Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.78/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_78/2015

Urteil vom 10. Juli 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons Solothurn,
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Fürsprecher Herbert Bracher,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente; Invalideneinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 9. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1963 geborene A.________ bezieht seit 1. Oktober 1998 wegen einer seit 1996
bestehenden Rheumaerkrankung bei einem Invaliditätsgrad von zunächst 82 %,
später von 100 % eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Nachdem die Rente
2002 und 2005 bestätigt wurde, hob die IV-Stelle des Kantons Solothurn nach
einem im Jahr 2010 eingeleiteten Revisionsverfahren mit Verfügung vom 4. Januar
2013 die zugesprochene ganze Rente wiedererwägungsweise auf und sprach dem
Versicherten ab 1. März 2013 eine Dreiviertelrente zu.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht
des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 9. Dezember 2014 gut und hob die
angefochtene Verfügung auf, da der Versicherte bei einem Invaliditätsgrad von
71 % weiterhin Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung habe.

C. 
Mit Beschwerde beantragt die IV-Stelle des Kantons Solothurn, es sei unter
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids ihre Verfügung vom 4. Januar 2013
zu bestätigen.
A.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen über die Erwerbsunfähigkeit
(Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 1 IVG), den
Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG; Art. 28a Abs. 1 IVG) und den Rentenanspruch
(Art. 28 Abs. 2 IVG), die Revision (Art. 17 ATSG), die Wiedererwägung (Art. 53
Abs. 2 ATSG) sowie zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
233 f.) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG im
bundesgerichtlichen Verfahren nur so weit vorgebracht werden, als erst der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind in Anwendung von
Art. 99 Abs. 2 BGG vor Bundesgericht unzulässig. Davon ausgenommen sind
Rechtsfragen. Die korrekte Anwendung der LSE-Tabellen ist eine Rechtsfrage,
welche vom Bundesgericht ohne Einschränkung der Kognition frei überprüft wird (
BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).

3. 
Das kantonale Gericht bejahte die offensichtliche Unrichtigkeit der
rechtskräftigen Verfügungen vom 28. September 2000 und 25. März 2001. Hingegen
bemass es den Invaliditätsgrad in der streitigen Zeit ab 4. Januar 2013 auf 71
% gestützt auf die Zahlen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010
und hob die am 4. Januar 2013 verfügte Rentenherabsetzung auf. Die IV-Stelle
hatte in der angefochtenen Verfügung das Invalideneinkommen ausgehend von der
LSE 2008 bestimmt, und bringt nun vor, dieses Einkommen sei aufgrund der LSE
2012 zu ermitteln. Unbestritten ist das ermittelte Valideneinkommen für das
Jahr 2012 von Fr. 90'072.-, die bei der Berechnung des Invalideneinkommens
zugrunde gelegte Arbeitsfähigkeit von 50 % in einer angepassten, körperlich
leichten Arbeitstätigkeit mit nur leichter Rückenbelastung und der Möglichkeit
zu Wechselpositionen und der Abzug vom Tabellenlohn im Sinne von BGE 126 V 75
E. 5b/cc S. 80 in der Höhe von 15 %.

4. 
Die im Verfügungszeitpunkt, mithin am 4. Januar 2013, aktuellste Tabelle der
LSE war jene für das Jahr 2010; die Zahlen für das Jahr 2012 wurden erst später
veröffentlicht. Korrekterweise hätte die Verwaltung daher das
Invalideneinkommen ausgehend von der LSE 2010 und nicht von der LSE 2008
bestimmen sollen. Wenn das kantonale Gericht diesen Fehler korrigierte und
seiner Berechnung jene Zahlen zugrunde legte, welche die Verwaltung
korrekterweise hätte verwenden sollen, so ist dieses Vorgehen nicht als
bundesrechtswidrig zu qualifizieren. Denn für den Einkommensvergleich sind die
Verhältnisse im Zeitpunkt des Rentenbeginns massgebend, wobei Validen- und
Invalideneinkommen auf zeitidentischer Grundlage zu erheben und allfällige
rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass zu
berücksichtigen sind (BGE 129 V 222 E. 4.1 und 4.2 S. 223 f.). Die Tatsache,
dass die Vorinstanz in anderen Fällen die Tabellen der LSE 2012 verwendete,
führt im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Demnach
ist der vorinstanzliche Entscheid rechtens, zumal auch bei einer Anpassung der
Vergleichseinkommen an die bis ins Jahr 2013 eingetretene Entwicklung der
Nominallöhne kein anderes Ergebnis resultiert. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5. 
Die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei hat die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch
um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Juli 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben