Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 425/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_425/2015

Urteil vom 11. Dezember 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
BVG-Sammelstiftung Swiss Life -
Vorsorgewerk A.________,
General Guisan-Quai 22, 8002 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin,

Migros-Pensionskasse,
c/o Migros-Genossenschafts-Bund,
Limmatstrasse 152, 8005 Zürich, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle
Vetter-Schreiber.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge
(Invalidenleistungen; Vorleistungspflicht),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. April 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. B.________ arbeitete seit 2005 mit Unterbrüchen bei verschiedenen Firmen.
Vom... bis.. 2008 war sie Sachbearbeiterin bei der Migros und damit bei der
Migros-Pensionskasse vorsorgeversichert. Ab... 2008 arbeitete sie auf der
Gemeindeverwaltung C.________. Das Arbeitsverhältnis wurde während der
Probezeit aufgelöst. Im Rahmen dieser Anstellung war sie über das Vorsorgewerk
A.________ bei der BVG-Sammelstiftung Swiss Life vorsorgeversichert.

A.b. Im Mai 2009 meldete sich B.________ bei der Invalidenversicherung zur
Früherfassung und zum Leistungsbezug an. Mit Beschluss vom 4. Juni 2010 teilte
die IV-Stelle Basel-Landschaft der Schweizerischen Ausgleichskasse mit, es
bestehe ein Invaliditätsgrad von 100 % ab 4. August 2009; Beginn der
Rentenzahlungen sei der 1. November 2009. Mit Verfügung vom 3. September 2010
stellte die IV-Stelle fest, sie habe weiterhin Anspruch auf eine Witwenrente
von monatlich Fr. 663.-, da diese höher sei als die Invalidenrente, welche
zusammen mit dem Verwitwetenzuschlag von 20 % Fr. 465.- betrage.

A.c. Sowohl die BVG-Sammelstiftung Swiss Life, als auch die
Migros-Pensionskasse verneinten eine Leistungspflicht (Schreiben vom      21.
Juni und 5. August 2010).

B. 
Am 24. Februar 2013 reichte B.________ beim Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich Klage gegen die BVG-Sammelstiftung Swiss Life ein mit den
Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die Beklagte nach Art. 26 Abs. 4 BVG
vorleistungspflichtig ist, und es seien ihr eine BVG/IV Rente und zwei BVG/IV
Kinderrenten als Vorleistung zuzusprechen; die nach Reglement berechneten
Beträge seien zu bezahlen; die Beklagte sei mittels vorsorglicher Verfügung
anzuweisen, ihr eine Rente und zwei Kinderrenten für ihre Tochter und für ihren
Sohn in reglementarischer Höhe auszurichten.
Das kantonale Sozialversicherungsgericht holte die Klageantwort ein, liess die
IV-Akten edieren, führte einen zweiten Schriftenwechsel durch und lud die
Migros-Pensionskasse bei. Mit Entscheid vom 27. April 2015 hiess es die Klage
teilweise gut. Es stellte fest, die Klägerin habe mit Wirkung ab 1. August 2009
Anspruch auf eine volle Invalidenrente im Umfang der obligatorischen
Mindestleistungen der beruflichen Vorsorge als Vorleistung. Auf die
Rentenbetreffnisse für die Monate September 2012 bis Oktober 2013 habe sie
zufolge Zession keinen Anspruch.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
BVG-Sammelstiftung Swiss Life zur Hauptsache, der Entscheid vom 27. April 2015
sei insofern aufzuheben, als sie zur Vorleistung von Invalidenleistungen
verpflichtet werde, und demzufolge die diesbezügliche Forderung der
Beschwerdegegnerin abzuweisen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur
materiellen Prüfung eines Anspruchs auf Invalidenleistungen nach Art. 23 BVG
zurückzuweisen.
B.________ ersucht sinngemäss um Abweisung der Beschwerde und zusätzliche
Beurteilung der definitiven Leistungspflicht der Beschwerdeführerin. Die
Migros-Pensionskasse stellt keinen Antrag und verneint einen
berufsvorsorgerechtlichen Leistungsanspruch der Beschwerdegegnerin gegen sie.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz hat als Streitgegenstand bzw. Prozessthema den Anspruch auf
Rentenleistungen als Vorleistung nach Art. 26 Abs. 4 BVG betrachtet. Soweit die
Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung geltend macht, ihre Klage habe nicht
ausschliesslich auf Vorleistung gelautet, sondern auch "ein endgültiges Urteil
zu fällen, da die benötigte Dokumentation zur Bestimmung der definitiven
leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung vorliegt", ist sie damit nicht zu
hören, da sie selber nicht Beschwerde erhoben hat (vgl. Urteil 9C_814/2014 vom
30. April 2015 E. 1). Im Übrigen ist der Entscheid über die Vorleistungspflicht
einer Vorsorgeeinrichtung nach Art. 26 Abs. 4 BVG ein Endentscheid nach Art. 90
BGG (BGE 136 V 131).

