Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.765/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]            
8C_765/2015   {T 0/2}     

Urteil vom 4. März 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Bundesrichterin Heine,
Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Max B. Berger,
Beschwerdeführer,

gegen

Unia Arbeitslosenkasse,
Kompetenzzentrum D-CH West, Monbijoustrasse 61, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 15. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1971 geborene A.________ war seit 1988 als Linienführer und Staplerfahrer
bei der B.________ AG tätig. Wegen gesundheitsbedingter Absenzen beendete die
Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis per 30. September 2012. Am 28. Januar 2013
meldete sich A.________ bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung
an und stellte am 4. Februar 2013 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Er gab
an, im Umfang von 50 % einer Vollzeittätigkeit arbeiten zu wollen und in diesem
Ausmass arbeitsfähig zu sein. Die Unia Arbeitslosenkasse leistete
Arbeitslosenentschädigung ab 28. Januar 2013 auf der Basis eines aufgrund der
gesuchten Teilzeittätigkeit im Umfang von 50 % reduzierten versicherten
Verdienstes in der Höhe von Fr. 2'700.-. Mit Verfügung vom       18. März 2014
forderte die Arbeitslosenkasse zu viel ausgerichtete Arbeitslosenentschädigung
in der Zeit von Januar bis April 2013 im Betrag von Fr. 4'765.10 zurück, da sie
am 12. September 2013 darüber Kenntnis erlangt habe, dass A.________ im selben
Zeitraum ein volles Krankentaggeld der Schweizerischen Mobiliar
Versicherungsgesellschaft AG (nachfolgend: Mobiliar) erhalten habe. Daran hielt
sie mit Einspracheentscheid vom 28. April 2014 fest.

B. 
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 15. September 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen,
dass keine Rückforderungsschuld bestehe. Eventualiter sei die Sache zu weiteren
Abklärungen an die Unia Arbeitslosenkasse zurückzuweisen. Diese sei überdies zu
verpflichten, ihm Arbeitslosenentschädigung im Betrag von Fr. 2'733.05 brutto
nachzuzahlen. Ferner sei ihm für das kantonale Beschwerdeverfahren eine
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 3'229.95 zuzusprechen.
Die Unia Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf eine Stellungnahme verzichtet hat.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht in
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art.
97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Gemäss Art. 28 Abs. 1 AVIG haben Versicherte, die wegen Krankheit, Unfall oder
Schwangerschaft vorübergehend nicht oder nur vermindert arbeits- und
vermittlungsfähig sind und deshalb die Kontrollvorschriften nicht erfüllen
können, Anspruch auf das volle Taggeld, sofern sie die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Der Anspruch dauert längstens bis zum 30.
Tag nach Beginn der ganzen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit und ist innerhalb
der Rahmenfrist auf 34 Taggelder beschränkt. Um beim Zusammentreffen
verschiedener sachlich kongruenter Leistungsansprüche eine Überentschädigung zu
verhindern, sieht Art. 28 Abs. 2 AVIG vor, dass Taggelder der Kranken- oder
Unfallversicherung, die Erwerbsersatz darstellen, von der
Arbeitslosenentschädigung abgezogen werden.
Nach Art. 95 Abs. 1bis AVIG ist eine versicherte Person, die
Arbeitslosenentschädigung bezogen hat und später für denselben Zeitraum Renten
oder Taggelder der Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge, aufgrund
des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952, der Militärversicherung, der
obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung oder gesetzliche
Familienzulagen erhält, zur Rückerstattung der in diesem Zeitraum bezogenen
Arbeitslosentaggelder verpflichtet. In Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG
beschränkt sich die Rückforderungssumme auf die Höhe der von den obgenannten
Institutionen für denselben Zeitraum ausgerichteten Leistungen.
Nach Art. 69 ATSG darf das Zusammentreffen von Leistungen verschiedener
Sozialversicherungen nicht zu einer Überentschädigung der berechtigten Person
führen. Bei der Berechnung der Überentschädigung werden nur Leistungen gleicher
Art und Zweckbestimmung berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person
auf Grund des schädigenden Ereignisses gewährt werden (Abs. 1). Eine
Überentschädigung liegt in dem Masse vor, als die gesetzlichen
Sozialversicherungsleistungen den wegen des Versicherungsfalls mutmasslich
entgangenen Verdienst zuzüglich der durch den Versicherungsfall verursachten
Mehrkosten und allfälliger Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen
(Abs. 2). Die Leistungen werden um den Betrag der Überentschädigung gekürzt.
Von einer Kürzung ausgeschlossen sind die Renten der AHV und der IV sowie alle
Hilflosen- und Integritätsentschädigungen. Bei Kapitalleistungen wird der
Rentenwert berücksichtigt (Abs. 3).

