Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 515/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_515/2015

Urteil vom 1. März 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Walter Studer,
Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Luzern,
Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern
vom 17. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ ist als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse Luzern
angeschlossen. Seit 1. Januar 2004 ist er über das Vorsorgewerk B.________
freiwillig bei der Sammelstiftung Vorsorge der Zentralschweiz für ein Einkommen
von Fr. 500'000.- spar- und risikoversichert. 2009 tätigte er Einlagen (ohne
Risikobeiträge) von insgesamt Fr. 1'688'000.- (Fr. 108'000.- [ordentliche
Beiträge] + Fr. 1'580'000.- [Einkauf von Beitragsjahren]). Gestützt auf die
Meldung der zuständigen Steuerbehörde für die direkte Bundessteuer vom 9.
September 2013 setzte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 26. September 2013
die persönlichen Beiträge für 2009 fest. Bemessungsgrundlage bildete ein
beitragspflichtiges Einkommen von Fr. 230'700.- (Fr. 208'812.- [Fr. 296'589.- -
Fr. 87'777.- (ein Neuntel von der Hälfte der Einkaufssumme)] + Fr. 21'919.-
[Aufrechnung der steuerlich abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge]). Mit
Einspracheentscheid vom 9. Mai 2014 korrigierte die Ausgleichskasse die
Beitragsfestsetzung für 2009 insofern, als sie neu den Einkauf von
Beitragsjahren bis zur Hälfte des von der zuständigen Steuerbehörde für die
direkte Bundessteuer gemeldeten Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit
(Fr. 296'589.-), d.h. in der Höhe von Fr. 148'294.-, zum Abzug zuliess.

B. 
Die Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, mit
Entscheid vom 17. Juni 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________
zur Hauptsache, der Entscheid vom 17. Juni 2015 sei aufzuheben und ihm für die
Beitragsperiode vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 der hälftige Einkauf in die
berufliche Vorsorge als Abzug zu gewähren und ein AHV-pflichtiges Einkommen von
Minus Fr. 432'411.- festzusetzen.
Die Ausgleichskasse Luzern und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)
ersuchen um Abweisung der Beschwerde.
A.________ hat sich im Rahmen des Replikrechts zu den Vernehmlassungen von
Ausgleichskasse und BSV geäussert (Eingabe vom 11. Januar 2016).

Erwägungen:

1. 
Der Beschwerdeführer hatte 2009 im Rahmen der freiwilligen beruflichen Vorsorge
(2. Säule) eine Einlage von Fr. 1'580'000.- zwecks Einkauf von Beitragsjahren
gemacht. Gemäss angefochtenem Entscheid kann von dieser Summe die Hälfte des
von der zuständigen Steuerbehörde für die direkte Bundessteuer für dieses Jahr
gemeldeten Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Fr. 296'589.-), somit
Fr. 148'294.-, vom Einkommen abgezogen werden (Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 lit. e
AHVG). Der Beschwerdeführer reklamiert einen Abzug in der Höhe von Fr.
790'000.- entsprechend der Hälfte der Einkaufssumme.

2.

2.1. Nach Art. 9 AHVG ist jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in
unselbständiger Stellung geleistete Arbeit ist, Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit (Abs. 1). Vom hierdurch erzielten rohen Einkommen werden u.a.
die persönlichen Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge abgezogen,
soweit sie dem üblichen Arbeitgeberanteil entsprechen (Abs. 2 lit. e). Für die
Ausscheidung und das Ausmass (auch) dieses Abzugs sind die Vorschriften über
die direkte Bundessteuer massgebend (Art. 18 Abs. 1 AHVV). Der insoweit
einschlägige Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bestimmt, dass bei der Ermittlung des
der direkten Bundessteuer unterliegenden selbständigen Erwerbseinkommens die
gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge
an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von den Einkünften abgezogen werden.

