Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.798/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_798/2015

Urteil vom 18. März 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Cantieni,
Beschwerdeführer,

gegen

 SWICA Versicherungen AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 27. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Jg. 1957) wurde am 24. November 2011 als Fussgänger von einem
Personenwagen angefahren. Dabei zog er sich nebst Schürfungen an beiden Knien
Mehrfachprellungen an Kopf, der rechten Schulter, den Rippen vorne links, im
Gesicht und am rechten Fuss zu. Die SWICA Gesundheitsorganisation anerkannte
ihre Leistungspflicht als Unfallversicherer und erbrachte die gesetzlichen
Leistungen. Unter anderem gestützt auf ein von ihr am Begutachtungsinstitut
G.________ veranlasstes rheumatologisches Gutachten des Dr. med. B.________,
Facharzt für Rheumatologie und Innere Medizin FMH, vom 7. Juli 2013 mit
Beantwortung von Zusatzfragen am 28. März 2014 gelangte sie zum Schluss,
mangels natürlicher Unfallkausalität der noch geklagten Beschwerden bestehe
kein Leistungsanspruch gegenüber der Unfallversicherung mehr. Sie stellte die
bisher ausgerichteten Leistungen deshalb mit Verfügung vom 1. April 2014
rückwirkend auf den 30. November 2013 hin ein, woran sie mit
Einspracheentscheid vom 28. August 2014 festhielt.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 27. Mai 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde am Bundesgericht führen und nebst der Aufhebung des
angefochtenen kantonalen Entscheides die Rückweisung der Sache an den
Unfallversicherer zur Bestimmung seines Anspruches auf eine Invalidenrente ab
1. Dezember 2013 und eine Integritätsentschädigung beantragen; eventuell sei
die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese nach Einholung eines
medizinischen Obergutachtens neu entscheide oder aber - subeventuell - die
Adäquanzfrage beurteile.
Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Die SWICA sieht unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid
von einer Stellungnahme zur Sache ab, während das Bundesamt für Gesundheit auf
eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Es wendet das
Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft indessen - unter
Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten,
wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen, also auch
solche, die vor Bundesgericht nicht (mehr) aufgeworfen werden, zu untersuchen (
BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Leistungen der obligatorischen
Unfallversicherung aufgrund des als Unfall anerkannten Ereignisses vom 24.
November 2011 über den 30. November 2013 hinaus.

2.1. Die für die Beurteilung der umstrittenen Leistungspflicht des
Unfallversicherers massgebenden gesetzlichen und von der Rechtsprechung weiter
entwickelten Grundlagen hat das kantonale Gericht sowohl in materiell- als auch
in formell-, namentlich beweisrechtlicher Hinsicht zutreffend dargelegt. Es
betrifft dies unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen des natürlichen und -
kumulativ erforderlichen - adäquaten Kausalzusammenhanges zwischen versichertem
Unfallereignis und eingetretenem Schaden (BGE 129 V 177 E. 3 S. 181 ff. mit
Hinweisen), das im Laufe der Zeit mögliche Dahinfallen der Kausalität
unfallbedingter Faktoren und die diesfalls massgebliche Beweislage (vgl. RKUV
2000 Nr. U 363 S. 45 E. 2 mit Hinweis). Richtig sind hier namentlich die
Ausführungen über den im Sozialversicherungsrecht in aller Regel üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181
mit Hinweisen) sowie die nach der Rechtsprechung bei der beweismässigen
Auswertung medizinischer Berichte zu beachtenden Grundsätze (BGE 125 V 256 E. 4
S. 261 und 351 E. 3 S. 352 ff. mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

