Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 367/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_367/2015

Urteil vom 21. April 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Grünenfelder.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Kaufmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Freiburg,
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom
20. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern (geb. 1989 und 1992) und
arbeitet bei der B.________ AG als Produktionsmitarbeiterin. Am 10. März 2011
meldete sie sich aufgrund eines Schmerzsyndroms (Kopf, Arme, Beine, Rücken)
sowie eines Restless-Legs-Syndroms bei der Invalidenversicherung (IV) zum
Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg führte eine Abklärung im
Haushalt durch, welche eine Einschränkung von 16 % ergab (Abklärungsbericht vom
13. Oktober 2011). Ausserdem holte sie ei n bidisziplinäres Gutachten ein, das
vom 3. April 2012 datiert. Gestützt darauf verneinte die IV-Stelle nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren einen Rentenanspruch, da im erwerblichen
Bereich keine Leistungseinbusse bestehe (Verfügung vom 17. September 2012).

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Freiburg mit Entscheid
vom 20. April 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die
Sache zur Einholung eines Gerichtsgutachtens und anschliessender Neubeurteilung
an das Kantonsgericht Freiburg zurückzuweisen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Das kantonale Gericht hat dem bidisziplinären Gutachten der Dres. med.
C.________ und D.________ vom 3. April 2012 Beweiskraft zuerkannt. Die
medizinischen Experten diagnostizierten im Wesentlichen ein
chronisch-generalisiertes Schmerzsyndrom im Sinne eines primären
Fibromyalgie-Syndroms, ein thorakal und lumbal betontes Panvertebralsyndrom mit
spondylogener Ausstrahlung in die Extremitäten und in den Kopf sowie eine
anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Gestützt auf die rheumatologische
Beurteilung des Dr. med. C.________ hat die Vorinstanz auf eine
uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Versicherten geschlossen, weil deren
Schmerzen nicht ausreichend somatisch abstützbar seien. Eine Arbeitsunfähigkeit
aus psychischen Gründen hat sie verneint. Auf eine Berechnung der
Vergleichseinkommen hat das kantonale Gericht verzichtet und die ablehnende
Verfügung der IV-Stelle vom 17. September 2012 bestätigt.

2.1. Die Frage nach der Erfüllung der Anforderungen an den Beweiswert
ärztlicher Berichte und Gutachten ist eine frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE
134 V 231 E. 5.1 S. 232). Ebenso prüft das Bundesgericht frei, ob und in
welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der rechtserheblichen
Indikatoren (vgl. nachfolgend E. 3) auf eine Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG)
schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308 f.).

2.2. Die Beschwerdeführerin macht vorab geltend, das Ergebnis der
bidisziplinären Begutachtung sei zum vorneherein abgesprochen gewesen und nimmt
insbesondere auf die Datierung der Expertise und den zeitlichen Ablauf Bezug.
Der rheumatologische Gutachter Dr. med. C.________ untersuchte die Versicherte
unbestritten am 21. März 2012. A m 29. März 2012fand sodann die psychiatrische
Begutachtung statt, wobei der psychiatrische Experte Dr. med. D.________ - wie
die Beschwerdeführerin selber darlegt - angab, sein Gutachten stütze sich auf
die vorangegangene Beurteilung des Dr. med. C.________. Inwiefern dies auf eine
"abgekartete Abklärung" hindeuten soll, ist nicht ersichtlich. Zwar trifft es
zu, dass sowohl die interdisziplinäre Gesamtbeurteilung (unter Einbezug des
rheumatologischen Gutachtens) als auch das separate psychiatrische Gutachten
vom 3. April 2012 datieren. Entscheidend ist aber einzig, dass sich aus den
konkreten Umständen nicht ansatzweise Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit
der medizinischen Experten ergeben und die Beschwerdeführerin solche auch nicht
darzutun vermag und eine solche ohnehin unverzüglich hätte dartun müssen (vgl.
E. 3.1 hinten). Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach das Datum vom 3.
April 2012 dem Zeitpunkt der Finalisierung des Gutachtens entspreche, ist
bundesrechtskonform (E. 1). Dass das Datum der psychiatrischen Begutachtung
ursprünglich auf den 2. Mai 2012 festgelegt war, tut nichts zur Sache. D ie
Versicherte übersieht ausserdem, dass die bidisziplinäre Besprechung der
medizinischen Experten, die im Anschluss an die Einzeluntersuchungen erfolgte,
klar dokumentiert ist. Diese wurde explizit als "Interdisziplinäre Beurteilung"
bezeichnet und ist von beiden Experten unterschrieben. Der Einwand der
Beschwerdeführerin, wonach kein gemeinsames Protokoll mit interdisziplinärer
Bewertung existiere, ist aktenwidrig.

