Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 391/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_391/2015

Urteil vom 28. Januar 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner,
nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Yves Minnier,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonale IV-Stelle Wallis,
Bahnhofstrasse 15, 1950 Sitten,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Wallis
vom 22. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1970, verfügt über eine Ausbildung als Automonteur. Am 13.
Juli 1997 erlitt er einen schweren Gleitschirmunfall, bei dem er sich eine
Berstungsfraktur LWK 3 und Luxation LWK 2/3 mit konsekutiver Paraplegie
sensorisch inkomplett sub Th10, motorisch inkomplett sub Th12, eine
Naviculare-Fraktur/Luxationsfraktur rechts, eine obere/untere Schambeinfraktur
rechts, eine mediale Seitenband-Meniskushinterhornläsion links, eine mediale
und laterale OSG Bandläsion links und multiple Exkoriationen/Kontusionen der
rechten oberen und linken unteren Extremität zuzog. Mit Verfügung vom 15.
Februar 1999 sprach die Kantonale IV-Stelle Wallis A.________ rückwirkend vom
1. Juli bis 31. August 1998 eine ganze Rente (IV-Grad: 100 %) zu. Anschliessend
unterzog sich A.________ beruflichen Massnahmen und bezog ein Taggeld der
Invalidenversicherung (IV). Nachdem die beruflichen Massnahmen gescheitert
waren, sprach die IV-Stelle A.________ am 3. Dezember 1998 erneut eine ganze
Rente (IV-Grad: 75 %) ab 1. August 1999 zu. Dieser Anspruch wurde in der Folge
revisionsweise bestätigt (Mitteilung vom 6. August 2004). Im Rahmen eines
weiteren Revisionsverfahrens liess die IV-Stelle A.________ durch die asim,
Academy of Swiss Insurance Medicine, Universitätsspital Basel, begutachten
(Exploration vom 15. Mai 2007, Expertise vom 31. Oktober 2007). Mit
Mitteilungen vom 17. Januar 2008 und 17. März 2010 bestätigte die IV-Stelle den
unveränderten Anspruch auf eine ganze Rente (IV-Grad: 100 %).
Im Herbst 2010 liess die Unfallversicherung A.________, nach einer externen
Verdachtsmeldung, observieren. Mit Verfügung vom 8. April 2011 sistierte die
IV-Stelle die Rente, nachdem sie am 17. März 2011 von der Unfallversicherung
über die Ergebnisse der Observation informiert worden war. Am 12. September
2011 erstattete die Medizinische Abklärungsstelle Bern, ZVMB GmbH, ein von der
Unfallversicherung in Auftrag gegebenes Gutachten. Nach einer erneuten,
wiederum von der Unfallversicherung veranlassten Observation im Oktober/
November 2011, deren Resultate sie der IV-Stelle am 6. Dezember 2011
übermittelte, nahm der Regionale Ärztliche Dienst (RAD; Dr. med. B.________,
FMH Allgemeine Medizin) am 9. Januar 2012 Stellung. Am 5. März 2013 erging ein
interdisziplinäres versicherungsmedizinisches Gutachten der MEDAS Oberaargau,
Langenthal, zu welchem der Rechtsdienst der IV am 2. April 2013 Stellung nahm.
Der Schlussbericht des RAD (Dr. med. B.________) datiert vom 15. April 2013. Am
30. April 2013 äusserte sich die Schweizer Paraplegiker Vereinigung als
Vertreterin des A.________ zum Gutachten und ersuchte um Beantwortung von
Ergänzungsfragen. Die Ärzte der MEDAS Oberaargau kamen diesem Wunsch am 22.
November 2013 nach. Nachdem sich die Paraplegiker Vereinigung am 31. Januar
2014 und der RAD am 11. Februar 2014 hatten vernehmen lassen, stellte die
IV-Stelle mit Vorbescheid vom 31. März 2014 in Aussicht, die bisherige ganze
auf eine Viertelsrente herabzusetzen, die vom 1. Dezember 2004 bis 31. März
2011 in Verletzung der Meldepflicht zu Unrecht bezogenen Leistungen
zurückzufordern (nach Verrechnung mit der nachzuzahlenden Viertelsrente ab 1.
April 2011: Fr. 81'412.-) und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu entziehen. Nach Einwänden des A.________, vertreten durch die
Paraplegiker Vereinigung, verfügte die IV-Stelle am 5. Juni 2014 entsprechend
dem Vorbescheid.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Wallis,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 22. April 2015 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids sowie die Zusprechung
mindestens einer Viertelsrente rückwirkend ab 1. April 2011. Von einer Revision
der rentenbestätigenden Mitteilungen sei abzusehen. Es sei ihm die ganze Rente
vom 1. Dezember 2004 bis 31. März 2011 zu belassen und auf eine Rückforderung
der Rentenleistungen zu verzichten. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid
aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Verfügung an die
IV-Stelle zurückzuweisen.
Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung, die IV-Stelle beantragt die
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Am 18. August 2015 reicht A.________ eine Replik ein.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG) und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine
Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn
sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_101/2015 vom 30. November 2015 E. 1.1).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht die
revisionsweise Rentenherabsetzung geschützt sowie wegen verletzter Meldepflicht
die Rückerstattung der zwischen 1. April 2007 und 31. März 2011 bezogenen
Leistungen bestätigt hat.

