Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 513/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_513/2015

Urteil vom 9. Dezember 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

1.       ASSURA-Basis SA, vormals Assura, assurance-maladie et accident, Avenue
Charles-Ferdinand Ramuz 70, 1009 Pully,
2.       Atupri Krankenkasse, Zieglerstrasse 29, 3000 Bern 65,
3.       Avenir Assurance Maladie SA, vormals Avenir assurances, vormals
Caisse-maladie suisse pour les industries du bois et du bâtiment et branches
annexes CMBB, Rechtsdienst, Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
4.       CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG,
Bundesplatz 15, 6003 Luzern,
5.       CSS Kranken-Versicherung AG, Tribschenstrasse 21, Postfach 2568, 6005
Luzern,
6.       Easy Sana Assurance Maladie SA, vormals La Caisse Vaudoise, Martigny -
Fondation Vaudoise d'assurance en cas de maladie et d'accident, vormals
Caisse-maladie Hermes, Service juridique, Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
7.       Galenos Kranken- und Unfallversicherung, Militärstrasse 36, Postfach,
8021 Zürich,
8.       Helsana Versicherungen AG, Versicherungsrecht, Postfach, 8021 Zürich,
9.       Intras Kranken-Versicherung AG, Avenue de Valmont 41, 1000 Lausanne
10,
10.       Kolping Krankenkasse AG, Wallisellsenstrasse 55, 8600 Dübendorf,
11.       KPT Krankenkasse AG, Tellstrasse 18, 3000 Bern 22,
12.       Mutuel Assurances, vormals Mutuel Assurances Fondation, vormals
Mutuel Assurances, vormals Caisse-maladie Mutuelle Valaisanne, vormals
Caisse-maladie et accidents Universa, vormals Fondation Natura Assurances.ch,
vormals Caisse-maladie Chemins de Fer du Jura, Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
13.       Philos Assurance Maladie SA, vormals Philos Caisse maladie-accident,
vormals Caisse-maladie de la fonction publique, Rue des Cèdres 5, 1920
Martigny,
14.       Progrès Versicherungen AG, Postfach, 8081 Zürich,
15.       PROVITA Gesundheitsversicherung AG, c/o SWICA Krankenversicherung AG,
Römerstrasse 38, 8400 Winterthur,
16.       Sanitas Grundversicherungen AG, Jägergasse 3, 8004 Zürich,
17.       Sumiswalder Krankenkasse, Spitalstrasse 47, 3454 Sumiswald,
18.       SUPRA-1846 SA, vormals SUPRA Krankenkasse, Avenue de la Rasude 8,
1006 Lausanne,
19.       SWICA Krankenversicherung, Römerstrasse 38, 8400 Winterthur,
20.       Visana AG, vormals Visana, Weltpoststrasse 19/21, Postfach 253, 3000
Bern 15,
21.       vivacare AG, vormals Innova Krankenversicherung AG, Weltpoststrasse
19, 3015 Bern,
22.       Vivao Sympany AG, vormals Vivao Sympany Schweiz AG, vormals ÖKK
Öffentliche Krankenkassen Schweiz, Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel,
23.       Wincare Versicherungen, Konradstrasse 14, Postfach 299, 8401
Winterthur,

alle vertreten durch santésuisse Bern,
und dieser vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Räber,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Schiedsgerichts in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 14. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 

A.a. Mit Urteil K 45/04 vom 25. Januar 2006 bestätigte das Eidg.
Versicherungsgericht den vom Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern mit Entscheid vom 10.
Februar 2004 angeordneten Ausschluss des Dr. med. A.________ für zwei Jahre von
der Kassenpraxis mehrerer Krankenversicherer.

A.b. Am 30. Oktober 2013 hiess das bernische Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten die Klagen verschiedener Krankenversicherer
gut und verpflichtete Dr. med. A.________, den Betrag von Fr. 136'836.50
zurückzuerstatten wegen Überarztung in den Jahren 2004 und 2005. Ferner schloss
das Gericht Dr. med. A.________ - im Verhältnis zu den Klägern - definitiv von
der Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung aus;
dessen Begehren auf eine öffentliche Schlussverhandlung wies es ab.

