Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 553/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_553/2015

Urteil vom 13. Juni 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
 proparis Vorsorge-Stiftung Gewerbe Schweiz, Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Gnädinger, Seestrasse 6, 8002 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

Bernische BVG- und Stiftungsaufsicht (BBSA), Belpstrasse 48, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom
9. Juni 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die proparis Vorsorge-Stiftung Gewerbe Schweiz (nachfolgend: Stiftung)
steht allen Organisationen (Verbänden, Selbsthilfeorganisationen und
Institutionen) offen, die zum Schweizerischen Gewerbeverband gehören. Die
angeschlossenen Organisationen bilden je eigene Vorsorgewerke resp.
Pensionskassen, die alle über eine Versicherungskommission verfügen. Diese
bestimmt die Vertreter in der paritätisch zusammengesetzten
Stiftungsversammlung, welche die Wahl- und Abberufungsbehörde des gesamten
Stiftungsrates ist.

A.b. Die Vorsorgewerke resp. die Versicherungskommissionen wurden angewiesen,
ihr Organisations- und Wahlreglement gemäss Musterreglement des Stiftungsrates
zu erlassen. Dieses statuiert, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter
in der Versicherungskommission durch die betroffenen Verbände berufen werden
(Art. 2.4 Abs. 1 Musterreglement [sowohl in der ab 1. Januar 2012 als auch in
der ab 1. Januar 2013 gültigen Fassung]). Die Versicherungskommission des
Vorsorgewerkes IMOREK (nachfolgend: Pensionskasse), dem fünf Verbände
angeschlossen sind, beschloss (wiederholt) ein Organisations- und
Wahlreglement, das für die Arbeitnehmervertreter eine direkte Nomination und
Wahl durch die versicherten Arbeitnehmer - ausschliesslich aus dem Kreis der
Versicherten - vorsah. Die diesbezügliche Genehmigung durch den Stiftungsrat
blieb (wiederholt) aus. Stattdessen verabschiedete dieser am 28. November 2012
- zu Handen der Pensionskasse - eine angepasste Version von Art. 2.4 des
Musterreglements, wonach die Arbeitnehmervertreter durch die Gewerkschaften
UNIA, SYNA und FAI berufen werden.

A.c. Der Schweizer Verband der Innendekorateure und des Möbelfachhandels
(interieursuisse) sowie sieben Versicherte gelangten infolge der Ablehnung des
Organisations- und Wahlreglements, das die Pensionskasse vorgelegt hatte, an
die Bernische BVG- und Stiftungsaufsicht (BBSA). Diese hiess die Beschwerden am
28. Januar 2014 gut und befand, Art. 2.4 des Organisations- und Wahlreglements
der Pensionskasse verletze den Grundsatz der Parität. Die BBSA wies den
Stiftungsrat an, den gesetzeskonformen Zustand wiederherzustellen und die
entsprechenden reglementarischen Änderungen zu erlassen sowie u.a. aufzuzeigen,
wie die Parität auf seiner Stufe gewährleistet werden könne.

B. 
Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde der Stiftung
am 9. Juni 2015 ab.

C. 
Die Stiftung reicht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein
und beantragt, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2015 und
die Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 28. Januar 2014 seien aufzuheben.
Eventualiter sei die Sache an Ersteres zurückzuweisen.

Die BBSA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht
der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236).

1.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Echte
Noven, d.h. Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem vorinstanzlichen
Entscheid vom 9. Juni 2015 entstanden sind, so das Schreiben der UNIA vom 20.
Juli 2015 und dasjenige der SYNA vom 29. Juli 2015, sind gänzlich
ausgeschlossen (vgl. statt vieler Urteil 2C_785/2015 vom 29. März 2016 E.
4.4.3).

2.

