Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 156/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_156/2015

Urteil vom 1. Juli 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, nebenamtlicher
Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Lind,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente; Revision;
Eingliederungsmassnahmen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
13. Januar 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ stürzte am ... bei der Arbeit von einer Leiter, wobei er sich u.a.
am Kopf verletzte. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen aus der
obligatorischen Unfallversicherung (Heilbehandlung, Taggeld, Invalidenrente
aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % ab 1. April 1992,
Integritätsentschädigung). Die Ausgleichskasse des Kantons Aargau richtete ab
1. Dezember 1989 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Invaliditätsgrad:
100 %) samt Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten aus (Verfügung
vom 19. Juli 1991). Der Rentenanspruch wurde mehrmals bestätigt. Im Rahmen des
im November 2011 eingeleiteten Revisionsverfahrens liess die IV-Stelle des
Kantons Aargau A.________ auf Vorschlag des regionalen ärztlichen Dienstes
(RAD) polydisziplinär begutachten (Expertise Swiss Medical Assessment- und
Business-Center [SMAB] vom 15. Februar 2013). Als Gesamtbeurteilung ergab sich
eine Arbeitsfähigkeit in einer Verweistätigkeit in der Grössenordnung von 70 %
(Leistungsverminderung von 30 %). Nach einer vierwöchigen beruflichen
Grundabklärung vom 20. August bis 16. September 2013 absolvierte A.________ ein
dreimonatiges Arbeitstraining vom 17. September bis 16. Dezember 2013, beides
in der Klinik B.________. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verfügte
die IV-Stelle am 31. März 2014 die Einstellung der Eingliederungsmassnahme und
am 9. April 2014 die Herabsetzung der ganzen Rente auf eine Viertelsrente ab 1.
Mai 2014.

B. 
A.________ erhob gegen beide Verfügungen Beschwerde, welche das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau nach Vereinigung der Verfahren mit
Entscheid vom 13. Januar 2015 abwies.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
der Entscheid vom 13. Januar 2015 und die Verfügungen vom 31. März und 9. April
2014 seien aufzuheben und es sei ihm weiterhin eine volle (recte: ganze)
Invalidenrente auszurichten; eventualiter seien ihm weiterhin
Eingliederungsmassnahmen unter Fortzahlung der bisherigen Invalidenrente zu
gewähren.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz, auf Rüge hin oder von Amtes wegen, berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs.
1 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_658/2014 vom 11. Februar 2015 E. 1.1).

1.2. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung
(vgl. Urteil 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 1). Dem kantonalen
Versicherungsgericht steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein
erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das
Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen
missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche
Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E.
2.1 S. 211; zum Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen).
Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in
der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261).
Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II
244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis; Urteil 9C_658/2014 vom 11. Februar 2015 E. 1.2).

2.

2.1. Die Vorinstanz hat offengelassen, ob sich der Invaliditätsgrad seit der
Verfügung vom 19. Juli 1991 erheblich geändert hat (Art. 17 Abs. 1 ATSG), wie
die Beschwerdegegnerin aufgrund einer Verbesserung des Gesundheitszustandes
annahm, da nach ihrer Auffassung die Zusprechung der ganzen Rente zweifellos
unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen Sinne gewesen war (Art. 53 Abs. 2 ATSG;
BGE 125 V 368 E. 2 S. 369). Der Beschwerdeführer erachtet dieses Vorgehen im
konkreten Fall nicht als zulässig. Was er dazu vorträgt, ist indessen nicht
stichhaltig:

2.2.

2.2.1. Vorab hat sich die Vorinstanz nicht über die - im Kontext zu beachtende
(BGE 138 V 147 E. 2.1 S. 149) - damalige Gerichts- und Verwaltungspraxis zum
Vorrang der SUVA (und der Militärversicherung) bei der Feststellung der
Invalidität gegenüber der Invaliditätsschätzung in der Invalidenversicherung
mit Bezug auf den gleichen Gesundheitsschaden (BGE 119 V 468 E. 2a S. 470 f.;
106 V 86 E. 2b S. 88) hinweggesetzt. Die Verfügung, womit der Unfallversicherer
eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zusprach,
erging erst am 19. Juni 1992, also elf Monate nach derjenigen der damals
zuständigen kantonalen Ausgleichskasse. Diese stützte sich bei ihrem Entscheid,
wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig und damit für das
Bundesgericht verbindlich festgestellt hat (E. 1.1), auf die bis zum
Präsidialbeschluss der kantonalen IV-Kommission vom 14. Mai 1991 erstellten
Berichte im UV-Verfahren. In diesem Zeitpunkt hatte die SUVA jedoch noch keine
abschliessende Beurteilung vorgenommen.

2.2.2. Unbestritten ist sodann, dass der Grundsatz " (Wieder-) Eingliederung
vor Rente" bereits im Zeitpunkt der Rentenzusprache am 19. Juli 1991 galt (EVGE
1962 41 E. 1 S. 45 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien ["travaux
préparatoires"]; 1965 47 E. 2 S. 49; Alfred Maurer, Schweizerisches
Sozialversicherungsrecht, Band II: Besonderer Teil [Sozialversicherungszweige],
1981, S. 198). Dieses Prinzip ist im Rahmen der 5. IV-Revision (Bundesgesetz
vom 6. Oktober 2006; AS 2007 5129 ff.) gesetzlich noch stärker verankert worden
(Urteil 9C_99/2010 vom 6. Dezember 2010 E. 3.1), was etwa darin zum Ausdruck
kommt, dass nunmehr jede Massnahme, die der Eingliederung ins Erwerbsleben
dient, grundsätzlich zumutbar ist, die Beweislast für das Gegenteil mithin neu
bei der versicherten Person liegt (Urteil 8C_830/2012 vom 13. März 2013 E.
2.2). Soweit damals der Grundsatz des Vorranges der Eingliederung gegenüber der
Rente nicht in der in den Worten des Beschwerdeführers "heutzutage
praktizierten absolut rigiden Art" angewendet worden sein sollte, ergibt sich
daraus nichts zu seinen Gunsten. Eine allenfalls zu large Praxis bei der
Anwendung einer gesetzlichen Regelung oder wie hier eines Prinzips von
Gesetzesrang ist unter wiedererwägungsrechtlichem Gesichtspunkt ohne Bedeutung.

Im Sinne des Vorstehenden ist auch der Einwand unbehelflich, die Frage, ob eine
versicherte Person im invaliden Zustand für eine leidensadaptierte Tätigkeit
noch eine Stelle finde, sei vor 25 Jahren anders beurteilt worden als heute.
Der damalige aArt. 28 Abs. 2 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Fassung) bestimmte, dass für die Bemessung der Invalidität das
Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach
Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare
Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung
gesetzt wird zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht
invalid geworden wäre. In gleichem Sinne lautet der seit 1. Januar 2003 in
Kraft stehende, kraft Art. 1 Abs. 1 IVG und Art. 2 ATSG auch im Bereich der
Invalidenversicherung anwendbare Art. 16 ATSG. Wie bereits früher ist nicht der
konkrete, sondern der ausgeglichene Arbeitsmarkt (vgl. dazu BGE 134 V 64 E.
4.2.1 S. 70) für das ohne Behinderung zumutbarerweise erzielbare (Invaliden-)
Einkommen massgebend. Das Vorbringen, es sei vor 25 Jahren die gängige gelebte
Praxis gewesen, dass eine Invalidenrente zugesprochen worden sei, wenn die
Ärzte annahmen, dass beim Versicherten eine Wiedereingliederung auf dem realen
Arbeitsmarkt scheitern würde, bleibt nicht nur unbelegt, sondern widerspricht
auch der schon damals grundsätzlich als gesetzwidrig betrachteten Gleichsetzung
von Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit (BGE 117 V 8 E. 2c/aa S. 17 f.; 114 V 310
E. 3c S. 314; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 89/90 vom 17. Juni 1991
E. 3b, in: RKUV 1991 Nr. U 130 S. 270).

2.2.3. Im Weitern hat das Bundesgericht in BGE 140 V 514 entschieden, die
Wiedererwägung zweifellos unrichtiger Verfügungen und Einspracheentscheide nach
Art. 53 Abs. 2 ATSG sei grundsätzlich auch mehr als zehn Jahre nach deren
Erlass zulässig. Im konkret beurteilten Fall lag die Rentenzusprechung "nur"
elf Jahre zurück, wie der Beschwerdeführer richtig vorbringt. Indessen ergeben
sich aus der Begründung keine Hinweise, dass sich bei einer längeren Dauer von
beispielsweise mehr als zwanzig Jahren und gutgläubigem Leistungsbezug, wie im
vorliegenden Fall, eine andere Lösung aufdrängen könnte und die Wiedererwägung
auszuschliessen wäre. Wie das Bundesgericht in E. 3.5 erwogen hat, wäre es
schwierig zu rechtfertigen, wenn einer versicherten Person für die Zukunft eine
zweifellos geschuldete Leistung verweigert oder eine zweifellos nicht
geschuldete Leistung weiterhin ausbezahlt würde, nur weil der Fehler der
Verwaltung schon Jahre zurückliegt. Zwar mag es zutreffen, dass eine
versicherten Person, welche über viele Jahre ungerechtfertigt, aber gutgläubig
eine Invalidenrente bezogen hat, nunmehr rein faktisch auf Schwierigkeiten
stossen wird, sich in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Auf ähnliche
Schwierigkeiten wird indessen auch eine versicherte Person treffen, deren
Gesundheitszustand sich nach vielen Jahren erheblich verbessert hat und deren
Rente im Revisionsverfahren nach Art. 17 Abs. 1 ATSG aufgehoben wird. Es
besteht kein Grund, die Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG in diesem Punkt
anders zu behandeln als die Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG, welche - nach
dem in BGE 140 V 514 E. 3.3 S. 517 in fine Gesagten - jederzeit und unabhängig
davon möglich ist, wie viel Zeit seit dem Erlass der anzupassenden Verfügung
vergangen ist (vgl. etwa Urteil 9C_474/2013 vom 20. Februar 2014 [Bezugsdauer
von mehr als zwanzig Jahren]).

Nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers ergibt sich aus lit. a Abs. 1 und 4 der
Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision,
erstes Massnahmenpaket; AS 2011 5659 ff.). Diese Regelung betrifft Renten, die
bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne
nachweisbare organische Grundlage zugesprochen wurden (vgl. BGE 140 V 197) und
daher innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Änderung zu überprüfen
sind, ausgenommen bei einer Bezugsdauer von mehr als 15 Jahren im Zeitpunkt der
Einleitung der Überprüfung. Weder Wortlaut noch Normzweck sprechen für eine
sinngemässe Anwendung auf Renten, und zwar ungeachtet des Gesundheitsschadens
und der Gutgläubigkeit des Leistungsbezugs, deren wiedererwägungsweise
Herabsetzung oder Aufhebung in Frage steht (vgl. Urteil 9C_121/2014 vom 3.
September 2014 E. 3.2, in: SVR 2014 IV Nr. 39 S. 137, bei einer
fehlgeschlagenen Anwendung von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen vom 18.
März 2011).

3.

3.1. Sind die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung erfüllt, sind die
Anspruchsberechtigung und allenfalls der Umfang des Anspruchs pro futuro auf
der Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts zu
prüfen (Urteil 8C_114/2015 vom 6. Mai 2015 E. 5.1 mit Hinweis; vgl. auch Urteil
8C_680/2014 vom 16. März 2015 E. 5.1). Die Vorinstanz hat durch
Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG i.V.m. Art. 28a IVG) gestützt auf das
Administrativgutachten vom 15. Februar 2013, dessen Beweiswert nicht bestritten
ist, einen Invaliditätsgrad von 44 % ([[Fr. 78'631.80 - Fr. 43'647.70]/Fr.
78'631.80] x 100 %) ermittelt, was ab 1. Mai 2014 Anspruch auf eine
Viertelsrente gibt (Art. 28 Abs. 2 IVG).

3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet das Valideneinkommen (Fr. 78'631.80). Mit
seinen Vorbringen vermag er indessen nicht aufzuzeigen, inwiefern die
Vorinstanz den diesbezüglich rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich
unrichtig festgestellt und die Beweise willkürlich gewürdigt hat (vorne E. 1;
BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Insbesondere macht er nicht geltend, die Angaben
im Fragebogen für den Arbeitgeber vom 4. Februar 1991, worauf das kantonale
Versicherungsgericht abgestellt hat, seien unzutreffend.

Mit Bezug auf das auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen
2010 des Bundesamtes für Statistik ermittelte Invalideneinkommen (Fr.
43'647.70; grundlegend BGE 124 V 321) rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz
habe zu Unrecht keinen leidensbedingten Abzug nach BGE 126 V 75 vorgenommen.
Was er zur Begründung vorbringt, sticht jedoch nicht. Insbesondere finden sich
in diesen statistischen Lohnerhebung keine Hinweise, dass im Anforderungsniveau
4 körperlich schwere (re) Tätigkeiten besser entlöhnt würden als leichte
(Urteil 9C_848/2014 vom 29. April 2015 E. 4.3.2). Andere Gründe, die einen
Abzug auch unter einem anderen Gesichtspunkt rechtfertigen könnten, werden
nicht vorgebracht.

Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung ist somit nicht zu beanstanden.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat die ebenfalls angefochtene Einstellung der
Eingliederungsmassnahme "Arbeitstraining" mit der Begründung bestätigt, der
Beschwerdeführer habe nach korrekt durchgeführtem Mahn- und Bedenkzeitverfahren
(Art. 21 Abs. 4 ATSG) seine Mitwirkungspflichten im Sinne von Art. 43 Abs. 3
ATSG in unentschuldbarer Weise verletzt. Im Wissen um die Konsequenzen
(Verneinung des Anspruchs auf eine berufliche Angewöhnungszeit, Herabsetzung
der ganzen Rente für die Zukunft) habe er es aus subjektiven gesundheitlichen
Gründen abgelehnt, das Arbeitstraining zwecks Steigerung der Präsenzzeit für
weitere drei Monate in einer anderen Durchführungsstelle fortzusetzen.

4.2. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers hatte ihn die
Beschwerdegegnerin zweimal schriftlich auf die Folgen einer Ablehnung des
Arbeitstrainings, u.a. Herabsetzung der Invalidenrente für die Zukunft, ohne
stichhaltige Gründe aufmerksam gemacht (Schreiben vom 8. März und 19. April
2013). Die Rüge, es sei kein Mahn und Bedenkzeitverfahren eröffnet worden, ist
somit unbegründet. Weiter steht fest, dass der Beschwerdeführer das
Arbeitstraining aus gesundheitlichen Gründen nicht fortsetzen wollte. Soweit er
geltend macht, sein Verhalten sei nicht Ausdruck fehlenden
Eingliederungswillens, sondern die vorgesehenen Massnahmen seien wegen
Überforderung unzumutbar gewesen, übt er vorab unzulässige appellatorische
Kritik an der Feststellung der Vorinstanz, dass nach dem beweiskräftigen
Administrativgutachten vom 15. Februar 2013 eine Arbeitsfähigkeit von 70 %
(Präsenzzeit von 100 % bei einer Leistungsverminderung von 30 %) in angepasster
Tätigkeit bestehe. Dem ist in Entgegnung auf die Vorbringen in der Beschwerde
beizufügen, dass gemäss dem Abschlussbericht Integration vom 28. Januar 2014
ein stufenweiser Aufbau der Präsenz vorgesehen war (2 Wochen mindestens 6, 2
Wochen mindestens 7, danach 8 Stunden). Sodann berücksichtigten die Experten
bei ihrer Einschätzung der Arbeitsfähigkeit auch die otoneurologischen Befunde
und die Diagnose einer zentralen Vestibulopathie im HNO-Teilgutachten vom 28.
November 2012. Unter diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, dass die
Vorinstanz implizit objektive Gründe verneint hat, die den Beschwerdeführer
berechtigt hätten, die Weiterführung eines Arbeitstrainings als
Eingliederungsmassnahme abzulehnen (Urteil I 744/06 vom 30. März 2007 E. 3.1,
in: SVR 2007 IV Nr. 34 S. 120). Ausser Frage steht, dass subjektive
Eingliederungsfähigkeit Voraussetzung ist für die (weitere) Gewährung von
Eingliederungsmassnahmen (Urteil 9C_474/2013 vom 20. Februar 2014 E. 6.3).

5. 
Zusammenfassend ist die Herabsetzung der ganzen Rente auf eine Viertelsrente
zum 1. Mai 2014 auch unter dem Eingliederungsgesichtspunkt nicht
bundesrechtswidrig, ebenso nicht die Einstellung der Eingliederungsmassnahme
"Arbeitstraining". Die Beschwerde ist unbegründet. Mit Bezug auf die beantragte
Fortführung des Arbeitstrainings - mit einer realistischeren Zielsetzung und
unter Berücksichtigung allfälliger weiterer gesundheitlicher
Beeinträchtigungen, wie der Beschwerdeführer vorbringt - fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung (BGE 125 V
413 E. 1a S. 414).

6. 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer grundsätzlich
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und Verbeiständung; Art. 64 Abs. 1
und 2 BGG) kann jedoch entsprochen werden (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird
indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach er der
Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist.
 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren
wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwältin Barbara Lind
als Rechtsbeistand beigegeben.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwältin Barbara Lind wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von
Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Futura, Berufliche Vorsorge, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Juli 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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