2.2. Nach der Rechtsprechung ist bei Selbständigerwerbenden mit oder ohne
Arbeitnehmer ein in den Statuten oder im Reglement der Vorsorgeeinrichtung
vorgesehener Einkauf von Beitragsjahren im Rahmen der freiwilligen beruflichen
Vorsorge (Art. 4 und 44 BVG) in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 1 BVG im
Umfang von maximal 50 Prozent der tatsächlich geleisteten Summe grundsätzlich
abzugsfähig. Schranken bilden die Begrenzung für den Einkauf auf die Höhe der
reglementarischen Leistungen sowie die Beschränkung des versicherbaren
Einkommens der Selbständigerwerbenden auf den zehnfachen oberen Grenzbetrag
nach Art. 8 Abs. 1 BVG (84 240 Franken) gemäss Art. 79b und 79c BVG, welche
auch im weitergehenden Vorsorgebereich gelten (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 24 und 25
BVG), die Grundsätze der Angemessenheit (Art. 1 und 1b BVV 2) sowie
Umgehungstatbestände (BGE 136 V 16 E. 2.2 und E. 5.3 S. 18 ff.).
Laut Rz. 1116 der Wegleitung des BSV über die Beiträge der
Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO (WSN), in
der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung, ermitteln die kantonalen
Steuerbehörden die nach Art. 79b BVG und dem massgebenden Reglement zulässigen
Einkaufssummen und führen diese in der Steuermeldung separat auf. Die
Ausgleichskasse zieht die Hälfte der von der Steuerbehörde gemeldeten
Einkaufssumme vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ab.

3.

3.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; ist der Beschwerdeführer selbständigerwerbender
Rechtsanwalt und Liegenschaftenhändler. Seit 1. Januar 2004 ist er freiwillig
berufsvorsorgeversichert (2. Säule). Das versicherte Einkommen beträgt Fr.
500'000.-, der jährliche ordentliche Sparbeitrag 20 % davon oder Fr. 100'000.-
Diesen Betrag zahlte er auch 2009 ein; zudem machte er eine Einlage von Fr.
1'580'000.- zwecks Einkauf fehlender Beitragsjahre. Diese Summe entsprach rund
dem Fünffachen des von der zuständigen Steuerbehörde für die direkte
Bundessteuer gemeldeten Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr.
296'589.- und wurde finanziert durch die Übertragung von zwei
Inhaber-Schuldbriefen auf die Vorsorgeeinrichtung zu Eigentum (Vereinbarung vom
16. Dezember 2009). Bereits 2006 und 2007 hatte der Beschwerdeführer
Einkaufssummen in der Höhe von Fr. 800'000.- und Fr. 300'000.- geleistet. 2010
tätigte er eine weitere Einlage von Fr. 1'350'000.-. Die Steuerveranlagung für
2009 wies ein Reinvermögen von rund Fr. 40 Mio. aus.
Ausgehend von diesen nicht bestrittenen Tatsachen hat die Vorinstanz erwogen,
es sei augenfällig, dass der Beschwerdeführer hohe Einkäufe in die berufliche
Vorsorge kurz vor Erreichen des AHV-Alters im Jahre 2012 vorgenommen habe. Die
2009 einbezahlte Summe von Fr. 1'580'000.- sei selbst im Vergleich mit
denjenigen von 2006 und 2007 sehr hoch; sie übersteige das Fünffache des in
diesem Jahr erzielten Einkommens, was ungewöhnlich und unüblich sei. Die
Leistung sei denn auch nicht mit dem Einkommen finanzierbar gewesen. Es bestehe
ein krasses Missverhältnis, indem selbst die Hälfte der Einlage (Fr. 790'000.-)
das beitragspflichtige Einkommen (Fr. 296'589.-) um ein Mehrfaches übersteige.
Ein Abzug, der das erwirtschaftete Einkommen im Beitragsjahr bei weitem
übersteige, lasse sich weder sachlich noch im Hinblick auf ein befriedigendes
Ergebnis der ratio legis von Art. 79b BVG und Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG
rechtfertigen, sprenge offensichtlich das Ausmass, was ein Arbeitgeber
üblicherweise für Arbeitnehmer für die Leistung von Einkäufen mitzufinanzieren
bereit sei. Einlagen von Selbständigerwerbenden in die berufliche Vorsorge, die
den "üblichen Arbeitgeberanteil" überstiegen, verletzten den Grundsatz der
Gleichbehandlung mit den Unselbständigerwerbenden. Angesichts der hohen
Einkäufe, sechzehn Beitragsjahre allein 2009, lasse sich der damit verbundene
Gedanke einer Steueroptimierung kaum aus dem Weg räumen, zumal aufgrund der
Vermögenssituation die Alterssicherung gewährleistet sei und ein steuerbares
Einkommen von Fr. 1.2 Mio. ein erhebliches Interesse begründen könne, die
Steuerlast zu reduzieren. Der von der Ausgleichskasse anerkannte Abzug in der
Höhe der Hälfte des beitragspflichtigen Einkommens (vor Aufrechnung der
steuerlich abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge), d.h. Fr. 148'294.-, könne
einem üblichen Arbeitgeberanteil gleichgesetzt werden. Schliesslich könne, so
die Vorinstanz, durch die Tatsache allein, dass im 2006 und 2007 die Beiträge
vollumfänglich zum Abzug zugelassen worden seien, keine rechtlich geschützte
Position im Sinne eines Anspruchs darauf entstehen, dass auch in den folgenden
Jahren so verfahren würde.

3.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG
i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BVG sowie des Rechtsgleichheitsgebots nach Art. 8 Abs. 1
BV. Er bringt im Wesentlichen vor, die 2009 getätigte Einlage über Fr.
1'580'000.- sei von der Steuerbehörde zum Abzug zugelassen worden. Es seien
keine Gründe ersichtlich, weshalb die steuerrechtliche Beurteilung nicht auch
für die AHV massgebend sein sollte. Seine Vorsorge sei nicht unangemessen. Das
versicherte Einkommen (Fr. 500'000.-) sei nicht höher als das
Durchschnittseinkommen. Ein Einkauf könne höher sein als das in diesem Jahr
erzielte Einkommen. Würden sämtliche Einkäufe gleichmässig auf die
Beitragsjahre verteilt, stünden sie nicht im Missverhältnis mit den jeweiligen
Einkünften. Steueroptimierungen seien zulässig und vom Gesetzgeber gewollt.
Steuererleichterungen sollten gerade auch Selbständigerwerbende dazu bewegen,
in ihre berufliche Vorsorge freiwillig zu investieren, um so ihre
Altersvorsorge zu sichern. Die Berechnung der Einkaufsreserve der
Vorsorgeeinrichtung sei gesetzes- und reglementskonform. Sämtliche Einkäufe
seien unter der Auflage von Art. 79b Abs. 3 Satz 1 BVG erfolgt, welche
eingehalten worden sei.

3.3. Beschwerdegegnerin und BSV verweisen in ihren Vernehmlassungen im
Wesentlichen auf die vorinstanzlichen Erwägungen, wobei sie den Grundsatz der
Gleichbehandlung mit Unselbständigerwerbenden betonen. Die Ausgleichskasse hebt
die Ausserordentlichkeit und Erstmaligkeit des vorliegenden Falles hervor, in
dem "selbst die Hälfte des Einkaufs das beitragspflichtige Einkommen
übersteigt". Das Bundesamt erwähnt Bestrebungen im Rahmen der Reform der
Altersvorsorge 2020, den Abzug Selbständigerwerbender auf die laufenden
Beiträge an Einrichtungen der 2. Säule zu beschränken (unter Hinweis auf die
gleichnamige Botschaft vom 19. November 2014, BBl 2015 96 und 250, sowie AB
2015 S 836 f.).

4.

4.1. Der 2009 getätigte Einkauf in der Höhe von Fr. 1'580'000.- wurde
unbestrittenermassen bundessteuerrechtlich voll zum Abzug zugelassen. Die
Steuerbehörden verneinten somit insbesondere einen Steuerumgehungstatbestand.
Ausser Frage steht sodann, dass sowohl laufende ordentliche Beitragszahlungen
als auch der Einkauf fehlender Beitragsjahre von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG
erfasst werden. Beide Formen von Einlagen dienen denn auch demselben Zweck
eines möglichst lückenlosen Vorsorgeschutzes (BGE 133 V 563 E. 2.4.1 in fine S.
567; 129 V 293 E. 3.2.3 S. 299). Eine allfällige künftige Beschränkung des
Abzugs nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG auf die laufenden Beiträge, wie in dem
vom BSV erwähnten Reformprojekt vorgesehen (E. 3.3 vorne), ist vorliegend ohne
Bedeutung (vgl. BGE 133 V 201 E. 4.4 S. 204 und 125 II 278 E. 3c S. 281 f.).

4.2.

