Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 549/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_549/2015

Urteil vom 29. Januar 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Ana Dettwiler,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft,
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 16. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
Nachdem ein erstes Gesuch abgelehnt worden war, meldete sich A.________ im März
2011 erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle
Basel-Landschaft holte den Abklärungsbericht Haushalt vom 3. November 2011 ein
und liess die Versicherte psychiatrisch begutachten (Expertise Dr. med.
B.________ vom 14. Mai 2012). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren
verneinte sie mit Verfügung vom 18. Dezember 2012 einen Rentenanspruch.

B. 
Die Beschwerde der A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, nach Einholung des Gutachtens des Dr. med.
C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 12. September
2014, zu dem die Parteien Stellung nehmen konnten, mit Entscheid vom 16. April
2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
der Entscheid vom 16. April 2015 und die Verfügung vom 18. Dezember 2012 seien
aufzuheben und es sei ihr mit Wirkung ab 1. März 2011 eine ganze Invalidenrente
zuzusprechen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen,
damit es nach Abklärungen (u.a. unabhängige medizinische Begutachtung) neu
entscheide.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerdegegnerin hat mit der Vernehmlassung eine Stellungnahme des pract.
med. D.________, Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie, vom Regionalen
Ärztlichen Dienst (RAD) vom 11. September 2015 zu den Vorbringen in der
Beschwerde betreffend die Implikationen des Urteils 9C_492/2014 vom 3. Juni
2015 aus medizinischer Sicht für das vorliegende Verfahren eingereicht. Es kann
offenbleiben, ob dieses neue (echte) Beweismittel beachtlich ist (vgl. Art. 99
Abs. 1 BGG), zumal der Prüfungsraster, der seit der Rechtsprechungsänderung zu
den psychosomatoformen Schmerzstörungen gilt, rechtlicher Natur ist (BGE 141 V
281 E. 5 S. 304; vgl. E. 4 nachfolgend).

2. 
Die Vorinstanz hat den Streitgegenstand bildenden Anspruch der
Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung bis zum Zeitpunkt
der angefochtenen Verfügung vom 18. Dezember 2012 beurteilt. Dies entspricht
ständiger Rechtsprechung (BGE 130 V 138 E. 2.1 S. 140; 129 V 1 E. 1.2 S. 4).
Entgegen der offenbaren Auffassung der Versicherten wurde mit der Einholung
eines Gerichtsgutachtens dieser Prüfungszeitraum nicht gleichsam automatisch -
höchstens - bis zum Entscheid über die Beschwerde ausgedehnt. Abgesehen davon
bestand selbst bei gegebenen Voraussetzungen (vgl. dazu statt vieler Urteil
9C_540/2015 vom 15. Oktober 2015 E. 3.1 mit Hinweisen) keine Pflicht zu einer
solchen Ausdehnung des Verfahrens (vgl. Urteil 9C_599/2009 vom 14. September
2009 E. 2.2.1: in: SVR 2010 IV Nr. 18 S. 56). Der Beweiswert der Expertise in
zeitlicher Hinsicht ist im Übrigen Gegenstand der materiellen Prüfung.

3. 
Das Kantonsgericht hat in Anwendung der gemischten Methode der
Invaliditätsbemessung (Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 137 V 334 E. 3.1.3 und E. 3.2
S. 338) bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von 0.83 (BGE 125 V 146 E. 2b S.
149), einer Arbeitsfähigkeit von 80 % auch in der angestammten Tätigkeit als
Raumpflegerin und einer Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 10 %
(Art. 27 IVV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 IVG und Art. 8 Abs. 3 ATSG) einen
Invaliditätsgrad von maximal 18 % ermittelt (0.83 x 20 % + 0.17 x 10 %; zum
Runden BGE 130 V 121), was für den Anspruch auf eine Invalidenrente nicht
ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG). Die Arbeitsfähigkeit hat es im Wesentlichen
gestützt auf das Gerichtsgutachten vom 12. September 2014 und angesichts des
Beschwerdebildes (E. 4.2 hinten) in Anwendung der "alten" Schmerzrechtsprechung
(vgl. BGE 130 V 352 und 139 V 547 E. 5.9 S. 558 f.) festgesetzt.