A.c. Mit Urteil vom 1. April 2014 (9C_885/2013) hiess das Bundesgericht, II.
sozialrechtliche Abteilung, eine Beschwerde des Dr. med. A.________ gut, soweit
es darauf eintrat, und wies die Sache an das kantonale Schiedsgericht zurück
zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung, zur ordentlichen Bekanntgabe
des Spruchkörpers des Schiedsgerichts und zum Entscheid über das Einsichtsrecht
des Beschwerdeführers in die Daten-CD der Krankenversicherer (Daten-Pool).

A.d. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts wies mit Verfügung vom   13. Oktober
2014 ein Sistierungsgesuch ab und hielt am Termin der am 24. September 2014 auf
den 24. Oktober 2014 angesetzten (öffentlichen) Schlussverhandlung fest. Am 17.
Oktober 2014 reichte Dr. med. A.________ ein Ablehnungsbegehren gegen den
Vorsitzenden ein. Die Schlussverhandlung wurde in der Folge abgesagt und der
Prozess bis zur rechtskräftigen Beurteilung des Ausstandsbegehrens sistiert
(Verfügung vom 21. Oktober 2014). Mit Urteil vom 27. November 2014 wies das
Schiedsgericht (in der Besetzung unter Ausschluss des zur Ablehnung beantragten
Vorsitzenden) das Ausstandsbegehren ab. Dieses Urteil blieb unangefochten.

A.e. Nach Aufhebung der Sistierung setzte der Vorsitzende des Schiedsgerichts
die öffentliche Verhandlung mit Verfügung vom       28. Januar 2015 auf den 5.
März 2015 an. Am 25. Februar stellte Dr. med. A.________ wegen gesundheitlicher
Gründe ein Verschiebungsgesuch, welches mit Verfügung vom 26. Februar
abgewiesen wurde, wobei ihm gleichzeitig die Möglichkeit offen gelassen wurde,
das Gesuch hinreichend zu begründen. Dr. med. A.________ reichte in der Folge
einen ausführlicheren ärztlichen Bericht ein, worauf der Vorsitzende - unter
Angabe der Verschiebungsgründe - die Schlussverhandlung absetzte (Verfügung vom
4. März 2015). Dr. med. A.________ reichte ein (zweites) Ausstandsbegehren
gegen den Vorsitzenden ein (Schreiben vom 16. April, Eingang am 20. April
2015). Das Schiedsgericht befand über das Ablehnungsbegehren - unter Mitwirkung
des abgelehnten Vorsitzenden - im Vorgang zur schliesslich auf den 1. Mai 2015
festgesetzten Schlussverhandlung.

B. 
Mit Urteil vom 14. Juni 2015 wies das Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern das zweite
Ablehnungsbegehren vom April 2015 gegen den Vorsitzenden als offensichtlich
unbegründet ab (Dispositiv-Ziffer 1), verpflichtete den Beklagten in
Gutheissung der Klage, den Betrag von Fr. 136'836.50 für die Jahre 2004 und
2005 zurückzuerstatten (Dispositiv-Ziffer 2) und schloss ihn im Verhältnis zu
den Klägern 1-11 und 13-25 definitiv von der Tätigkeit zu Lasten der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung aus. Auf die Klage des Klägers Nr. 12
trat es nicht ein (Dispositiv-Ziffer 3).

