Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 397/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_397/2015

Urteil vom 6. August 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Petrik,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 24. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1974 geborene A.________ meldete sich im August 2001 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St.
Gallen sprach ihr Umschulung zu, welche sie laut Verfügung vom 12. September
2005erfolgreich abschloss. Im Januar 2006 beantragte die Versicherte eine
Invalidenrente. Nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens
ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 52 % und sprach ihr mit
Verfügung vom 18. Dezember 2012 eine halbe Rente ab 1. Januar 2005 zu.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 24. April 2015 (zugestellt am 5. Mai 2015) ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom
4. Juni 2015 beantragen, unter Aufhebung der Verfügung vom 18. Dezember 2012
und des Entscheids vom 24. April 2015 sei die Sache zur Einholung eines
medizinischen Obergutachtens und anschliessenden Neuentscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen; eventuell sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr
eine ganze Invalidenrente ab 1. Januar 2005 auszurichten.
Am 9. Juli 2015 lässt sie durch ihren zwischenzeitlich neu bestellten
Rechtsvertreter eine weitere Eingabe mit ergänzender Beschwerdebegründung
einreichen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde ist samt Begründung innert 30 Tagen nach Eröffnung des
angefochtenen Entscheids beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG); eine spätere Ergänzung der
Beschwerdeschrift ist nur gemäss Art. 43 BGG, d.h. im Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, möglich ( LAURENT MERZ, in: Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 40 zu Art. 42 BGG).

Nachdem die Rechtsmittelfrist in concreto am 4. Juni 2015 abgelaufen ist,
bleibt die Eingabe vom 9. Juli 2015 von vornherein unbeachtlich.

2. 
Der Beschwerde vom 4. Juni 2015 liegt ein von der Versicherten persönlich
verfasstes Schreiben an das Bundesgericht bei. Darin wirft sie die Frage nach
dem Ausstand einer mit dem Fall befassten kantonalen Richterin auf, weil diese
ihre Mutter kenne (vgl. Art. 30 Abs. 1 BV). Weitere Ausführungen zu diesem
Punkt fehlen im genannten Schreiben, und in der Beschwerde selber wird mit
keinem Wort darauf eingegangen. Im Licht der Begründungspflicht gemäss Art. 42
Abs. 1 und 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG erübrigen sich diesbezügliche
Weiterungen.

3. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

4. 
Die Vorinstanz hat dem Gutachten der MEDAS vom 27. Januar 2012(Untersuchung vom
7. und 16. November 2011) Beweiskraft beigemessen und gestützt darauf eine
Arbeitsfähigkeit von 80 % für leichte, wechselbelastende Tätigkeiten
festgestellt. Für den Einkommensvergleich hat sie das Valideneinkommen auf Fr.
98'200.- und das Invalideneinkommen auf Fr. 42'803.- festgesetzt. Beim
resultierenden Invaliditätsgrad von 56 % hat sie den Anspruch auf eine halbe
Invalidenrente bestätigt.

5.

5.1. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche
Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu
nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte
Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes
ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf
allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).

5.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 2). Die konkrete
Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung
des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfrage (BGE
132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4
mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden
Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1
BGG).

5.3. Was die Beschwerdeführerin gegen die Beweiskraft des MEDAS-Gutachtens
vorbringt, hält nicht stand: Dieses wurde zwar nicht durch einen Neurologen
erstellt, indessen durch Dr. med. B.________, Facharzt u.a. für Neurologie,
mitunterzeichnet. Ausserdem setzten sich die MEDAS-Experten Dr. med. C.________
(Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und für Rheumatologie) und Dr. med.
D.________ (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) nachvollziehbar mit
den Einschätzungen der Klinik für Neurologie des Spitals E.________ auseinander
und stellten sich dazu nicht in Widerspruch. Damit wurde den neurologischen
Aspekten genügend Rechnung getragen.
Daran ändert nichts, dass die Versicherte von verschiedenen behandelnden Ärzten
(vgl. auch den ohnehin unzulässigen [Art. 99 Abs. 1 BGG; MEYER/DORMANN, in:
Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 zu Art. 99 BG G]
Bericht des Dr. med. F.________ vom 13. Mai 2015) in ihrer eigenen Einschätzung
der Arbeitsfähigkeit bestätigt wurde. Einerseits ist der Unterschied zwischen
Behandlungs- und Begutachtungsauftrag zu beachten (vgl. dazu Urteil 8C_260/2011
vom 25. Juli 2011 E. 5.2 und 8C_567/2010 vom 19. November 2010 E. 3.2.2).
Anderseits kann die ärztliche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit, abhängig von
der Gutachterperson und von den Umständen der Begutachtung, eine grosse Varianz
aufweisen und trägt die ärztliche Beurteilung von der Natur der Sache her
unausweichlich Ermessenszüge (BGE 137 V 210 E. 3.4.2.3 S. 253; Urteil 8C_25/
2013 vom 20. August 2013 E. 5.1; vgl. auch Urteil 9C_465/2013 vom 27. September
2013 E. 3.4), die es zu respektieren gilt. Auch unter diesem Aspekt genügt das
MEDAS-Gutachten den Anforderungen an die Beweiskraft (E. 5.1).

5.4. Nach dem Gesagten können die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die
Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit (E. 4) nicht als willkürlich
bezeichnet werden; sie bleiben verbindlich (E. 3). Ohnehin beschränkt sich die
Beschwerdeführerin im Wesentlichen darauf, lediglich die medizinischen
Unterlagen abweichend von der Vorinstanz zu würdigen und daraus andere Schlüsse
zu ziehen, was nicht ausreicht (Urteile 9C_688/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3
und 4A_28/2007 vom 30. Mai 2007 E. 1.3 [in BGE 133 III 421 nicht publiziert]).
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. August 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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