Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 317/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_317/2015

Urteil vom 20. Oktober 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Trütsch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Heuberger,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Pensionskasse B.________.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 24. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 3. Mai 2004 sprach die IV-Stelle des Kantons Aargau
A.________ rückwirkend ab 1. Mai 2002 eine ganze Invalidenrente zu. In einem
ersten Revisionsverfahren wurde die bisherige Rente bestätigt (Mitteilung vom
23. Oktober 2008).
Im März 2010 leitete die IV-Stelle ein weiteres Revisionsverfahren ein. Sie
sprach A.________ ein Arbeitstraining vom 2. August 2011 bis 31. Januar 2012
und für die Dauer der Massnahme ein Taggeld zu (Mitteilung vom 11. Juli 2011;
Verfügung vom 18. Juli 2011). Am 31. Oktober 2011 verfügte sie die Einstellung
der Rentenleistungen; ab diesem Datum bestehe Anspruch auf das ungekürzte
Taggeld.
Mit Vorbescheid vom 19. Dezember 2011 stellte die IV-Stelle bei einem
ermittelten Invaliditätsgrad von 55 % die Herabsetzung der ganzen Rente auf
eine halbe Rente in Aussicht. Auf Einwand hin holte die Verwaltung ein
polydisziplinäres Gutachten der MEDAS ein, welches am 6. Mai 2013 erstattet
wurde. Nach erneut durchgeführtem Vorbescheidverfahren hob die IV-Stelle mit
Verfügung vom 5. August 2014 die Verfügung vom 30. April 2004 [recte: 3. Mai
2004] wiedererwägungsweise auf; weiter stellte sie fest, dass die
Invalidenrente zum 31. Oktober 2011 eingestellt bleibe.

B. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau - nach Beiladung der Pensionskasse B.________ - mit
Entscheid vom 24. März 2015 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Anträgen, der angefochtene Entscheid und die Verfügung vom 5. August 2014 seien
aufzuheben und es sei ihm die bisherige Rente weiterhin zu gewähren;
eventualiter sei die Sache zwecks ergänzender medizinischer Abklärungen an die
Vorinstanz oder die IV-Stelle zurückzuweisen.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) und die Mitbeteiligte verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_464/2014 vom 24. Februar 2015 E. 3.2.2 ). Diese
Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_535
/2014 vom 15. Januar 2015 E. 1.1 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 141 V 25,
aber in: SVR 2015 KV Nr. 8 S. 29; vgl. zu den Anforderungen an
Sachverhaltsrügen Art. 97 Abs. 1 BGG und BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356, 134 II
244 E. 2.2 S. 246).

1.2. Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen
Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die
geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese)
abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und
Zusammenhänge einleuchtet und die ärztlichen Schlussfolgerungen begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei einander widersprechenden medizinischen
Berichten hat das kantonale Versicherungsgericht im Rahmen umfassender und
pflichtgemässer Beweiswürdigung die Gründe anzugeben, weshalb es auf den einen
und nicht auf den andern abstellt (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 125 V 351 E. 3a S.
352).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz die wiedererwägungsweise
Aufhebung der Verfügung vom 3. Mai 2004 zu Recht bestätigt hat.