4. 
Die erwähnte Rechtsprechung ist mit Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 (BGE
141 V 281) geändert und präzisiert worden, wie die Beschwerdeführerin richtig
vorbringt. Es ist zu prüfen, welche Auswirkungen sich dadurch auf den hier zu
beurteilenden Fall ergeben.

4.1. Nunmehr sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei gesundheitlichen
Beeinträchtigungen der erwähnten Art Indikatoren beachtlich, die das
Bundesgericht wie folgt systematisiert hat:
Kategorie "funktioneller Schweregrad"
       Komplex "Gesundheitsschädigung"
              Ausprägung der diagnoserelevanten
Befunde                            Behandlungs- und Eingliederungserfolg oder
-resistenz                     Komorbiditäten
              Komplex "Persönlichkeit" (Persönlichkeitsdiagnostik, persönliche
Ressourcen)

              Komplex "Sozialer Kontext"
Kategorie "Konsistenz" (Gesichtspunkte des Verhaltens)
                                    gleichmässige Einschränkung des
Aktivitätenniveaus in                     allen vergleichbaren Lebensbereichen
              behandlungs- und eingliederungsanamnestisch ausgewiesener
Leidensdruck
Sie erlauben - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer
Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotenzialen (Ressourcen)
anderseits - das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE
141 V 281 E. 3.4-3.6 und E. 4.1 S. 291 ff.). Die Anerkennung eines
rentenbegründenden Invaliditätsgrades ist nur zulässig, wenn die funktionellen
Auswirkungen der medizinisch festgestellten gesundheitlichen Anspruchsgrundlage
im Einzelfall anhand der Standardindikatoren schlüssig und widerspruchsfrei mit
(zumindest) überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sind (BGE 141 V 281
E. 6 S. 308).
Die Durchführung eines strukturierten Beweisverfahrens nach dem dargelegten
Prüfungsraster erübrigt sich, wenn Ausschlussgründe vorliegen, etwa wenn die
Leistungseinschränkung überwiegend auf Aggravation oder einer ähnlichen
Erscheinung beruht, welche die Annahme einer gesundheitlichen Beeinträchtigung
von vornherein ausschliessen (BGE 141 V 281 E. 2.2 S. 287 f.; vgl. auch Urteil
9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4, in: SVR 2015 IV Nr. 38 S. 121). Ein solcher
Tatbestand liegt hier indessen nicht vor. Der psychiatrische Gerichtsgutachter
erwähnte zwar Diskrepanzen zwischen dem beobachteten Verhalten der Versicherten
und der subjektiv beschriebenen Schmerzproblematik sowie der raschen
Erschöpfbarkeit und Konzentrationsminderung im Alltag. Er hielt jedoch
ausdrücklich fest, es hätten sich keine Hinweise gezeigt für eine willentliche
Herbeiführung oder massive Verdeutlichung psychischer oder körperlicher
Störungen im Sinne einer Aggravation oder Simulation. Ebenfalls hatte Dr. med.
B.________ in seiner Expertise vom 14. Mai 2012 die Symptomschilderung als
adäquat, nicht simulierend oder aggravierend bezeichnet.

4.2. Der Gerichtsgutachter stellte folgende Diagnosen: (mit Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit) Leichtgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom im
Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung, im Längsschnittverlauf
leicht- bis schwergradig ausgeprägt (ICD-10 F33.01); (ohne Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit) Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.1). Ein solches
Beschwerdebild zählt unbestrittenermassen zu den mit einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.40) vergleichbaren psychosomatischen
Leiden (Urteil I 70/07 vom 14. April 2008 E. 5) im Sinne (auch) der geänderten
Rechtsprechung (BGE 141 V 281 E. 4.2 S. 298).

