Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 33/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_33/2015         
{T 0/2}

Urteil vom 27. Mai 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Jörg Werder,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 11. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1982, bezog seit 1. Januar 2006 eine ganze Invalidenrente
der IV und eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit leichten Grades
(Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 26. Oktober 2007) sowie eine
Invalidenrente der beruflichen Vorsorge. Am 3. Juli 2007 bestätigte er erstmals
unterschriftlich zu Handen der IV-Stelle, sich einer "konsequenten, intensiven
Psychotherapie und anschliessenden medikamentösen Therapie zu unterziehen". Die
Ansprüche gegenüber der IV wurden in der Folge am 20. Oktober 2008und 17. März
2010 revisionsweise bestätigt. Am 1. März 2011 forderte die IV-Stelle
A.________ erneut auf, sich einer "stationären ggf. teilstationären
Verhaltenstherapie zur Behandlung der Agoraphobie in einer dafür geeigneten
Institution sowie der Fortsetzung einer intensiven und konsequenten
kombinierten Pharmakotherapie und verhaltenstherapeutisch orientierten
Psychotherapie zu unterziehen". Am 26. Oktober 2011 bestätigte die IV-Stelle,
es bestehe weiterhin Anspruch auf die bisherige Rente.

Der damals behandelnde Dr. med. B.________, Praktischer Arzt FMH, teilte der
IV-Stelle am 13. April und 2. Juli 2012 mit, der Versicherte erscheine nur sehr
unregelmässig zu den Terminen; im Jahr 2011 habe nur drei Mal eine Therapie
stattgefunden. Die Medikamente würden wegen irgendwelcher Ängste nicht
eingenommen, weshalb die psychotherapeutische Behandlung nicht erfolgreich sei.
Daraufhin veranlasste die IV-Stelle eine Begutachtung bei den Psychiatrischen
Diensten C.________ (Expertise vom 5. Februar 2013). Am 9. April 2013 forderte
die IV-Stelle A.________ ein weiteres Mal auf, sich einer mehrwöchigen
stationären Therapie mit psychotherapeutischen Kontakten im Einzel- und im
Gruppensetting und einer anschliessenden teilstationären Therapie (sechs bis 12
Wochen) sowie der Einnahme eines Antidepressivums mit entsprechender
Plasmaspiegelkontrolle zu unterziehen. Ausmass und Intensität der Behandlung
seien durch den behandelnden Arzt bzw. Therapeuten festzulegen und deren
Anweisungen sei vollumfänglich nachzukommen. Er werde gebeten, innert 30 Tagen
zu bestätigen, der Aufforderung umgehend nachzukommen. Ohne fristgerechte
Antwort oder sofern er die Massnahme ohne stichhaltigen Grund ablehne, erfolge
die Rentenaufhebung. Hierauf mandatierte A.________ Rechtsanwalt Hans Jörg
Werder und liess ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung stellen, welches
die IV-Stelle mit Verfügung vom 31. Mai 2013 mangels Bedürftigkeit abwies. Nach
durchgeführten Vorbescheidverfahren verfügte die IV-Stelle am 15. November 2013
die Aufhebung der Hilflosenentschädigung und am 26. Februar 2014 die
Einstellung der Rente wegen verletzter Schadenminderungspflicht auf Ende des
dem Erlass der Verfügung folgenden Monats.