2.3.

2.3.1. Mit Blick auf die rheumatologische Expertise des Dr. med. C.________ ist
weder ersichtlich noch substantiiert dargelegt, inwiefern es an der
erforderlichen Differentialdiagnostik und Diskussion der
Untersuchungsergebnisse fehlen soll. Der rheumatologische Experte nahm sowohl
zu den Kopfschmerzen als auch zur vermuteten Veneninsuffizienz Stellung.
Nachdem die Versicherte bei der Untersuchung keinerlei Beschwerden beschrieb,
die typisch für eine chronisch-venöse Insuffizienz sind und keine Hinweise auf
Komplikationen (Ödembildung, Dermatitis) bestanden (Gutachten, S. 11), hat die
Vorinstanz richtigerweise eine diesbezügliche Arbeitsunfähigkeit verneint.
Hinsichtlich der Kopfschmerzen ergab die MRI-Bildgebung des Schädels vom 18.
Februar 2011 (bis auf entzündliche Schleimhautpolster in den Nasennebenhöhlen)
keinen Befund, was die Gutachter - wie auch die sonstigen relevanten Vorakten
(vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) - berücksichtigten. Anhaltspunkte für eine
neurologische (Begleit) Erkrankung liegen bei normalem Neurostatus sowie
unauffälliger elektrophysiologischer Untersuchung offensichtlich nicht vor
(vgl. Berichte des Neurologen  Dr. med. E.________ vom 11. Januar/14. Juni 2011
sowie des  Dr. med. F.________ vom Regionalen Ärztlichen Dienst [RAD] vom 10.
November 2011). Die Ursache der "Dysfunktion der Membranen der Nervenzellen",
worauf sich die Beschwerdeführerin beruft, ist vor diesem Hintergrund nicht
relevant. Dass das kantonale Gericht auf Weiterungen verzichtet hat, stellt
keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit.
c ATSG) dar, zumal die Untersuchungspflicht nur so lange dauert, bis über die
für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen
hinreichende Klarheit herrscht (Urteil 8C_345/2014 vom 5. Juni 2015 E. 5.2.3
mit Hinweisen).

2.3.2. Was die diagnostizierte (primäre) Fibromyalgie betrifft, stützte der
rheumatologische Gutachter seine Beurteilung auf den Umstand, dass die diffusen
Druckschmerzangaben der Versicherten nicht auf ein bekanntes
somatisch-pathologisches Krankheitsbild zurückgeführt werden können. In diesem
Zusammenhang verneinte er sowohl das Vorliegen einer Myogelose als auch eines
objektivierbaren Triggerpunktes (interdisziplinäres Gutachten vom 3. April
2012, S. 8 f.); ferner schloss  Dr. med. C.________eine entzündliche Erkrankung
und eine Kristallablagerungserkrankung aus. Er hielt fest, für ein sekundäres
Fibromyalgiesyndrom qualifiziere sich die Versicherte auch deshalb nicht, weil
dieses zwingend mit eindeutig schmerzverstärkenden bzw. schmerzlindernden
Mechanismen verbunden sein müsse und zumeist entzündlich abstützbare
Beschwerden geschildert würden, was bei der Explorandin (ebenfalls) nicht
gegeben sei (vgl. interdisziplinäres Gutachten vom 3. April 2012, S. 9). Damit
liegt auch in dieser Hinsicht - wie die Vorinstanz zu Recht dargelegt hat -
eine gut begründete und beweiskräftige Beurteilung vor. Dass  Dr. med.
C.________ in Anbetracht der organisch nicht fassbaren Beschwerden auf das
psychiatrische Gutachten des Dr. med.  D.________ verwies, ist nachvollziehbar.
Die weiteren Vorbringen der Versicherten vermögen nicht zu einem anderen
Ergebnis zu führen.

2.3.3. Nach dem Gesagten bestehen keine begründeten Zweifel an der Beweiskraft
der rheumatologischen Einschätzung des Dr. med. C.________ vom 3. April 2012
(vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; 134 V 231 E. 5.1 S. 232).

