Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 627/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_627/2015

Urteil vom 30. November 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Zimmermann,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Stiftung Auffangeinrichtung BVG,
Risikoversicherung für Arbeitslose, Birmensdorferstrasse 83, 8036 Zürich.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 2. Juli 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1956 geborene A.________, von Beruf Maschinenschlosser, musste sich am 21.
November 2012 einer Diskushernienoperation unterziehen. Am 9. April 2013
meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt
auf die eingeholten medizinischen Unterlagen, insbesondere den Bericht des
Spitals B.________ über die Diskushernienoperation, die Berichte der
behandelnden Ärzte sowie die Stellungnahmen der Ärzte des Regionalen Ärztlichen
Dienstes, Frau Dr. med. C.________ (vom 26. August 2013) und Dr. med.
D.________ (vom 27. September 2014) wie auch Abklärungen in erwerblicher
Hinsicht ermittelte die IV-Stelle des Kantons Aargau einen Invaliditätsgrad von
14 %. Demgemäss verneinte sie mit Verfügung vom 12. November 2014 den Anspruch
des Versicherten auf eine Invalidenrente.

B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher A.________ die Zusprechung
einer Invalidenrente, eventuell die Rückweisung der Sache zu ergänzenden
Abklärungen an die Verwaltung, hatte beantragen lassen, wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 2. Juli 2015).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ die
vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die
vom kantonalen Gericht beigeladene Stiftung Auffangeinrichtung BVG und das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Die RAD stehen den IV-Stellen zur Beurteilung der medizinischen
Voraussetzungen des Leistungsanspruchs zur Verfügung. Sie setzen die für die
Invalidenversicherung nach Artikel 6 ATSG massgebende funktionelle
Leistungsfähigkeit der Versicherten fest, eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder
Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Sie sind in ihrem medizinischen
Sachentscheid im Einzelfall unabhängig (Art. 59 Abs. 2bis IVG). Die RAD können
bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie
halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest (Art. 49 Abs. 2 IVV).
RAD-Berichte sind versicherungsinterne Dokumente, die von Art. 44 ATSG
betreffend Gutachten nicht erfasst werden; die in dieser Norm vorgesehenen
Verfahrensregeln entfalten daher bei Einholung von RAD-Berichten keine Wirkung
(BGE 135 V 254 E. 3.4 S. 258; Urteil 8C_385/2014 vom 16. September 2014 E.
4.2.1).

2.2. Der Beweiswert von RAD-Berichten nach Art. 49 Abs. 2 IVV ist mit jenem
externer medizinischer Sachverständigengutachten vergleichbar, sofern sie den
praxisgemässen Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232) genügen und die Arztperson über die notwendigen fachlichen
Qualifikationen verfügt (BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219). Allerdings ist
hinsichtlich des Beweiswerts wie folgt zu differenzieren: Bezüglich
Gerichtsgutachten hat die Rechtsprechung ausgeführt, das Gericht weiche "nicht
ohne zwingende Gründe" von den Einschätzungen des medizinischen Experten ab.
Hinsichtlich von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG
eingeholter, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechender Gutachten
externer Spezialärzte wurde festgehalten, das Gericht dürfe diesen Gutachten
vollen Beweiswert zuerkennen, solange "nicht konkrete Indizien gegen die
Zuverlässigkeit" der Expertise sprechen. Auf das Ergebnis versicherungsinterner
ärztlicher Abklärungen - zu denen die RAD-Berichte gehören - kann nicht
abgestellt werden, wenn auch nur geringe Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit bestehen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f.
und E. 4.7 S. 471; Urteile 8C_197/2014 vom 3. Oktober 2014 E. 4 und 8C_385/2014
vom 16. September 2014 E. 4.2.2).

3.