1.2. Die Beschwerdeführerin beantragte in der Klageantwort eventualiter (für
den Fall der Bejahung einer Vorleistungspflicht nach Art. 26 Abs. 4 BVG), es
sei festzustellen, dass sie nicht leistungspflichtig (im Sinne von Art. 23 lit.
a BVG) sei. Das kantonale Berufsvorsorgegericht hat dazu nichts gesagt und auch
nicht darüber entschieden, was kein Bundesrecht verletzt. Aus der Begründung
ergibt sich, dass dieser Eventualantrag Teil der Darlegungen ist, weshalb keine
Vorleistungspflicht bestehen soll, mithin ausschliesslich der Abwehr der
klageweise erhobenen Ansprüche dient (vgl. Urteil 9C_79/2011 vom 24. August
2011 E. 1.2.1). Dasselbe gilt in Bezug auf das Eventualbegehren in der
Beschwerde, die Sache sei an die Vorinstanz zur materiellen Prüfung eines
Anspruchs auf Invalidenleistungen nach Art. 23 BVG zurückzuweisen.

1.3. Der eingereichte ärztliche Bericht (Entlassbrief) vom 3. Februar (recte:
Mai) 2015 ist nach Erlass des angefochtenen Entscheids erstellt worden und hat
daher unbeachtet zu bleiben (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Anspruch auf Invalidenleistungen haben u.a. Personen, die im Sinne der IV
zu mindestens 40 Prozent invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit,
deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren (Art. 23 lit. a
BVG). Zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität muss ein enger sachlicher und
zeitlicher Zusammenhang bestehen (BGE 136 V 65 E. 3.1 S. 68 mit Hinweisen).
Für den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen gelten sinngemäss die
entsprechenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1959 über die
Invalidenversicherung (Art. 29 IVG; Art. 26   Abs. 1 BVG). Der Anspruch auf
eine Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge entsteht
grundsätzlich mit dem Beginn der Rente der Invalidenversicherung nach Art. 29
Abs. 1 IVG, d.h. (seit 1. Januar 2008) frühestens sechs Monate seit der
Anmeldung bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug (BGE 140 V 470; vgl.
auch Urteil 9C_458/2015 vom 18. August 2015 E. 3).

2.2. Befindet sich der Versicherte beim Entstehen des Leistungsanspruchs nicht
in der leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung, so ist jene
Vorsorgeeinrichtung vorleistungspflichtig, der er zuletzt angehört hat. Steht
die leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung fest, so kann die
vorleistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung auf diese Rückgriff nehmen (Art. 26
Abs. 4 BVG). Nach der ratio legis dieser Bestimmung soll die Position der
versicherten Person verbessert werden, die sich einer Mehrzahl von
Vorsorgeeinrichtungen gegenübersieht, wobei nicht klar ist, welche von diesen
Invalidenleistungen zu erbringen hat. Dem entsprechend soll sie sich nur an die
vorleistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung halten müssen und dieser die weitere
Auseinandersetzung mit anderen potenziell leistungspflichtigen Einrichtungen
überlassen können (BGE 136 V 131 E. 3.5 S. 139 mit Hinweis auf die Lehre; Marc
Hürzeler, in: BVG und FZG, 2010, N. 35 zu Art. 26 BVG). Der Umfang der
Vorleistungen beschränkt sich auf die gesetzlichen (obligatorischen)
Invalidenleistungen (Art. 49 Abs. 2 BVG e contrario; Hürzeler, a.a.O., N. 44 zu
Art. 26 BVG).