4.2.1. F.45.1 ist die ICD-10-Kodierung für eine undifferenzierte
Somatisierungsstörung, worauf die Beschwerdeführerin richtig hinweist. Wie sie
indessen selber festhält, erwähnte und diskutierte der Experte (lediglich) die
Kriterien einer Somatisierungsstörung nach ICD-10 F45.0. Es kommt dazu, dass in
allen Berichten der behandelnden Ärzte der psychiatrischen Dienste E.________
ebenso wie im Gutachten des Dr. med. B.________ vom 14. Mai 2012 dieselbe
Diagnose gestellt wurde. Es ist somit von einem offensichtlichen Verschrieb
auszugehen.

4.2.2. Die diagnoserelevanten Kriterien betreffen sodann die Symptomatik
während eines längeren Zeitraums. Dazu sind neben den subjektiven Angaben der
Beschwerdeführerin vorab die übrigen ärztlichen Berichte von Bedeutung. Es ist
daher nicht einsehbar, wie vorgebracht wird, inwiefern es den
bundesgerichtlichen Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung der
gestellten Diagnose nicht genügen soll, dass der Gerichtsgutachter bei der
Diskussion auch und wesentlich auf die Berichte der behandelnden Ärzte und
eines früheren Gutachters abstellte.

4.2.3. Im Weitern schliessen allenfalls vorhandene erklärbare körperliche
Beschwerden eine Somatisierungsstörung nicht aus, sofern die entsprechenden
Kriterien gegeben sind, wozu gehört, dass sich die angegebenen Schmerzen nicht
vollständig und eindeutig einem organischen Korrelat zuordnen lassen. In diesem
Sinne sind die diagnostischen Leitlinien zu verstehen, mit denen der
gerichtliche Experte die charakterisierende Beschreibung der
Somatisierungsstörung zusammenfasste. Dabei nimmt die zweite Leitlinie
("hartnäckige Weigerung, den Rat oder die Versicherung mehrere Ärzte
anzunehmen, dass für die Symptome keine körperliche Erklärung zu finden ist"),
welche die Beschwerdeführerin als nicht erfüllt zu betrachten scheint,
offensichtlich Bezug auf das Kriterium "lange und komplizierte
Patienten-Karriere (...), sowohl in der Primärversorgung als auch in
spezialisierten medizinischen Einrichtungen, wo viele negative Untersuchungen
und ergebnislose explorative Operationen durchgeführt sein können"
(ICD-10-Kodierung zu F45.0). Diesbezüglich erwähnte der Gerichtsgutachter u.a.,
dass bereits im Bericht der psychiatrischen Dienste E.________ vom 19. Juli
2007 auf die vielfältige Inanspruchnahme verschiedener Ärzte und Therapeuten
hingewiesen und zahlreiche medikamentöse Versuche beschrieben worden seien. Der
Hausarzt erwähnte in seinem Attest vom 14. März 2011, die ausgeprägten
somatischen Äquivalente der schweren Depression hätten zu zahlreichen
ambulanten Abklärungen und schliesslich zur Hospitalisation im Februar geführt.
Es ist somit von einer sachgerecht diagnostizierten Somatisierungsstörung
(ICD-10 F45.0) als Gesundheitsbeeinträchtigung auszugehen (BGE 141 V 281 E.
2.1.1 S. 285 f.).