2.1. Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in
Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der
Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder
Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war (Art. 53 Abs.
1 ATSG). Sie ist gestützt auf Art. 55 Abs. 1 ATSG nur innerhalb der in Art. 67
VwVG enthaltenen Fristen zulässig. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist eine
relative 90-tägige Frist zu beachten, die mit der Entdeckung des
Revisionsgrundes zu laufen beginnt. Zudem gilt eine absolute zehnjährige Frist,
deren Lauf mit der Eröffnung des Entscheides einsetzt (SVR 2012 UV Nr. 17 S.
63, 8C_434/2011 E. 3 mit Hinweisen).

2.2. Stehen, wie hier, invalidenversicherungsrechtliche Aspekte zur Diskussion,
gilt es grundsätzlich, mit Wirkung ex nunc et pro futuro einen rechtskonformen
Zustand herzustellen. Die Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente erfolgt in
diesem Bereich daher in der Regel auf das Ende des der Zustellung der Verfügung
folgenden Monats. Rückwirkend wird die Rente herabgesetzt oder aufgehoben, wenn
die unrichtige Ausrichtung einer Leistung darauf zurückzuführen ist, dass der
Bezüger sie unrechtmässig erwirkt hat oder der ihm gemäss Art. 77 IVV
zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen ist (Art. 85 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 88bis Abs. 2 IVV; Urteil 9C_258/2014 vom 3. September 2014
[zusammenfassend publiziert in SZS 2015 S. 54] E. 3.2).
Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG bestimmt, dass der Rückforderungsanspruch mit
dem Ablauf eines Jahres erlischt, nachdem die Versicherungseinrichtung davon
Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der
Entrichtung der einzelnen Leistung. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer
strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere
Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese Frist massgebend (zweiter Satz der
angeführten Gesetzesbestimmung). Bei den genannten Fristen handelt es sich um
Verwirkungsfristen (BGE 138 V 74 E. 4.1 S. 77).

2.3. Wäre die absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren zu beachten, könnten
mit Blick auf den am 31. März 2014 erlassenen Vorbescheid (vgl. Urteil 8C_203/
2014 vom 15. Mai 2014 E. 4.2 mit Hinweis) die vor dem 1. April 2009 geleisteten
Betreffnisse nicht mehr zurückgefordert werden. Verwaltung und Vorinstanz
berufen sich aber auf eine längere (siebenjährige) strafrechtliche
Verjährungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz ATSG, da der
Beschwerdeführer seine Meldepflicht verletzt habe (Art. 87 Abs. 8 AHVG in
Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 lit. d StGB).