3. 
Das kantonale Gericht hat sodann auf das psychiatrische Gutachten des Dr. med.
D.________ abgestellt. Dieser diagnostizierte eine anhaltende somatoforme
Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) und prüfte die Kriterien ge mäss BGE 130 V 352,
welche seiner Einschätzung nach nicht erfüllt sind.
Die Beschwerdeführerin wirft dem psychiatrischen Gutachter Parteilichkeit sowie
eine unsorgfältige Exploration vor. Inhaltlich wendet sie (unter Bezugnahme auf
das Gutachten des Prof. Dr. med. G.________, Klinik und Poliklinik für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität H.________, vom Mai
2014 zu Fragen der Schweizer Praxis zur Invaliditätsfeststellung bei
somatoformen und verwandten Störungen) im Wesentlichen ein, an der
Überwindbarkeitstheorie könne nicht festgehalten werden, da die Schmerzpraxis
mit der entsprechenden Vermutung und Vermutungsfolge grundsätzlich falsch sei.
Vielmehr müsse den seit 2009 bestehenden chronifizierten Schmerzzuständen, den
physischen Beeinträchtigungen und den persönlichen Schweregradindikatoren
Rechnung getragen werden, weshalb von einer Invalidisierung auszugehen sei.
Dies könne entgegen der gutachterlichen Auffassung nicht ohne weiteres mit dem
Hinweis auf Aggravationstendenzen abgetan werden; die gutachterliche
Beurteilung des Dr. med. D.________ sei insgesamt nicht beweiskräftig.

3.1. Der Versicherten ist entgegen zu halten, dass d as Auftrags- und
Honorarvolumen allein grundsätzlich keine als Ausstandsgrund zu qualifizierende
Abhängigkeit einzelner Experten von den IV-Stellen schafft (BGE 137 V 210 E.
1.3.3 S. 226 f. mit Hinweisen; Urteil 8C_624/2015 vom 25. Januar 2016 E.
3.2.1). Insoweit hilft der Einwand, der psychiatrische Gutachter erstelle
ausschliesslich Gutachten für die Invaliden- und Unfallversicherung und sei
deshalb nicht neutral, nicht weiter. Abgesehen davon trifft die
Beschwerdeführerin die Pflicht, einen Ausstandsgrund sofort zu rügen (BGE 138 I
1 E. 2.2 S. 4; Urteil 9C_629/2013 vom 13. Dezember 2013 E. 4.3 mit Hinweisen),
was vorliegend unterblieben ist. Anhaltspunkte für eine unsorgfältige
psychiatrische Begutachtung, die gemäss Angaben der Versicherten bzw. ihres
Sohnes keine Viertelstunde gedauert haben soll, bestehen nicht. Dagegen spricht
schon die Tatsache, dass das psychiatrische Gutachten neunzehn Seiten umfasst
und inhaltlich vollständig ist. Massgeblich ist zudem, dass die Expertise im
Ergebnis schlüssig ist (Urteil 9C_671/2012 vom 15. November 2012 E. 4.5 mit
Hinweis). Davon ist - wie im Folgenden dargelegt wird - auch im Hinblick auf
BGE 141 V 281 auszugehen (E. 3.2).

3.2.

3.2.1. Das Bundesgericht befasste sich im Leiturteil BGE 141 V 281 einlässlich
mit der Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen (BGE
130 V 352) und damit vergleichbaren psychosomatischen Leiden (vgl. BGE 140 V 8
E. 2.2.1.3 S. 13 f.). Es entschied, die Überwindbarkeitsvermutung aufzugeben
und das bisherige Regel/Ausnahme-Modell durch einen strukturierten normativen
Prüfungsraster zu ersetzen. Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei den
genannten Gesundheitsschäden sind gemäss der teilweise geänderten
Rechtsprechung systematisierte Indikatoren beachtlich, die erlauben - unter
Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und
Kompensationspotentialen (Ressourcen) anderseits - das tatsächlich erreichbare
Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2 S. 285 ff., E. 3.4-3.6 und
4.1 S. 291 ff.).

3.2.2. Nach BGE 141 V 281 E. 8 S. 309 ist in intertemporalrechtlicher Hinsicht
sinngemäss wie in BGE 137 V 210 (betreffend die rechtsstaatlichen Anforderungen
an die medizinische Begutachtung) vorzugehen. Nach diesem Entscheid verlieren
gemäss altem Verfahrensstandard eingeholte Gutachten nicht per se ihren
Beweiswert. Vielmehr ist im Rahmen einer gesamthaften Prüfung des Einzelfalles
mit seinen spezifischen Gegebenheiten und den erhobenen Rügen entscheidend, ob
ein abschliessendes Abstellen auf die vorhandenen Beweisgrundlagen vor
Bundesrecht standhält (BGE 137 V 210 E. 6 in initio S. 266). In sinngemässer
Anwendung auf die nunmehr materiell-beweisrechtlich geänderten Anforderungen
ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob die beigezogenen administrativen und/
oder gerichtlichen Sachverständigengutachten - gegebenenfalls im Kontext mit
weiteren fachärztlichen Berichten - eine schlüssige Beurteilung im Lichte der
massgeblichen Indikatoren erlauben oder nicht. Je nach Abklärungstiefe und
-dichte kann unter Umständen eine punktuelle Ergänzung genügen. Allenfalls ist
aber eine umfassende (mono- oder multidisziplinäre) neue Expertise erforderlich
(vgl. etwa Urteile 9C_615/2015 vom 12. Januar 2016 E. 6.3; 8C_566/2015 vom 22.
Dezember 2015 E. 6.2; 9C_148/2015 vom 16. November 2015 E. 5.2).