C. 
Dr. med. A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
bzw. subsidiäre Verfassungsbeschwerde ("plainte constitutionelle") und
beantragt sinngemäss die Aufhebung des schiedsgerichtlichen Entscheids;
eventuell sei die Sache an dieses zurückzuweisen, damit es einen allfälligen
Rückerstattungsbetrag nach der analytischen Berechnungsmethode berechne. In
einem weiteren Eventualbegehren verlangt der Beschwerdeführer, das
Schiedsgericht habe der Tatsache Rechnung zu tragen, dass er multimorbide,
chronische Patienten behandle. Der Beschwerde sei überdies die aufschiebende
Wirkung zu erteilen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 130 III 136
E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (SEILER/VON
WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007 N. 24 zu Art.
97 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern,
als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist
(Art. 106 Abs. 2 BGG). Dabei gilt eine qualifizierte Rügepflicht: in der
Beschwerde muss begründet werden, weshalb der kantonale Entscheid Grundrechte
verletzt (SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, a.a.O., N. 10 zu Art. 106 BGG).

2. 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG kann nur dann
eingetreten werden, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 möglich
ist. Zulässig ist vorliegend die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 BGG.

3. 
Der Beschwerdeführer rügt, wie schon vor der Vorinstanz, eine mangelnde
Vertretung von einzelnen Beschwerdegegnerinnen. Hiezu hat das Schiedsgericht
umfassend und überzeugend Stellung genommen. Die entsprechenden Vollmachten,
soweit die einzelnen Kassen aus dem Verband santésuisse ausgetreten sind, sind
aktenkundig. Nach der Rechtsprechung ist eine Kollektivklage aller Versicherer,
vertreten durch einen Krankenkassenverband, zulässig und eine Spezifikation der
auf den einzelnen Versicherer entfallenden Beträge nicht erforderlich. Die
interne Aufteilung des erstrittenen Betrags unter den Klägern ist deren Sache.
Es schadet daher auch nicht, wenn einzelne Kläger in der fraglichen Zeit keine
Leistung erbracht haben (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 6/06 vom
9. Oktober 2006 E. 3.3 mit Hinweisen, nicht publiziert in: BGE 133 V 37, aber
in: SVR 2007 KV Nr. 5 S. 19). Darauf ist nicht weiter einzugehen; der
Beschwerdeführer legt nicht substantiiert dar, inwiefern diesbezüglich im
angefochtenen Entscheid Bundesrechtsverletzungen vorliegen sollten.

4.

4.1. Streitig ist vorerst, ob das kantonale Schiedsgericht das zweite
Ausstandsbegehren des Beschwerdeführers gegen den Vorsitzenden des
Schiedsgerichts zu Recht als offensichtlich unbegründet abgewiesen hat.

4.2. Nach Art. 30 Abs. 1 BV hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen
Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes,
zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Die Garantie ist
verletzt, wenn in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Gerichtsmitglieds
oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer
Natur begründete Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den
Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu wecken
vermögen. Mit andern Worten muss gewährleistet sein, dass der Prozess aus Sicht
aller Betroffener als offen erscheint (BGE 117 Ia 324 E. 2 S. 325; Urteil
8C_557/2011 vom 1. Februar 2012 E. 3.1 mit Hinweisen, in: SVR 2012 UV Nr. 22 S.
80; vgl. auch Urteil 2C_755/2008 vom       7. Januar 2009 E. 3.2, in: SJ 2009 I
S. 233). Nach der Rechtsprechung können Verfahrensfehler nur ausnahmsweise die
Unbefangenheit eines Richters oder einer Richterin in Frage stellen. Es müssen
objektiv gerechtfertigte Gründe zur Annahme bestehen, dass sich in
Rechtsfehlern gleichzeitig eine Haltung manifestiert, die auf fehlender Distanz
bzw. mangelnder Neutralität beruht. Es muss sich um besonders krasse Fehler
oder wiederholte Irrtümer handeln, die eine schwere Verletzung der
Richterpflichten darstellen (BGE 116 Ia 135 E. 3a S. 138; Urteile 4F_10/2015
vom 13. August 2015 E. 3.2 und 1P.206/2001 vom 15. Juni 2001 E. 2b, in:
RDAT 2002 I Nr. 40 S. 294).