3. 
Streitig und zu prüfen ist der Rückforderungsanspruch der Arbeitslosenkasse von
zu viel ausgerichteter Arbeitslosenentschädigung.

3.1. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen bezog der Beschwerdeführer im
hier massgeblichen Zeitraum vom 28. Januar bis 30. April 2013 nebst den
Taggeldleistungen der Arbeitslosenversicherung in der Höhe von Fr. 4'765.10 ein
volles Krankentaggeld gestützt auf einen
Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag nach VVG mit der Mobiliar in der
Höhe von Fr. 14'459.75 (Fr. 15'718.20 +          Fr. 16'000.-/204 Tage x 94
Tage). Die Vorinstanz erwog, das von der Mobiliar geleistete volle Taggeld
gelte als Krankenversicherungstaggeld im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AVIG. Die
Grundlage der von der Mobiliar ausgerichteten Leistungen sei eine durch
Versicherungsvertrag abgedeckte Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers,
weshalb diese Taggeldleistungen Erwerbsersatz darstellten. Zur Vermeidung einer
Überentschädigung seien daher die im gleichen Zeitraum ausgerichteten
Krankentaggelder nach Art. 28 Abs. 2 AVIG von der Arbeitslosenentschädigung
abzuziehen, weshalb der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung in der fraglichen Zeitspanne habe. Es treffe nicht
zu, dass die Rückforderungsbestimmung des Art. 95 Abs. 1bis AVIG nur gegenüber
andern Sozialversicherern Anwendung finde. Unter den darin verwendeten Begriff
"Krankenversicherung" würden nicht nur Versicherungseinrichtungen fallen, die
Taggelder nach Art. 67 ff. KVG leisteten, weshalb die Arbeitslosenentschädigung
zurückzufordern sei. Denn es wäre sinnwidrig, rechtsprechungsgemäss laufende
Krankentaggelder nach dem VVG gestützt auf Art. 28. Abs. 2 AVIG von den
Arbeitslosentaggeldern abzuziehen, hingegen die versicherte Person bei
nachträglich erhaltenen Krankentaggeldleistungen nach dem VVG nicht zur
Rückerstattung der in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosentaggelder zu
verpflichten.

3.2. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, die Vorinstanz habe Bundesrecht
verletzt, indem sie die privatrechtlich geregelten
Versicherungsvertragsleistungen ebenfalls unter den in Art. 95 Abs. 1bis AVIG
verwendeten Begriff "Krankenversicherung" subsumiert habe. Nach eindeutigem
Wortlaut von Art. 95 Abs. 1bis AVIG seien darunter nur Taggelder der
Krankenversicherung nach dem KVG zu verstehen, was mit dem Text in der
Botschaft zu einem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 28. Februar
2001 (BBl 2001 II 2303) übereinstimme. Der Sachverhalt sei zudem insofern
willkürlich festgestellt worden, als das kantonale Gericht davon ausgegangen
sei, die Pauschalzahlung der Mobiliar von Fr. 16'000.- decke den Zeitraum vom
28. Januar bis 30. April 2013 ab; vielmehr sei die Summe von   Fr. 16'000.- für
die Zeit von Oktober 2012 bis April 2013 geschuldet. Es bestehe weder eine
zeitliche noch sachliche Kongruenz zwischen den Leistungen der
Arbeitslosenversicherung und denjenigen der Mobiliar. Überdies habe es die
Vorinstanz unterlassen, sich mit der subsidiären Leistungspflicht der Mobiliar
nach ihren Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) auseinanderzusetzen.
Schliesslich hätten die erbrachten Leistungen, wenn überhaupt, nur im Rahmen
der Überentschädigungsregel nach Art. 69 ATSG zurückgefordert werden können.

4.

4.1. Nebst der sozialen Krankenversicherung nach dem KVG (SR 832.10) können
Leistungen in der Krankenversicherung angeboten werden, die sich nach dem VVG
richten (SR 221.229.1). Die Leistungspflicht der Mobiliar gründet auf einer
Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, die unter den Begriff der
Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung fällt (Urteil 4A_680/2014
vom 29. April 2015 E. 2.1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 138 III 2 E. 1.1/1.2 S.
3 f.). Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3
KVG dem VVG, was unbestritten ist.

4.2. Mit Blick auf die gerügte willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch die
Vorinstanz und der damit geltend gemachten Verletzung der zeitlichen Kongruenz
der Versicherungsleistungen ergibt sich Folgendes: Aus den Schreiben der
Mobilar vom 8. November 2013 und      29. Januar 2014 geht hervor, dass sich
ihre Krankentaggeldleistungen von Fr. 16'000.-, resultierend aus einem
Schlichtungsverfahren, auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 30. April 2013
(mit Unterbruch vom 3. bis 10. Dezember 2012) beziehen. Dies deckt sich nicht
nur mit den Angaben in der Beschwerde, sondern - entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers - auch mit denjenigen der Vorinstanz. Sie hat nämlich sowohl
die bereits für den Zeitraum von 204 Tagen ausgerichteten Krankentaggelder in
der Höhe von Fr. 15'718.20 als auch die nachträglich geleistete Zahlung von Fr.
16'000.- nicht vollumfänglich angerechnet, sondern nur denjenigen Betrag
berücksichtigt, welcher sich in zeitlicher Hinsicht mit dem die
Arbeitslosenentschädigung betreffenden Zeitraum vom 28. Januar bis 30. April
2013 deckt (93 Tage). Die als Erwerbsersatz erhaltenen Krankentaggelder im
Umfang von Fr. 14'459.75 sind demnach zeitlich wie auch sachlich kongruent mit
der zurückgeforderten Arbeitslosenentschädigung. Weiter dringt der Einwand
nicht durch, die Vorinstanz hätte sich näher mit den AVB der Mobiliar befassen
müssen, da sich hieraus die Subsidiarität der Krankentaggeldleistungen ergebe.
Die Koordination zwischen der Arbeitslosenversicherung und einer (privaten)
Krankentaggeldversicherung hat gestützt auf Art. 28 Abs. 2 und Abs. 4 AVIG und
der dort statuierten Subsidiarität der Arbeitslosenversicherung zu Lasten der
Krankenversicherung zu erfolgen, wenn die Krankenversicherung aufgrund ihrer
AVB bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % ein volles Taggeld ausrichtet (BGE
128 V 176 E. 5 S. 181; ARV 2004 S. 50,          C 303/02 E. 3.1 und E. 5; 
THOMAS NUSSBAUMER,  Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, S. 2395 Rz.
437). Dies hat die Mobiliar gestützt auf ihre AVB getan. Gemäss Art. C1 Abs. 1
AVB (Mobisana Unfall- und Krankenversicherung,
Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, Ausgabe 2007) wird bei einer versicherten
Person, die als arbeitslos im Sinne des AVIG gilt, bei einer Erwerbsunfähigkeit
von über 50 % das volle Taggeld erbracht. Die gleiche Regelung findet sich in
der Ausgabe 01.2012 (Mobisana Kundeninformationen und Allgemeine
Vertragsbedingungen, Kollektiv-Krankenversicherung, Art. N Abs. 2), weshalb es
diesbezüglich unerheblich ist, welche Ausgabe zur Anwendung gelangt.
Entscheidend ist allein, dass sich die Mobiliar im Rahmen eines
Schlichtungverfahrens verpflichtet hat, rückwirkend das volle Taggeld zu
leisten, was sie unbestrittenermassen auch tat. Die angeführte subsidiäre
Leistungspflicht der Mobiliar aufgrund ihrer vertraglichen Bestimmungen steht
damit ohnehin nicht im Raum. Eine willkürliche oder unvollständige
Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz liegt nicht vor.

4.3. Nicht gefolgt werden kann sodann dem Einwand, die Arbeitslosenkasse könne
die ausgerichteten Leistungen nur in Anwendung der Überentschädigungsregelung
nach Art. 69 ATSG (E. 2 hiervor) zurückfordern, weshalb ein allfälliger
Rückforderungsanspruch höchstens im Betrag von Fr. 1'567.80 bestünde. Bei aus
einem Vertrag nach dem VVG ausgerichteten Taggeldern sind, wie im vorliegenden
Fall, die Art. 68 f. ATSG ohnehin nicht anwendbar, weil Art. 69 ATSG die Frage
der intersystemischen Koordination zwischen Sozialversicherern betrifft (vgl.
RKUV 2005 Nr. KV 350 S. 42, K 107/04 E. 5 und 7; UELI KIESER, ATSG-Kommentar,
3. Aufl. 2015, N. 7 zu Art. 69 ATSG).

5.

5.1. Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, das
heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden
Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Die
Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der
Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und
konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im
normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis
(BGE 140 I 305 E. 6.1 S. 310 f.; 140 IV 1 E. 3.1 S. 5; 140 V 8 E. 2.2.1 S. 11).

5.2. Aus dem Wortlaut von Art. 95 Abs. 1bis AVIG, worin Taggelder "der
Krankenversicherung" ("de l'assurance-maladie"; "dell'assicurazione contro le
malattie") aufgeführt sind, ergibt sich somit nicht, ob unter
"Krankenversicherung" nicht nur die soziale Krankenversicherung, sondern auch
Krankenversicherungsleistungen nach dem VVG zu verstehen sind. Die rein
grammatikalische Leseart steht jedenfalls einer Subsumtion dieser Leistungen
unter die Rückforderungsbestimmung nicht entgegen.

5.3. Laut Botschaft zu einem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz vom
28. Februar 2001 (BBl 2001 II 2245) werde die Arbeitslosenkasse, wenn die
Invalidenversicherung (in den Fällen, in welchen die Arbeitslosenversicherung
mit Blick auf Art. 15 Abs. 3 AVIV Vorleistungen erbringt) rückwirkend einen
Invaliditätsgrad feststellt habe, gemäss dem neuen Art. 95 Abs. 1bis AVIG im
Rahmen dieses Invaliditätsgrades eine Rückforderung verfügen. Soweit eine
Verrechnung erfolgen könne, stelle dies kein Problem dar; als problematisch und
allenfalls auch stossend werde heute die Rückforderung des nicht durch
Verrechnung abgedeckten Teils direkt beim Versicherten empfunden. Dies werde
durch die neue Bestimmung geändert (BBl 2001 2303). Mit dieser seit 1. Juli
2003 geltenden Regelung soll vermieden werden, dass die versicherte Person für
den nicht durch die Verrechnung gedeckten Teil der Rückforderung
erstattungspflichtig wird (BBl 2001 2303).
Von entstehungsgeschichtlicher Warte aus lässt sich daraus entnehmen, dass bei
der Einführung von Art. 95 Abs. 1bis AVIG namentlich an die gestützt auf Art.
15 Abs. 3 AVIV bestehende Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung
hinsichtlich einer fraglichen Vermittlungsfähigkeit Behinderter und der damit
als problematisch und allenfalls als stossend empfundenen Rückforderung von
Arbeitslosenentschädigung bei nachträglicher Leistung der Invalidenversicherung
gedacht wurde, weshalb die Rückforderungspflicht betragsmässig auf die Höhe der
Leistungen der anderen Versicherern begrenzt wurde (vgl. THOMAS NUSSBAUMER,
a.a.O., S. 2294 Rz. 91 und BORIS RUBIN, Commentaire de la loi sur
l'assurance-chômage, 2014, N. 31 f. zu Art. 95 Abs. 1bis AVIG). Die Bestimmung
ist daher in erster Linie auf Rückforderungen in Zusammenhang mit der
Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung nach Art. 15 Abs. 3 AVIV
zugeschnitten. Dies schliesst jedoch grundsätzlich nicht aus, dass sich die
Arbeitslosenversicherung hierauf auch zur Rückforderung von Taggeldleistungen
nach Art. 28 AVIG bei nachträglich geleisteten Krankentaggeldern nach dem VVG
stützen kann.

5.4. Mit der Vorinstanz ist es nicht sachlogisch, dass die
Krankentaggeldleistungen eines Versicherers nach dem VVG ebenfalls unter die
Bestimmung von Art. 28 Abs. 1 AVIG fallen und von der Arbeitslosenentschädigung
abgezogen werden, eine Rückforderung von Arbeitslosentaggeld bei erst
nachträglich feststehender Leistungshöhe des Krankenversicherers hingegen nicht
zuzulassen. Sinn und Zweck des Art. 95 Abs. 1bis AVIG ist aber primär die
betragliche Begrenzung des Rückforderungsanspruchs der Arbeitslosenkasse im
Zusammenhang mit ihrer Vorleistungspflicht. Ob die Interpretation unter
zweckbezogenem (teleologischem) Blickwinkel damit zum Auslegungsergebnis führt,
dass sich der Anwendungsbereich der Norm nach ihrem Rechtssinn nicht auf die
vorliegende Konstellation erstreckt, braucht nicht abschliessend beurteilt zu
werden. Denn bereits nach Art. 95 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1
ATSG sind unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten. Legt Art. 28
Abs. 2 AIVG fest, dass Krankentaggeldleistungen eines Versicherers nach dem VVG
von der Arbeitslosenentschädigung abzuziehen sind, um beim Zusammentreffen
verschiedener sachlich kongruenter Leistungsansprüche eine Überentschädigung zu
verhindern, kann eine solche zu Unrecht erhaltene Leistung der
Arbeitslosenversicherung aufgrund der für denselben Zeitraum entrichteten
Krankentaggeldleistung jedenfalls gestützt auf Art. 95 Abs. 1 AVIG
zurückgefordert werden. Die Rückkommensvoraussetzung der prozessualen Revision
(Art. 53    Abs. 1 ATSG) ist aufgrund der im Nachhinein zugesprochenen vollen
Krankentaggelder durch die Mobiliar gegeben, da die Arbeitslosenkasse im
Zeitpunkt der Auszahlung der Taggelder (für die Monate Januar bis April 2013)
am 26. März und 26. April 2013 keine Kenntnis hiervon hatte, sondern erst mit
einem Schreiben der Mobiliar vom       6. September 2013 über die
Schadensabrechnung informiert wurde (vgl. SVR 2015 AlV Nr. 15 S. 45, 8C_789/
2014 E. 3.2). Damit hat die Vorinstanz zu Recht den Rückforderungsanspruch der
Unia Arbeitslosenkasse in der Höhe von Fr. 4'765.10 bejaht.

6. 
Die Gerichtskosten werden ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG). Da er unterliegt, kann ihm auch keine Parteientschädigung für
das vorinstanzliche Verfahren (Art. 61 lit. g ATSG) zugesprochen werden.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Staatssekretariat für Wirtschaft
(SECO) und dem beco Berner Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. März 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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