Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 104/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_104/2015

Urteil vom 3. Juli 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Williner.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch den Rechtsdienst Integration Handicap,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 23. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1967 geborene A.________, gelernte Köchin, Mutter zweier 1997 und 1999
geborener Kinder, meldete sich im Mai 2003 unter anderem wegen einer Multiplen
Sklerose bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom
27. November 2003 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Zürich ab dem 1.
November 2002 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu (Invaliditätsgrad
56 %). Dieser Rentenanspruch wurde anlässlich zweier Revisionsverfahren im
Jahre 2004 (Mitteilungen vom 13. Februar und vom 6. Dezember 2004) bestätigt.

A.b. Im März 2006 machte A.________ eine Verschlechterung ihres
Gesundheitszustandes geltend. Die IV-Stelle veranlasste im Rahmen eines
neuerlichen Revisionsverfahrens eine polydisziplinäre
(psychiatrisch-neurologisch-kardiologische) Begutachtung in der Medizinischen
Abklärungsstelle (MEDAS) und hob die Rente gestützt auf das Gutachten vom 30.
April 2008 mit Verfügung vom 22. Januar 2009 auf (Invaliditätsgrad 34 %). Die
dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 18. November 2011 in dem Sinne gut, als es die Sache
an die IV-Stelle zur ergänzenden Abklärung zurückwies.

A.c. Die IV-Stelle führte erneut medizinische und erwerbliche Abklärungen
durch, namentlich veranlasste sie eine bidisziplinäre Begutachtung bei Dr.
phil. B.________, Fachpsychologe für Neuropsychologie FSP,
(neuropsychologisches Gutachten vom 13. April 2012) und bei Dr. med.
C.________, FMH Neurologie, (neurologisches Gutachten mit interdisziplinärer
Beurteilung vom 4. Juni 2012) sowie eine Abklärung der beeinträchtigten
Arbeitsfähigkeit in Beruf und Haushalt (Bericht vom 11. September 2012). Die
IV-Stelle ermittelte einen Gesamtinvaliditätsgrad von 48 % (44.53 % im
Erwerbsbereich und 3.52 % im Haushalt) und reduzierte die bisher ausgerichtete
halbe Rente ab dem ersten Tag des zweiten der Zustellung der Verfügung
folgenden Monats auf eine Viertelsrente (Vorbescheid vom 22. Oktober 2012 und
Verfügung vom 22. Januar 2013).

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 23. Dezember 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei ihr eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung
zuzusprechen; eventuell sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit
diese nach durchgeführten Abklärungen erneut über den Rentenanspruch
entscheide.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine
Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn
sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1).
Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil
9C_431/2013 vom 12. August 2013 E. 1.2.1).

2. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen zu den Begriffen
der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und
der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28
Abs. 2 IVG) sowie zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei teilerwerbstätigen
Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 28a Abs. 3 in Verbindung mit
Abs. 2 IVG sowie Art. 16 ATSG; BGE 137 V 334 E. 3.1.3 S. 338) zutreffend
dargelegt. Gleiches gilt für die Ausführungen zur Rentenrevision (Art. 17 Abs.
1 ATSG; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132) und zum revisionsrechtlich massgebenden
Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114). Darauf wird verwiesen.

3. 
Unbestritten ist der massgebliche Vergleichszeitpunkt für die Frage nach einer
Veränderung des Sachverhalts (Mitteilung vom 6. Dezember 2004). Einigkeit
besteht weiter, dass die Beschwerdeführerin ab August 2012 als
Teilerwerbstätige mit einem ausserhäuslichen Erwerbspensum von 80 % zu
qualifizieren ist (bisher 50 %) und eine Adaption an die Leiden zumindest im
Umfang des mittlerweile geleisteten Arbeitspensums von 18 % eingetreten ist.
Zu prüfen bleibt damit, ob sich der Invaliditätsgrad der Beschwerdeführerin im
massgebenden Vergleichszeitraum zwischen der Mitteilung vom 6. Dezember 2004
und der Verfügung vom 22. Januar 2013in revisionsrechtlich erheblicher Weise
verändert hat.

4.

4.1. Wie das kantonale Gericht zu Recht erwogen hat, stellen die - zumindest im
Umfang des tatsächlich geleisteten Arbeitspensums von 18 % - nicht streitige
Adaption an die Leiden und die ebenso unbestrittene Erhöhung des hypothetischen
Umfangs der im Gesundheitsfall ausgeübten Erwerbstätigkeit von 50 % auf 80 %
wesentliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen dar, welche geeignet
sind, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen (BGE
134 V 131 E. 3 S. 132). Demzufolge liegt ein Revisiongsgrund im Sinne von Art.
17 Abs. 1 ATSG vor, und der Rentenanspruch ist in rechtlicher und tatsächlicher
Hinsicht allseitig zu prüfen (BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; Urteil 9C_378/2014
vom 21. Oktober 2014).

4.2. Im Rahmen dieser allseitigen Prüfung gelangte die Vorinstanz gestützt
insbesondere auf die bidisziplinäre Expertise der Dres. med. C.________ und
phil. B.________ vom 4. Juni 2012 zum Schluss, die Beschwerdeführerin sei in
einer angepassten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig, wobei nicht mehr von einer
Unverwertbarkeit der Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen
sei. Das kantonale Gericht begründete die nunmehr anzunehmende Verwertbarkeit
der Restarbeitsfähigkeit im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin
trotz ihrer Einschränkungen und trotz des Erfordernisses einer möglichst freien
Zeiteinteilung bereits zweimal eine Anstellung gefunden habe und sie im
Zeitpunkt der Verfügung vom 22. Januar 2013 bereits im vierten Jahr bei der
Kirche D.________ angestellt sei. Damit zeige sich, dass eine Adaption an die
Beschwerden eingetreten sei.

