Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 337/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_337/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 7. April 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner,
Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

 A.________,
vertreten durch B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Aufhebung der Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 31. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 29. November 2011 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich der
1958 geborenen, als selbständige Podologin erwerbstätigen A.________ mit
Wirkung ab Oktober 2011 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Im
Oktober 2012 leitete die Verwaltung eine Rentenrevision ein und hob in der
Folge unter Hinweis auf die am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen
Schlussbestimmungen zur 6. IV-Revision die bisher ausgerichtete halbe
Invalidenrente auf Ende April 2013 hin ersatzlos auf (Verfügung der IV-Stelle
vom 13. März 2013). Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die
von A.________ dagegen eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 31. Oktober
2013 gut, hob die Renteneinstellungsverfügung vom 13. März 2013 auf und
verpflichtete die IV-Stelle zur Weiterausrichtung der halben Invalidenrente.
Auf Beschwerde der IV-Stelle in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hin
verneinte das Bundesgericht die Möglichkeit einer voraussetzungslosen
Neuprüfung der Rente nach der genannten Schlussbestimmung zum IVG, hob den
vorinstanzlichen Entscheid auf und wies die Sache an das kantonale Gericht
zurück, damit dieses die Wiedererwägungserfordernisse prüfe und der
Versicherten vorgängig die Möglichkeit einräume, zur Frage der substituierten
Begründung Stellung zu nehmen (Urteil 9C_31/2014 vom 5. September 2014).

B. 
Nach Gewährung des diesbezüglichen rechtlichen Gehörs hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde mit Entscheid vom
31. März 2015 wiederum gut und sprach A.________ die bisher bezogene halbe
Invalidenrente über Ende April 2013 hinaus zu.

C. 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich führt erneut Beschwerde ans Bundesgericht mit
dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Bestätigung der
Renteneinstellung auf Ende April 2013, eventuell sei die Sache zur ergänzenden
Abklärung an die Verwaltung zurückzuweisen. Der Beschwerde sei aufschiebende
Wirkung zuzuerkennen.
Während A.________ unter Hinweis auf eine Stellungnahme ihres Hausarztes Dr.
C.________ vom 8. September 2015 auf Abweisung der Beschwerde schliesst, hat
sich das Bundesamt für Sozialversicherungen dazu nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).

1.2. Im Rahmen der Invaliditätsbemessung - namentlich bei der Ermittlung von
Gesundheitsschaden, Arbeitsfähigkeit und Zumutbarkeitsprofil sowie bei der
Festsetzung von Validen- und Invalideneinkommen - sind zwecks Abgrenzung der
(für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen) Tatsachenfeststellungen von
den (letztinstanzlich frei überprüfbaren) Rechtsanwendungsakten der Vorinstanz
weiterhin die kognitionsrechtlichen Grundsätze heranzuziehen, wie sie in BGE
132 V 393 E. 3 S. 397 ff. für die ab 1. Juli bis 31. Dezember 2006 gültig
gewesene Fassung von Art. 132 des nunmehr aufgehobenen OG entwickelt wurden.
Soweit die Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeitsleistungen auf die
allgemeine Lebenserfahrung gestützt wird, geht es um eine  Rechtsfrage; dazu
gehören auch Folgerungen, die sich auf medizinische Empirie stützen. Beispiel
hiefür bildete die vom Bundesgericht mit BGE 141 V 281 E. 3.4 und 3.5 S. 291
ff. aufgegebene Vermutung, dass eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung oder
ein vergleichbarer ätiologisch unklarer syndromaler Zustand bzw. deren Folgen
mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar seien (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50
und nachfolgende Urteile). Im Zusammenhang mit den diesbezüglich massgebenden
sog. Foerster-Kriterien zählten zu den vom Bundesgericht nur eingeschränkt
überprüfbaren Sachverhaltsfragen vorinstanzliche Tatsachenfeststellungen,
wonach eine psychische Komorbidität vorliegt (oder nicht) oder weitere Umstände
gegeben sind (oder nicht), welche die Schmerzbewältigung behindern. Als
Rechtsfrage frei überprüfbar war hingegen, ob eine festgestellte psychische
Komorbidität hinreichend erheblich ist und ob einzelne oder mehrere der
festgestellten weiteren Kriterien in genügender Intensität und Konstanz
vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf eine nicht mit zumutbarer
Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung und somit auf eine
invalidisierende Gesundheitsschädigung zu gestatten (BGE 137 V 64 E. 1.2 S.
65).

2. 
Wie eingangs erwähnt (lit. A hievor), verneinte das Bundesgericht im Urteil
9C_31/2014 die Möglichkeit eines Rückkommens auf die am 29. November 2011
verfügte halbe Rente unter dem Titel von lit. a Abs. 1 SchlBest. IV 6/1. Und
zwar, weil diese Leistung bereits in Beachtung der damals einschlägigen
Rechtsprechung zu den pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen
Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage (BGE 130 V 352 und
seitherige) gesprochen worden war (BGE 140 V 8). Da indessen bei einer
fehlgeschlagenen Anwendung der SchlBest. zur 6. IV-Revision die Rechtsprechung
zur allfälligen substituierten Begründung des Rückkommens auf einen laufenden
Rentenanspruch (BGE 125 V 368 E. 2 S. 369) zum Tragen kommt (SVR 2014 IV Nr. 39
S. 137, 9C_121/2014 E. 3.2.2), wies das Bundesgericht die Sache zur Prüfung der
Wiedererwägungserfordernisse an die Vorinstanz zurück.

3. 
Die IV-Stelle kann nach Art. 53 Abs. 2 ATSG (SR 830.1) in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 IVG auf formell rechtskräftige Verfügungen zurückkommen, wenn diese
zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
ist. Die Wiedererwägung dient der Korrektur einer anfänglich unrichtigen
Rechtsanwendung einschliesslich unrichtiger Tatsachenfeststellung im Sinne der
Sachverhaltswürdigung (Ulrich Meyer, Die Abänderung formell rechtskräftiger
Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, in: Ausgewählte Schriften,
2013, S. 117 ff., 133 f.). Während das Erfordernis der erheblichen Bedeutung
einer Berichtigung bei periodischen Leistungen (wie hier) regelmässig gegeben
ist (BGE 140 V 85 E. 4.4 S. 87; 119 V 475 E. 1c S. 480 mit Hinweisen), setzt
zweifellose Unrichtigkeit voraus, dass kein vernünftiger Zweifel an der (von
Beginn weg bestehenden) Unrichtigkeit der Verfügung aufkeimt, also einzig
dieser Schluss denkbar ist. Das Erfordernis ist in der Regel erfüllt, wenn eine
Leistungszusprechung aufgrund falscher oder unzutreffend verstandener
Rechtsregeln erfolgte oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig
angewandt wurden. Ob dies zutrifft, beurteilt sich nach der Sach- und
Rechtslage, wie sie sich bei Erlass der Verfügung präsentierte, einschliesslich
der damaligen Rechtspraxis (BGE 141 V 405 E. 5.2 S. 414; 140 V 77 E. 3.1 S. 79;
138 V 324 E. 3.3 S. 328).

4. 

4.1. Die ursprüngliche Rentenverfügung vom 29. November 2011 stützte sich
ausschliesslich auf den Untersuchungsbericht des RAD-Psychiaters Dr. D.________
vom 11. August 2011. Befunderhebung und Krankheitsanamnese wurden darin
folgendermassen zusammengefasst:

"Im kognitiven Bereich war die Konzentration leichtgradig eingeschränkt. Im
affektiven Bereich war[en] die Hoffnung, wieder vollständig zu gesunden, und
das Selbstwertgefühl leichtgradig vermindert. Das Gefühl für Kraft, Energie und
Vitalität war leicht bis mittelgradig reduziert. Es konnten Zukunfts- und
Existenzängste eruiert werden. Anamnestisch sind wegen unklaren rezidivierenden
Diarrhöen ausgedehnte Abklärungen mittels Gastro- und Koloskopie, wiederholte
Laborbestimmungen, Hormonbestimmungen endokrinologische Untersuchungen,
gynäkologische Abklärungen und eine Lymphozytentypisierung durchgeführt worden.
Sämtliche Untersuchungen fielen negativ aus. Mehrfach wurde die Diagnose eines
Reizdarmsyndroms gestellt, das sehr gut im Anschluss an eine bakterielle
Diarrhö auftreten kann."