3.

3.1. Die Vorinstanz erwog, die replikweise vorgetragene Behauptung des
Versicherten, er sei von Mitarbeitern der Unfallversicherung überrumpelt und in
die Enge getrieben worden bzw. er habe diese nicht verstanden, weshalb die im
Protokoll vom 18. November 2010 festgehaltenen Aussagen kein verwertbares
Beweismittel darstellten, sei als reine Schutzbehauptung unbeachtlich. Auch die
medizinischen Akten zeigten, dass es ihm bereits wenige Monate nach der im März
2004 erfolgten Metallentfernung am rechten Fuss schon viel besser gegangen und
er gesundheitlich nur wenig eingeschränkt gewesen sei. Damit könne nicht
ernsthaft behauptet werden, das MEDAS-Gutachten vom 5. März 2013 und
insbesondere die darin enthaltene rückwirkende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit
seien falsch und unzulässig. Das Gutachten sei voll beweiskräftig und somit von
einer anspruchserheblichen gesundheitlichen Verbesserung ab August 2004
auszugehen. Insbesondere sei auch die retrospektive Beurteilung, welche sich
auf die Abklärung, frühere Akten (namentlich die Expertisen der ZVMB GmbH und
der asim) und Videoaufzeichnungen stütze, nachvollziehbar und beweistauglich.
Die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision seien erfüllt, und es sei
ohne weitere Abklärungen von einer 70%igen Arbeitsfähigkeit seit August 2004
auszugehen. Die Berechnung eines Invaliditätsgrades von 40,6 % sei, mangels
ausgewiesener Notwendigkeit für zusätzliche, ausserordentliche Pausen, nicht zu
beanstanden.
Der Versicherte sei seiner Meldepflicht ab August 2004 nicht nachgekommen,
weshalb die rückwirkende Aufhebung der Rente nicht beanstandet werden könne.
Nachdem die Pflichtverletzung zumindest grobfahrlässig erfolgt sei und er die
IV-Stelle aktiv getäuscht und zumindest in Kauf genommen habe, dass ihm
Rentenleistungen ausgerichtet wurden, die ihm nicht zustanden, sei die längere
strafrechtliche Verjährungsfrist massgeblich.