2.1. Vorsorgeeinrichtungen werden von einer paritätischen Verwaltung geleitet.
Das heisst, Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben das Recht, die gleiche Zahl von
Vertretern in das oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung zu entsenden, wobei
eine angemessene Vertretung der verschiedenen Arbeitnehmerkategorien zu
gewährleisten ist (Art. 51 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BVG; vgl. auch Art. 49 Abs.
2 Ziff. 7 BVG für das Überobligatorium).

Gemäss Art. 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVG wählen die Versicherten ihre Vertreter
unmittelbar oder durch Delegierte. Ist dies wegen der Struktur der
Vorsorgeeinrichtung, namentlich bei Sammelstiftungen, nicht möglich, so kann
die Aufsichtsbehörde andere Formen der Vertretung zulassen.

2.2. Die Versicherungskommission ist das paritätische Organ der Pensionskasse
(Art. 11 Ziff. 1 der [revidierten] Stiftungsurkunde vom 2. Februar 2012 bzw.
Art. 2.1.1 des Organisations- und Wahlreglements der Pensionskasse). Sie setzt
sich paritätisch aus je 5 Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammen
(Art. 2.2 Abs. 1 des Organisations- und Wahlreglements der Pensionskasse).
Diese werden durch die betroffenen Arbeitgeber- resp. Arbeitnehmerverbände
berufen. Auf Seiten der Arbeitnehmerverbände muss kein GAV vorliegen. Die
Vertreter müssen nicht aus dem Kreis der Versicherten stammen. Eine Wiederwahl
der Vertreter ist zulässig (Art. 2.4 Abs. 1 des Organisations- und
Wahlreglements der Pensionskasse).

3.

3.1. In concreto bildet die Berufung durch die betroffenen Gewerkschaften UNIA,
SYNA und FAI in die Versicherungskommission Ausgangspunkt für die nachmalige
Wahl der (Arbeitnehmer-) Vertreter in den Stiftungsrat (Art. 10 Ziff. 1 der
[revidierten] Stiftungsurkunde; Art. 2.2.2 des Organisations- und
Wahlreglements der Stiftung, in Kraft seit 1. Juli 2012; Art. 2.4 des
Organisations- und Wahlreglements der Pensionskasse). Die Vorinstanz stellte
hiezu fest, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Bewilligung für ein
solches alternatives Verfahren vorliege. Die Beschwerdeführerin rügt diese
Tatsachenfeststellung als offensichtlich unrichtig. Die damals zuständige
Aufsichtsbehörde - das BSV - habe das Musterreglement geprüft und mit
Stellungnahme vom 26. März 2012, die der Beschwerde beigelegt wurde, explizit
nicht beanstandet.

3.2. Prüfungsinhalt des Prüfungsbefundes vom 26. März 2012 ist (u.a.) das
Musterreglement, das der Stiftungsrat im September 2011 für die Vorsorgewerke
resp. Pensionskassen eingeführt hat (Fassung gültig ab 1. Januar 2012 [Weisung
4/2011 vom 7. September 2011]). Dieses Musterreglement wurde im Jahr 2012
totalrevidiert (Fassung gültig ab 1. Januar 2013 [Weisung 3/2012 vom 7.
September 2012]). Ein diesbezüglicher Prüfungsbefund wird nicht geltend gemacht
und ist auch nicht nachgewiesen. Dieser Umstand ist jedoch nicht nur deshalb
von untergeordneter Bedeutung, weil der hier im Streit liegende Art. 2.4 in
beiden Fassungen im Kern gleich lautet und die BBSA bereits vor der
Stiftungsratssitzung Ende November 2012 (vgl. Sachverhalt lit. A.b) in der hier
streitigen Sache angerufen wurde. Vielmehr ist der Prüfungsbefund vom 26. März
2012 von vornherein unbeachtlich, weil es sich dabei um ein unzulässiges Novum
handelt (vgl. E. 1.3 vorne) :