4.3. Mit Bezug auf den ersten Indikator ("Ausprägung der diagnoserelevanten
Befunde und Symptome") erwähnte der Gerichtsgutachter, die strukturierte
Erhebung (SOMS [Screening für Somatoforme Störungen]) belege eine ausgeprägte
Symptomfixierung bzw. ein ausgeprägtes Schmerzverhalten. Psychopathologisch
habe sich eine deutliche Einengung auf die körperliche Beschwerdesymptomatik
gezeigt, depressive Begleitsymptome seien eruierbar gewesen, was durchaus im
Einklang mit der diagnostizierten Somatisierungsstörung sei. Die Versicherte
habe ubiquitär verteilte, zum Teil diffuse Beschwerden sowie eine verminderte
Belastbarkeit angegeben. Es bestehe ein Schonverhalten, wobei das Ergebnis des
ICF-Ratings darauf hinweise, dass sie ihr Leistungsvermögen nicht ausschöpfe.
Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde finden sich im Gerichtsgutachten
somit durchaus Feststellungen über die konkreten Erscheinungsformen der
diagnostizierten Somatisierungsstörung.
Daraus kann indessen nicht ohne weiteres auf eine rechtserhebliche
Gesundheitsschädigung bzw. auf einen (bestimmten) funktionellen Schweregrad der
Störung geschlossen werden. Vielmehr sind das Beschwerdebild ebenfalls
mitprägende psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren, soweit sie
unmittelbar (direkt) die Symptomatik beeinflussen, als nicht invalidisierende
und damit nicht versicherte Umstände auszuscheiden (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.1 S.
298). Diesbezüglich hielt der Experte fest, in der aktuellen Untersuchung
hätten überwiegend wahrscheinlich die Problematik um den jüngeren Sohn
(Streitigkeiten aufgrund der gescheiterten Fussballkarriere) als ursächliche,
gleichzeitig die Drogenprobleme des älteren Sohnes als mindestens
aufrechterhaltende, wenn nicht verursachende Faktoren der aufgetretenen
Beschwerden eruiert werden können. Auch der Ehemann der Versicherten habe
fremdanamnestisch die Zunahme ihrer gesundheitlichen Probleme in diesem Kontext
geschildert. Die in den Vorberichten hervorgehobenen ehelichen
Auseinandersetzungen liessen sich vor dem Hintergrund der Probleme der Söhne
ableiten. Die zeitliche Übereinstimmung hinsichtlich der Entstehung der
Beschwerden mit den schwierigen familiären Ereignissen weise auf eine
psychogene Verursachung hin. Die gewandelte fürsorgliche Haltung des früher
eifersüchtigen Ehemannes trage ebenfalls zur Aufrechterhaltung der Symptome
bei. Diese nicht bestrittenen Feststellungen sprechen gegen das Vorliegen eines
Krankheitsgeschehens, das im invalidenversicherungsrechtlichen Sinne als schwer
zu bezeichnen ist.

4.4. Zum zweiten Indikator ("Behandlungserfolg oder -resistenz") weist die
Beschwerdeführerin richtig darauf hin, dass der Gerichtsgutachter von bisher
durchwegs erfolglosen Behandlungen sprach. Allerdings äusserte der Experte
aufgrund ihrer Angaben und der Akten erhebliche Zweifel daran, dass eine
intensive fachärztliche psychiatrische und vor allem psychotherapeutische
Behandlung stattgefunden hatte. Sodann gab es Unterbrüche seit der ersten
kurzen Behandlung im Zeitraum von Juli bis August 2005. Insbesondere fand
zwischen dem 28. November 2008 und 3. März 2011 keine Therapie statt (Bericht
psychiatrische Dienste E.________ vom 31. August 2011). Zu den möglichen
auslösenden Situationen für die Verschlechterung der Symptomatik, welche zur
erneuten Behandlung ab 4. März 2011 führte, gab die Beschwerdeführerin viele
psychosoziale Probleme an: Dem Ehemann, Taxifahrer, sei der Führerausweis
entzogen worden, weil er alkoholisiert Auto gefahren sei, sodass sie finanziell
in Engpässe geraten seien und sie einen zusätzlichen Job habe annehmen müssen.
Dort sei mit schlechten Putzmitteln gearbeitet worden, was sie geschädigt habe.
Ausserdem habe der Sohn im Fussballverein unter grossem Mobbing durch den
Trainer zu leiden gehabt; auch gebe es ständig Streit mit dem Ehemann, welcher
sehr eifersüchtig sei und sie kontrolliere. Diese Auseinandersetzungen würden
sie sehr belasten (Bericht psychiatrische Dienste E.________ vom 4. März 2011).
Unter diesen Umständen kann nicht losgelöst von direkt wirkenden psychosozialen
Faktoren, welche indessen ausser Acht zu bleiben haben, von einem definitiven
Scheitern einer indizierten, lege artis und mit optimaler Kooperation des
Versicherten durchgeführten Therapie gesprochen werden (BGE 141 V 281 E.
4.3.1.2 S. 299) bzw. davon, therapeutische Massnahmen hätten keine Aussicht
(mehr) auf Erfolg und die Prognose sei insoweit schlecht.