3.2. Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe zu Unrecht und
willkürlich auf das Gutachten der MEDAS Oberaargau abgestellt, welches eine
nicht beweiskräftige rückwirkende Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit enthalte,
die im Jahr 2007 erfolgte Exploration durch die asim unberücksichtigt lasse und
zu dieser im Widerspruch stehe. Im Gutachten vom 5. März 2013 werde lediglich
eine andere Tatsachenwürdigung vorgenommen. Eine Revision sei daher unzulässig,
zumal die im Rahmen der Observation erstellten Videoaufnahmen bezüglich einer
höheren Arbeitsfähigkeit nichts auszusagen vermöchten und überdies lange nach
2004 (nämlich in den Jahren 2010 und 2011) erfolgt seien. Seit seinem Unfall
sei er keiner bezahlten Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Weder die
gelegentliche, bloss hobbymässige Tätigkeit als Berater für einen
Snowboardhersteller, noch die gefälligkeitshalber ausgeführte, unregelmässige
Aushilfe im Sportgeschäft seiner Ehefrau könnten einer entgeltlichen
Erwerbstätigkeit gleichgesetzt werden. Beim Bau seines Hauses habe er
regelmässig das Voranschreiten der Bauarbeiten kontrolliert, wie dies für einen
Bauherrn üblich sei. Die vorinstanzliche Feststellung, er habe fünf bis sechs
Stunden pro Tag Bauarbeiten verrichtet, sei falsch und willkürlich. Aus
gesundheitlichen Gründen wäre ihm eine regelmässige Erwerbstätigkeit nicht
möglich gewesen, was die gescheiterten Wiedereingliederungsversuche
bestätigten. Eine gesundheitliche Verbesserung sei nicht eingetreten. Seine
Meldepflicht habe er nicht verletzt, zumal er nicht bewusst irgendwelche
Tätigkeiten verschwiegen habe. Diese hätten in seinem Tagesablauf vielmehr eine
derart untergeordnete Rolle gespielt, als sie von den Gutachtern der asim nicht
für relevant erachtet worden seien. Ein Revisionsgrund fehle. Eine rückwirkende
Rentenherabsetzung sei unzulässig; a uch der Unfallversicherer habe eine
Meldepflichtverletzung verneint, was die Unrichtigkeit des angefochtenen
Entscheids bestätige. Damit falle die längere strafrechtliche Frist für die
Rückerstattung ausser Betracht, da jegliche Anhaltspunkte für ein
strafrechtlich relevantes Verhalten fehlten. Die abweichende vorinstanzliche
Beurteilung sei falsch und willkürlich.
Sein Rentenanspruch könne somit nur ab 1. April 2011 neu beurteilt werden.
Gemäss Gutachten der MEDAS Oberaargau wäre ihm während sechs Stunden täglich
bei zusätzlich einzulegenden Pausen von mindestens 15 Minuten nach 1 ½ Stunden
zumutbar. Dies ergebe eine tägliche Arbeitszeit von fünf Stunden, was bei einer
täglichen Normarbeitszeit von 8,34 Stunden einem Pensum von 60 % entspreche.
Ein Einkommensvergleich ergebe einen IV-Grad von 48 %, nach der
Berechnungsmethode der Beschwerdegegnerin ein solcher von 41 %, und damit
mindestens Anspruch auf eine Viertelsrente.

4. 
Soweit der Beschwerdeführer letztinstanzlich die Zusprechung von "mindestens"
einer Viertelsrente beantragt, während er im kantonalen Beschwerdeverfahren
lediglich eine Viertelsrente verlangt hatte, und er somit mehr begehrt als im
vorinstanzlichen Verfahren, handelt es sich um einen neuen Antrag, der gemäss
Art. 99 Abs. 2 BGG unzulässig ist. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden (vgl. Urteil 8C_811/2012 vom 4. März 2013 E. 4).

5.

5.1. Der das neurologische asim-Teilgutachten vom 2. Mai 2007 verfassende Dr.
med. C.________, FMH Neurologie, kam aufgrund der Schilderungen des
Versicherten, wonach er insbesondere in unebenem Gelände in seiner Gehfähigkeit
eingeschränkt sei und unter - im Sitzen ausgeprägteren - Rückenschmerzen leide,
zum Schluss, die Beschwerdeschilderungen seien glaubhaft. Während der
Untersuchung sei starkes Schwitzen, zum Teil auch Erblassen, als Zeichen einer
vegetativen Begleitreaktion zu verzeichnen gewesen. Der Explorand habe während
der Anamneseerhebung ständig seine Körperlage ändern und immer wieder aufstehen
müssen, er sei glaubhaft schmerzgeplagt gewesen. Dr. med. C.________ kam zum
Schluss, anhand der Unterlagen und der Anamnese habe sich die Schmerzsituation
in letzter Zeit verschlechtert und auch die Schwäche des rechten Beines habe
etwas zugenommen. Anlässlich der Voruntersuchung im Paraplegikerzentrum sei die
Geh- und Stehfähigkeit noch gewährt gewesen, aktuell sei die Muskulatur im
proximalen Oberschenkel des rechten Beines derart beeinträchtigt, dass eine
Gehfähigkeit nur noch grenzwertig möglich und für längere Strecken (ab fünf bis
zehn Meter) Stöcke notwendig seien. Aktuell sei auch eine sitzende Tätigkeit
nicht zumutbar, stehende oder gehende Tätigkeiten seien überhaupt nicht
möglich, "so dass ausschliesslich, wenn überhaupt, nur eine Heimarbeit in
geringem Umfang von maximal 30 % denkbar wäre".