3. 
Der Versicherungsträger kann durch Wiedererwägung auf formell rechtskräftige
Verfügungen (oder Einspracheentscheide) zurückkommen, wenn diese zweifellos
unrichtig sind und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53
Abs. 2 ATSG). Zweifellose Unrichtigkeit meint, dass kein vernünftiger Zweifel
an der (von Beginn weg bestehenden) Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also
einzig dieser Schluss denkbar ist. Das Erfordernis ist in der Regel erfüllt,
wenn eine Leistungszusprechung unvertretbar war, weil sie aufgrund falscher
Rechtsregeln erfolgte oder weil massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig
angewendet wurden (BGE 138 V 324 E. 3.3 S. 328). Darunter fällt insbesondere
eine unvollständige Sachverhaltsabklärung aufgrund einer klaren Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG und Art. 61 lit. c ATSG).
Eine auf keiner nachvollziehbaren ärztlichen Einschätzung der massgeblichen
Arbeitsfähigkeit beruhende Invaliditätsbemessung ist nicht rechtskonform und
die entsprechende Verfügung zweifellos unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen
Sinne (Urteil 9C_466/2010 vom 23. August 2010 E. 3.2.2 mit Hinweis). Die Frage
nach der zweifellosen Unrichtigkeit beurteilt sich nach der Rechtslage im
Zeitpunkt des Verfügungserlasses, einschliesslich der damaligen Rechtspraxis (
BGE 138 V 147 E. 2.1 S. 149).
Die Feststellungen, welche der Beurteilung des unbestimmten Rechtsbegriffs der
zweifellosen Unrichtigkeit zugrunde liegen, sind tatsächlicher Natur und
folglich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. E. 1.1 hievor). Dagegen ist die
Auslegung (Konkretisierung) des Begriffs der zweifellosen Unrichtigkeit als
Wiedererwägungsvoraussetzung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG eine grundsätzlich frei
prüfbare Rechtsfrage (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 9C_994/2010 vom 12. April 2011
E. 2, in: SVR 2010 IV Nr. 71 S. 213 f.).

4.

4.1. Die Vorinstanz bestätigte die wiedererwägungsweise Aufhebung der Verfügung
vom 3. Mai 2004 mit der Begründung, die IV-Stelle hätte nicht auf die
Beurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 21. Februar 2003
(100%ige Arbeitsunfähigkeit in jeglicher Tätigkeit) abstellen dürfen, da diese
in somatischer Hinsicht aktenwidrig gewesen sei. Vom Spital C.________ (Bericht
vom 11. Dezember 2000), von der Rehaklinik D.________ (Bericht vom 18. Dezember
2001), und vom Hausarzt (vgl. Berichte vom 21. Mai 2001 und vom 2. April 2002)
sei eine Arbeitsfähigkeit von 100 % für leichte Tätigkeiten attestiert worden.
Des Weiteren sei der Gesundheitszustand des Versicherten nach der
Rückenoperation im Januar 2003 nicht weiter abgeklärt worden, obschon der
Hausarzt - entgegen der Annahme des RAD einer Verschlechterung der
Rückenproblematik (vgl. Stellungnahme vom 21. Februar 2003) - auf eine
Verbesserung hingewiesen habe. Damit habe die IV-Stelle den
Untersuchungsgrundsatz verletzt.

4.2. Dem hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen entgegen, die Vorinstanz
habe die Berichte des psychiatrischen Dienstes E.________ vom 3. Februar 2003
und vom 19. August 2003 unvollständig aufgeführt und jenen vom 29. Januar 2003
gar nicht erwähnt. In Letzterem sei eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung
diagnostiziert worden. Diese habe damals noch als invalidisierend gegolten, und
bei deren Vorhandensein habe die Zusprechung einer Rente zur Tagesordnung
gehört, dies umso mehr, als eine Chronifizierung vorgelegen habe. Im Bericht
des psychiatrischen Dienstes E.________ vom 19. August 2003 sei zudem erneut
eine vollständige Arbeitsunfähigkeit wegen der somatoformen Schmerzstörung und
der weiterhin persistierenden Rückenbeschwerden attestiert worden. Insgesamt
sei der medizinische Sachverhalt ausreichend abgeklärt und die vollständige
Arbeitsunfähigkeit in genügendem Masse belegt und vertretbar gewesen, womit
eine zweifellose Unrichtigkeit ausscheide.

4.3. Mit seinen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen,
inwiefern die vorinstanzliche Feststellung, aus somatischer Sicht bestehe eine
vollständige Arbeitsfähigkeit in leichter Tätigkeit, offensichtlich unrichtig
sein sollte. Ebenso wenig kann er aus den Berichten des psychiatrischen
Dienstes E.________ etwas zu seinen Gunsten ableiten. Dabei kann offenbleiben,
ob mit Blick auf die mit BGE 130 V 352 (Urteil I 683/03 vom 12. März 2004)
präzisierte Rechtsprechung zum invalidisierenden Charakter anhaltender
somatoformer Schmerzstörungen, die von der Beschwerdegegnerin nicht angewendet
worden ist, im Zeitpunkt der Verfügung vom 3. Mai 2004 von einem
wiedererwägungsrechtlichen Grund auszugehen ist.
Bereits vor BGE 130 V 352 erlaubte die Diagnose einer anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung allein nicht den Schluss auf das Vorliegen einer psychisch
bedingten Arbeitsunfähigkeit. Verlangt war, dass die Schmerzangaben durch damit
korrelierende, fachärztlich schlüssig festgestellte Befunde hinreichend
erklärbar waren (BGE 130 V 352 E. 2.2.2 S. 353 und dortige Hinweise). Die Ärzte
des psychiatrischen Dienstes E.________ begründeten die Diagnose einer
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und die attestierte Arbeitsunfähigkeit
nicht anhand der von ihnen erhobenen Befunde. Damit lag keine hinreichende
Erklärung für die Schmerzangaben vor. Von einem fachärztlich schlüssig
ausgewiesenen psychischen Leiden kann jedenfalls nicht gesprochen werden.
Weiter war bereits damals aus rechtlicher Sicht das Vorliegen einer
fachärztlich ausgewiesenen somatoformen Schmerzstörung wohl Voraussetzung,
nicht aber hinreichende Basis für die Annahme einer invalidisierenden
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Vorausgesetzt war eine derartige Schwere,
dass die Verwertung der verbleibenden Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt bei
objektiver Betrachtung sozial-praktisch nicht mehr zumutbar oder für die
Gesellschaft gar untragbar war (BGE 130 V 352 E. 2.2.3-4 S. 253 f.; vgl. auch
BGE 127 V 294 E. 4c in fine und E. 5a S. 298 ff.). Entscheidend war, ob die
betroffene Person, von ihrer psychischen Verfassung her besehen, objektiv an
sich die Möglichkeit hatte, trotz ihrer subjektiv erlebten Schmerzen einer
Arbeit nachzugehen. Solche Angaben können den Berichten des psychiatrischen
Dienstes E.________ nicht entnommen werden. Eine Auseinandersetzung mit den
psychischen Ressourcen des Beschwerdeführers nahmen die Ärzte des
psychiatrischen Dienstes E.________ nicht vor. Auch insofern beruhte somit die
Zusprechung der ganzen Rente auf einem Rechtsfehler und war zweifellos
unrichtig.

4.4. Die vorinstanzlich bestätigte wiedererwägungsweise Aufhebung der Verfügung
vom 3. Mai 2004 verletzt kein Bundesrecht.

5. 
Sind die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung erfüllt, müssen die
Anspruchsberechtigung und allenfalls der Umfang des Anspruchs pro futuro
geprüft werden. Dabei ist wie bei einer materiellen Revision nach Art. 17 Abs.
1 ATSG auf der Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten
Sachverhalts der Invaliditätsgrad im Zeitpunkt der Verfügung oder des
Einspracheentscheides zu ermitteln (Urteil 9C_173/2015 vom 29. Juni 2015 E. 2.2
mit Hinweisen).

5.1. Die Vorinstanz hat gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 6. Mai 2013
festgestellt, aus somatischer Sicht sei eine körperlich leichte bis
gelegentlich mittelschwere Tätigkeit zeitlich und leistungsmässig
uneingeschränkt zumutbar. Eine psychiatrische Diagnose mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit hätten die Gutachter nicht stellen können. Selbst einer -
diskutierten - depressiven Symptomatik mittelschweren Ausmasses könnte jedoch
aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kein invalidisierender Charakter
zugemessen werden, da nicht ersichtlich sei, inwieweit die Schmerzproblematik
nicht überwindbar sein sollte.

5.2. Soweit der Beschwerdeführer die 100%ige Arbeitsfähigkeit aus somatischer
Sicht (rheumatologisch und neurologisch) bestreitet, erschöpfen sich seine
Vorbringen in unzulässiger appellatorischer Kritik an der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung, auf die im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungsbefugnis (E.
1.1 hievor) nicht einzugehen ist. Im Weiteren trifft zu, dass die Gutachter
offen lassen mussten, ob aus psychischen Gründen ein langandauernder
Gesundheitsschaden mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit bestehe. Der
Psychiater der Abklärungsstelle attestierte eine Arbeitsfähigkeit von 100 %.
Gleichzeitig hielt er fest, auch wenn die von ihm diskutierten Diagnosen nicht
klar belegbar seien, könnten sie nicht absolut ausgeschlossen werden.
Anlässlich des Konsensfindungsprozesses schloss er sich der Meinung des
federführenden Gutachters an, dass bei unvollständiger psychiatrischer
Diagnostik eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit weder nachgewiesen noch
ausgeschlossen werden könne. Die vom psychiatrischen Gutachter diskutierten
(Verdachts-) Diagnosen wurden unter den Diagnosen ohne wesentliche
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, aber mit Krankheitswert aufgelistet.
Ebenfalls wurde die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen
Faktoren (ICD-10 F45.51) aufgrund der nicht oder zu schwach erfüllten Kriterien
(gemäss BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 f.) für diese Begutachtung als ohne
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gewertet.

5.3. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde hat die Vorinstanz nicht dadurch
Bundesrecht verletzt, dass sie dem MEDAS-Gutachten vom 6. Mai 2013 auch aus
psychiatrischer Sicht Beweiswert zuerkannt hat (vgl. E. 1.2 hievor). Ebenso
wenig kann dem kantonalen Versicherungsgericht eine willkürliche
Beweiswürdigung vorgeworfen werden, wenn es zum Schluss gelangte, dass beim
Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht im Zeitpunkt des Verfügungserlasses
keine wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bestehe. Gemäss Gutachten
konnte eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zwar nicht ausgeschlossen, aber
auch nicht nachgewiesen werden.

5.4. Eine - nach Verfügungserlass - fachärztlich festgestellte depressive
Symptomatik ist im Rahmen einer Neuanmeldung geltend zu machen (Art. 87 Abs. 3
IVV).

6.

6.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG); es ist folglich weder an die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.;
134 V 250 E. 1.2 S. 252). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG sowie Art. 106 Abs. 2 BGG)
indessen nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315; 133 II 249 E. 1.4.1 S.
254).

6.2. Die Beschwerdegegnerin hob mit der vorinstanzlich angefochtenen Verfügung
vom 5. August 2014 die ganze Rente zum 31. Oktober 2011 auf, nachdem sie die
Leistung zufolge des Bezuges eines Taggeldes während des Arbeitstrainings vom
3. August 2011 bis 31. Januar 2012 auf diesen Zeitpunkt eingestellt hatte. Nach
der Rechtsprechung wird während einer Eingliederungsmassnahme, welche - wie
hier - zu einer länger als drei Monate dauernden Taggeldberechtigung führt, die
Rentenzahlung unterbrochen. Nach Wegfall des Taggeldanspruchs lebt die Rente
wieder auf (Urteil I 207/97 vom 31. Oktober 1997 E. 2, in: AHI 1998 S. 179).
Diese Rechtsprechung hat weiterhin Bestand (Meyer/Reichmuth, Bundesgesetz über
die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 43 IVG). Dies gilt
auch, wenn die Rente später wiedererwägungsweise aufgehoben wird (Art. 88bis
Abs. 2 lit. a IVV). Demzufolge besteht der Rentenanspruch des Beschwerdeführers
bis Ende September 2014.

7. 
Die Parteien haben die Gerichtskosten nach Massgabe ihres Unterliegens zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine
reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 24. März 2015 und die Verfügung
der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 5. August 2014 werden insoweit abgeändert,
dass der Beschwerdeführer über den 31. Oktober 2011 hinaus bis Ende September
2014 Anspruch auf eine ganze Rente hat. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden zu drei Vierteln (Fr. 600.-) dem
Beschwerdeführer und zu einem Viertel (Fr. 200.-) der Beschwerdegegnerin
auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 700.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung
des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse B.________, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Oktober 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Trütsch

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