4.3. Nach Art. 9 Abs. 2 des bernischen Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die
Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21) entscheidet über Ablehnungsbegehren
sowie über den bestrittenen Ausstand die in der Sache zuständige
Rechtsmittelbehörde oder, wenn Mitglieder einer Kollegialbehörde in den
Ausstand treten, die Behörde unter Ausschluss der Betroffenen. Es gilt somit
auch nach dem hier anwendbaren kantonalen Recht (Art. 89 Abs. 5 KVG) der
Grundsatz, dass niemand über ein gegen ihn gerichtetes Begehren befinden soll (
BGE 122 II 471 E. 3a S. 476; Urteil 2C_464/2014 vom 30. Mai 2014          E.
10.1; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 56/02 vom 31. Juli 2002 E. 4c).
Nach der Rechtsprechung rechtfertigt sich ein Abweichen von dieser Regel, und
eine Behörde kann selber über ihren eigenen Ausstand bzw. über denjenigen ihrer
Mitglieder bestimmen, wenn die gestellten Ablehnungsbegehren von vornherein
unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind (Urteile 2C_334/2015 vom 19.
Mai 2015    E. 3.1, 8C_570/2014 vom 9. März 2015 E. 2.2 und 8C_557/2011 vom 1.
Februar 2012 E. 3.2 mit Hinweisen, in: SVR 2012 UV Nr. 22 S. 80; vgl. auch BGE
129 III 445 E. 4.2.2 S. 464).

4.4. Das kantonale Schiedsgericht hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden über
das gegen diesen zum zweiten Mal gerichtete Ausstandsbegehren entschieden.
Dabei hat es erwogen, es begründe keinen Anschein von Befangenheit, dass der
instruierende Vorsitzende nach Abschluss von Schriftenwechsel und
Beweisverfahren am 28. Januar 2015 dem wiederholt gestellten Antrag auf
Wiederaufnahme der Beweiserhebung nicht stattgegeben habe. Sodann seien Gesuche
um Verschiebung eines Verhandlungstermins umfassend und frei zu prüfen, auch
wenn gesundheitliche Gründe geltend gemacht würden. Die Gegenpartei hätte ein
eminentes und rechtlich geschütztes Interesse, die Gründe für die (nochmalige)
Absetzung der vom Beschwerdeführer anbegehrten öffentlichen Verhandlung zu
erfahren, weshalb sie Anspruch auf Einsicht in alle diesbezüglich relevanten
Akten habe; dazu gehörten auch medizinische Unterlagen. Die Kenntnisnahme der
vor Gericht entscheidrelevanten Tatsachen sei ein Kerngehalt des
verfassungsmässig geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Schliesslich
hätte der Beklagte bereits kurz vor der für den 23. Oktober 2014 angesetzten
Schlussverhandlung ein Ablehnungsbegehren gegen den Vorsitzenden des
Schiedsgerichts gestellt, was mit Blick auf das erneute selbe Gesuch kurz vor
dem Verhandlungstermin vom 1. Mai 2015 zumindest die Frage nach einer
allfälligen Rechtsmissbräuchlichkeit dieses Verhaltens aufkommen lasse. In
jedem Fall sei das Ausstandsbegehren offensichtlich unbegründet.

4.5. Mit Verfügung vom 4. März 2015, die er auch den klagenden
Krankenversicherern eröffnete, hatte der Vorsitzende des Schiedsgerichts dem
Begehren stattgegeben, wobei er die wesentlichen Befunde und Diagnosen aus dem
ärztlichen Bericht wiedergab. Dieses Vorgehen rügt der Beschwerdeführer als
persönlichkeitsverletzend, weshalb eine Befangenheit des Richters vorliege. Dem
kann unter den konkreten Umständen nicht beigepflichtet werden, wie u.a. der
Ablauf der vorangegangenen Prozessschritte deutlich macht:

