Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.92/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_92/2015

Urteil vom 22. April 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Aebischer,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 15. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1962 geborene A.________ arbeitete als Maschinenführerin bei der Firma
B.________ AG in C.________. Sie meldete sich am 13. Dezember 2007 wegen
Kniebeschwerden und psychischen Problemen bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen nahm Abklärungen über
den Gesundheitszustand der Versicherten vor und holte unter anderem beim
Zentrum Klinik D.________ ein interdisziplinäres,
rheumatologisch-psychiatrisches Gutachten vom 28. April 2009 ein. Gestützt auf
die daraus gewonnenen Erkenntnisse sprach die IV-Stelle A.________ mit
Verfügungen vom 23./24. Dezember 2009 ab dem 1. November 2007 eine halbe
Invalidenrente zu. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons St. Gallen hob
diese in Gutheissung der gegen die Verfügungen geführten Beschwerde mit
Entscheid vom 26. September 2011 in dem Sinne auf, als es die Sache zur
weiteren Abklärung des Sachverhalts und zur neuen Verfügung an die Verwaltung
zurückwies.

A.b. Die IV-Stelle holte in der Folge beim Zentrum E.________ eine
polydisziplinäre Expertise vom 20. Juni 2012 ein. Mit Verfügung vom 24. Oktober
2012 verneinte die IV-Stelle bei einem aufgrund des Gutachtens des Zentrums
E.________ ermittelten Invaliditätsgrad von 20 % einen Rentenanspruch.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 15. Dezember 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei ihr in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides
mindestens eine Dreiviertelsrente auszurichten, eventuell sei die Sache zu
weiteren Abklärungen und neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Des weiteren ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. Am 27. März 2015 reicht A.________
den Erhebungsbogen für die unentgeltliche Rechtspflege und weitere Unterlagen
zum Nachweis ihrer Bedürftigkeit ein.
Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 BGG).

Dem Sachgericht steht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf
Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere
offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder
solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum
Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 mit Hinweisen S. 5). Inwiefern das
kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde
klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend
begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E.
2.2 mit Hinweis S. 246).

2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente.

Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2
IVG) und die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG in
Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG; BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348; 128 V 29 E. 1
S. 30) sowie zur Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten im Rahmen der
Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261) und zum Beweiswert
medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 

3.1. Die Vorinstanz stellte gestützt auf das als überzeugend qualifizierte
Gutachten des Zentrums E.________ fest, aus rheumatologischer Sicht bestehe in
einer angepassten, das heisst vorwiegend sitzenden, aber auch
wechselbelastenden leichten bis mittelschweren Tätigkeit keine Einschränkung in
der Arbeitsfähigkeit. Es sei zudem mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen, dass die vom psychiatrischen Gutachter des Zentrums E.________
schlüssig bescheinigte Arbeitsunfähigkeit von 20 % auch für die zurückliegende
Zeit gelte.

3.2. Die Versicherte macht geltend, die Vorinstanz habe die
Beweiswürdigungsregel von Art. 61 ATSG verletzt. Sie rügt insbesondere die
vorinstanzliche Würdigung des Gutachtens des Zentrums E.________. Es sei nicht
berücksichtigt worden, dass der Wechsel der Körperposition zwar nur kurze, aber
doch häufige Pausen erfordere, was mit einer vollen Arbeitsfähigkeit nicht
vereinbar sei. Der erhöhte Pausenbedarf sei zu der psychiatrisch begründeten
20%igen Einschränkung hinzuzuzählen, da diese durch die körperliche
Beeinträchtigung akzentuiert würde. Die gutachterliche Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit stehe im Widerspruch zu derjenigen der behandelnden Ärzte.
Zudem sei das Invalideneinkommen unter Berücksichtigung eines sogenannten
leidensbedingten Abzuges von 20 % festzusetzen.

4. 