3.3.

3.3.1. Die Versicherte schilderte dem psychiatrischen Experten Dr. med.
D.________ gegenüber stärkste, seit Jahren zunehmende Schmerzen praktisch am
gesamten Körper (Wirbelsäule mit Ausstrahlung in Beine, Arme und Brustkorb;
Kopfschmerzen, die mitunter so stark seien, dass sie am liebsten aus dem
Fenster springen würde). Durch die Schmerzen könne sie gar nichts mehr tun;
auch nachts werde sie immer wieder davon wach. Die Beschwerdeführerin
beschrieb, sie habe Schwierigkeiten, eine geeignete Sitzposition zu finden,
damit die Schmerzen auszuhalten seien; auch könne sie nicht richtig kochen, da
längeres Stehen am Herd unmöglich sei. Normalerweise arbeite sie montags und
donnerstags von 6.30 bis 10.30 Uhr. Es komme aber oft vor, dass sie die Arbeit
aufgrund ihrer Beschwerden früher verlassen müsse. Ihre Tochter habe nach der
Heirat immer wieder davon gesprochen, mit ihrem Ehemann ausziehen zu wollen;
dies sei aber nicht möglich, da diese die gesamte Hausarbeit erledigen müsse
(psychiatrisches Gutachten, S. 7).

3.3.2. Der psychiatrische Gutachter stellte die Existenz der beschriebenen
Schmerzen grundsätzlich nicht in Frage. Allerdings legte er das Hauptaugenmerk
bei der Diagnosestellung auf den Umstand, dass die Schmerzangaben der
Versicherten gemäss der beweiskräftigen rheumatologischen Einschätzung des Dr.
med. C.________ (E. 2.3.2) nicht organisch objektivierbar sind (psychiatrisches
Gutachten, S. 11). In Bezug auf die Schwere der Beeinträchtigung attestierte
Dr. med. D.________ der Versicherten, die auf Nachfrage hin immer neue
Schmerzen und Beeinträchtigungen bestätigt habe, eine starke Selbstlimitierung,
eine inadäquate und übertriebene Schmerzschilderung und ein ausgesprochen
suggestibles Schmerzverhalten (psychiatrisches Gutachten, S. 12). Der
psychiatrische Experte wies ausdrücklich darauf hin, dass die
Beschwerdeführerin in der Lage sei, ein reges Familienleben zu pflegen. In der
Tat gab diese an, es sei nicht selten, dass nach dem gemeinsamen Abendessen im
Familienkreis bis zehn Uhr abends oder noch länger diskutiert werde
(psychiatrisches Gutachten, S. 7). Auch ausserhalb der Familie ist die
Beschwerdeführerin gut sozialisiert, pflegt gemäss eigenen Angaben Kontakt zu
Nachbarn und Arbeitskollegen und geht zahlreichen Aktivitäten nach (berufliche
Tätigkeit an zwei Halbtagen pro Woche; Besuche in der Heimat; Spaziergänge).
Dem psychiatrischen Gutachten ist ausserdem zu entnehmen, dass die Versicherte
im Rahmen eines normalen Tagesablaufes sowohl am Morgen als auch am Nachmittag
alleine Zeit verbringt und das Haus ohne Begleitung verlassen kann
(psychiatrisches Gutachten, S. 6 f.). Hinweise auf einen krankheitsbedingten
Autonomieverlust bestehen - entgegen der Ansicht der Versicherten - demnach
nicht. Das recht aktive Leben der Beschwerdeführerin und ihre zahlreichen
sozialen Kontakte deuten insgesamt auf in weiten Teilen erhaltene
Alltagsfunktionen hin, zumal der psychiatrische Gutachter festhielt, die
Sozialisierung scheine auch vor dem Krankheitsbeginn kaum anders gewesen zu
sein (psychiatrisches Gutachten, S. 14). Dies ist mit den Schmerzangaben
(Schmerzen höchster Intensität mit starken Einschränkungen im Alltag und
erheblicher Hilfsbedürftigkeit; vgl. E. 3.3.1), nicht vereinbar. E ine schwere
Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde und Symptome (BGE 141 V 281 E.
4.3.1.1 S. 298 f.) fällt vor diesem Hintergrund ausser Betracht. Damit kann
dahingestellt bleiben, ob eine versicherte Gesundheitsschädigung aufgrund von
Aggravationstendenzen oder anderen Ausschlussgründen zu verneinen ist (BGE 141
V 281 E. 2.2.2 S. 288); ebenso erübrigt sich eine Diskussion darüber, ob und
inwieweit die diagnostischen Voraussetzungen einer anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung überhaupt gegeben sind (vgl. dazu BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 286
mit Hinweis).