Nachdem bereits vor dem Bundesverwaltungsgericht die paritätische Verwaltung
resp. die Bestimmung der Vertreter durch die Verbände Streitthema gewesen war
und die BBSA schon in ihrer Verfügung vom 28. Januar 2014 ausdrücklich auf Art.
51 Abs. 3 BVG hingewiesen hatte ("Auf diese Norm bezieht sich die
Vorsorgeeinrichtung in Bezug auf Ernennung der Arbeitnehmervertreter im
Reglement der PK IMOREK"), kann keine Rede davon sein, dass erst der
angefochtene Entscheid zur Einreichung des Prüfungsbefundes vom 26. März 2012
Anlass gegeben hat. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin in diesem Punkt, der
in unmittelbarem Zusammenhang mit dem - vom Stiftungsrat gestützt auf das
Musterreglement - erlassenen Art. 2.4 des Wahl- und Organisationsreglements der
Pensionskasse steht, weit früher Klarheit schaffen können. Indes hat sie, wie
vorinstanzlich für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (vgl. E. 1.1), im
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht einmal behauptet, die
fragliche Reglementsbestimmung sei aufsichtsrechtlich für gut befunden worden.
Dabei irrt sich die Beschwerdeführerin, wenn sie meint, die richterliche
Fragepflicht diene dazu, die Mitwirkung einer Partei bei der
Sachverhaltsfeststellung zu ersetzen oder prozessuale Nachlässigkeiten einer
Partei auszugleichen. Der Richter muss die Parteien wohl befragen, wenn er an
der Richtigkeit und/oder Vollständigkeit bestimmter Angaben Zweifel hat oder
haben müsste. Grundsätzlich entbindet aber weder die Untersuchungsmaxime noch
die richterliche Fragepflicht die Parteien davon, am Verfahren aktiv
mitzuwirken und ihre eigenen Standpunkte zu vertreten. An ihnen ist es, den
Richter über den Sachverhalt zu unterrichten und auf die greifbaren
Beweismittel hinzuweisen (vgl. BGE 128 III 411 E. 3.2.1 S. 413 f., bestätigt in
BGE 130 I 180 E. 3.2 S. 183 f.). Das gilt insbesondere, wenn eine Partei - wie
vorliegend die Beschwerdeführerin - seit Prozessbeginn (vgl. Art. 74 Abs. 1
BVG) anwaltlich vertreten ist (Urteile 4A_517/2010 vom 11. November 2010 E.
3.2.3 und 4A_519/2010 vom gleichen Tag E. 2.2, je mit weiteren Hinweisen).

3.3. Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Aufsichtsbehörde könne die
(alternative) Form der Vertretung auch formlos, nämlich stillschweigend
zulassen, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Aufsichtsbehörde prüft im Rahmen
einer generell-abstrakten Normenkontrolle alle reglementarischen Bestimmungen
auf ihre Übereinstimmung mit dem gesamten privaten und öffentlichen
Bundesrecht, einschliesslich Verfassungsrecht (Art. 62 Abs. 1 lit. a BVG; BGE
112 Ia 180 E. 3b S. 187). Es handelt sich um eine Rechtmässigkeitskontrolle. Ob
in diesem Zusammenhang von Bewilligung, Zulassung oder Genehmigung gesprochen
wird, ist nicht massgebend. Der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde kommt zwar -
vom Teilliquidationsrelgement abgesehen - keine konstitutive Wirkung zu (BGE
139 V 72 E. 2.1 S. 74 f.; SVR 2011 BVG Nr. 39 S. 145, 9C_954/2010 E. 6.3).
Reglemente werden daher nur, aber immerhin, zur Kenntnis genommen (CHRISTINA
RUGGLI, in: BVG und FZG, 2010, N. 7 zu Art. 62 BVG). Von Relevanz ist jedoch,
dass die generell-abstrakte Überprüfung mit dem Erlass eines formalen Aktes,
dem Prüfungsbefund, einhergeht, zumal die Vorsorgeeinrichtung erst danach ins
Handelsregister aufgenommen wird (Botschaft vom 15. Juni 2007 zur Änderung des
Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge [Strukturreform], BBl 2007 5669 S. 5704: "Der Zusatz in [Art.
62] Buchstabe a konkretisiert also nur die bereits gängige Praxis"). Jeweilige
Reglementsänderungen oder -nachträge unterliegen selbstredend dem gleichen
Prozedere; der Gesetzgeber hat diesbezüglich keine Ausnahme geschaffen.

3.4. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Arbeitnehmervertreter würden
"seit Jahrzehnten" durch die Arbeitnehmerverbände bestimmt, berührt das Prinzip
des Vertrauensschutzes (verankert in Art. 9 BV). Die Beschwerdeführerin hat
wohl schon vor der Vorinstanz darauf hingewiesen, dass die
Arbeitnehmervertreter "seit vielen Jahren" von der UNIA und der SYNA gestellt
würden bzw. seit dem Geschäftsjahr 2011 ein SYNA-Sitz durch eine Vertreterin
der FAI besetzt werde. Die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes (vgl. dazu
beispielsweise BGE 137 I 69 E. 2.5.1 S. 72 f.) hat sie aber nicht einmal
ansatzweise erwähnt, geschweige denn rechtsgenüglich begründet (vgl. E. 1.3
vorne). Abgesehen davon vermag eine blosse Verwaltungspraxis, worauf sich die
Beschwerdeführerin beruft, das Bundesgericht nicht zu binden und schafft auch
kein Gewohnheitsrecht (BGE 102 Ib 45 E. 1a S. 47). Soweit die
Beschwerdeführerin vorbringt, es liege eine unzulässige Praxisänderung vor, so
ist darauf aufmerksam zu machen, dass es hier nicht um den Grundsatz geht, die
Vertreter durch die Sozialpartner bestimmen zu lassen, sondern um die Grenzen
einer solchen grundsätzlich zulässigen (Arbeitnehmer-) Vertretung (vgl. E. 4
nachfolgend).

3.5. Zusammengefasst ist die vorinstanzliche Feststellung, dass keine
aufsichtsrechtliche Bewilligung eines alternativen Verfahrens zur Bestimmung
von Arbeitnehmervertretern vorliegt, weder offensichtlich unrichtig noch
sonstwie bundesrechtswidrig.

Im Übrigen ist der Prüfungsbefund der Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 62
Abs. 1 lit. a BVG nicht in Stein gemeisselt. Die Überprüfung der
Gesetzmässigkeit reglementarischer Bestimmungen einer Vorsorgeeinrichtung im
Rahmen des konkreten Anwendungsfalles - hier im Zusammenhang mit der
Durchführung der paritätischen Verwaltung (zu denken ist an die Missachtung des
aktiven Wahlrechtes eines bestimmten Arbeitnehmers, fehlerhafte Einberufung
einer Wahlversammlung, unangemessene reglementarische Vertretung einer
bestimmten Arbeitnehmerkategorie, fehlerhafte reglementarische Regelung des
Verfahrens bei Stimmengleichheit [HANS MICHAEL RIEMER, Paritätische Verwaltung
privat- und öffentlich-rechtlicher Personalvorsorgeeinrichtungen gemäss BVG,
SZS 1985 S. 27]) - bleibt vorbehalten (AJP 2007 1440, B 77/06 E. 4 mit Hinweis
auf BGE 119 V 195 E. 3b S. 196; vgl. auch BGE 140 V 22 E. 6.1 S. 34, 139 V 72
E. 3.1.2 S. 78). Ob und inwieweit es sich vorliegend um einen Anwendungsfall im
vorgenannten Sinne, das heisst um eine Konstellation der inzidenten
Normenkontrolle handelt, kann offenbleiben. Angesichts der hier streitigen
Sach- und Rechtslage in Bezug auf die  Pensionskasse kann so oder anders nicht
gesagt werden, die Aufsichtsbehörde habe sich widersprüchlich verhalten, indem
sie die fragliche Ziffer 2.4 von  deren Organisations- und Wahlreglement auf
ihre Rechtmässigkeit überprüft und Ende Januar 2014 einen entsprechenden
negativen Entscheid erlassen hat (vgl. Sachverhalt lit. A.c).

4.

4.1. Die BBSA bestreitet nicht, dass gemäss Art. 51 Abs. 3 BVG eine Vertretung
durch die Sozialpartner auf Grund der Struktur der Vorsorgeeinrichtung
grundsätzlich zulässig ist.

4.2. Schon in der Botschaft vom 1. März 2000 zur 1. BVG-Revision, die auch Art.
51 Abs. 3 BVG betraf, war die Rede davon, dass die Reglemente der
Vorsorgeeinrichtungen vorsehen können, die Arbeitgeber- und
Arbeitnehmervertreter auch aus dem Kreis der Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerverbände wählen zu lassen (BBl 2000 2637 S. 2677 Ziff. 2.9.1.1).
Nichts anderes erhellt aus den weiteren Materialien:

Ein zentraler Punkt der 1. BVG-Revision war die Verbesserung der paritätischen
Verwaltung, insbesondere auf Seiten der Arbeitnehmenden (BBl 2000 2637 S. 2640
und 2677 f. Ziff. 2.9.1). Dabei standen vor allem die Sammelstiftungen im
Fokus. Auch in diesen sollte auf der Ebene des Stiftungsrates "endlich die
Parität eingeführt" werden (Protokolle der nationalrätlichen Kommission für
soziale Sicherheit und Gesundheit [KSG-NR] vom 6./7. April 2000 S. 5 Ziff. 3
und vom 9./10./11. Januar 2001 S. 11 oben; Protokoll der ständerätlichen
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [KSG-SR] vom 1./2./3. Juli
2002 S. 2 unten); auf der Stufe der Vorsorgewerke werde die Parität in der
Verwaltungskommission bereits gelebt (Protokolle der KSG-NR vom 30./31. Januar/
1. Februar 2002 S. 51 und KSG-SR vom 14./15. Oktober 2002 S. 39 unten). Der
Stiftungsrat einer Sammelstiftung sollte nicht mehr, wie oftmals der Fall, aus
Angestellten der Gründergesellschaft bestehen. Vorgeschlagen wurde ein Modell,
bei dem die Parität weiter nach oben verschoben wird. Da es dort für einzelne
Arbeitnehmer der untersten Ebene schwierig würde, sollten erweiterte
Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände beigezogen werden. Die Stifterfirmen -
nach einem anderen Votanten die Destinatäre - sollten selber entscheiden, ob
sie die Vertretung aus den der Sammelstiftung angeschlossenen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern oder aus den Organisationen der Sozialpartner bestellen
(Protokoll der KSG-NR vom 30./31. Januar/ 1. Februar 2002 S. 6, 51 und 54). Mit
dem Antrag der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit, welcher den heute geltenden Sätzen 1 und 2 von Art. 51 Abs. 3 BVG
entspricht (vgl. AB NR vom 16. April 2002 S. 551), wurde demnach
unmissverständlich die Möglichkeit verankert, dass die Sammelstiftung Vertreter
der Sozialpartner in den Stiftungsrat einladen kann (so auch die
Schlussfolgerung seitens des BSV an der KSG-SR vom 14./15. Oktober 2002
[Protokoll S. 44 unten] und an derjenigen vom 4./5. November 2002 [Protokoll S.
8 oben]). Der in der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit gestellte Antrag Nr. 31 (vgl. Protokoll KSG-SR vom 4./5. November
2002 S. 5 und entsprechende Beilage und AB SR vom 28. November 2002), wonach
bei Sammelstiftungen die Wahl in der Regel durch Delegierte erfolgen soll,
wurde in der parlamentarischen Differenzbereinigung definitiv verworfen (AB NR
vom 6. Mai 2003 S. 628 und AB SR vom 4. Juni 2003 S. 451). Dabei hatte
Ständerat Jean Studer im Rahmen der Ratsdebatte ausdrücklich festgehalten, "il
faut assurer dans les organes paritaires une représentation par l'intermédiaire
de délégués, et, si cela n'est pas possible, offrir d'autres solutions, comme
par exemple une représentation dans les organes qui serait choisie par les
partenaires sociaux".