4.1. Die Tatsachenfeststellungen des kantonalen Gerichts, namentlich die aus
den medizinischen Akten gewonnene Erkenntnis, wonach eine Arbeits- und
Leistungsfähigkeit in einer körperlich angepassten Tätigkeit von 80 % besteht,
ist im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich. Im Rahmen der
eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe
des Bundesgerichts, die schon im vorinstanzlichen Verfahren im Recht gelegenen
medizinischen Berichte neu zu würdigen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts hinsichtlich der medizinisch
begründeten Einschränkung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
gesundheitlicher Einschränkungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.
Die Kritik der Beschwerdeführerin am Gutachten betrifft die vorinstanzliche
Beweiswürdigung. Die entsprechenden Vorbringen sind nicht geeignet, eine
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG als erstellt oder die vorinstanzliche
Feststellung des Sachverhalts als mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und
Art. 105 Abs. 2 BGG erscheinen zu lassen.

4.2. Entgegen der beschwerdeführerischen Darstellung hat sich das kantonale
Gericht mit der schon vorinstanzlich vorgebrachten Rüge, im Gutachten des
Zentrums E.________ sei die Arbeitsfähigkeit aus rheumatologischer Sicht zu
hoch bemessen, eingehend auseinandergesetzt und begründet, weshalb auf das
Gutachten abzustellen sei. Das gleiche gilt hinsichtlich des psychiatrischen
Teils des Gutachtens. Die Vorinstanz setzt sich nicht nur mit dem von der
Beschwerdeführerin gegen das Gutachten des Zentrums E.________ Vorgebrachten
ausführlich auseinander, sondern legt auch dar, weshalb die im Gutachten
gemachte medizinische Beurteilung überzeugender ist als die Einschätzungen der
behandelnden psychiatrischen Fachpersonen. Inwiefern das kantonale Gericht bei
der Beweiswürdigung seinen Ermessensspielraum missbraucht, offensichtlich
unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich
ausser Acht gelassen haben soll (E. 1 hievor), ist nicht ersichtlich.

4.3. Hat die Vorinstanz gestützt auf das beweiskräftige Gutachten des Zentrums
E.________ ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder des
Willkürverbotes mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einzig
eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Umfang von 20% festgestellt, ist
nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht mit angefochtenem Entscheid
einen Rentenanspruch mangels anspruchsbegründender Invalidität verneint und im
Ergebnis die Verfügung der IV-Stelle vom 24. Oktober 2012 bestätigt hat. Wie
das kantonale Gericht bereits ausführte, würde ein solcher auch nicht bestehen,
wenn vom Invalideneinkommen ein Abzug von 20 % vorgenommen würde, wie ihn die
Beschwerdeführerin fordert.

5. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem für das bundesgerichtliche Verfahren
gestellten Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Befreiung von
den Gerichtskosten und unentgeltliche Verbeiständung) kann mangels
Bedürftigkeit nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 128 I 225 E.
2.5 S. 232 mit Hinweisen; SVR 2010 IV Nr. 10 S. 31, 9C_13/2009 E. 8.2). Wie dem
eingeholten "Erhebungsbogen für die unentgeltliche Rechtspflege" zu entnehmen
ist, steht dem Ehepaar ein monatliches Einkommen von Fr. 5'657.85 zur Verfügung
(inkl. Prämienverbilligung und Haushaltsbeitrag des erwachsenen Sohnes). Dem
steht der prozessuale Notbedarf von Fr. 5'155.40 (Grundbetrag Ehepaar von Fr.
1'700.- und der sich in Ausbildung befindenden Tochter von Fr. 600.-; Zuschlag
von 20 % zum Grundbetrag Fr. 460.-; Mietzins Fr. 1'471.-; Krankenkassenprämien
aus dem KVG-Obligatorium Fr. 624.40; Steuern Fr. 300.-) gegenüber. Aus dem
Vergleich des Einkommens mit dem Notbedarf resultiert ein Überschuss von
monatlich Fr. 502.45, was ihr erlaubt, die Kosten für den Prozess innert
Jahresfrist zu tilgen (Pra 2006 Nr. 143 S. 987, Urteil 8C_758/2009 vom 12.
Februar 2010 E. 4 mit Hinweis).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. April 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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