4.5.1. Nachdem die Vorinstanz am 24. September 2014 den Schriftenwechsel
geschlossen und eine öffentliche Schlussverhandlung auf den 23. Oktober 2014
angesetzt hatte, reichte der Beschwerdeführer am 17. Oktober 2014 ein erstes
Ablehnungsbegehren gegen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts wegen
Befangenheit ein. Grund für das Begehren bildete die Verfügung vom 13. Oktober
2014, womit dieser ein Sistierungsbegehren abwies. Der Beschwerdeführer machte
geltend, sein rechtliches Gehör sei verletzt worden; er habe dem Gericht
mitgeteilt, er sei nicht erreichbar bis zum 6. Oktober 2014. Gleichwohl sei die
Verhandlung zu kurzfristig angesetzt worden, sodass er zu wenig Zeit zu deren
Vorbereitung gehabt hätte. In der Folge sagte das Gericht die
Schlussverhandlung ab und befand unter Ausschluss des Vorsitzenden über das
Ausstandsbegehren. Mit unangefochtenem Entscheid vom 27. November 2014 wies das
Schiedsgericht das Ablehnungsgesuch ab.

4.5.2. Am 15. Januar 2015 schlug der Vorsitzende des Schiedsgerichts
verschiedene Termine für die Schlussverhandlung vor, und am 28. Januar 2015
setzte er den Verhandlungstermin auf den 5. März 2015 fest. Am 25. Februar
stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Verschiebung aus gesundheitlichen
Gründen, welches der Vorsitzende mit Verfügung vom 26. Februar 2015 abwies,
wobei er dem Beschwerdeführer freistellte, eine hinreichende Begründung für das
Verschiebungsgesuch einzureichen. Davon machte der Beschwerdeführer Gebrauch.
Mit prozessleitender Verfügung vom 4. März 2015 gab der Vorsitzende dem
Begehren nachträglich statt, wobei er die wesentlichen Befunde und Diagnosen
aus dem ärztlichen Bericht in der Begründung wiedergab; mit Verfügung vom 19.
März setzte er schliesslich das Datum der Schlussverhandlung auf den 1. Mai
2015 fest. Nach einer schriftlichen Kritik vom 16. März an diesem Vorgehen
(Bekanntgabe von ärztlichen Diagnosen an die Gegenpartei) stellte der
Beschwerdeführer erst mit Eingabe vom 16. April 2015 (eingegangen am 20. April
2015) wiederum ein Ausstandsbegehren gegen den Vorsitzenden des
Schiedsgerichts.

4.5.3. Das Vorgehen des kantonalen Gerichts nach dem zweiten Ausstandsbegehren
vom 16. April 2015 ist in keiner Weise zu beanstanden. So hatte der
Beschwerdeführer das zweite, ausführlichere ärztliche Attest ohne
Geheimhaltungsvorbehalt eingereicht, jedenfalls nicht explizit als nur zur
Kenntnisnahme des Gerichts bestimmt. Er musste daher damit rechnen, dass auch
die Gegenpartei davon Kenntnis erhielt. denn das Vorenthalten von Urkunden
gegenüber einer Prozesspartei bedarf bestimmter Gründe und stellt die Ausnahme
dar. Es kommt Folgendes hinzu: Wie schon das erste Ablehnungsbegehren stellte
der Beschwerdeführer auch das zweite nicht, wie es geboten wäre, unmittelbar
nach dem von ihm gerügten Vorgang (Verfügung vom 4. März 2015 mit Bekanntgabe
der medizinischen Gründe für das Verschiebungsgesuch), sondern über einen Monat
später (16. bzw. 20. April 2015), und dies unter Angabe eines Krankheitsbildes,
das, wie im Arztzeugnis dargelegt, über eine längere Zeit andauert und sich
schon im Sommer 2014 verschlimmert habe. Unter diesen Umständen kann weder von
einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Beschwerdeführers noch von
einem Befangenheitsgrund die Rede sein. Es verletzt Bundesrecht nicht, wenn das
Schiedsgericht das zweite, wiederum kurzfristig vor einem weiteren
Prozessschritt (Schlussverhandlung) gestellte Ausstandsbegehren gegen den
Vorsitzenden in ordentlicher Besetzung als offensichtlich unbegründet,
allenfalls sogar rechtsmissbräuchlich qualifiziert hat.

4.6. Der Beschwerdeführer rügt überdies Verfahrensfehler, insbesondere die
Verletzung des rechtlichen Gehörs und den Verstoss gegen Art. 6 EMRK, weil der
Vorsitzende des Schiedsgerichts mit Verfügung vom 9. Juni 2015 Dokumente aus
dem Recht gewiesen hat, die nach der Schlussverhandlung vom 1. Mai 2015
eingereicht worden sind. Auf diese Rügen ist nicht näher einzugehen, denn es
muss qualifiziert, d.h. eingehend begründet werden, weshalb im Vorgehen des
kantonalen Gerichts eine Grundrechtsverletzung vorliegen soll; wiederholt
allgemeine Hinweise auf einschlägige EMRK- bzw. Bundesverfassungsartikel
genügen nicht (E. 1.2 hievor). Beizufügen ist in diesem Zusammenhang der
Vollständigkeit halber, dass der Beschwerdeführer an der Schlussverhandlung
kein Plädoyer einreichte, sondern dem Gericht nachträglich Eingaben zukommen
liess, nachdem der Schriftenwechsel geschlossen worden war. Von einer
Verletzung des rechtlichen Gehörs kann unter diesen Umständen nicht die Rede
sein.

5. 
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit
von Rückforderungen gegenüber Leistungserbringern, die sich nicht an die
Vorgaben der obligatorischen Krankenpflegeversicherung halten - an die
Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG -
zutreffend und umfassend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.

5.1. Soweit der Beschwerdeführer, wie schon vor Vorinstanz, geltend macht, das
Schiedsgericht hätte die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nicht nach der
statistischen, sondern nach der analytischen Methode beurteilen müssen, ist auf
frühere ihn betreffende Urteile hinzuweisen (Urteile K 46/04 vom 25. Januar
2006 E. 5.1 und K 9/07 vom 25. März 2008 E. 8.3). Demgemäss ist die
Zulässigkeit der statistischen Methode unter Zugrundelegung der Statistik der
santésuisse in der Rechtsprechung anerkannt, und die kantonalen Gerichte sind
in der Wahl der Prüfungsmethode frei. Nicht zu beanstanden ist auch die
Vergleichsgruppe, verfügt doch der Beschwerdeführer über keine anderen
FMH-Titel als für Innere Medizin (heute: Allgemeine Innere Medizin), weshalb
die Vergleichbarkeit mit den in derselben Gruppe eingeteilten Ärzten ohne
weiteres gegeben ist, wie das Eidg. Versicherungsgericht bereits in
verschiedenen ihn betreffenden Verfahren festgehalten hat (Urteile K 46/04 vom
25. Januar 2006 E. 5.2 und K 208/97 vom 30. November 1998 E. 3b). Wenn der
Beschwerdeführer gegen die Vergleichsgruppe einwendet, einzelne Ärzte der
Vergleichsgruppe würden nur wenige oder keine Patienten behandeln, so übersieht
er, wie das kantonale Gericht zutreffend erwog, dass in den Durchschnittswerten
auch Sonderfälle Berücksichtigung finden. Durch einen allgemeinen Hinweis auf
Recherchen "bei swisscom" vermag er jedenfalls die Annahme der Vorinstanz
gestützt auf den Datenpool der Krankenversicherer nicht zu entkräften.