B. 
Die gegen die Renteneinstellung erhobene Beschwerde des A.________ wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, nachdem es ihm die unentgeltliche
Rechtspflege gewährt hatte (Verfügung vom 27. Juni 2014), mit Entscheid vom 11.
November 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und die Feststellung der Bundesrechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheides,
die Aufhebung von dessen Ziffern 1 und 2 Dispositiv sowie weiterhin die
Zusprechung der bisherigen ganzen Invalidenrente beantragen. Eventuell sei die
Sache zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung und neuen Entscheidung an das
kantonale Gericht zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht er
um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
Schliesslich sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es
sei die IV-Stelle im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuweisen, die
bisherige Rente ab deren Einstellung im April 2014 bis zum rechtskräftigen
Entscheid weiterhin auszurichten.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280 mit Hinweisen).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. 
Die Vorinstanz erwog, das Gutachten des Psychiatrischen Dienstes C.________ vom
5. Februar 2013, welches der Versicherte zu Recht nicht bemängelt habe, sei
uneingeschränkt beweiskräftig. Gestützt darauf sei es dem Beschwerdeführer
trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar, sich der gutachterlich
für angemessen erachteten Behandlung von mindestens sechs bis acht Monaten
Dauer (umfassend eine mehrwöchige stationäre integrierte psychiatrische
Therapie [verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie im Einzel- und
Gruppensetting, mindestens ein antidepressives Medikament und eine Beratung der
Angehörigen], eine anschliessende mehrwöchige tagesklinische Behandlung, sodann
eine ambulante psychiatrische Behandlung zur Remissionserhaltung und
Rezidivprophylaxe) zu unterziehen. Seine diesbezügliche Weigerung sei
unrechtmässig, weshalb die Beschwerdegegnerin die Rentenaufhebung gestützt auf
Art. 7b Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 7 IVG und Art. 24 Abs. 4 ATSG zu
Recht verfügt habe.

2.2. Der Beschwerdeführer wiederholt zu einem wesentlichen Teil die bereits
vorinstanzlich geltend gemachten Rügen. Auch die Begründung erschöpft sich über
weite Strecken (namentlich in den Ziffern 13 bis 17) in einer wörtlichen
Wiederholung der kantonalen Beschwerdeschrift. Soweit aber nicht im Einzelnen
und in konkreter Auseinandersetzung mit den entscheidwesentlichen Erwägungen
des angefochtenen Entscheides dargelegt wird, inwiefern die Vorinstanz
Bundesrecht verletzt haben soll (Art. 42 Abs. 2 BGG), liegt keine genügende
Rechtsschrift vor und es kann darauf nicht eingetreten werden.

3. 
Nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz reicht es für eine
Leistungskürzung oder -verweigerung im Sinne von Art. 21 Abs. 4 ATSG, dass die
zur Diskussion stehende medizinische Massnahme mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit hätte
bewirken können. Der erforderliche Grad an Wahrscheinlichkeit ist unter
Berücksichtigung der Schwere des mit der Massnahme verbundenen Eingriffs in
Persönlichkeitsrechte zu beurteilen: Bei therapeutischen Massnahmen, welche mit
einem nur geringen Eingriff verbunden sind, dürfen an die Wahrscheinlichkeit
der zu erwartenden Besserung keine hohen Anforderungen gestellt werden. Ist der
Eingriff erheblich (was etwa auf eine wirbelsäulenorthopädische Operation
zutrifft), wird eine höhere Wahrscheinlichkeit, aber nicht ein sicherer Erfolg
verlangt. Die Anforderungen an die Schadenminderungspflicht sind strenger, wenn
eine erhöhte Inanspruchnahme der Invalidenversicherung in Frage steht,
namentlich wenn der Verzicht auf schadenmindernde Vorkehren Rentenleistungen
auslöst. Ist eine fehlende Krankheitseinsicht aber gerade Teil des Leidens
selbst und lehnt eine versicherte Person deswegen eine an sich zumutbare
Therapie ab, gereicht ihr dies unter Umständen nicht zum Verschulden (vgl.
Urteile 8C_70/2014 vom 7. April 2014 E. 6.1 und 9C_82/2013 vom 20. März 2013 E.
3, je mit Hinweisen). Beweisbelastet für die Unzumutbarkeit einer Massnahme ist
die versicherte Person (z.B. Urteil 9C_842/2010 vom 26. Januar 2011 E. 2.2 mit
Hinweis).

4. 

4.1. Das kantonale Gericht stellte nicht fest, dem Beschwerdeführer fehle es an
der soeben beschriebenen Krankheitseinsicht. Der Versicherte selbst macht
solches ebenfalls nicht geltend und es ergeben sich auch keine entsprechenden
Hinweise aus den Akten. Nichts deutet zudem auf die letztinstanzlich erwähnte,
aber nicht näher substantiierte fehlende Urteilsfähigkeit hin, welche vom
Versicherten nachzuweisen gewesen wäre (Art. 8 ZGB). Darauf ist nicht weiter
einzugehen.

