Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 610/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_610/2015

Urteil vom 29. Oktober 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Christof Enderle,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
17. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1950 geborene A.________ meldete sich im Juli 2013 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen und Durchführung
des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau mit
Verfügung vom 13. Februar 2015 einen Leistungsanspruch. Zur Begründung führte
sie aus, für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit seien längere oder andauernde
Einschränkungen nicht erkennbar.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 17. Juni 2015 ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 17. Juni 2015 und der Verfügung
vom 13. Februar 2015 sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihm ab Mai 2014 eine
ganze Invalidenrente auszurichten; eventualiter sei die Sache zur weiteren
Abklärung an die Verwaltung resp. das kantonale Gericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat gestützt auf die Aktenbeurteilungen des Regionalen
Ärztlichen Dienstes (RAD), Dr. med. B.________, vom 25. Juni 2014 und 11.
Februar 2015 (vgl. auch Stellungnahmen vom 28. April und 13. November 2014)
festgestellt, dass die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in der
bisherigen, körperlich leichten Tätigkeit nicht längerfristig oder andauernd
eingeschränkt sei. Folglich hat sie einen Leistungsanspruch des Versicherten
verneint.

3. 

3.1. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche
Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu
nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte
Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes
ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf
allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).

Auch reine Aktengutachten können beweiskräftig sein, sofern ein lückenloser
Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die fachärztliche Beurteilung
eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, mithin die direkte
ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt. Dies
gilt grundsätzlich auch in Bezug auf Berichte und Stellungnahmen regionaler
ärztlicher Dienste (Urteile 9C_28/2015 vom 8. Juni 2015 E. 3.2; 9C_196/2014 vom
18. Juni 2014 E. 5.1.1 mit Hinweisen).

3.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 1). Die konkrete
Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung
des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfrage (BGE
132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4
mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden
Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1
BGG).

3.3.

3.3.1. Das kantonale Gericht hat - in Übereinstimmung mit Dr. med. B.________ -
unter Verweis auf die Angaben im Arbeitgeberbericht vom 28. März 2014
festgestellt, die bisherige Tätigkeit habe "im Wesentlichen" aus körperlich
leichter Arbeit bestanden. Diese Feststellung ist nicht offensichtlich
unrichtig (unhaltbar, willkürlich: BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Urteil 9C_607/
2012 vom 17. April 2013 E. 5.2; zum Begriff der Willkür: BGE 140 III 16 E. 2.1
S. 18 f. mit Hinweisen); insbesondere steht die Krankheitsanzeige an die Basler
Versicherungen vom 5. Juni 2013dazu nicht im Widerspruch, auch wenn daraus
hervorgeht, dass die Arbeit "handwerklich" und "stehend" zu verrichten war und
dabei "regelmässig Gewichte über 5 kg" gehoben werden mussten.

Sodann hat die Vorinstanz im Rahmen der Beweiswürdigung nachvollziehbar
dargelegt, dass die verschiedenen fachmedizinischen Unterlagen keinen
Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Arbeitsfähigkeit unter somatischen
Gesichtspunkten eingeschränkt sein soll, enthalten. Solches macht der
Beschwerdeführer denn auch nicht (substanziiert) geltend. Vor diesem
Hintergrund leuchtet die vom Hausarzt attestierte vollständige
Arbeitsunfähigkeit nicht ein (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353).

Schliesslich hat das kantonale Gericht verbindlich (E. 1) festgestellt, auch
der Hausarzt habe die Hauptproblematik in den psychischen Aspekten erblickt.
Der behandelnde Psychiater habe ausgeführt, dass die physische (recte:
psychiatrische) Diagnose die Arbeitsfähigkeit seit April 2014 nicht mehr
einschränke. Konkrete Hinweise dafür, dass der Psychiater eine "funktionelle
Komponente" ungenügend beachtet oder eine vorhandene somatoforme Schmerzstörung
(vgl. dazu BGE 141 V 281 E. 2.1.1 S. 285 f. und E. 4.3.1 S. 298 ff.) nicht
erkannt haben soll, sind nicht ersichtlich, auch wenn er - in der Annahme, dass
die bisherige Arbeit mit schwerer körperlicher Belastung verbunden sei - von
somatisch begründeten Einschränkungen ausging. So empfahl er denn auch als
therapeutische Massnahme lediglich das "Weiterführen der bisherigen
Pharmakotherapie", was nicht auf einen erheblichen psychischen Leidensdruck
schliessen lässt (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.4.2 S. 304).

3.3.2. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht offensichtlich unrichtig.
Bei der gegebenen Aktenlage stellt der Verzicht auf zusätzliche Abklärungen
auch keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) dar
(antizipierende Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3
S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94). Die vorinstanzliche Feststellung betreffend die
Arbeitsfähigkeit (E. 2) bleibt für das Bundesgericht verbindlich, weshalb die
Ausführungen des Beschwerdeführers zur Zumutbarkeit eines Berufswechsels resp.
zur (altersbedingten) Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit nicht von Belang
sind. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG).

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Stiftung Abendrot Pensionskasse, Basel, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Oktober 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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