 Dr. D.________ diagnostizierte eine Somatisierungsstörung mit u.a. unklaren
rezidivierenden Diarrhöen (ICD-10 F45.0), ein Chronic Fatigue Syndrome
(chronisches Müdigkeitssyndrom; ICD-10 G93.3) sowie eine leichte depressive
Episode (ICD-10 F32.0) und führte weiter aus:

"Bei der Betrachtung der Erwerbsbiographie fällt auf, dass die jetzt 53-jährige
Versicherte von 1980 bis 1998 [bereits damals als selbständige Podologin] ein
konstant hohes Leistungsniveau mit einem 100%-Pensum halten konnte. 1998 kam es
nach Angaben der Versicherten ohne erkennbare Ursache zu einem Leistungsknick,
nach dem sie bis im März 2008 nur noch mit einem 70%-Pensum habe arbeiten
können. Seit April 2008 könne sie nur noch im Umfang von 10 % arbeiten.
Ärztlich dokumentierte AUF-Zeugnisse liegen uns nicht vor und sind nach Angaben
der Versicherten auch nie ausgestellt worden. Gemäss Arztbericht von [Hausarzt]
Dr. C.________ vom 07.06.2011 sei die Versicherte nach einer Stunde
podologischer Arbeit völlig erschöpft und müsse mindestens eine Stunde
schlafen. Es sei ihr in diesem Rahmen möglich, ein bis maximal drei Stunden pro
Tag zu arbeiten. Wenn sie mehr als 3 Stunden arbeite, sei sie meistens für 2
bis 3 Tage ganz arbeitsunfähig. Zu einer somatoformen Störung würde auch gut
passen, dass die Versicherte noch bis vor kurzem die Möglichkeit einer
psychischen Ursache für ihre Beschwerden und eine psychiatrische Behandlung
kategorisch abgelehnt hat."

4.2. Der RAD-Psychiater trug den normativen Leitlinien der erwähnten früheren
Rechtsprechung zu den unklaren syndromalen Beschwerdebildern (BGE 130 V 352 und
seitherige, namentlich 137 V 64 E. 4.1 und 4.2 S. 67 f.) insofern Rechnung, als
er die sog. Foerster-Kriterien prüfte. Mit Ausnahme des Merkmals eines
"mehrjährigen, chronifizierten Krankheitsverlaufs mit unveränderter oder
progredienter Symptomatik ohne längerdauernde Rückbildung" verneinte Dr.
D.________ sämtliche Kriterien. Dennoch bescheinigte er der Beschwerdegegnerin
eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen wie auch in einer andern
leidensangepassten Tätigkeit. Die IV-Stelle machte sich diese Einschätzung ohne
weiteres zu eigen und sprach der Versicherten gestützt darauf eine halbe
Invalidenrente zu.

4.3. Nach der früheren Rechtsprechung war dem hievor erwähnten, vom
RAD-Psychiater einzig bejahten Foerster-Kriterium keine ausschlaggebende
Bedeutung beizumessen, weil der angesprochene Verlauf bei
Somatisierungsstörungen als diagnosespezifisch (ICD-10 F45.0) zu gelten hat
(Urteile 8C_195/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 7.3 und I 937/06 vom 30. November
2007 E. 4.3). So gesehen hat die IV-Stelle die von ihr (und nicht von den
Ärzten) zu beantwortende Rechtsfrage, ob ein mit zumutbarer Willensanstrengung
nicht überwindbares unklares Beschwerdebild und somit eine invalidisierende
Gesundheitsschädigung gegeben sei, bejaht, obwohl sie kein einziges der nach
damaliger Gerichtspraxis relevanten Morbiditätskriterien als erfüllt erachtete.
Die seinerzeitige Zusprechung der halben Invalidenrente beruhte mithin auf
einer rechtsfehlerhaften Invaliditätsbemessung und muss daher als zweifellos
unrichtig im Sinne der Voraussetzung für eine Wiedererwägung bezeichnet werden.