4.5. Die depressive Störung fördert gemäss Gerichtsgutachter die Tendenz zur
Somatisierung; umgekehrt verursache jeder Somatisierungsschub neue depressive
Verstimmungen. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Wechselwirkungsweise
nicht. Sie macht jedoch geltend, es liege nicht nur eine leichte Komorbidität
vor. Die Expertise sei insoweit widersprüchlich und nicht schlüssig (zum
Beweiswert ärztlicher Berichte BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Inwieweit die
leichtgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom im Rahmen einer
rezidivierenden depressiven Störung, im Längsschnittverlauf leicht- bis
schwergradig ausgeprägt (ICD-10 F33.01; E. 4.2 vorne) überhaupt eine
psychiatrische Komorbidität darstellt, braucht nicht abschliessend beantwortet
zu werden (BGE 141 V 281 hat indessen nichts daran geändert, dass grundsätzlich
nur schwere psychische Störungen invalidisierend und Komorbidität sein können
[a.a.O., E. 4.3.1.3 S. 301]). Was dazu vorgetragen wird, sticht so oder anders
nicht:
Die Beschwerdeführerin hatte gegenüber dem Gerichtsgutachter angegeben, wenn
sie auf dem Trottoir sei, habe sie  manchmal den Gedanken, es wäre gut, jemand
stiesse sie auf die Strasse, damit sie überfahren werde. Bei der Prüfung der
diagnoserelevanten Kriterien erwähnte der Experte das zusätzliche Symptom Ziff.
2.3 "Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an den Suizid; suizidales
Verhalten" nicht. Darin kann indessen kein Widerspruch erblickt werden. Bei der
Diskussion des Schweregrades der depressiven Symptomatik hielt der
Gerichtsgutachter fest, eine eigentliche Suizidalität sei nicht eruierbar
gewesen. Diese Beurteilung überzeugt, zumal wenn berücksichtigt wird, dass für
die Diagnosestellung nicht nur die Anamnese, sondern ebenso die Vorakten und
die erhobenen Befunde massgebend waren. Aus demselben Grund kann aus dem
Umstand, dass der Experte bei der Diskussion des Schweregrades der depressiven
Symptomatik festhielt, die Versicherte sei mittlerweile - nach ihren Angaben
seit Sommer 2013 - nicht mehr in psychiatrisch-psychotherapeutischer
Behandlung, was indirekt für eine leichtgradige depressive Störung spreche,
nicht gefolgert werden, diese Einschätzung gelte nicht auch im hier
massgebenden Zeitpunkt der Verfügung vom 18. Dezember 2012 (vgl. E. 2 vorne),
als sie noch in Therapie stand.