4.3. Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, was diese auf konkreter
Beweiswürdigung beruhenden und damit für das Bundesgericht verbindlichen (vgl.
E. 1 hievor) vorinstanzlichen Feststellungen als offensichtlich unrichtig oder
sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen liessen. Dies hat insbesondere auch für
die hier nicht auf die allgemeine Lebenserfahrung, sondern auf die konkreten
Gegebenheiten des vorliegenden Falles abgestützte Feststellung zu gelten, die
Beschwerdeführerin könne ihre Restarbeitsfähigkeit von 50 % auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt verwerten.
Daran vermögen die Rügen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern:

4.3.1. Insoweit die Beschwerdeführerin einwendet, im Rahmen der ursprünglichen
Rentenzusprache sei rechtsverbindlich entschieden worden, dass die verbleibende
Restarbeitsfähigkeit von 50 % auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht mehr
verwertbar sei, verkennt sie, dass der Rentenanspruch bei Vorliegen eines
Revisionsgrundes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht allseitig, d.h.
unter Berücksichtigung des gesamten für die Leistungsberechtigung
ausschlaggebenden Tatsachenspektrums und ohne Bindung an frühere
Invaliditätsschätzungen zu prüfen ist (vgl. E. 4.1 hievor).

4.3.2. Die Beschwerdeführerin wendet weiter ein, die Annahme des kantonalen
Gerichts, sie könne ihre Restarbeitsfähigkeit im Umfang von 50 % verwerten,
gründe auf einer willkürlichen Beweiswürdigung. Eine Beweiswürdigung ist nicht
schon dann willkürlich, wenn gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung der
Beschwerdeführerin übereinstimmen oder wenn eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene, sondern bloss,
wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig ist (vgl. E. 1 hievor). Davon
kann hier nicht die Rede sein. So ist - zumindest unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür - der vorinstanzliche Schluss nicht zu beanstanden,
die Beschwerdeführerin könne ihre Restarbeitsfähigkeit in Höhe von 50 % unter
Berücksichtigung der bekannten Einschränkungen vollumfänglich, d.h. auch über
die bereits tatsächlich geleisteten 18 % hinaus, verwerten. Gegenteiliges
vermag sie nicht genüglich darzulegen. Ihre Rügen beschränken sich im
Wesentlichen erneut darauf, einen Vergleich mit früheren, der ursprünglichen
Rentenzusprache bzw. deren folgenlosen Revisionen zu Grunde gelegenen
Einschätzungen zu ziehen. Diesbezüglich kann auf das bereits Gesagte verwiesen
werden (vgl. E. 4.3.1 hievor). Darüber hinaus beruhte die der ursprünglichen
Rentenzusprache zu Grunde gelegene Annahme einer Unverwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit wesentlich auf der Stellungnahme der Berufsberaterin der
IV-Stelle. Diese hatte gestützt auf ein Standortgespräch im Bericht vom 20.
Oktober 2003 festgehalten, die Beschwerdeführerin fühle sich nicht mehr
arbeitsfähig bzw. glaube nicht daran, dass es einen für sie geeigneten
Arbeitsplatz geben würde; aus berufsberaterischer Sicht könne dem nur
zugestimmt werden. Dass die Vorinstanz auf diese vor über 10 Jahren aus
berufsberaterischer Sicht getätigte Einschätzung nicht mehr abgestellt hat,
gibt in Anbetracht der mittlerweile wesentlich veränderten tatsächlichen
Umstände mit mehrjähriger Berufstätigkeit und unter Berücksichtigung der
beschränkten Prüfungsbefugnis keinen Anlass zu Kritik. Andere Hinweise auf eine
Unverwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit ergeben sich weder aus dem
bidisziplinären Gutachten der Dres. med. C.________ und phil. B.________ vom 4.
Juni 2012 noch aus den übrigen im Rahmen des Revisionsverfahrens eingeholten
Akten.

5. 
Zu der Invaliditätsbemessung des kantonalen Gerichts wendet die
Beschwerdeführerin ein, als Invalideneinkommen sei das tatsächlich erzielte
Einkommen (im Rahmen von 18 % Erwerbstätigkeit) heranzuziehen. Diese Rüge
beruht auf der unzutreffenden Annahme (vgl. E. 4.2 f. hievor) einer
vollständigen Ausschöpfung der Restarbeitsfähigkeit (von 50 %), weshalb sich
Weiterungen dazu erübrigen. Nachdem die konkrete Invaliditätsbemessung darüber
hinaus nicht gerügt wird, besteht diesbezüglich kein Grund zu einer näheren
Prüfung.
Nach dem Gesagten hat es mit der von der IV-Stelle verfügten, vorinstanzlich
bestätigten Reduktion der Rente sein Bewenden, und es erübrigen sich weitere
Abklärungen zum Umfang der noch verwertbaren Arbeitsfähigkeit, wie sie von der
Beschwerdeführerin beantragt werden. Die Beschwerde ist abzuweisen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Juli 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Williner

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