3. 
Die Vorinstanz hat im Wesentlichen mit folgender Begründung die
Vorleistungspflicht der Beklagten im Grundsatz bejaht: Die Klägerin sei gemäss
Feststellung der IV-Stelle im Beschluss vom 4. Juni 2010 seit 4. August 2008
100 % arbeitsunfähig und habe mit Wirkung ab 1. August 2009 Anspruch auf eine
ganze Rente der Invalidenversicherung. Es werde nicht in Frage gestellt, dass
sie zu 100 % invalid im Sinne von Art. 23 BVG sei. Die zeitliche Entwicklung
der zur Invalidität führenden Arbeitsunfähigkeit sei nicht von Belang, da sie
an der Vorleistungspflicht nichts ändere. Sowohl die Beklagte als
Vorsorgeeinrichtung, welcher die Klägerin zuletzt angehört habe, als auch die
Beigeladene, bei welcher sie unmittelbar vorher berufsvorsorgeversichert
gewesen sei, verneinten eine Leistungspflicht mit der Begründung, die
Invalidität sei vor bzw. nach der Versicherungsdeckung bei ihnen eingetreten.
Es liege daher eine Unklarheit zwischen zwei oder mehreren
Vorsorgeeinrichtungen über deren Leistungspflicht nach Art. 23 BVG vor. Die
Klägerin sei am 4. August 2008 (von der IV-Stelle angenommener Beginn der
Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG) bei der Beklagten
berufsvorsorgeversichert gewesen (Art. 10 Abs. 3 BVG). Unabhängig davon, wann
die massgebende Arbeitsunfähigkeit (nach Art. 23 lit. a BVG) eingetreten sei
oder nicht, erscheine daher deren Zuständigkeit nicht von vornherein
unrealistisch. Die Voraussetzungen für eine Vorleistungspflicht der Beklagten
seien somit erfüllt.

4. 
Die Beschwerdeführerin, welcher die Beschwerdegegnerin unbestritten zuletzt im
Sinne von Art. 26 Abs. 4 BVG angehört hat, bringt im Wesentlichen vor, diese
Bestimmung setze begriffsnotwendig voraus, dass ein Anspruch auf
Invalidenleistungen gemäss Art. 23 lit. a BVG ausgewiesen sei. Aufgrund der
Tragweite der einmal auferlegten Vorleistungspflicht, insbesondere in
denjenigen Fällen, wo letztlich keine Vorsorgeeinrichtung (definitiv)
leistungspflichtig werde, dürfe diese Voraussetzung nicht aufgrund der bloss
theoretischen Möglichkeit eines Leistungsanspruchs als erfüllt angesehen
werden. Dies käme einer Aufhebung des Versicherungsprinzips gleich. Die Wendung
"unabhängig davon, wann die massgebende Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei oder
nicht" verrate, dass die Vorinstanz auf die materielle Prüfung des Bestehens
eines grundsätzlichen Anspruchs der Beschwerdegegnerin auf Invalidenleistungen
der Zweiten Säule verzichtet habe, womit Art. 26 Abs. 4 BVG verletzt werde.
Aufgrund der Akten könne nicht ausgeschlossen werden, dass die zur Invalidität
führende Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 23 lit. a BVG eingetreten sei,
als diese nicht berufsvorsorgeversichert gewesen sei. Die ärztlichen Berichte
erlaubten (jedenfalls) ohne weiteres den Schluss, dass dieser Zeitpunkt vor
dem... 2008 liege und der zeitliche Zusammenhang nicht unterbrochen worden sei.
Insofern scheide sie zum vornherein als definitiv leistungspflichtige
Vorsorgeeinrichtung aus, weshalb sie auch nicht zur Ausrichtung von
Vorleistungen verpflichtet werden könne.

5.

5.1. Nach dem Wortlaut von Art. 26 Abs. 4 BVG ("Befindet sich der Versicherte
beim  Entstehen des Leistungsanspruchs nicht in der  leistungspflichtigen
 Vorsorgeeinrichtung") setzt die Vorleistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung,
welcher der Versicherte zuletzt angehört hat, voraus, dass ein Anspruch auf
Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge besteht (Art. 23
und Art. 26 Abs. 1 BVG). Unklar ist lediglich, welche Vorsorgeeinrichtung für
die Ausrichtung der Leistungen zuständig ist. Das Bestehen eines solchen
Leistungsanspruchs muss daher im Rahmen des Entscheids über die
Vorleistungspflicht materiell geprüft werden (BGE 136 V 131 E. 1.3.2 S. 136).
Demgegenüber soll es nach Auffassung der Vorinstanz für die Anwendbarkeit von
Art. 26 Abs. 4 BVG im vorliegenden Fall genügen, dass die Leistungspflicht nach
Art. 23 lit. a BVG einer der beiden am Verfahren beteiligten
Vorsorgeeinrichtungen nicht ausgeschlossen werden kann (E. 3 in fine).

5.2. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut einer
Gesetzesbestimmung darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige
Gründe dafür vorliegen, dass er nicht deren wahren Sinn wiedergibt (BGE 140 V
449 E. 4.2 S. 455 mit Hinweisen). Eine Änderung der Rechtsprechung sodann muss
sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen. Eine Praxisänderung lässt sich
nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis,
geänderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht
(BGE 137 V 282 E. 4.2 S. 291; 135 I 79 E. 3 S. 82; je mit Hinweisen).

5.2.1. Die Vorinstanz stützt ihre Auffassung, wonach es vorliegend für die
Anwendbarkeit von Art. 26 Abs. 4 BVG genügt, dass die Leistungspflicht nach
Art. 23 lit. a BVG einer der beiden am Verfahren beteiligten
Vorsorgeeinrichtungen nicht ausgeschlossen werden kann, im Wesentlichen auf
zwei wissenschaftliche Beiträge (Marc Hürzeler, Intrasystemische
Vorleistungspflichten in der beruflichen Vorsorge, in: René Schaffhauser/Ueli
Kieser [Hrsg.], Das prekäre Leistungsverhältnis im Sozialversicherungsrecht,
2008, S. 145 ff., und Ueli Kieser, Vorleistungspflichten der Pensionskassen
nach BVG und ATSG - Fragen und einige Antworten, in: René Schaffhauser/
Hans-Ulrich Stauffer [Hrsg.], Die 1. BVG-Revision. Neue Herausforderungen -
Praxisgerechte Umsetzung, 2005, S. 116 ff.). Es kann offen bleiben, inwiefern
sich die genannten Autoren tatsächlich zur streitigen Frage äussern (wollen).
Aus ihren Ausführungen ergeben sich jedenfalls keine Gründe für ein Abweichen
von Wortlaut und Rechtsprechung.

5.2.2. Sodann lässt sich den Materialien (zu deren Bedeutung für die
Gesetzesauslegung: BGE 141 V 191 E. 3 S. 194; 140 III 206 E. 3.5.4    S. 214)
nichts entnehmen, was für die vorinstanzliche Auffassung sprechen könnte (vgl.
zur Entstehungsgeschichte Marc Hürzeler, Zum Rückgriffsrecht der gemäss Art. 26
Abs. 4 BVG vorleistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung im Invaliditätsfall, SZS
2006 S. 325 ff.). Im Gegenteil wurde im Bericht der Kommission für soziale
Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) vom 21./22. Februar 2002 über den
Vorsorgeschutz für Teilzeitbeschäftigte und Personen mit kleinen Einkommen,
über die Anpassung des Umwandlungssatzes und über die paritätische Verwaltung
der Vorsorgeeinrichtungen, der Anlass für die Schaffung von Art. 26 Abs. 4 BVG
war, Folgendes ausgeführt          (S. 24 f.) : "Bei Übertritten von einer
Vorsorgeeinrichtung in eine andere, ist manchmal unklar, während welcher
Versicherungszeit die Arbeitsunfähigkeit entstanden ist. Während den
Abklärungen und - wenn nötig - Gerichtsverfahren, sehen sich die Betroffenen
zusätzlich zu ihrem gesundheitlichen Problem oft mit einer finanziell sehr
schwierigen Situation konfrontiert (...). Die Vorschläge der SGK-N sollen die
Situation der Betroffenen verbessern, indem ihnen bei Unklarheit darüber,
welche von mehreren Vorsorgeeinrichtungen leisten muss, diejenige
Vorsorgeeinrichtung die Leistungen vorleistet, der sie zuletzt angehören (oder
angehört hatten)." Aus diesen Ausführungen ergibt sich klar, dass die
Vorleistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung, welcher der Versicherte zuletzt
angehört hat, einen Leistungsanspruch nach Art. 23 lit. a BVG im Grundsatz
voraussetzt, was, wie dargelegt, auch im Gesetzeswortlaut seinen Niederschlag
gefunden hat. Aus den Protokollen der vorberatenden Kommissionen der Räte
ergeben sich keine Hinweise, dass die blosse Möglichkeit genügen sollte.
Vielmehr erhellt daraus, dass die Verbesserung von Art. 26 Abs. 4 BVG darin
liegt, (negative)  Kompetenzstreitigkeiten zwischen  leistungspflichtigen
 Vorsorgeeinrichtungen nicht auf dem Rücken der Versicherten auszutragen
(Protokoll der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit vom 21./22. Februar 2002 S. 7).

5.2.3. Schliesslich wäre ein Absehen vom Erfordernis, dass grundsätzlich ein
Anspruch auf Invalidenleistungen nach Art. 23 lit. a BVG besteht, nur
schwerlich mit dem auch im Rahmen dieser Bestimmung geltenden
Versicherungsprinzip (BGE 123 V 262 E. 3c S. 269) in Einklang zu bringen, wie
die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht.

5.3. Nach dem Gesagten verletzt die Bejahung der Vorleistungspflicht der
Beschwerdeführerin nach Art. 26 Abs. 4 BVG durch die Vorinstanz, ohne dass der
- von dieser von Anfang an bestrittene - grundsätzliche Anspruch der
Beschwerdegegnerin auf Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen
Vorsorge nach Art. 23 lit. a BVG feststand, Bundesrecht. Dabei handelt es sich
um eine Rechtsfrage, welche aufgrund der Feststellungen im angefochtenen
Entscheid sowie der Vorbringen der Verfahrensbeteiligten nicht klar beantwortet
werden kann, weder in diesem noch in jenem Sinne. Die Sache ist daher an das
kantonale Berufsvorsorgegericht zurückzuweisen, damit es dieses
Anspruchsmerkmal prüfe und danach über die Vorleistungspflicht der
Beschwerdeführerin neu entscheide.

6. 
Bei diesem Ergebnis braucht auf die Vorbringen in der Beschwerde zum Beginn der
Vorleistungen, nicht näher eingegangen zu werden (vgl. jedoch BGE 140 V 470),
ebenso nicht auf die Rüge der Unzulässigkeit der Anordnung der Vorinstanz,
einen Teil der Vorleistung zufolge Zession an Gläubiger der Beschwerdegegnerin
zu bezahlen, zumal Dispositiv-Ziffer 1 zweiter Satz des angefochtenen
Entscheids lediglich feststellt, dass die Beschwerdegegnerin auf die
betreffenden Leistungen keinen Anspruch hat.

7. 
Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet      (Art.
66 Abs. 1 BGG). Beschwerdeführerin und Beigeladene haben keinen Anspruch auf
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. April 2015 wird
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an
dieses zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Migros-Pensionskasse, dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Dezember 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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