Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 289/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_289/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 12. Oktober 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Neuanmeldung, Glaubhaftmachen einer anspruchs- erheblichen Änderung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1960 geborene A.________ ersuchte die Invalidenversicherung bereits
mehrmals vergeblich um Ausrichtung einer Invalidenrente. Letztmals abgewiesen
wurde ein Rentengesuch mit Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 1.
Juli 2010. Auf Beschwerde der Versicherten hin bestätigte das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Rentenablehnung, insbesondere
gestützt auf das polydisziplinäre Gerichtsgutachten der MEDAS vom 14. Juli 2011
(Entscheid vom 9. Januar 2012). Auf die dagegen erhobene Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten trat das Bundesgericht mit Urteil vom
30. März 2012 nicht ein.
Mit Eingabe vom 21. April 2013 ersuchte A.________ unter Beilage eines
Arztzeugnisses des behandelnden Psychiaters Dr. B.________ vom 26. März 2013
erneut um Zusprechung einer Invalidenrente. Die IV-Stelle antwortete mit
Schreiben vom 23. April 2013, für ein Eintreten auf die Neuanmeldung müsse
glaubhaft gemacht werden, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit Erlass
der letzten Verfügung wesentlich verändert hätten. Die Versicherte wurde
deshalb aufgefordert, bis spätestens am 28. Mai 2013 entsprechende aktuelle
Beweismittel nachzureichen (z.B. ärztliche Bestätigung, Spitalbericht usw.;
blosse Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen genügten nicht), ansonsten auf das
Rentengesuch nicht eingetreten werde. Daraufhin reichte A.________ eine
ärztliche Stellungnahme von Dr. C.________, Facharzt für Allgemein- und
Unfallchirurgie, vom 24. Mai 2013 ein und machte geltend, dass es ihr zunehmend
schlechter gehe: Wegen zunehmender "Schmerzen v.a. im linken Bein/Hüfte" habe
sie sich bei Dr. C.________ neu abklären lassen und da sich auch ihre
psychische Situation verschlechtert habe, stehe sie bei Dr. B.________ wieder
neu in psychotherapeutischer Behandlung. Mit Verfügung vom 30. September 2013
trat die IV-Stelle auf das Rentenbegehren vom 21. April 2013 nicht ein, weil
A.________ keine massgebliche Tatsachenänderung glaubhaft gemacht habe.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiegegen
eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 27. Februar 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde ans Bundesgericht führen mit dem sinngemässen
Antrag, die IV-Stelle sei zu verpflichten, auf die Neuanmeldung einzutreten und
weitere Abklärungen vorzunehmen. Überdies lässt sie um unentgeltliche
Rechtspflege ersuchen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Prozessthema bildet einzig die Frage, ob die IV-Stelle auf die Neuanmeldung vom
21. April 2013 zu Recht nicht eingetreten ist, weil die (unbestritten als
Hausfrau qualifizierte) Beschwerdeführerin eine rentenrelevante
Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht glaubhaft darzutun vermochte.
Das kantonale Gericht hat die Verordnungsbestimmungen und von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über das Erfordernis des
Glaubhaftmachens einer anspruchsrelevanten Erhöhung des Invaliditätsgrades als
Voraussetzung für die umfassende Prüfung einer neuen Anmeldung durch die Organe
der Invalidenversicherung zutreffend dargelegt (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung
mit Abs. 2 IVV [SR 831.201]; BGE 130 V 64 und 171; 117 V 198; SVR 2014 IV Nr.
33 S. 121, 8C_746/2013 E. 2 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Beweiswürdigung durch die
Vorinstanz, weil diese trotz der ärztlichen Stellungnahme von Dr. C.________
zum Schluss gelangte, eine leistungsrelevante Verschlechterung des
Gesundheitsschadens sei nicht glaubhaft gemacht worden. Der erwähnte Chirurge
hatte im Arztbericht vom 24. Mai 2013 Folgendes ausgeführt:

"Hiermit bestätige ich, dass sich oben genannte Patientin seit dem 15.03.2013
in meiner fachärztlichen Behandlung befindet. Ursache hierfür ist ein akut
progredienter Beschwerdekomplex, welcher auch im direkten Zusammenhang mit der
Grunderkrankung der Patientin steht und einer deutlichen Verschlechterung des
Gesamtzustandes seit 2012 entspricht."

Zu Recht hat das kantonale Gericht das Erfordernis des Glaubhaftmachens einer
wesentlichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht abstrakt geprüft,
sondern unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten. Es hat insbesondere
auch das äusserst einlässliche seinerzeitige Gerichtsgutachten der MEDAS vom
14. Juli 2011 herangezogen, worin der Beschwerdeführerin aufgrund
verschiedener, ausschliesslich psychischer Leiden im eigenen Haushalt eine
30%ige und für eine erwerbliche Tätigkeit eine 50%ige Einschränkung bescheinigt
wurde. Unter diesem Blickwinkel haben Verwaltung und Vorinstanz zu Recht
festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit Einreichung des Arztzeugnisses
von Dr. B.________ vom 26. März 2013 in keiner Weise eine gesundheitliche
Verschlechterung glaubhaft machte. Vielmehr bestätigte der seit 1998
behandelnde Psychiater, dass (u.a.) aufgrund einer rezidivierenden Depression
"schon seit vielen Jahren" eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % vorliege, welche
auch künftig "weiterhin in diesem Rahmen anhalten" dürfte. Fällt somit in
psychischer Hinsicht nach fachärztlicher Beurteilung eine wesentliche
Veränderung ausser Betracht, kann sich die im hievor zitierten Arztbericht von
Dr. C.________ vage umschriebene gesundheitliche Verschlechterung nur auf
körperliche Beschwerden beziehen, wie sie von der Versicherten mit Bezug auf
die linke Hüfte und das linke Bein geltend gemacht werden (vgl. Sachverhalt).
Weil indessen die Beschwerdeführerin bereits gegenüber dem rheumatologischen
Gutachter der MEDAS bei passiver Beweglichkeitsprüfung des linken Hüftgelenks
punktuelle Schmerzen am thorakolumbalen Übergang mit brennender Ausstrahlung
entlang der Wirbelsäule angegeben hatte, vermag sie auch mit dem pauschal
gehaltenen Arztbericht von Dr. C.________ keine leistungsrelevante
Verschlechterung ihres Gesundheitszustands glaubhaft zu machen.
Dass die Vorinstanz im Rahmen ihrer Sachverhaltswürdigung auch berücksichtigte,
dass die Versicherte erst seit Mitte März 2013 bei Dr. C.________ in Behandlung
steht, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden.
Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, wo es um die Glaubhaftmachung von in
einem bestimmten Zeitraum eingetretenen Tatsachenänderungen geht, ist die Frage
nach der Dauer eines Arzt-/Patientenverhältnisses durchaus sachgerecht.
Schliesslich ist auch der in der Beschwerde erhobene Einwand unbegründet,
wonach das kantonale Gericht zu hohe Anforderungen an die Erfüllung des
herabgesetzten Beweismasses nach Art. 87 Abs. 2 IVV gestellt hätte.

4. 
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie sind indessen, weil die Voraussetzungen für
die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (im Sinne unentgeltlicher
Prozessführung und Verbeiständung) erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; vgl.
BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372, je mit Hinweisen), einstweilen
auf die Bundesgerichtskasse zu nehmen. Es wird jedoch ausdrücklich auf Art. 64
Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der
Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der
Lage ist.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt David Husmann wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Oktober 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Attinger

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