Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 456/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_456/2015

Urteil vom 6. November 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Bischoff,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 13. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1974 geborene A.________, Mutter eines 1997 geborenen Sohnes, von 1993 bis
November 2008 als (angelernte) Diätköchin tätig gewesen, bezog gemäss Verfügung
der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 27. Mai 2009 ab 1. September 2008 bei
einem Invaliditätsgrad von 80 % eine ganze Invalidenrente. Im Rahmen eines
Revisionsverfahrens traf die IV-Stelle Abklärungen in gesundheitlicher,
erwerblicher und hauswirtschaftlicher Hinsicht. Gestützt darauf setzte sie die
bisher ausgerichtete ganze ab 1. Februar 2014 auf eine halbe Invalidenrente
herab (Invaliditätsgrad von 50 %, Verfügung vom 29. November 2013).

B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher A.________ beantragt hatte,
unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei ihr über den 31. Januar 2014
hinaus eine ganze Invalidenrente zuzusprechen, wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. Mai 2015
ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Sache
an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Ferner ersucht sie um die Bewilligung
der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die gesetzliche Bestimmung über die Revision der
Invalidenrente (Art. 17 Abs. 1 ATSG) unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu
den dabei zu prüfenden Verhältnissen (BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349) sowie zu den
für die Beurteilung der Revisionsvoraussetzungen massgebenden
Vergleichszeitpunkten (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114, 130 V 343 E. 3.5.2 S. 351)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Das kantonale Gericht hat in Würdigung der Arztberichte, die der
Rentenzusprechung gemäss Verfügung vom 27. Mai 2009 zugrunde lagen, wie auch
derjenigen, auf welchen die Revisionsverfügung vom 29. November 2013 basierte,
festgestellt, dass im Vergleichszeitraum eine erhebliche Verbesserung des
Gesundheitszustandes eingetreten sei. Dabei stellte die Vorinstanz in
somatischer Hinsicht auf den Untersuchungsbericht des Dr. med. B.________,
Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates,
Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), vom 10. Mai 2013 und in psychischer
Hinsicht auf das Administrativgutachten des Dr. med. C.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 15. Oktober 2011 ab. Die abweichenden
Angaben der behandelnden Ärzte der Psychiatrischen Klinik D.________ sowie des
Hausarztes Dr. med. E.________ erachtete die Vorinstanz hingegen nicht als
massgebend.

3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass seit Erlass der ursprünglichen
Verfügung vom 27. Mai 2009 bis 29. November 2013 (Revisionsverfügung) eine
Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen eingetreten sei, welche die
Rentenherabsetzung rechtfertigt. Sie hält die Expertise des Psychiaters Dr.
med. C.________ für widersprüchlich und unvollständig. Die Untersuchung habe
bloss 30 Minuten gedauert. Der Gutachter habe ihre Situation falsch
eingeschätzt und den totalen sozialen Rückzug, der auf einer Extrembelastung in
der Kindheit gründe, zu Unrecht mit leichten Schwierigkeiten im
interpersonellen Kontakt umschrieben. Aus dem Gutachten ergebe sich nicht,
inwiefern eine Besserung des Gesundheitszustandes erfolgt ist. Auch finde sich
weder in der Expertise noch im Ergänzungsgutachten eine Begründung für die
Annahme, es liege nur noch eine leichte depressive Episode vor. Indem die
Vorinstanz auf dieses unvollständige, nicht nachvollziehbare Gutachten des Dr.
med. C.________ abgestellt hat, sei sie in Willkür verfallen.

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat in Bezug auf den Gesundheitsschaden, dessen
Verbesserung im massgeblichen Vergleichszeitraum sowie den Grad der
Arbeitsunfähigkeit im erwerblichen Bereich zu Recht auf das
Administrativgutachten des Psychiaters Dr. med. C.________ vom 15. Oktober
2011, ergänzt am 30. Januar 2013, abgestellt. Während dieser Expertise
rechtsprechungsgemäss volle Beweiskraft zuzuerkennen ist, solange nicht
konkrete Indizien gegen deren Zuverlässigkeit sprechen (BGE 125 V 351 E. 3b/bb
S. 353 mit Hinweisen), handelt es sich bei den Stellungnahmen der
Psychiatrischen Klinik D.________ (vom 29. März 2012) und des Dr. med.
E.________ (vom 30. März 2012), auf die sich die Versicherte beruft, um die
Angaben der behandelnden Ärzte. Dabei ist der Erfahrungstatsache Rechnung zu
tragen, dass diese mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche
Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (
BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353 mit Hinweisen).

4.2. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich im Übrigen über
weite Strecken in einer im Rahmen der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis des
Bundesgerichts (E. 1 hievor) unzulässigen appellatorischen Kritik an der
Beweiswürdigung der Vorinstanz, woran nichts ändert, dass diese gelegentlich
als willkürlich bezeichnet wird. Denn eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung kann sich nicht einzig daraus ergeben, dass der
Gutachter zu anderen Erkenntnissen bezüglich Diagnosen und des Grades der
Arbeitsunfähigkeit gelangt ist als die behandelnden Ärzte, wie die Versicherte
offenbar annimmt. Auch Ausdrucksweisen des Gutachters, welche die Versicherte
unpassend findet, führen nicht zur Annahme von Willkür seitens der Vorinstanz
oder des Experten. Sodann sind die Aussagen des Dr. med. C.________ schlüssig,
auch wenn er sich im Gutachten vom 15. Oktober 2011 nicht eingehend mit den
früheren Berichten der Psychiatrischen Klinik D.________, die jedoch
wiedergegeben oder zumindest erwähnt werden, auseinandergesetzt hat.
Widersprüche, welche zu willkürlichen Sachverhaltsfeststellungen geführt
hätten, sind der Expertise nicht zu entnehmen. Wenn Dr. med. C.________ die
Kontaktschwierigkeiten der Versicherten abweichend von Dr. med. F.________ von
der Psychiatrischen Klinik D.________ eingestuft hat, bedeutet dies nicht, dass
er die teilweise auch von der Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu
treten, abhängige Arbeitsfähigkeit willkürlich festgelegt hat. Die
anderslautende Einschätzung der behandelnden Ärzte war dem Gutachter durchaus
bekannt. Gleiches gilt auch hinsichtlich des Schweregrades der depressiven
Störung; Dr. C.________ diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung,
gegenwärtig leichte Episode, der er keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit
beimass. Er nahm damit eine in Remission befindliche Störung und als Folge
davon eine Verbesserung des psychischen Gesundheitsschadens an, weshalb er die
Arbeitsunfähigkeit mit Blick auf die andauernde psychische Beeinträchtigung auf
noch 50 % schätzte. Inwiefern die Vorinstanz, welche diese Stellungnahme ihrem
Entscheid zugrunde gelegt hat, damit in Willkür verfallen sein soll, ist
unerfindlich.

4.3. Bei der Behauptung schliesslich, die psychiatrische Untersuchung durch Dr.
med. C.________ habe lediglich 30 Minuten gedauert, handelt es sich um eine
tatsächliche Behauptung, die erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren
vorgebracht wurde und daher unzulässig ist, da diese bereits im kantonalen
Gerichtsverfahren hätte geltend gemacht werden können (Art. 99 Abs. 1 BGG).

5. 
Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist stattzugeben, da die gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1-3 BGG). Die Beschwerdeführerin
wird jedoch darauf hingewiesen, dass sie der Bundesgerichtskasse Ersatz zu
leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwalt Markus Bischoff wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. November 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Widmer

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