2.2. Unbestrittenermassen lag im Zeitpunkt der streitbetroffenen Verfügung vom
1. April 2014, mit der die Leistungen rückwirkend per 30. November 2013
eingestellt wurden, in gesundheitlicher Hinsicht ein Endzustand im Sinne von
Art. 19 Abs. 1 UVG vor. Von einer Fortsetzung der ärztlichen Behandlung war
keine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes mit Auswirkungen auf das
Leistungsvermögen mehr zu erwarten, sodass der Fall mit Einstellung der bisher
zur Ausrichtung gelangten vorübergehenden Leistungen (Heilbehandlung und
Taggelder) und Prüfung des Anspruches auf eine Invalidenrente und/oder eine
Integritätsentschädigung abgeschlossen werden konnte (BGE 134 V 109 E. 3.2 und
4.1 S. 113 f.). Laut den primär auf das Gutachten des Dr. med. B.________ vom
7. Juli 2013 gestützten Ausführungen des kantonalen Gerichtes konnte ein
psychisches Leiden mit Krankheitswert nicht festgestellt worden, sodass nur
noch in Zusammenhang mit der Halswirbelsäule (HWS) geltend gemachte
gesundheitliche Beeinträchtigungen zu beachten seien. Die persistierenden
Nackenschmerzen und die je nach Körperstellung fixierte Fehlhaltung des Kopfes
habe Dr. med. B.________ aufgrund der objektivierbaren strukturellen Befunde
als "schwierig nachvollziehbar" erachtet und deshalb eine wesentliche
nicht-organische Komponente im gesamten Beschwerdekomplex postuliert; er habe
die natürliche Unfallkausalität der persistierenden Schmerzen, der Fehlhaltung
des Kopfes und der Bewegungseinschränkungen der HWS nach mehr als eineinhalb
Jahren als unwahrscheinlich beziehungsweise höchstens noch möglicherweise
gegeben bezeichnet. Dieser ärztlichen Beurteilung hat sich das kantonale
Gericht angeschlossen, wobei es die Beweistauglichkeit, den Beweiswert der
Expertise des Dr. med. B.________ vom 7. Juli 2013 bejaht und die gegen dessen
Betrachtungsweise gerichteten Einwände des Beschwerdeführers mit ausführlicher
und überzeugender Begründung im Einzelnen verworfen hat. Insbesondere konnte es
weder aus den - zuhanden der IV-Stelle des Kantons Graubünden - erstatteten
psychiatrischen und internistisch-rheumatologischen Teilgutachten der Kliniken
C.________ vom 21.und 29. August 2013 noch aus den Berichten des Hausarztes Dr.
med. D.________ etwas zu Gunsten des Beschwerdeführers ableiten, zumal sich
zumindest Erstere gar nicht zur Frage nach der Unfallkausalität äussern.
Insofern bleibt auch bedeutungslos, wenn sich das kantonale Gericht nicht
eingehender mit den Ausführungen des Psychiaters Dr. E.________ befasst hat.

2.3. 

2.3.1. Zutreffend ist, dass beim Beschwerdeführer nach dem Ereignis vom 24.
November 2011 nebst einer eingeschränkten Beweglichkeit der HWS eine
Schiefhaltung des Kopfes (Torticollis) aufgetreten ist. Als deren Ursache war
gemäss den seinerzeitigen ärztlichen Beurteilungen unbestrittenermassen der
erlittene Unfall zu sehen. Wie das kantonale Gericht richtig festgestellt hat,
wurde eine solche vom Hausarzt Dr. med. D.________ allerdings auch schon in den
Jahren 1998 und 2001 erwähnt. Zumindest im Sinne einer Teilursache ist die
natürliche Unfallkausalität des Ereignisses vom 24. November 2011 von der SWICA
aber anerkannt worden. Dies allein stand einer erneuten Überprüfung der Frage,
ob dieser Unfall für die nach wie vor bestehenden körperlichen
Beeinträchtigungen ursächlich ist, indessen nicht entgegen. Dass die SWICA dazu
unter anderem das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 7. Juli 2013 erstellen
liess, lässt sich nicht beanstanden.