3.1. Die Vorinstanz stützte ihren Entscheid ausschliesslich auf die Angaben der
Frau Dr. med. C.________ vom 26. August 2013 und des Dr. med. D.________ vom
27. September 2014 vom RAD, welche eine volle Arbeitsfähigkeit in einer
angepassten Tätigkeit bescheinigten. Frau Dr. med. C.________ hielt am 26.
August 2013 fest, in einer wechselbelastenden Tätigkeit ohne Heben und Tragen
von mittelschweren und schweren Lasten, ohne Zwangshaltungen wie häufiges
Bücken, Knien oder Kauern, ohne Umwelteinflüsse wie Zugluft, Kälte oder Nässe,
ohne vorwiegende Überkopfarbeit, ohne absturzgefährdetes Arbeiten und Steigen
auf Gerüsten, Leitern und Dächern, ohne dauernden Handeinsatz über Brusthöhe,
ohne repetitive Rumpfrotation im Sitzen/ Stehen und ohne ständiges Begehen von
Treppen könne medizinisch-theoretisch drei Monate postoperativ eine
Arbeitsfähigkeit von 100 % angenommen werden. Am 27. September 2014 bestätigte
RAD-Arzt Dr. med. D.________, aufgrund der internistischen Erkrankungen lasse
sich in angepasster Tätigkeit keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
erkennen.

3.2. Der Beschwerdeführer stellt die Beweiskraft der Stellungnahmen des RAD in
Frage und macht eine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz geltend. Er
weist darauf hin, dass die behandelnden Ärzte durchwegs, auch für leichte
Erwerbstätigkeiten, eine volle, mindestens aber eine hälftige
Arbeitsunfähigkeit annähmen. Die Feststellung des RAD, er sei in einer
angepassten Arbeit voll einsatzfähig, entbehre einer Begründung. Die bereits im
kantonalen Verfahren vorgebrachte Kritik, dass eine willkürliche
Beweiswürdigung und eine Verletzung der Begründungspflicht vorlägen, habe die
Vorinstanz gar nicht beachtet. Sie habe die Berichte des RAD und der
behandelnden Ärzte hinsichtlich deren Beweistauglichkeit nicht einer gleich
strengen Prüfung unterzogen, sondern ohne eingehende Begründung auf die Angaben
des RAD abgestellt, obwohl nicht bloss geringe Zweifel an deren Schlüssigkeit
bestünden. Ergänzende medizinische Abklärungen seien daher unabdingbar.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat den beiden Berichten des RAD vom 26. August 2013 und
27. September 2014 vollen Beweiswert zuerkannt. Sie hat die entsprechenden
Angaben jedoch nicht unbesehen als massgebend erachtet, sondern vielmehr auf
die Darlegungen der Verwaltungsärzte Bezug genommen, mit welchen sie sich zu
den abweichenden Auffassungen der behandelnden Ärzte äussern. Die RAD-Mediziner
setzten sich mit den erhobenen Befunden auseinander und nahmen gestützt darauf
eine Einschätzung des Grades der Arbeitsunfähigkeit vor, wobei sie ein
Belastbarkeitsprofil erstellten, das dem vorhandenen Krankheitsbild Rechnung
trägt. Sodann hat das kantonale Gericht die Berichte der behandelnden Ärzte
gewürdigt und dargelegt, diesen könne mit Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit
insbesondere auch deswegen nicht gefolgt werden, weil sie des öftern weitgehend
auf die vom Versicherten geklagten Beschwerden abstellten.

4.2. Die Vorinstanz hat die Beweise pflichtgemäss und keineswegs willkürlich
gewürdigt, indem sie hinsichtlich des Grades der Arbeitsunfähigkeit den
Stellungnahmen der RAD-Ärzte gefolgt ist. Es bestehen keine Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der RAD-Berichte. Rechtsprechungsgemäss steht
daher nichts entgegen, diese als massgebend zu erachten (E. 2 hievor); dabei
ist mit Blick auf das vom RAD erstellte Belastbarkeitsprofil nicht zu
verkennen, dass dem Versicherten mit Rücksicht auf die Gesundheitsschädigung
zahlreiche Tätigkeiten nicht mehr zumutbar sind, was sich jedoch bloss beim
Einkommensvergleich auswirkt. Die Ermittlung des Invaliditätsgrades bleibt
indessen auch letztinstanzlich unangefochten und ist daher nicht zu überprüfen.
Da die Vorinstanz entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers des Weiteren
weder die Begründungspflicht noch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör
verletzt, sondern die Argumente angeführt hat, die ihrem Rechtsspruch
ausschlaggebend zugrunde liegen, bleibt es beim angefochtenen Entscheid, woran
die weiteren Vorbringen des Versicherten nichts ändern.

5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Stiftung Auffangeinrichtung BVG,
Risikoversicherung für Arbeitslose, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. November 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Widmer

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