Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.815/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_815/2015

Urteil vom 8. April 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominique Chopard,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente; Valideneinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 8. September 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1949 geborene A.________ war seit 4. Februar 1988 als Fugenspezialist
bei der B.________ AG tätig und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen und
Berufskrankheiten versichert. Mit Schadenmeldung UVG vom 7. März 2008 wurde der
SUVA mitgeteilt, der Versicherte leide an Hautveränderungen an den Händen. Die
SUVA erliess am 1. Dezember 2008 eine Nichteignungsverfügung bezüglich
Ausfugarbeiten und unterstellte A.________ der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
Sie kam für die Folgen der Berufskrankheit auf. Per 31. März 2009 wurde dem
Versicherten die Arbeitsstelle gekündigt.

A.b. Infolge Erkrankung an Lungenkrebs sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich
A.________ mit Verfügung vom 4. Mai 2011 ab 1. Februar 2011 eine ganze Rente
zu.

A.c. Die SUVA verneinte mit Verfügung vom 29. Mai 2013 den Anspruch auf eine
Invalidenrente der Unfallversicherung. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid
vom 17. April 2014 fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 8. September 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihm sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheids ab 1. Mai 2013
eine Invalidenrente zuzusprechen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Das
Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 236 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Der Beschwerdeführer leidet unbestrittenermassen an einem als Berufskrankheit
anerkannten Handekzem, welches ihm die Ausübung der bisherigen beruflichen
Tätigkeit als Fugenspezialist nicht mehr erlaubt. Für Tätigkeiten ohne starke
mechanische Belastungen der Hände und ohne Exposition zu Wasser und zu
flüssigen oder festen Reizstoffen besteht indes eine 100%ige Arbeitsfähigkeit,
was ebenfalls nicht bestritten wird. Streitig und zu prüfen ist, ob der
Beschwerdeführer infolge der Berufskrankheit ab 1. Mai 2013 Anspruch auf eine
Invalidenrente aus der obligatorischen Unfallversicherung hat, und dabei
namentlich die Höhe des dem Einkommensvergleich zu Grunde gelegten
Valideneinkommens. Das anhand der Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für
Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) 2010
ermittelte, der Nominallohnentwicklung bis 2013 angepasste und um einen
leidensbedingten Abzug von 5 % gekürzte Invalideneinkommen in der Höhe von Fr.
59'708.- wird wiederum nicht bestritten.

3.

3.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen zu den Berufskrankheiten (Art.
9 UVG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18
Abs. 1 UVG) sowie zum Begriff der Invalidität (Art. 8 ATSG) und zur Ermittlung
des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.2. Der Bundesrat hat gestützt auf Art. 18 Abs. 2 UVG in Art. 28 Abs. 4 UVV -
wie der vorinstanzliche Entscheid aufzeigt - eine besondere Regelung für die
Ermittlung des Invaliditätsgrades bei Versicherten getroffen, welche die
Erwerbstätigkeit nach dem Unfall altershalber nicht mehr aufnehmen (Variante I)
oder bei denen sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der
Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit auswirkt (Variante II). In diesen Fällen
sind gemäss Art. 28 Abs. 4 UVV für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die
Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer
entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte. Damit wird bei der
Invaliditätsbemessung einerseits dem Umstand Rechnung getragen, dass nebst der
- grundsätzlich allein versicherten - unfallbedingten Invalidität auch das
vorgerückte Alter eine Ursache der Erwerbslosigkeit oder -unfähigkeit bildet.
Andererseits wird berücksichtigt, dass die Invalidenrenten der
Unfallversicherung bis zum Tod der Versicherten zur Ausrichtung gelangen (Art.
19 Abs. 2 UVG), wobei sie - in Abweichung von Art. 17 Abs. 1 ATSG - nach dem
Monat, in dem Männer das 65. und Frauen das 62. Altersjahr vollendet haben,
nicht mehr revidiert werden können (Art. 22 UVG; vgl. BGE 134 V 131). Mit Art.
28 Abs. 4 UVV soll demnach verhindert werden, dass bei älteren Versicherten zu
hohe Invaliditätsgrade resultieren und Dauerrenten zugesprochen werden, wo sie
mit Blick auf die unfallbedingte Invalidität eher die Funktion von Altersrenten
aufweisen (BGE 122 V 418 E. 3a S. 421 f. mit Hinweisen).

4.