5.2. Unbehelflich ist die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe nicht alle
notwendigen statistischen Unterlagen erhalten. Das Gegenteil trifft zu. Mit
Verfügung vom 15. Mai 2014 sind dem Beschwerdeführer gemäss seinem Wunsch
Papierausdrucke der von den Beschwerdegegnerinnen eingereichten Daten-CD zur
Einsichtnahme zugestellt worden. Nach der Rechtsprechung (BGE 136 V 415 E.
6.3.3 S. 418) hat der Beschwerdeführer Anspruch darauf, die Namen der Ärzte der
Vergleichsgruppe in anonymisierter Form zu erfahren. Soweit er darüber hinaus
verlangt, alle Rechnungen der Ärzte der Vergleichsgruppen einzusehen, ist nicht
ersichtlich, inwiefern eine solch überaus grosse Datenmenge, enthaltend alle
Rechnungen von über 300 Ärzten, geeignet sein soll, einen zuverlässigeren
Beweis als der Datenpool der Krankenversicherer zu erbringen.

5.3. Weitgehend appellatorisch sind die wiederholten und weitschweifigen
Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend Praxisbesonderheiten; er zeigt
nicht auf, inwiefern die diesbezüglichen Erwägungen des kantonalen
Schiedsgerichts bundesrechtsverletzend sein sollen. Das Bundesgericht hat sich
zudem in mehreren den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren wegen Überarztung
in früheren Jahren mit diesem Argument befasst und mehrmals ausgeführt,
allfällige Praxisbesonderheiten würden nicht einen derart hohen Indexwert (von
156 für 2004 und von 169 für 2005) rechtfertigen; die Praxis des kantonalen
Schiedsgerichts, den durchschnittlichen Indexwert von 135 als massgebliche
Limite zu betrachten, sei grosszügig, jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich (so
beispielsweise Urteil K 9/07 vom 25. März 2008 E. 8.4 unter Hinweis auf K 208/
97 vom 30. November 1998). Schliesslich trifft nicht zu, wie der
Beschwerdeführer behauptet, dass das kantonale Gericht die bundesgerichtliche
Praxisänderung (BGE 137 V 43) unbeachtet gelassen hat, wonach nur die eigenen
und nicht auch die veranlassten Kosten einbezogen werden. Die Berücksichtigung
einer Praxisbesonderheit insofern, als der Beschwerdeführer, der diverse
Zusatzausbildungen absolvierte, Patienten nicht weiter verweist, sondern selber
behandelt, käme nach der Rechtsprechung nur dann in Frage, wenn er wenig
veranlasste Kosten ausweisen würde (BGE 137 V 43 E. 2.5.6 S. 49). Davon kann
aber vorliegend in keiner Weise gesprochen werden. Seine Indexwerte für die
massgeblichen Jahre 2004 und 2005 für die veranlassten Kosten sind gemäss der
unbestrittenen Feststellung des Schiedsgerichts, die für das Bundesgericht
verbindlich ist (Art. 105 Abs. 1 BGG), 276 bzw. 313 Prozentpunkte.

6. 
Im Gegensatz zu seinen Angaben im Verfahren 9C_885/2013, wonach er nicht mehr
als Arzt tätig sei und welches Verfahren demzufolge die strittige Frage des
Kassenausschlusses mangels Rechtsschutzinteresses mit dem
Nichteintretensentscheid vom 1. April 2014 abschloss, bringt der
Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren vor, er wolle weiter als Arzt tätig
sein und auf Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen.
Die Unvereinbarkeit dieser unterschiedlichen Standpunkte ist nicht weiter zu
würdigen. Das kantonale Gericht erwog zutreffend, dass der Kassenausschluss mit
schiedsgerichtlichem Urteil vom 30. Oktober 2013 rechtskräftig geworden ist.

7. 
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich die Höhe der Kosten und der
Prozessentschädigung im kantonalen Verfahren, die das Schiedsgericht gestützt
auf die einschlägigen kantonalen Vorschriften festgelegt hat. Soweit er die
willkürliche Anwendung von kantonalem Verfahrensrecht rügt, besteht eine
qualifizierte Rügepflicht (E. 1.2 hievor). Diesen Anforderungen genügt die
Beschwerde nicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1.4 S. 287;
Urteil 8C_ 568/2010 vom 3. Dezember 2010 E. 4.2).

8. 
Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

9. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern und dem Bundesamt für
Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. Dezember 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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