2.3.2. Die Frage nach der Unfallkausalität der Torticollis wie auch der
Beweglichkeitseinschränkung der HWS beantwortete dieser Facharzt in dem Sinne,
dass diese zwar nicht auszuschliessen sei, aber auch nicht mehr mit dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit bejaht werden könne; vielmehr
sei sie lediglich noch "möglicherweise gegeben". In Verbindung mit der weiteren
Aussage, dass die geklagten Beschwerden nicht mehr nachvollziehbar seien und
auch mit den Ergebnissen der durchgeführten Evaluation der funktionellen
Leistungsfähigkeit (EFL) in Einklang stünden, anlässlich welcher eine nicht
unwesentliche Selbstlimitierung aufgefallen ist, kann darin durchaus ein
Nachweis für das unterdessen erfolgte Dahinfallen der kausalen Bedeutung des
Unfalles vom 24. November 2011 für die noch vorhandene Körperschädigung
erblickt werden. Dass der Unfallversicherer - und mit ihm schliesslich auch das
kantonale Gericht - gestützt auf diese Hinweise des Dr. med. B.________ zum
Schluss gelangt ist, zufolge nunmehr nicht mehr ausgewiesener Unfallkausalität
bestünden keine Leistungsansprüche mehr, ist als Ergebnis einer Beweiswürdigung
auch vom Bundesgericht nicht als fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung zu
qualifizieren. Inwiefern die deswegen verfügte und im Einsprache- resp. im
kantonalen Beschwerdeverfahren bestätigte Leistungseinstellung rechtswidrig
sein könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die beanstandete Feststellung der
bestehenden Schädigung allein jedenfalls erlaubt noch keine Schlüsse auf deren
Kausalität.

2.3.3. Daran ändern die in der Beschwerdeschrift erfolgten Vergleiche mit
früheren Befunderhebungen etwa im Zentrum F.________ am 24. Juli 2012 oder des
Hausarztes Dr. med. D.________ vom 28. Januar 2013 nichts. Ebenso wenig kann
der Beschwerdeführer aus den Expertisen der Kliniken C.________ vom 21. und 29.
August 2013 etwas zu seinen Gunsten ableiten, haben sich die dortigen Ärzte
doch - wie erwähnt (E. 2.2 hievor) - gar nicht zur hier interessierenden Frage
nach der natürlichen Unfallkausalität geäussert. Die früheren ärztlichen
Beurteilungen schliessen ein späteres Dahinfallen der Unfallkausalität
jedenfalls nicht aus. Auch die vorinstanzliche Auffassung, wonach der Unfall
vom 24. November 2011 zu einer bloss vorübergehenden Verschlechterung der
HWS-Problematik geführt habe, welche nicht mehr anhält, sodass die
Unfallkausalität nunmehr dahingefallen ist, überzeugt. Soweit der
Beschwerdeführer argumentiert, das Beschwerdebild sei auch objektiv
ausgewiesen, ist festzuhalten, dass nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung aufgrund muskulärer Verspannungen nicht schon auf
Objektivierbarkeit eines Leidens geschlossen werden kann, erfordert eine solche
doch in aller Regel zumindest eine bildgebende Darstellung (BGE 138 V 248 E.
5.1 S. 251 mit Hinweisen). Was schliesslich die gegen die Begutachtung durch
Dr. med. B.________ gerichteten Einwände anbelangt, wonach der
Kinn-Sternum-Abstand nicht gemessen und Myogelosen ignoriert worden seien, kann
auf die Entgegnungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid sowie auf die am
28. März 2014 erfolgte Beantwortung von Zusatzfragen durch Dr. med. B.________
selbst verwiesen werden.

3. 
Nach dem Gesagten lässt sich die ursprünglich noch angenommene natürliche
Kausalität des Unfallereignisses vom 24. November 2011 nicht mehr als
überwiegend wahrscheinlich bezeichnen. Von der eventualiter beantragten
zusätzlichen Begutachtung sind diesbezüglich keine abweichenden Erkenntnisse zu
erwarten, weshalb davon - in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136 I 229 E.
5.3; 134 I 140 E. 5.3; 131 I 153 E. 3; 124 I 208 E. 4a, je mit Hinweisen) -
abzusehen ist. Fehlt es schon an der natürlichen Kausalität, braucht die für
Versicherungsleistungen kumulativ erforderliche Anspruchsvoraussetzung der
adäquaten Kausalität keine Prüfung mehr. Die Leistungseinstellung auf den 30.
November 2013 hin ist zu bestätigen. Die Beschwerde erweist sich als
unbegründet.

4. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4
lit. a BGG) vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. März 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben