 vom 27. Oktober 2015 E. 1.2; 9C_851/2012 vom 5. März 2013
E. 2.3.2).

2.

2.1. Die Vorinstanz hat gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 5. August 2013
festgestellt, dass der Versicherte seit Oktober 2011 in einer angepassten, d.h.
körperlich leichten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig sei. Weiter hat sie das
Valideneinkommen auf Fr. 13'301.- festgelegt und dabei auf den in den letzten
fünf Jahren vor Eintritt der Herzbeschwerden (2006 bis 2011) tatsächlich
erzielten Verdienst abgestellt. Für das Invalideneinkommen von Fr. 28'246.- hat
sie einen Tabellenlohn der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik
herangezogen. Weil daraus keine Erwerbseinbusse (vgl. Art. 16 ATSG) resultiert,
hat sie einen Rentenanspruch ausgeschlossen.
Streitig und zu prüfen ist einzig die Höhe des Valideneinkommens.

2.2. Wie beim Invalideneinkommen handelt es sich auch beim Valideneinkommen um
eine hypothetische Grösse, indem darauf abzustellen ist, was die versicherte
Person im Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der
Regel am zuletzt erzielten, der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung
angepassten Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass
die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre (BGE
134 V 322 E. 4.1 S. 325; SVR 2011 IV Nr. 55 S. 163, 8C_671/2010 E. 4.5.1;
Urteil 9C_192/2014 vom 23. September 2014 E. 3.2). Wenn sich der Versicherte,
auch als seine Arbeitsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war, über mehrere
Jahre hinweg mit einem bescheidenen Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit begnügt hat, ist dieses für die Festlegung des
Valideneinkommens massgebend (BGE 135 V 58 E. 3.4.6 S. 64 mit Hinweisen).

2.3. Das kantonale Gericht hat festgestellt, der Versicherte sei bis März 2003
als Serviceangestellter tätig gewesen, wobei er ein Jahreseinkommen von bis zu
Fr. 79'400.- erzielt habe. Im April 2003 habe er mit seiner Ehefrau ein
Restaurant übernommen, was nicht im Zusammenhang mit der (2003 ausgebrochenen
und behandelten) Kehlkopferkrankung gestanden habe. Zwar sei von dieser eine
chronische Heiserkeit verblieben, weshalb Schwierigkeiten in der verbalen
Kommunikation bestanden hätten. Dies habe aber lediglich zu einer Anpassung der
Aufgabenteilung im Betrieb geführt, was dessen Fortführung ohne die Anstellung
zusätzlichen Personals erlaubt habe. Anhaltspunkte für eine wesentliche
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit durch die Kehlkopferkrankung lägen nicht
vor. In der selbstständigen Tätigkeit als Gastwirt habe sein Jahreseinkommen
zwischen Fr. 41'000.- und Fr. 8'308.- betragen. Über acht Jahre lang habe er
sich mit einem sehr tiefen Einkommen begnügt. Dabei habe er verschiedene, der
Führung eines Restaurationsbetriebes dienende Weiterbildungen absolviert und
keine Anstalten für eine berufliche Neuorientierung unternommen, obwohl besser
entlöhnte - und den Einschränkungen in der verbalen Kommunikation angepasste -
Erwerbsmöglichkeiten bestanden hätten. Folglich hätte der Versicherte auch als
Gesunder seine selbstständige Tätigkeit mit weit unterdurchschnittlichem
Einkommen nicht aufgegeben und etwa eine Anstellung angenommen.

2.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, hält nicht stand: Die von der
Vorinstanz als massgeblich erachtete Tätigkeit war das "Führen des
Restaurationsbetriebes in Gemeinschaft mit der Ehefrau", und es ist nicht
ersichtlich, dass die Arbeitsfähigkeit in dieser Funktion durch die Heiserkeit
resp. den Stimmkraftverlust beeinträchtigt gewesen sein soll, auch wenn
einzelne Aspekte erschwert waren. Insbesondere darf im Rahmen der
Schadenminderungspflicht (vgl. BGE 140 V 267 E. 5.2.1 S. 274 mit Hinweisen)
ohne Weiteres verlangt werden, dass zumutbare organisatorische Massnahmen
getroffen werden. Auch wenn der Versicherte die frühere leitende Stellung als
"Chef de Restaurant" nicht mehr ausüben konnte, wie er geltend macht, hätten
ihm auf dem Arbeitsmarkt wohl auch andere dem Leiden angepasste
Tätigkeitsfelder offen gestanden als die Weiterbeschäftigung als
selbstständiger Gastwirt.
Dass die vorinstanzlichen Feststellungen betreffend die berufliche Situation
(E. 2.3) offensichtlich unrichtig (E. 1.2) sein sollen, ist nicht ersichtlich
und wird auch nicht substanziiert dargelegt. Sie bleiben für das Bundesgericht
verbindlich (E. 1.1). Die Annahme, dass sich der Versicherte aus
gesundheitlichen Gründen und nicht "aus freien Stücken" mit dem geringen
Einkommen als selbstständiger Gastwirt begnügt haben soll (vgl. BGE 135 V 58 E.
3.4.6 S. 64 f.), ist damit ausgeschlossen. Folglich hat das kantonale Gericht
für die Höhe des Valideneinkommens zu Recht die Verhältnisse vor Eintritt der
Herzbeschwerden (2011) und nicht jene vor der Kehlkopferkrankung (2003) als
massgeblich erachtet. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet (Art. 109
Abs. 2 lit. a BGG).

3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. November 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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