5.2. Die das Jahr 2008 betreffenden echtzeitlichen medizinischen Akten ergeben
hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit nichts Schlüssiges. Gemäss den verbindlichen
Feststellungen im angefochtenen Entscheid betrug die Arbeitsfähigkeit in einer
angepassten Tätigkeit bis September 2006 50 %, bevor anfangs 2007 eine
Verschlechterung eintrat, wobei die anlässlich der asim-Begutachtung
festgestellte eingeschränkte Gehfähigkeit (E. 5.1 hievor) bei der
Jahreskontrolle im Paraplegikerzentrum vom 14. August 2008 nicht bestätigt
werden konnte. Jene Untersuchungen ergaben eine gleich bleibende Muskelkraft,
"sodass der Patient weiterhin problemlos ohne Hilfsmittel gehen kann". Die
Ärzte hielten fest, der Versicherte zeige sich in einem sehr guten Allgemein-
und Rehabilitationszustand, die Sensibilitätsdefizite in den Beinen und die
Wirbelsäulenschmerzen seien stationär, ein Kraftverlust sei nicht aufgetreten.
Ebenfalls stationär, nicht einschränkend und gut tolerierbar seien die lumbalen
Wirbelsäulenschmerzen im Operationsgebiet.

5.3. Nach den letztinstanzlich verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
hatte der Beschwerdeführer im Jahr 2009 (bzw. bereits ab Sommer 2007)
insbesondere bei seinem eigenen Hausbau fünf bis sechs Stunden täglich
mitgearbeitet. Weshalb die asim-Gutachter wesentlich grössere Einschränkungen
festgehalten hatten, wurde nicht näher geklärt. Im weiteren Abklärungsverlauf
zeigte sich aber, dass auf die Angaben des Beschwerdeführers nicht vorbehaltlos
abgestellt werden kann. Im Rahmen der Besprechung mit zwei Schadenspezialisten
der Unfallversicherung gab er am 18. November 2010 zunächst an, er laufe an
guten Tagen maximal einen Kilometer, könne bis maximal eine Stunde stehen wenn
er in Bewegung sei und seiner Frau "ein bisschen helfen, putzen und in mehreren
Arbeitsgängen Rasen mähen und könne auch sonst nur in sehr beschränkten Umfang
Tätigkeiten ausüben". Die Aushilfe im Sportgeschäft seiner Frau beschränke sich
auf maximal eine Stunde an der Kasse. Erst nachdem er mit den Ergebnissen der
im Oktober 2010 erfolgten Observation konfrontiert und ihm mitgeteilt worden
war, er sei bei verschiedensten Tätigkeiten beobachtet worden, gab er an,
täglich sieben Stunden mit Pausen arbeiten zu können. Die vorherigen, hievon
abweichenden Angaben erklärte er damit, dass "die IV" ihm zu verstehen gegeben
habe, es wäre schwierig, nach einer Arbeitsaufnahme "wieder zurückzukommen zur
Rente". Aus seiner Angabe im Revisionsfragebogen vom 20. November 2009, wonach
sein Gesundheitszustand gleich geblieben sei, ist zu schliessen, dass schon
früher eine körperliche Belastbarkeit bestand, die höher lag als die im
ZVMB-Gutachten attestierten 50 % in einer adaptierten Tätigkeit. Retrospektiv
betrachtet setzten sich die dortigen Gutachter zu wenig kritisch mit den dem
Versicherten gemäss Observation vom Oktober 2010 offensichtlich möglich
gewesenen körperlichen Tätigkeiten und den Diskrepanzen zu seinen eigenen
Angaben auseinander.

5.4. Nach Einsicht in die Ergebnisse der zweiten Observation vom Spätherbst
2011, welche gegenüber den Beobachtungen vom Oktober 2010 noch verstärkte
körperliche Aktivitäten gezeigt hatte, kamen die Ärzte der MEDAS Oberaargau zum
Schluss, grundsätzlich liessen sich keine zu den vom Versicherten gemachten
Angaben bzw. zu den erhobenen klinischen Untersuchungsbefunden diskrepanten
Tätigkeiten festhalten. Der Explorand habe durch konsequentes, diszipliniertes
Training einen exzellenten Muskelaufbau erreicht, so dass die Stabilisation der
LWS muskulär sehr gut sei. Seine Angaben hinsichtlich Schmerzintensität und
damit verbundenem Aktivitätsniveau seien aus neurologischer Sicht
nachvollziehbar und wichen nicht von den erfahrungsgemäss zu erhaltenden
Angaben anderer Personen mit ähnlichen Verletzungen ab. Zusammenfassend sei aus
neurologischer Sicht eine adaptierte Tätigkeit mit einem Pensum von 75-80 %
zumutbar. Diese Angaben präzisierten die Ärzte auf entsprechende
Ergänzungsfragen am 22. November 2013 dahingehend, als die im Gutachten
beschriebene qualitative Leistungsminderung sowie der zusätzliche Pausenbedarf
(mindestens 15 Minuten nach einer Arbeitsdauer von 1 ½ Stunden) bei der
Beurteilung der Erwerbsfähigkeit zusätzlich berücksichtigt werden müssten.
Inwiefern diese Beurteilung willkürlich sein soll, legt der Beschwerdeführer
nicht rechtsgenüglich dar und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte
ersichtlich, die für eine offensichtliche Unhaltbarkeit dieser Einschätzung
sprächen. Die Vorinstanz durfte somit ohne Bundesrechtsverletzung auf die
Arbeitsfähigkeitsbeurteilung im Gutachten der MEDAS Oberaargau abstellen.

5.5. Bei einem zusätzlichen Pausenbedarf von jeweils 15 Minuten nach 1 ½
Stunden resultiert bei einer zumutbaren Arbeitsdauer von sechs Stunden ein
Pausenbedarf von 45 Minuten. Weil arbeitsrechtlich auch Gesunden bei einer
täglichen Arbeitszeit von mehr als 5 ½ Stunden eine Pause von einer
Viertelstunde zu gewähren ist (Art. 15 Abs. 1 lit. a Arbeitsgesetz [ArG; SR
822.11]), resultiert ein gesundheitlich bedingt vermehrter Pausenbedarf des
Beschwerdeführers von 30 Minuten. Bei einer Normalarbeitszeit von 8,32 Stunden
(z.B. Die Volkswirtschaft 6-2012 Tabelle B9.2 S. 94) und einer effektiven
Arbeitszeit von 5,5 Stunden pro Tag ist ihm eine adaptierte Tätigkeit somit im
Umfang von 66 % zumutbar. Die vorinstanzlich auf 70 % festgesetzte
Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt den auch gemäss Gutachten der MEDAS
Oberaargau ausgewiesenen höheren Pausenbedarf nicht. Die Differenz bleibt indes
für den Leistungsanspruch ohne Bedeutung.

6.

6.1. Was den zeitlichen Beginn der soeben beschriebenen Arbeitsfähigkeit
betrifft, hielten die Gutachter der MEDAS Oberaargau fest, diese bestehe
überwiegend wahrscheinlich seit Mitte August 2004. Nach Abheilung der
Operationswunde im Anschluss an die im März 2004 erfolgte Plattenentfernung im
rechten Fuss sei der Gesundheitszustand stationär geblieben. Soweit sich der
Versicherte gegen diese Einschätzung wendet mit dem Argument, die Beurteilung
sei, da retrospektiv, nicht beweistauglich, kann ihm bereits deshalb nicht
gefolgt werden, weil die Beurteilung eines vorangegangenen Zeitraumes in der
Natur einer Begutachtung liegt und sich aus rechtlicher Sicht auch und gerade
unter Willkürgesichtspunkten nicht beanstanden lässt (z.B. Urteil 9C_48/2011
vom 17. Juni 2011 E. 3.1). Sodann hält der Beschwerdeführer vor Bundesgericht
auch nicht an der vorinstanzlichen Darstellung fest, seine Angaben im Protokoll
vom 18. November 2010 seien unzutreffend gewesen.

6.2. Zu prüfen bleibt, ob das kantonale Gericht zu Recht eine
Meldepflichtverletzung und - folglich - eine rückwirkende Rentenherabsetzung
bejaht hat (vorangehende E. 2.2). Im angefochtenen Entscheid wird die
Pflichtverletzung damit begründet, dass es der Beschwerdeführer unterlassen
habe, die IV-Stelle auf seine Tätigkeiten hinzuweisen, obwohl er in der
Wintersaison 2006/2007 begonnen habe, im Sportgeschäft seiner Ehefrau tätig zu
sein, unbestritten seit ungefähr zehn Jahren eine Snowboardfirma Unterstützung
anbiete, nach eigenen Angaben mehrere Stunden "Eigenarbeit" leisten könne und
sich in der Lage fühle, bis zu sieben Stunden pro Tag zu arbeiten. Spätestens
anlässlich der Rentenrevision im November 2009 hätte er - unabhängig davon,
dass er für seine Tätigkeiten nicht entlöhnt worden sei - nicht mehr "nicht
erwerbstätig" oder "gleich geblieben (er) " Gesundheitszustand ankreuzen
dürfen. Gleiches gelte für den Fragebogen vom 11. August 2006. Da der Bau des
Eigenheims bereits im Sommer 2007 begonnen worden sei und sich der
Beschwerdeführer bereits damals in der Lage gefühlt habe, fünf bis sechs
Stunden auf dem Bau tätig zu sein, hätte spätestens 2007 eine entsprechende
Meldung an die Beschwerdegegnerin erfolgen müssen.

6.3. Der Beschwerdeführer wendet (wie dargelegt; E. 3.2 hievor) ein, aus den
unregelmässigen Tätigkeiten ohne Verpflichtungen eines Arbeitnehmers könne
keine Arbeitstätigkeit abgeleitet werden. Mangels Ausübung einer
Erwerbstätigkeit und Verbesserung seines Gesundheitszustandes falle eine
Meldepflichtverletzung ausser Betracht. Auch den Berichten des
Paraplegiker-Zentrums könne entnommen werden, dass er ab und zu seiner Ehefrau
im Sportgeschäft aushelfe. Er habe nie irgendwelche Tätigkeiten bewusst
verschwiegen. Die Aktivitäten hätten in seinem Tagesablauf vielmehr eine derart
geringe Rolle gespielt, dass sie auch von den Gutachtern der asim nicht für
relevant erachtet worden seien.

6.4. Nach dem Gesagten steht fest, dass der Beschwerdeführer gegenüber der
Beschwerdegegnerin wie auch gegenüber den Schadensinspektoren der
Unfallversicherung (Besprechungsprotokoll vom 18. November 2010) namentlich die
tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten nicht angegeben (Revisionsfragebogen) bzw.
zunächst nicht wahrheitsgemäss dargestellt (Besprechungsprotokoll) hat. Dass
der Beschwerdeführer sowohl für die Tätigkeit im Sportgeschäft seiner Ehefrau
als auch für Dienstleistungen zu Gunsten eines Snowboardherstellers und für
Arbeiten bei Kollegen (in Zusammenhang mit seiner angestammten Tätigkeit im
Autogewerbe und auf dem Bau) auf eine Barbezahlung verzichtete, kann für die
Anspruchsberechtigung gegenüber der Invalidenversicherung keine Rolle spielen.
Am wirtschaftlichen Wert dieser Tätigkeiten wie auch der im Zusammenhang mit
dem eigenen Hausbau erbrachten Arbeiten besteht nach den zutreffenden
Erwägungen des kantonalen Gerichts kein Zweifel. Die Befürchtung des
Beschwerdeführers, bei Deklaration der Tätigkeiten "nicht mehr zur Rente
zurückkehren zu können", zeigt einerseits sein Bewusstsein für die
Anspruchserheblichkeit der von ihm verrichteten Arbeiten. Auf der anderen Seite
scheint die Angst vor der Endgültigkeit des Rentenverlusts bei gleichzeitig
ärztlich prognostizierter langsam zunehmender Gesundheitsverschlechterung im
Vordergrund gestanden zu haben. Dies lässt den Schluss auf Fahrlässigkeit zu,
allerdings nicht zwingend auf grobe, wie die Vorinstanz angenommen hat. Der
genaue Grad der Fahrlässigkeit braucht im vorliegenden Verfahren nicht
abschliessend beurteilt zu werden (vgl. BGE 118 V 214 E. 2a S. 218).

6.5. Der Straftatbestand der Meldepflichtverletzung (Art. 87 AHVG) trat 1.
Januar 2008 in Kraft. Vor diesem Zeitpunkt war die blosse Verletzung der
Meldepflicht nicht strafbar (vgl. BGE 131 IV 83 E. 2.4.6 und 2.5 S. 94 f.).
Selbst wenn bis Ende Dezember 2007 Leistungen ungerechtfertigt ausbezahlt
worden wären (was offen bleiben kann), fiele vor dem 1. Januar 2008 mangels
strafrechtlich relevantem Tatbestand eine Rückforderung der Beschwerdegegnerin
gestützt auf Art. 87 Abs. 5 AHVG ausser Betracht. Eine allfällige Rückforderung
kann somit erst für Leistungen ab dem 1. Januar 2008 als nicht verwirkt
angesehen werden.

6.6. Weil nach dem Gesagten der Rückforderungsanspruch entfällt für die
Differenz der zwischen 1. April und 31. Dezember 2007 ausbezahlten ganzen und
der effektiv geschuldeten Viertelsrente im Umfang von Fr. 13'842.- (neun Monate
à Fr. 1'538.-) und zudem auch bezüglich der ausbezahlten und der geschuldeten
Kinderrente (Fr. 5'535.-, entsprechend neun Monate à Fr. 615.-) sowie der
ausbezahlten und der geschuldeten Zusatzrente für die Ehegattin (Fr. 4'149.-,
entsprechend neun Monaten à Fr. 461.-), total somit Fr. 23'526.-, reduziert
sich der vom Beschwerdeführer zurückzuerstattende Betrag von Fr. 81'412.- auf
Fr. 57'886.-.

7. 
Der Beschwerdeführer unterliegt bezüglich der Rückforderung für den Zeitraum 1.
Januar 2008 bis 31. März 2011. Er obsiegt betreffend die Rückforderung vom 1.
April 2007 bis 31. Dezember 2007. Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es
sich, die Kosten dem Beschwerdeführer zu drei Vierteln und der
Beschwerdegegnerin zu einem Viertel aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer darüber hinaus eine reduzierte
Parteientschädigung von Fr. 700.- (einen Viertel von Fr. 2'800.-) zu bezahlen.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der
angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts Wallis,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 22. April 2015 und die Verfügung
der Kantonalen IV-Stelle Wallis vom 5. Juni 2014 werden insoweit abgeändert,
als der Beschwerdeführer verpflichtet wird, der Beschwerdegegnerin Fr. 57'886.-
zurückzuerstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit auf sie
eingetreten werden kann.

2. 
Von den Gerichtskosten von Fr. 800.- werden Fr. 600.- dem Beschwerdeführer und
Fr. 200.- der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 700.- zu entschädigen.

4. 
Das Kantonsgericht Wallis, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, hat die
Gerichtskosten und die Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu
festzusetzen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Wallis und dem Bundesamt
für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Januar 2016
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle

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