4.2. Die Vorinstanz erkannte weder aktenwidrig oder willkürlich noch sonstwie
bundesrechtswidrig, die angewiesene Behandlung lasse mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit erwarten. In der
Tat legten die Gutachter des Psychiatrischen Dienstes C.________ ausführlich
dar, welche Behandlungsschritte zu durchlaufen seien und dass -
Behandlungsbereitschaft des Beschwerdeführers vorausgesetzt - dabei gute
Erfolgsaussichten bestünden. Indem sie auftragsgemäss die Frage beantworteten,
ob die Arbeitsfähigkeit durch geeignete therapeutische Massnahmen verbessert
werden könnte und welche therapeutischen Massnahmen indiziert seien, kamen sie
im Übrigen ihren Pflichten in jeder Hinsicht hinreichend nach. Es war nicht
ihre Aufgabe, die grundsätzlich als zumutbar erachtete Behandlung im Sinne
eines exakten Behandlungs- oder Therapieplanes zu konkretisieren, wie er
namentlich für eine Zwangsbehandlung psychischer Störungen im Rahmen einer
fürsorgerischer Unterbringung (Art. 433 ZGB; hiezu nachfolgende E. 4.3)
erforderlich ist. Vielmehr liegt es in der Therapiefreiheit der kurativ tätigen
Ärzte, die Einzelheiten der Behandlung, nicht zuletzt auch unter
Berücksichtigung der individuellen Behandlungserfolge, fortlaufend zu
präzisieren.

4.3. Nicht stichhaltig ist die Argumentation des Beschwerdeführers, soweit er
unter Berufung auf die Rechtsprechung zur fürsorgerischen Unterbringung (seit
1. Januar 2013: Art. 426 Abs. 1 ZGB; BGE 130 I 16) geltend macht, die ihm
auferlegte Behandlung sei als schwer in die Persönlichkeitsrechte eingreifende
Zwangsbehandlung unverhältnismässig und der kantonale Entscheid insoweit
verfassungswidrig. Nach den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid
ist der Versicherte in Nachachtung seiner Schadenminderungspflicht zwar
gehalten, sich der fraglichen Behandlung zu unterziehen. Die
Leistungseinstellung bei Verletzung dieser Pflicht und die damit verbundene
wirtschaftliche Schlechterstellung kann indes klar nicht mit einer
psychiatrischen Zwangseinweisung und einer in diesem Rahmen erfolgenden
psychiatrischen Zwangsbehandlung im Sinn von Art. 426 ff. ZGB gleichgesetzt
werden, die im Übrigen in einem besonderen Verfahren anzuordnen wären (Art. 428
ff. und 433 f. ZGB). Zwar ist den Grundrechten bei der Auslegung
sozialversicherungsrechtlicher Leistungsnormen Rechnung zu tragen (BGE 113 V 22
E. 4d S. 31 f.). Dies ändert indes - auch mit Blick auf ähnlich gelagerte Fälle
(Urteile 9C_82/2013 vom 20. März 2013 und I 824/06 vom 13. März 2007) - nichts
an der vorinstanzlich zu Recht bejahten Zumutbarkeit der strittigen Behandlung.
Unabhängig davon, ob die Rechtsschrift die spezifischen Anforderungen an die
Rüge einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte überhaupt erfüllte (Art. 117
in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 und Art. 42 Abs. 2 BGG), hat das kantonale
Gericht den Grundsatz der Schadenminderungspflicht (Art. 21 Abs. 4 ATSG) in
keiner Weise überspannt, indem es eine allfällige Grundrechtsverletzung
verneinte. Der Anspruch an die Schadenminderungspflicht ist hier mit Blick auf
die strittige Rentenleistung generell hoch (vorangehende E. 3). Sodann kann den
ärztlichen Ausführungen nichts entnommen werden, was auf erhebliche,
aussergewöhnliche Risiken der Therapien hindeutete und auch der Versicherte
bringt nicht substantiiert vor, es sei eine spezifische, überdurchschnittliche
Gefährdung seiner Gesundheit zu befürchten. Von einer Gehörsverletzung kann
keine Rede sein.

4.4. Die weiteren Rügen, so sie nicht als appellatorisch unbeachtlich bleiben
müssen, sind allesamt unbegründet. Nachdem der Beschwerdeführer sich nur
äusserst sporadisch zu Dr. med. B.________ in Behandlung begeben (und die
medikamentöse Therapie verweigert) hatte, erklärte der Arzt am 2. Juli 2012, so
könne es nicht weiter gehen. Es sei ihm auch nicht mehr möglich, genügend
objektiv zu sein und er sei nun so weit, dem Beschwerdeführer seine Ängste
nicht mehr zu glauben. Von einem vertrauensvollen Behandlungsverhältnis (das
durch den Tod des Arztes abrupt beendet wurde), kann keine Rede sein. Sodann
ist es nicht Aufgabe der IV-Stelle, für die Versicherten geeignete Ärzte zu
suchen. Die Schadenminderungslast trifft vielmehr die versicherte Person
selbst, sie kann nicht auf die Durchführungsstelle überwälzt werden (vgl.
Urteil 9C_860/2011 vom 14. März 2012 E. 3.2). Des weiteren wird die sinngemässe
Rüge, das kantonale Gericht habe zu Unrecht festgestellt, gemäss den Experten
sei eine Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt zu erwarten, durch die
Expertise vom 5. Februar 2013 klar widerlegt. Die Gutachter hielten fest,
aufgrund der langjährigen Chronifizierung sei mit einer mindestens sechs- bis
achtmonatigen Behandlungsdauer zu rechnen, bis zunächst eine Arbeitsfähigkeit
im geschützten Rahmen und nach einem Arbeitstraining über mehrere Monate eine
schrittweise Steigerung der Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt denkbar
sei.
Schliesslich stellte das kantonale Gericht nicht offensichtlich unrichtig und
daher letztinstanzlich verbindlich fest (Art. 105 Abs. 2 BGG), eine stationäre
Behandlung sei bereits deshalb unabdingbar, weil der Beschwerdeführer
krankheitsbedingt nicht (allein) das Haus verlassen könne. Im Übrigen bewies
die Beschwerdegegnerin mit ihren erstmals im Jahr 2007 erfolgten und in der
Folge wiederholten, letztlich erfolglosen Aufforderungen an den
Beschwerdeführer, sich einer adäquaten ambulanten psychiatrischen Therapie zu
unterziehen, bemerkenswerte Geduld, bis sie am 26. Februar 2014 schliesslich
die Leistungseinstellung verfügte. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei
ihm "zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit gegeben worden, sich erneut in eine
ambulante Therapie zu begeben oder andere Massnahmen zu ergreifen",entbehrt
jeglicher Grundlage.

4.5. Das kantonale Gericht hat kein Bundesrecht verletzt, indem es die von der
Beschwerdegegnerin bejahte Verletzung der Schadenminderungspflicht bestätigt
und die Renteneinstellung geschützt hat.

Festzuhalten bleibt immerhin, dass die Kürzung nur solange aufrechtzuerhalten
ist, als zwischen der beanstandeten Verhaltensweise und dem Schaden ein
Kausalzusammenhang besteht. Absolviert der Beschwerdeführer die angewiesene
Behandlung, bleibt diese aber erfolglos, besteht daher unter Umständen kein
Anlass mehr für eine Leistungseinstellung (z.B. Urteil 8C_70/2014 vom 7. April
2014 E. 7).

5. 
Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung bzw. um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer grundsätzlich
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE
125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG
hingewiesen, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
hat, wenn sie später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und Rechtsanwalt
Hans Jörg Werder wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers
bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der BVG-Sammelstiftung D.________, der BVG-Sammelstiftung E.________ und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. Mai 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle

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