4.2.1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt sodann dem Zeitpunkt, in
welchem die Einkaufssummen geleistet werden, allenfalls wenige Jahre vor
Erreichen des AHV-Alters bzw. des vorliegend um fünf Jahre aufgeschobenen
Rücktrittsalters, für sich allein genommen keine massgebliche Bedeutung zu, wie
sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des Art. 79b BVG ergibt (vgl.
dazu auch Jacques-André Schneider, in: Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.],
Handkommentar zum BVG und FZG, 2010, N. 1 ff. zu Art. 79b BVG) : Der vom 1.
Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 in Kraft gestandene Art. 79a Abs. 2 BVG
gestattete den Einkauf in die reglementarischen Leistungen - von einer hier
nicht interessierenden Ausnahme abgesehen - höchstens bis zum oberen
Grenzbetrag nach Artikel 8 Absatz 1 (obligatorisch maximal versicherbarer
Jahreslohn), multipliziert mit der Anzahl Jahre vom Eintritt in die
Vorsorgeeinrichtung bis zum Erreichen des reglementarischen Rücktrittsalters.
Damit sollte der Einkauf in dem Sinne eingeschränkt werden, dass es nicht mehr
möglich wäre, die berufliche Vorsorge vorab im fortgeschrittenen Alter
überwiegend als Instrument einer privilegierten Kapitalanlage zu nutzen
(Botschaft vom 28. September 1998 zum Stabilisierungsprogramm 1998, BBl 1999 I
94 zu Art. 79d und 153). Im Zuge der 1. BVG-Revision wurde die zeitliche
Begrenzung eines Einkaufs vom Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung bis zum
Erreichen des reglementarischen Rücktrittsalters aufgehoben. Neu darf die
Vorsorgeeinrichtung den Einkauf (höchstens) bis zur Höhe der reglementarischen
Leistungen ermöglichen (Art. 79b Abs. 1 BVG).

4.2.2. Lässt es das Vorsorgereglement zu, kann somit ein Selbständigerwerbender
gestützt auf das versicherte Einkommen alle Beiträge   tätigen, die er vom
frühestmöglichen Alter an, in dem er rentenversichert sein konnte, hätte
einzahlen können (Schneider, a.a.O., N. 13 zu Art. 79b BVG). Dabei macht das
Gesetz keine Vorgaben weder in Bezug auf die Anzahl Einkäufe noch hinsichtlich
der Höhe einer einzelnen Einlage. Einzige Schranke ist die Höhe der
reglementarischen Leistungen bzw. die maximal zulässige Einkaufssumme (vgl. zu
deren Berechnung Art. 60a-d BVV 2; Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge,
2. Aufl. 2012, S. 761 f. Rz. 2014 f.; Schneider, a.a.O., N. 10 ff. zu Art. 79b
BVG; vgl. auch Markus Moser, Vom Regen in die Traufe? Bemerkungen zu den neuen
Einkaufsbestimmungen und zur Plafonierung des versicherbaren Lohnes gemäss Art.
79a-c BVG, SZS 2006, S. 81 ff.). Damit wird allen Versicherten ein umfassender
lückenloser Vorsorgeschutz im Rahmen der 2. Säule ermöglicht, unabhängig von
der durch die Lebensumstände bestimmten Zeit der Versicherungsunterstellung.
Dies bedeutet insbesondere, dass eine Einlage zum Einkauf fehlender
Beitragsjahre höher sein kann als das in diesem Jahr erzielte Einkommen. Daraus
kann indessen nicht gefolgert werden, die Hälfte der Einkaufssumme sei in jedem
Fall nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG zum Abzug zugelassen.

4.2.3. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass mit der Neuordnung des
sechsten Teils erster Titel ("Umfang der Leistungen") im Rahmen der 1.
BVG-Revision auf Antrag der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit
und Gesundheit (vgl. AB 2002 S 1052 f.; 2003 N 630) ein neuer Art. 79b Abs. 3
Satz 1 BVG ins Gesetz eingefügt wurde. Danach dürfen die aus Einkäufen
resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in
Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Wie die II.
öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts im Urteil 2C_658/2009 vom
12. März 2010 E. 3.3, in SVR 2011 BVG Nr. 5 S. 17, erkannte, übernimmt und
konkretisiert diese Vorschrift die Rechtsprechung zur Verweigerung der
Abzugsberechtigung wegen Steuerumgehung im Sinne einer einheitlichen und
verbindlichen, insoweit abschliessenden gesetzlichen Regelung. Danach ist
jegliche Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist missbräuchlich und jede
während dieser Zeit erfolgte Einzahlung ist vom Einkommensabzug ausgeschlossen,
ohne dass zu prüfen wäre, ob die Voraussetzungen einer Steuerumgehung gegeben
sind (Urteil 2C_343/2013 vom 13. September 2013; vgl. zur Kritik in Bezug auf
den Umfang des ausgeschlossenen Kapitalbezugs Schneider, a.a.O., N. 4 und 41 zu
Art. 79b BVG, sowie Moser, a.a.O., S. 96 f.). Diese letztmals im Urteil 2C_1051
/2014 vom 30. Juni 2015 bestätigte Rechtsprechung gilt kraft Art. 18 Abs. 1
AHVV sinngemäss in gleicher Weise auch im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 lit. e BVG.
Die Dreijahresfrist nach Art. 79b Abs. 3 BVG zwischen Einkauf und Kapitalbezug
schliesst somit grundsätzlich die Möglichkeit eines Missbrauchs aus (Schneider,
a.a.O., N. 42 zu Art. 79b BVG; in diesem Sinne auch Henk Fenners/ Ariste
Baumberger, Missbrauch der 2. Säule als steuerbegünstigtes Kontokorrent?
Kritische Würdigung von BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010, in: SteuerRevue 2/
2011, S. 131 f.).
Nach den unwidersprochen gebliebenen Vorbringen in der Beschwerde sind in Bezug
auf die 2009 getätigte Einlage von Fr. 1'580'000.- die Vorgaben nach Gesetz
(Art. 79b und 79c BVG und Art. 60a-d BVV 2) und Vorsorgereglement erfüllt;
insbesondere sei die Dreijahresfrist des Art. 79b Abs. 3 Satz 1 BVG eingehalten
worden (E. 3.2 vorne).