4.3. Daraus folgt, dass das aktive Wahlrecht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern
bei Sammelstiftungen durchaus eingeschränkt werden darf. Sowohl aus dem
Wortlaut (vgl. E. 2.1) als auch aus Sinn und Zweck sowie Materialien (vgl. E.
4.2) ergibt sich, dass sich diese Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte auf
den  Stiftungsrat bezieht. Auf dieser Ebene soll auch bei Sammelstiftungen
nicht bloss in zahlenmässiger Hinsicht Parität bestehen, indem sich das oberste
Organ aus gleich viel Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zusammensetzt,
sondern - die Worte von RIEMER/RIEMER-KAFKA (Das Recht der beruflichen Vorsorge
in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, S. 50 f.) gebrauchend - wegen der erhöhten
Komplexität auch in intellektueller Hinsicht. Eine weitere Folgerung, die sich
aus den vorangehenden Erwägungen 2.1 ("Kann"-Vorschrift) und 4.2 ("par
exemple") ergibt, ist, dass die Berufung durch Verbandsorganisationen bei
Sammelstiftungen nicht eine zwingende Alternative bildet.

4.4. Wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat
(vgl. E. 1.1 vorne), sind die Arbeitgeber, die bei der Pensionskasse
angeschlossen sind, allesamt Mitglieder der beteiligten Branchenverbände.
Gleichermassen steht verbindlich fest, dass weniger als die Hälfte der
Arbeitnehmer Mitglieder der - auf ihrer Seite - betroffenen Gewerkschaften
sind. Die Beschwerdeführerin bestreitet diesen Umstand nicht. Sie will
hinsichtlich der Zulassung der hier streitigen Vertretungsform - anders als die
Vorinstanz und die BBSA - nicht auf den Organisationsgrad der
Arbeitnehmerschaft abstellen. Vielmehr sei die Organisation der
Vorsorgeeinrichtung als Sammeleinrichtung das (allein) massgebende Kriterium.
Diese Auffassung ist zu absolut, einerseits aus den soeben dargelegten Gründen
(vgl. E. 4.3 vorne), anderseits wegen des einem jeden Verband immanenten
Zwecks, die Interessen seiner Mitglieder zu wahren (vgl. auch Mitteilungen des
BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 77 vom 7. Oktober 2004 S. 3 lit C.1.b
[nachfolgend: Mitteilungen Nr. 77]). Art. 51 BVG hat nicht zum Ziel,
(allgemeine) ideelle Interessen zu wahren. Die paritätische Verwaltung hat die
Wahrnehmung der (konkreten) finanziellen Interessen der - mittels ihrer
Beitragszahlungen - an einer Vorsorgeeinrichtung beteiligten Arbeitnehmer bzw.
Arbeitgeber zum Gegenstand (vgl. ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Umsetzung von Art.
51 BVG in den Sammelstiftungen der Lebensversicherer, SZS 2006 S. 348 Ziff. 4.3
und 4.5). Anders gesagt: Ein Vertreter, der von einem Verband in den
Stiftungsrat berufen wird, steht ausschliesslich für die Interessenwahrung
dessen (angeschlossener) Mitglieder. Ist nur eine Minderheit der involvierten
Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert, kann von einer echten
gleichberechtigten Mitbestimmung aller Beteiligten, wie sie dem Gesetzgeber
vorschwebte (vgl. E. 4.2 vorne), nicht gesprochen werden. Echte Parität
verlangt die Anwendung gleicher Massstäbe sowohl bei der Mitwirkung der beiden
Parteien in der Vorsorgeeinrichtung als auch bei der Vertretungsregelung.

Im vorliegend zu beurteilenden Fall unterscheidet sich der Organisationsgrad
von Arbeitnehmer und Arbeitgeber erheblich. Die Vorsorgeeinrichtung kann nicht
von sich aus eine Vertretungsregelung vornehmen, welche die Interessen eines
Grossteils der Versicherten unberücksichtigt lässt, ohne dass an dieser Stelle
ein allgemeiner Grenzwert zu nennen wäre. Dies gilt hier umso mehr, als einer
Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das aktive Wahlrecht bereits
auf der untersten Stufe (Versicherungskommission) gänzlich entzogen würde, was
unverhältnismässig erscheint. Es ist nicht ersichtlich und die Stiftung zeigt -
soweit es sich bei den entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdeschrift
nicht um ohnehin unzulässige Noven handelt (vgl. E. 1.3 vorne; zum [nicht
genügenden] Verweis auf die Vorakten vgl. nicht publ. E. 1.4 von BGE 140 II 112
, 2C_187/2013 vom 31. Januar 2014) - nicht substanziiert auf, weshalb die
Struktur der Stiftung einen derartigen Eingriff in die Mitentscheidungsrechte
von unten (Versicherungskommission) bis nach oben (Stiftungsrat) erforderlich
macht.

4.5. Nach dem Gesagten verletzt Art. 2.4 des Organisations- und Wahlreglements
der Pensionskasse die Parität, welcher Mangel sich angesichts der aufeinander
aufbauenden Stufen (vgl. Sachverhalt lit. A.a und A.b) auf die oberste Ebene,
den Stiftungsrat, erstreckt. Die aufsichtsrechtlichen Massnahmen, die selber
unangefochten geblieben und nicht weiter zu prüfen sind (vgl. E. 1.2 vorne),
erfolgten daher zu Recht. Entsprechend kann die Beantwortung der Frage, ob und
inwieweit Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände als Delegierte verstanden
werden können und dadurch allenfalls eine Zulassung im Sinne von Art. 51 Abs. 3
Satz 2 BVG obsolet wird (vgl. dazu E. 4.4 und 5.2 des vorinstanzlichen
Entscheides sowie Mitteilungen Nr. 77 S. 3 f. lit. C.2.a), offen gelassen
werden. Infolge der fehlenden Legitimität der Arbeitnehmervertreter erübrigen
sich auch Weiterungen bezüglich der Frage nach der angemessenen Vertretung der
verschiedenen Arbeitnehmerkategorien (vgl. E. 2.1 Abs. 1 vorne). Was
schliesslich die Frage nach der rechtsgenüglichen Grundlage für eine externe
Vertretung auf der Stufe Versicherungskommission - mithin das passive Wahlrecht
- betrifft, so ist dieser Punkt vor Bundesgericht ebenfalls unangefochten
geblieben. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage - im Gegensatz zur
Aufsichtsbehörde - bejaht. Das Bundesgericht hat keine Veranlassung, von der
vorinstanzlichen Auffassung abzuweichen (vgl. E. 1.2 vorne), zumal das
Organisations- und Wahlreglement der Pensionskasse diesbezüglich klar ist (vgl.
E. 2.2 vorne; vgl. auch Mitteilungen Nr. 77 S. 4 Ziff. 3) und ein Zuwiderlaufen
der besagten Reglementsbestimmung mit der Stiftungsurkunde nicht auf Anhieb
auszumachen ist.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.

5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend gehen die Gerichtskosten zu Lasten der
Beschwerdeführerin (Art. 68 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Juni 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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