4.6. Im Rahmen der Diskussion der Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit einer
Beschwerdeüberwindung aus psychiatrischer Sicht (Foerster-Kriterien; BGE 140 V
290 E. 3.3.1 S. 296) sodann äusserte sich der Gerichtsgutachter auch zu den
komplexen Ich-Funktionen und inwiefern sie bei der Versicherten allenfalls
eingeschränkt sind. Er bejahte - gesamthaft - wichtige Ressourcen, um eine
entsprechende Willensanstrengung leisten zu können, zwar leicht geschwächt,
aber nicht gänzlich aufgehoben, und einer ihren körperlichen Möglichkeiten und
Fähigkeiten entsprechenden Arbeitstätigkeit im zeitlichen Umfang von 80 %
nachzugehen. Die "komplexen Ich-Funktionen" bezeichnen in der Persönlichkeit
angelegte Fähigkeiten, welche Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen zulassen
(u.a. Selbst- und Fremdwahrnehmung, Realitätsprüfung und Urteilsbildung,
Affektsteuerung und Impulskontrolle sowie Intentionalität [Fähigkeit, sich auf
einen Gegenstand zu beziehen] und Antrieb). Diesbezüglich gelten besonders hohe
Begründungsanforderungen (BGE 141 V 281 E. 4.3.2 S. 302), denen nach Auffassung
der Beschwerdeführerin das Gerichtsgutachten jedoch nicht entspreche. Der
Experte lege nicht dar, aufgrund welcher Beobachtungen und Überlegungen er zu
seinen Feststellungen gekommen sei. Dem kann insofern nicht beigepflichtet
werden, als die betreffenden Ausführungen sich jedenfalls auch auf das Ergebnis
des "Mini-ICF-APP Rating für Aktivitäts- und Partizipationsstörungen bei
psychischen Erkrankungen" stützen, dessen Validität nicht bestritten wird.

4.7. Der soziale Kontext ist vorliegend gekennzeichnet durch einen sozialen
Rückzug, der aber - insoweit unbestritten - nicht ausgeprägt ist, zumal wenn
die ausserhäusliche Tätigkeit im zeitlichen Umfang von knapp 16 Stunden in der
Woche mitberücksichtigt wird. Gemäss Beschwerdeführerin kann indessen von einem
sozialen Netz, das ihr Unterstützung biete, sodass sie ihre Ressourcen
mobilisieren könne, keine Rede sein. Dem stehen jedoch auf der anderen Seite
die bereits erwähnten psychosozialen Belastungsfaktoren gegenüber, die, soweit
sie direkte negative funktionelle Folgen zeitigen, ausgeklammert bleiben bzw.
in die andere Waagschale geworfen werden müssen (BGE 141 V 281 E. 4.3.3 S.
303).

4.8. Unter dem Aspekt der Konsistenz ist von Bedeutung, dass der
Gerichtsgutachter mit Bezug auf das Aktivitätsniveau auf eine deutliche,
medizinisch nicht begründbare Diskrepanz hinwies zwischen einer "praktisch
völligen Leistungsunfähigkeit zuhause" und einer "normalen Arbeitsleistung am
Arbeitsplatz" nachmittags als Raumpflegerin. Die Versicherte habe angegeben,
praktisch unfähig zu sein, zur Haushaltsführung beizutragen ausser mit
kleineren Arbeiten. Demgegenüber sei sie offensichtlich in der Lage, das Pensum
am Arbeitsplatz ohne Verminderung des Leistungsniveaus aufrechtzuerhalten.
Weiter sei das Freizeitverhalten sicherlich wenig eigeninitiativ. Die
Beschwerdeführerin bestreitet diese Feststellungen nicht. Hingegen bringt sie
vor, im Gerichtsgutachten fehle ein ausführlicher Vergleich mit dem Niveau
sozialer Aktivitäten vor dem Eintritt der Gesundheitsschädigung. Soweit
erhebbar, empfiehlt sich zwar ein solcher Vergleich. Das Aktivitätsniveau der
versicherten Person ist stets im Verhältnis zur geltend gemachten
Arbeitsunfähigkeit zu sehen (BGE 141 V 281 E. 4.4.1 S. 303). Indessen legt die
Beschwerdeführerin mit keinem Wort dar, worin ihre früheren Aktivitäten
bestanden noch inwiefern damit neue Erkenntnisse bezüglich der Ausprägung der
geltend gemachten Funktionseinschränkungen im Beruf, im Haushalt und in den
sonstigen Lebensbereichen (z.B. Freizeitgestaltung) gewonnen werden könnten.
Schliesslich lassen die angesprochenen belastenden psychosozialen Umstände
nicht den Schluss zu auf einen direkt im Zusammenhang mit der gesundheitlichen
Beeinträchtigung (Schmerz- und depressive Symptomatik) stehenden erheblichen
Leidensdruck. Im Übrigen wird nicht geltend gemacht und aus dem
Gerichtsgutachten ergeben sich auch keine Hinweise, dass eine (unabwendbare)
Unfähigkeit zur Krankheitseinsicht bestehen könnte (BGE 141 V 281 E. 4.4.2 S.
304).