4.1. Für die Ermittlung des beim Einkommensvergleich nach Art. 16 ATSG
heranzuziehenden hypothetischen Einkommens ohne Invalidität (Valideneinkommen)
stellten die SUVA und die Vorinstanz auf die Angaben der ehemaligen
Arbeitgeberin auf dem Fragebogen vom 21. Mai 2013 ab. Danach betrug der
monatliche Grundlohn für einen Mitarbeiter im mittleren Alter (40-42 Jahre) in
einem 100 %-Pensum in der gleichen Funktion wie der Beschwerdeführer in den
Jahren 2009 und 2010 Fr. 4'800.- zuzüglich einen 13. Monatslohn in gleicher
Höhe; in den Jahren 2011 bis 2013 Fr. 4'900.- zuzüglich einen 13. Monatslohn.
Gestützt auf diese Angaben wurde für das Jahr 2013 ein Valideneinkommen von Fr.
63'700.- ermittelt, was in Gegenüberstellung mit dem Invalideneinkommen von Fr.
59'708.- einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 6,27 % ergab.

4.2. Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, auf die Angaben
der Arbeitgeberin könne nicht abgestellt werden, da diese durch die Erwähnung
des vom Versicherten im Jahr 2008 erzielten Lohnes in der Anfrage beeinflusst
worden sei. Zudem macht er - wie bereits im kantonalen Verfahren - geltend,
aufgrund des allgemeinverbindlich erklärten Landesmantelvertrages (LMV) für das
Bauhauptgewerbe hätten mehrere zwingend zu gewährende Lohnerhöhungen
berücksichtigt werden müssen. Es sei daher gerechtfertigt, auch zur Bestimmung
des Valideneinkommens auf die LSE abzustellen, wodurch für das Jahr 2013 ein
Valideneinkommen von mindestens Fr. 75'000.- resultiere.

5.

5.1. Beim Valideneinkommen handelt es sich um eine hypothetische Grösse, indem
nicht auf den - unter Umständen schon länger zurückliegenden - zuletzt
tatsächlich erzielten Verdienst abzustellen ist, sondern darauf, was die
versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich
verdienen würde. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, der Teuerung und
der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es
empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne
Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre (BGE 139 V 28 E. 3.3.2 S. 30; 135 V
58 E. 3.1 S. 59; 134 V 322 E. 4.1 S. 325).

5.2. Der Beschwerdeführer war seit 1988 als Fugenspezialist bei der B.________
AG tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde per 31. März 2009 aufgelöst, da der
Versicherte seine Arbeit aufgrund der Berufskrankheit nicht mehr ausüben
konnte. Zu Recht sind SUVA und Vorinstanz davon ausgegangen, der
Beschwerdeführer hätte als Gesunder nach wie vor diese Tätigkeit ausgeübt. In
Anbetracht seines Alters haben sie - ebenfalls zu Recht - Art. 28 Abs. 4 UVV
angewendet, womit grundsätzlich das Einkommen massgebend ist, welches ein
Versicherter mittleren Alters im konkreten Betrieb hätte erzielen können. Im
Abstellen auf die diesbezüglichen Angaben der Arbeitgeberin liegt entgegen der
in der Beschwerde vorgebrachten Argumente nicht eine unrichtige Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts. Zunächst fehlen hinreichende Anhaltspunkte
dafür, dass die Arbeitgeberin bei der Angabe des mutmasslichen Lohnes für einen
Angestellten mittleren Alters in der Funktion des Beschwerdeführers beeinflusst
worden wäre. Selbst wenn sich jedoch die Angaben auf den mutmasslichen Lohn des
Beschwerdeführers statt einer Person mittleren Alters bezogen hätten, wäre dies
nicht zu dessen Nachteil erfolgt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein
jüngerer Mitarbeiter eher weniger verdient hätte als der kurz vor der
Pensionierung stehende Versicherte. Das Abstellen auf das Lohnniveau von
Mitarbeitern mittleren Alters entspricht jedoch dem Zweck der Sonderregelung
von Art. 28 Abs. 4 UVV, welche - wie in E. 3.2 hievor erwähnt - verhindern
soll, dass bei älteren Versicherten zu hohe Invaliditätsgrade resultieren. Aus
diesem Grund wäre die Ermittlung des Valideneinkommens anhand von
Tabellenlöhnen, wie es der Beschwerdeführer beantragt, nicht sachgerecht, hat
er doch nie ein Jahreseinkommen von Fr. 75'000.- erzielt, sondern hätte sein
jährliches Salär gemäss Angaben der Arbeitgeberin auch in den Jahren 2009 und
2010 nach wie vor Fr. 62'400.- betragen. Mit der bereits im kantonalen
Verfahren vorgebrachten Argumentation bezüglich Lohnerhöhungen gemäss LMV im
Bauhauptgewerbe schliesslich hat sich die Vorinstanz einlässlich
auseinandergesetzt; auf die entsprechenden Ausführungen kann verwiesen werden.

5.3. Zusammenfassend hat es beim angefochtenen Entscheid sein Bewenden.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer als
unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. April 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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