4.3. Die vorstehenden Erwägungen zeigen - in erster Linie - die Zulässigkeit
des Vorgehens des Beschwerdeführers aus steuerrechtlicher und
berufsvorsorgerechtlicher Sicht, insbesondere die Finanzierung der 2009
getätigten Einlage von Fr. 1'580'000.- mit Mitteln, die nicht aus dem laufenden
Erwerbseinkommen stammen und dieses übersteigen. Die steuerrechtliche und -
daran gekoppelte - berufsvorsorgerechtliche Sichtweise steht jedoch unter dem
Vorbehalt der ahv-rechtlichen, welche in Bezug auf den hier interessierenden
Abzug gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG die Gleichbehandlung Unselbständig- und
Selbständigerwerbender verfolgt (BGE 136 V 16 E. 2.1 S. 18 und E. 5.2.2.1 S.
20) : So kann auch ein Arbeitnehmer im Rahmen von Art. 79b und 79c BVG erst
gegen Ende seiner Aktivzeit fehlende Beitragsjahre einkaufen. Dabei spielt
keine Rolle, woher die Mittel kommen, beispielsweise aus einer Erbschaft, und
ob die Einkaufssumme den (aktuellen) Lohn übersteigt. Seine Einlagen in die 2.
Säule sind jedoch nicht vom beitragspflichtigen Einkommen aus unselbständiger
Erwerbstätigkeit (massgebender Lohn; Art. 5 Abs. 2 AHVG) abziehbar; sie
verringern das Beitragssubstrat nicht, ändern mithin nichts am Umfang seiner
(paritätischen) Beitragspflicht (Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 AHVG). Über die vom
Gesetzgeber angestrebte Gleichstellung hinaus liefe es somit, wenn der hier
fragliche Abzug das gesamte (von der Steuerbehörde gemeldete) Einkommen aus
selbständiger Erwerbstätigkeit "konsumieren" würde, sodass ein Beitragssubstrat
überhaupt fehlte. Mit Blick auf die ahv-rechtlich massgebende Erwerbssphäre
(diesbezüglich der Anteil der Arbeitnehmereinlage nicht höher als der erzielte
Lohn sein kann) ist es daher sachgerecht, den maximal zulässigen Abzug nach
Art. 9 Abs. 2 lit. e BVG entsprechend dem üblichen hälftigen Arbeitgeberanteil
masslich auf die Hälfte des Einkommens zu beschränken. Eine Ungleichbehandlung
der selbständig Erwerbstätigen ist dadurch nicht geben, weder in ahv-, bvg-
noch steuerrechtlicher Hinsicht. Anspruch auf ein optimales "Rundumpaket"
besteht nicht.
Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, die Ausgleichskasse habe mit
ihrer Praxisänderung den Vertrauensgrundsatz verletzt, so ist weder ersichtlich
noch dargetan, dass und inwieweit die Verwaltung effektiv "über Jahre"
Sachverhalte, wie ein solcher vorliegend zur Beurteilung ansteht, anders
behandelt hat. Allein aufgrund der Tatsache, dass die Ausgleichskasse in den
Jahren 2006 und 2007 die Einlagen vollumfänglich zum Abzug zugelassen hatte,
konnte keine rechtlich geschützte Position im Sinne eines Anspruchs darauf
entstehen, dass auch in Zukunft so verfahren werde (Urteil 9C_583/2009 vom 14.
Januar 2010 E. 4). Masslich wird der vorinstanzliche Entscheid - abgesehen von
der hier streitigen Abzugshöhe - nicht angefochten. Er verletzt demnach im
Ergebnis (Art. 106 Abs. 1 BGG) kein Bundesrecht.

5. 
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. März 2016
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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