3.3.3. Soweit die Beschwerdeführerin auf die weiteren Indikatoren Bezug nimmt,
hielt Dr. med. D.________ explizit fest, bei der Explorandin sei nicht von
einem schweren und chronifizierten, therapeutisch nicht mehr beeinflussbaren
Residualzustand auszugehen (psychiatrisches Gutachten, S. 16). Da die
Versicherte unbestritten erst seit 2011 bei der Psychiaterin Dr. med.
I.________ eine ambulante Psychotherapie absolviert und sich nie in stationärer
Therapie befunden hat, kann sie jedenfalls nicht als behandlungsresistent
gelten. Die Störung ist gemäss Einschätzung des Dr. med. D.________ durch
Fortsetzung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung, allenfalls
durch eine psychosomatisch orientierte Hospitalisation (psychiatrisches
Gutachten, S. 18) angehbar (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 299 f.). Eine
psychische Komorbidität steht nicht zur Diskussion, da der psychiatrische
Gutachter einzig eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostizierte.
Gemäss der rheumatologischen Beurteilung des Dr. med. C.________ (E. 2.3) fehlt
es an einer anspruchsbeeinflussenden organischen Begleiterkrankung (BGE 141 V
281 E. 4.3.1.3 S. 300 f.).
In Bezug auf die im Komplex Persönlichkeit (BGE 141 V 281 E. 4.3.2 S. 302 f.)
zu prüfenden Merkmale liegt sodann gemäss gutachterlicher Beurteilung weder
eine Wahrnehmungsstörung noch eine Ich-Störung vor. Die affektive
Schwingungsfähigkeit beurteilte Dr. med. D.________ als nicht eingeschränkt,
wobei die Beschwerdeführerin in Bezug auf ihre Schmerzen akzentuierte,
emotional unreife, impulsive, teils auch dependente und histrion anmutende
Persönlichkeitszüge zeigte (psychiatrisches Gutachten, S. 13). Mit Blick auf
die geglückte Integration mit auffallend guten Deutschkenntnissen (vgl. auch
Lebenslauf: "Deutsch: sehr gute mündliche Kenntnisse") schloss der
psychiatrische Gutachter mithin auf erhaltene persönliche Primärressourcen
(psychiatrisches Gutachten, S. 5). Die Versicherte verfügt zudem über ein
intaktes soziales Netzwerk, lebt in einer Grossfamilie und nimmt am
Familienleben teil. Die regelmässige Berufstätigkeit bringt gemäss
beweiskräftiger Einschätzung des Dr. med. D.________ auch ausserhalb der
Familie automatisch eine bessere Sozialisierung mit sich, nicht zuletzt durch
den Kontakt zu Kollegen. Insoweit ist nachvollziehbar, dass der psychiatrische
Gutachter einen krankheitsbedingten sozialen Rückzug schweren Ausmasses
verneinte (vgl. psychiatrisches Gutachten, S. 14).

4. 
In der Gesamtbetrachtung fehlt es am erforderlichen funktionellen Schweregrad
der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Die Indikatorenprüfung gemäss BGE
141 V 281 zeigt weder im Komplex Gesundheitsschaden (psychische/somatische
Komorbidität; Behandlungs- und Eingliederungserfolg bzw. -resistenz) noch im
Komplex Persönlichkeit (persönliche Ressourcen; sozialer Kontext) eine negative
Beeinflussung. Eine Konsistenzprüfung (BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303 f.) erübrigt
sich vor diesem Hintergrund. Das psychiatrische Gutachten des Dr. med.
D.________ vom 3. April 2012 hält auch unter der geänderten Rechtsprechung vor
Bundesrecht stand (vgl. E. 3.2.2). Im Ergebnis bleibt es somit beim
vorinstanzlichen Entscheid, wonach bei der Versicherten kein invalidisierender
Gesundheitsschaden besteht. Die Beschwerde ist unbegründet.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die unterliegende
Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. April 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder

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