Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 478/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_478/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 31. August 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Williner.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Sutter,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zug,
Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 27. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 4. Dezember 2014 sistierte die IV-Stelle des Kantons Zug die
seit Juli 2010 (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Schwyz vom 19. November
2010) an A.________ ausgerichtete ganze Rente der Invalidenversicherung.

B. 
Mit Entscheid vom 27. Mai 2015 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Zug auf
die dagegen erhobene Beschwerde mit der Begründung nicht ein, die
Zwischenverfügung vom 4. Dezember 2014 vermöge keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zu bewirken.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese auf die
Beschwerde vom 19. Januar 2015 eintrete. Des Weiteren ersucht er um
unentgeltliche Rechtspflege für den letztinstanzlichen Prozess.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist vorab
zulässig gegen Endentscheide, welche das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG),
und gegen Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG. Zwischenentscheide sind -
abgesehen von Entscheiden über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren
(Art. 92 BGG) - nur dann (ausnahmsweise) anfechtbar, wenn sie einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, oder wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde
(Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG).

1.2. Grundsätzlich schliessen Nichteintretensentscheide das Verfahren ab und
werden deshalb als Endentscheide qualifiziert. Betrifft die erstinstanzliche
Beschwerde jedoch eine Zwischenverfügung, beendet der kantonale
Nichteintretensentscheid lediglich den Streit darüber und nicht das
Hauptverfahren. Ein solcher Entscheid ist daher - wie Rechtsmittelentscheide
über Zwischenverfügungen im Allgemeinen - seinerseits ein Zwischenentscheid,
auch wenn es sich um einen Nichteintretensentscheid handelt. Denn damit wird
nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen
Schritt auf dem Weg zum Endentscheid (BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481; Urteil
8C_1020/2010 vom 14. April 2011 E. 1.2 mit Hinweisen).

2.

2.1. Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist die Verfügung vom 4.
Dezember 2014 über die vorsorgliche Einstellung einer Invalidenrente, mithin
eine Zwischenverfügung. Folglich ist auch der angefochtene
Nichteintretensentscheid ein Zwischenentscheid. Über eine materiellrechtliche
Frage ist damit nicht entschieden; ein Endentscheid in der Sache liegt nicht
vor (Art. 90 BGG). Die letztinstanzliche Beschwerde ist daher nur unter den
Voraussetzungen von Art. 92 Abs. 1 oder Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG
zulässig.

2.2. Die Voraussetzungen von Art. 92 Abs. 1 BGG sind offensichtlich nicht
erfüllt. Ebenso klar ist die Eintretensfrage auf der Grundlage von Art. 93 Abs.
1 lit. b BGG zu verneinen; denn ein Endentscheid liesse sich mit einer
Gutheissung der Beschwerde nicht herbeiführen. Bleibt zu prüfen, ob der
Nichteintretensentscheid vom 27. Mai 2015 für den Beschwerdeführer einen nicht
wieder gut zu machenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
bewirken könnte.

3.

3.1. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG muss  rechtlicher Natur sein, was voraussetzt, dass er durch einen späteren
günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann. Eine
rein tatsächliche oder wirtschaftliche Erschwernis reicht in der Regel nicht
aus (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317 mit Hinweisen).

3.2.

3.2.1. Die Einwände des Beschwerdeführers beschränken sich im Wesentlichen auf
die Darlegung seiner wirtschaftlichen Erschwernisse in Zusammenhang mit der
(fortdauernden) Sozialhilfeabhängigkeit sowie auf eine blosse Prognose zu den
Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Demgegenüber legt er in keiner Weise dar,
weshalb bei ihm ein irreparabler Nachteil rechtlicher Natur im Sinne von Art.
93 Abs. 1 lit. a BGG vorliegen soll. Einen solchen vermag der Beschwerdeführer
insbesondere nicht mit dem Hinweis auf die beiden Bundesgerichtsentscheide 119
V 484 und 105 V 266 zu begründen. Beide Urteile ergingen noch während der
Geltungsdauer des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege (OG) und äussern
sich weder zu Art. 93 BGG noch zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil 
rechtlicher Natur.

3.2.2. Ein irreparabler Nachteil rechtlicher Natur im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG ist denn auch nicht ersichtlich: Vorsorgliche Massnahmen begründen
rechtsprechungsgemäss nur dann einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, wenn
dadurch ein bestimmtes Handeln verboten wird, welches faktisch nicht
nachträglich rückgängig gemacht werden kann. Demgegenüber hat der bloss
vorläufige Entzug finanzieller Leistungen in der Regel keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zur Folge, was auch für die vorsorgliche Einstellung
einer Rentenzahlung gilt. Denn wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass der
Rentenanspruch weiterhin begründet ist, erfolgt für die ganze Dauer der
vorsorglichen Einstellung eine Rentennachzahlung samt Zins (SVR 2013 IV Nr. 30
S. 87, 8C_978/2012 E. 6.4; SVR 2011 IV Nr. 12 S. 32, 9C_45/2010 E. 1.2; je mit
Hinweisen).

4. 
Die Beschwerde ist offensichtlich unzulässig, weshalb darauf nicht eingetreten
wird.

5. 
Mit Blick auf die Gründe, die zum Nichteintreten in diesem Zwischenentscheid
führen, hat der Beschwerdeführer infolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels
keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 64 Abs. 1 BGG. Auf
die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1
Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. August 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Williner

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