4.4. Die Vorinstanz prüfte ihrerseits die Foerster-Kriterien und bejahte diese
mit Ausnahme des unter E. 4.2 und 4.3 angeführten sowie des Merkmals des
primären Krankheitsgewinns ("Flucht in die Krankheit"). Es mag hier offen
bleiben, ob das Vorgehen des kantonalen Gerichts unter
wiedererwägungsrechtlichem Blickwinkel überhaupt zulässig ist. Selbst wenn
einer eigenen vorinstanzlichen Kriterienprüfung als solcher nichts
entgegenstünde, lässt sich - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt -
das im angefochtenen Entscheid gewonnene konkrete Prüfungsergebnis rechtlich
nicht halten (zur diesbezüglichen Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts vgl. E.
1.2 hievor in fine) :

4.4.1. Mit Blick auf die von Dr. D.________ diagnostizierte leichte depressive
Episode gelangte das kantonale Gericht zum Schluss, es sei von einer -
"allerdings eher leichtgradig[en]" - psychischen Komorbidität auszugehen. Klar
hervorzuheben ist indessen, dass eine leichte depressive Episode nach der
Gerichtspraxis nie eine Komorbidität von hinreichender Erheblichkeit im Sinne
der früheren Rechtsprechung zu den unklaren syndromalen Beschwerdebildern
darstellte (SVR 2012 IV Nr. 1 S. 1, 9C_1040/2010 E. 3.4.2.1 mit Hinweisen). Sie
ist auch grundsätzlich nicht geeignet, eine leistungsspezifische Invalidität zu
begründen (Urteil 9C_506/2014 vom 10. November 2014 E. 4.2). Leichte bis
höchstens mittelschwere psychische Störungen aus dem depressiven Formenkreis
gelten zudem als therapeutisch angehbar (Urteil 9C_302/2012 vom 13. August 2012
E. 4.3.2, nicht publ. in: BGE 138 V 339; SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010
E. 5.3.4; Urteil 8C_759/2013 vom 4. März 2014 E. 3.6.1).

4.4.2. Weiter stellt die Vorinstanz unter Hinweis auf Probleme des
Verdauungstraktes und der Atemwege sowie eines Asthma bronchiale fest, das
Vorhandensein einer chronischen körperlichen Begleiterkrankung könne "nicht mit
Klarheit ausgeschlossen werden". Da jedoch diese Beschwerden für sich alleine
betrachtet keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zur Folge haben, fehlt es
rechtsprechungsgemäss auch diesem Merkmal an der erforderlichen Ausprägung (SVR
2011 IV Nr. 26 S. 73, 9C_662/2009 E. 3.1).

4.4.3. Das kantonale Gericht macht einen "gewissen sozialen Rückzug" aus, weil
sich die Beschwerdegegnerin nur mehr mit einem sehr beschränkten Personenkreis
austausche und gegenwärtig keine Hobbys mehr ausübe, während sie früher gerne
getanzt, einer Trachtengruppe angehört und Handarbeiten verfertigt habe. Dabei
übersieht die Vorinstanz, dass es bei diesem Morbiditätskriterium um den
sozialen Rückzug "in allen Belangen des Lebens" ging (BGE 137 V 64 E. 4.1 S. 67
in fine). Davon kann nicht gesprochen werden, wenn eine versicherte Person -
wie hier - angibt, sie habe noch Leute, die zu ihr hielten, zum einen die ganze
Familie (mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebender Vater; zwei Schwestern,
jeweils mit ihren Angehörigen) und drei bis vier Kolleginnen, welche sich
regelmässig bei ihr meldeten.

4.4.4. Mit Bezug auf das Kriterium "Scheitern einer konsequent durchgeführten
ambulanten oder stationären Behandlung (auch mit unterschiedlichem
therapeutischen Ansatz) trotz kooperativer Haltung der versicherten Person"
zitiert das kantonale Gericht zunächst RAD-Psychiater Dr. D.________. Dieser
hatte in seinem Untersuchungsbericht vom 11. August 2011 ausgeführt, da bisher
sämtliche somatischen Abklärungen ergebnislos geblieben seien, habe
(diesbezüglich) auch keine gezielte Therapie durchgeführt werden können; eine
psychiatrische Behandlung habe die Beschwerdegegnerin bis vor kurzem vehement
abgelehnt und die im Frühjahr 2011 begonnene sei nach bloss vier Konsultationen
eigenmächtig abgebrochen worden. Angesichts dieser Umstände kann weder von
einer konsequenten Behandlung noch von einer kooperativen Haltung der
Versicherten die Rede sein. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ändert daran
nichts, dass im Ingress der ICD-10-Klassifikation der WHO zu den somatoformen
Störungen (F45) ausgeführt wird, charakteristisch sei die wiederholte
Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen
nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und
Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar seien.
Aus den medizinischen Unterlagen ergeben sich jedenfalls keinerlei Hinweise,
wonach es der Beschwerdegegnerin krankheitsbedingt verunmöglicht wäre, sich
einer adäquaten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Daher ist die
vorinstanzliche Schlussfolgerung, das Fehlen einer derartigen Therapie könne
gerade dem Nachweis der Diagnose (einer Somatisierungsstörung) und einer "damit
verbundenen Einschränkung in der Leistungsfähigkeit dienen", schlechterdings
unhaltbar.

5. 
War nach dem Gesagten die leistungszusprechende Verfügung vom 29. November 2011
nach damaliger Sach- und Rechtslage zweifellos unrichtig, ist die
Rentenaufhebungsverfügung vom 13. März 2013 mit der substituierten Begründung
der Wiedererwägung zu schützen, sofern die zwischenzeitliche Entstehung eines
Rentenanspruchs bis zum letztgenannten Zeitpunkt zu verneinen ist (SVR 2014 IV
Nr. 39 S. 137, 9C_121/2014 E. 3.4; Urteil I 859/05 vom 10. Mai 2006 E. 2.3).
Wie es sich damit verhält, ist ebenfalls auf der Grundlage des
Untersuchungsberichts des RAD-Psychiaters Dr. D.________ vom 11. August 2011 zu
beurteilen, sind doch gemäss den Angaben des Hausarztes Dr. C.________ vom 27.
November 2012 und 24. Juli 2013 seit der Rentenzusprache in gesundheitlicher
Hinsicht keine wesentlichen Änderungen eingetreten. Nichts anderes ergäbe sich
aus dem nachgereichten hausärztlichen Bericht vom 8. September 2015, welcher
indes zufolge des Novenverbots von Art. 99 Abs. 1 BGG ohnehin ausser Betracht
zu bleiben hat. Die freie (vgl. BGE 140 V 514 E. 5 und 6 S. 519 ff.) Prüfung
der Rentenberechtigung ex nunc et pro futuro hat allerdings im Lichte der mit
Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 (publ. in BGE 141 V 281) in der
Zwischenzeit grundlegend überdachten und teilweise geänderten Rechtsprechung
zur invalidisierenden Wirkung somatoformer Beschwerdebilder zu erfolgen (BGE
141 V 281 E. 8 S. 309; 137 V 210 E. 6 Ingress am Anfang S. 266).

6. 

6.1. Nach neuer Gerichtspraxis hat die Invaliditätsbemessung bei
psychosomatischen Leiden (anhaltende somatoforme Schmerzstörung und
vergleichbare unklare Beschwerdebilder) stärker als bisher den Aspekt der
funktionellen Auswirkungen zu berücksichtigen, was sich schon in den
diagnostischen Anforderungen niederschlagen muss. Auf der Ebene der
Arbeitsunfähigkeit wird an der Überwindbarkeitsvermutung nicht festgehalten.
Das bisherige Regel/Ausnahme-Modell wird durch ein strukturiertes
Beweisverfahren ersetzt. An der Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 2 ATSG -
ausschliessliche Berücksichtigung der Folgen der gesundheitlichen
Beeinträchtigung und objektivierte Zumutbarkeitsprüfung bei materieller
Beweislast der rentenansprechenden Person - ändert sich dadurch nichts. An die
Stelle des bisherigen Kriterienkatalogs (hievor erwähnte Foerster-Kriterien)
treten im Regelfall Standardindikatoren (vgl. BGE 141 V 281 E. 6 S. 307 f.).

Hervorzuheben ist, dass auch die fachgerecht gestellte Diagnose der anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung oder eines vergleichbaren psychosomatischen Leidens
nur dann zur Feststellung einer invalidenversicherungsrechtlich erheblichen
Gesundheitsbeeinträchtigung führt, wenn die Diagnose auch unter dem
Gesichtspunkt der Ausschlussgründe nach BGE 131 V 49 standhält (BGE 141 V 281
E. 2.2 S. 287, E. 4.2 S. 298). Besteht im Einzelfall Klarheit darüber, dass
solche Ausschlussgründe die Annahme einer Gesundheitsbeeinträchtigung
verbieten, so besteht von vornherein keine Grundlage für eine Invalidenrente,
selbst wenn die klassifikatorischen Merkmale einer somatoformen Schmerzstörung
oder eines vergleichbaren psychosomatischen Leidens gegeben sein sollten (BGE
141 V 281 E. 2.2.2 S. 288 mit Hinweis auf Art. 7 Abs. 2 erster Satz ATSG).

6.2. Mit Blick auf die Indikatoren "Behandlungserfolg" und
"behandlungsanamnestisch ausgewiesener Leidensdruck" sticht ins Auge, dass
sämtliche Ärzte, welche sich seit 2009 mit der Beschwerdegegnerin befasst
haben, psychotherapeutische Massnahmen als (dringend) angezeigt erachteten. Wie
bereits erwähnt (E. 4.4.4 hievor), hat die Versicherte eine solche Therapie mit
Ausnahme von vier Konsultationen im Medizinischen Zentrum E.________ bisher
strikte abgelehnt. Auf der andern Seite geht aus den ärztlichen Unterlagen
hervor, dass sie nicht nur verschiedenste somatische Abklärungen angestrengt
hat, sondern auch diverse komplementärmedizinische Angebote nutzte
("Psychokapseln" eines früher behandelnden Naturarztes, homöopathische und
kinesiologische Therapien). Hausarzt Dr. C.________ führte im Bericht vom 27.
November 2012 aus, die Beschwerdegegnerin suche ihn alle ein bis drei Monate
auf; das Feld der Schulmedizin habe sie (weitgehend) verlassen. Angesichts der
materiellen Beweislast der die Invalidenrente beanspruchenden versicherten
Person (BGE 141 V 281 E. 3.7.2 S. 295 f. und E. 6 in fine S. 308) fällt
indessen die Anerkennung einer rentenbegründenden Invalidität nur in Betracht,
wenn die Aktenlage ein stimmiges Gesamtbild zeichnet, das auf eine
therapeutisch nicht angehbare erhebliche funktionelle Behinderung schliessen
lässt (Konsistenz; BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303), was bei Vorliegen
medizinisch-psychiatrisch nicht begründbarer Selbsteinschätzungen und
Selbstlimitierungen ohne weiteres zu verneinen ist (BGE 141 V 281 E. 3.7.1 in
fine S. 295). Von einer leistungsrelevanten Erwerbseinbusse der
Beschwerdegegnerin ist jedenfalls solange nicht auszugehen, als die zumutbare
therapeutische Option einer fachärztlich angeordneten intensiven Psychotherapie
nicht konsequent und motiviert verfolgt wurde (vgl. SVR 2011 IV Nr. 26 S. 73,
9C_662/2009 E. 3.2.2). Ist demnach eine rentenbegründende Invalidität zu
verneinen, hat die IV-Stelle die bisher ausgerichtete halbe Invalidenrente für
die Zukunft zu Recht aufgehoben.

7. 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde wird mit dem heutigen Urteil
gegenstandslos.

8. 
Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66
Abs. 1 in fine BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 31. März 2015 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Zürich vom 13. März 2013 wird bestätigt.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen   schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. April 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Attinger

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