4.9. Nach dem Gesagten bildet das Gerichtsgutachten vom 12. September 2014 auch
im Lichte der Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 eine genügende beweiskräftige
Grundlage, um die Frage nach den funktionellen Auswirkungen der
gesundheitlichen Beeinträchtigung in zuverlässiger Weise entscheiden zu können.
Gestützt darauf und die übrigen medizinischen Akten ist, wie dargelegt,
namentlich von einem gemessen an den Befunden unter Ausklammerung der
psychosozialen Belastungsfaktoren als gering zu bezeichnenden funktionellen
Schweregrad der Gesundheitsschädigung auszugehen und eine (direkt) darauf
zurückzuführende Therapieresistenz zu verneinen (E. 4.3-4 vorne). Ebenso wenig
können losgelöst von den belastenden psychosozialen Umständen die psychischen
Ressourcen als erheblich vermindert betrachtet werden. Jedenfalls lässt sich im
Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung die Annahme der Vorinstanz einer
Arbeitsfähigkeit von 80 % auch in der angestammten Tätigkeit als Raumpflegerin
(E. 3 vorne) nicht beanstanden.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet den vorinstanzlichen Statusentscheid als
im Gesundheitsfall lediglich zu 83 % (35 von 42 Wochenstunden) erwerbstätige
Reinigungskraft. Es sei von einem hypothetischen Arbeitspensum von 100 %
auszugehen. Darauf ist nicht näher einzugehen. Bei Vollzeittätigkeit im
Gesundheitsfall und einer Arbeitsfähigkeit von 80 % auch in der nach wie vor
teilzeitlich ausgeübten Tätigkeit als Raumpflegerin ergäbe sich ein
Invaliditätsgrad von 20 %.

5.2. Für den Fall einer Teilzeittätigkeit von 83 % ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung bestreitet die Beschwerdeführerin den von der Vorinstanz
ermittelten erwerbsbezogenen Invaliditätsgrad von maximal 20 %. Bei einem
Arbeitspensum von 100 % betrage das Einkommen ohne Behinderung Fr. 63'724.-.
Die Feststellung der Vorinstanz, dass das Valideneinkommen von Fr. 46'877.- in
der angefochtenen Verfügung einem Arbeitspensum von 83 % entspreche, sei
unzutreffend. Sodann sei die Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt
lediglich gestützt auf das Gerichtsgutachten festgesetzt worden. Es hätte
zwingend eine Abklärung vor Ort durchgeführt werden müssen. Beide Einwände sind
nicht stichhaltig:
Das Kantonsgericht hat festgestellt, bei einer Arbeitsfähigkeit von   80 %
(auch) in der weiterhin ausgeübten Tätigkeit als Raumpflegerin - was von
vornherein einen Tabellenlohnabzug nach BGE 126 V 75 ausschliesst - wäre die
Beschwerdeführerin in der Lage, ein Invalideneinkommen zu erzielen, das
annähernd so hoch sei wie dasjenige bei einem Arbeitspensum von 83 % im
Gesundheitsfall. Daraus hat es auf eine gesundheitlich bedingte Erwerbseinbusse
von deutlich weniger als 20 % geschlossen. Es ist nicht ersichtlich und die
Beschwerdeführerin zeigt auch nicht auf, inwiefern dies Bundesrecht verletzen
soll. Da bei einem Invaliditätsgrad von 20 % im erwerblichen Bereich selbst
eine Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 100 % nicht zu einem
Invaliditätsgrad von mindestens 40 % führt (0.83 x 20 % + 0.17 x 100 % = 33.6
%), erweist sich auch die Rüge, es sei zu Unrecht keine Haushaltabklärung
durchgeführt worden, als unbegründet.

5.3. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht.

6. 
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Januar 2016
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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